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Thema: Unruhen in Osteuropa

  1. #1
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    Standard Unruhen in Osteuropa

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    Last der Erinnerung

    Die Slowakei erklärt Ungarns Präsidenten zur Unperson – nur ein Beispiel für die Renationalisierung Mittel- und Osteuropas


    Von Sebastian Bickerich
    23.8.2009 0:00 Uhr


    Berlin - Es sollte ein symbolträchtiger Moment werden. Wenn da nur nicht dieses schlechte Timing gewesen wäre. Oder war der als „privat“ deklarierte Besuch des ungarischen Präsidenten Laszlo Solyom im slowakischen Komarno bewusst auf den 21. August gelegt worden?

    Solyom wollte an diesem Tag eine Statue des ungarischen Königs Stephan I. einweihen – ein Zeichen der Zugehörigkeit des Ostens der Slowakei zum Mutterland. Dort lebt eine große ungarische Minderheit. Schon dieser offenbar mit staatlichen Stellen in Bratislava nicht abgestimmte Plan kam einer Provokation gleich. Man denke nur daran, was in Polen geschehen würde, wenn Bundespräsident Horst Köhler bei einem unangemeldeten Besuch bei der deutschen Minderheit in Schlesien ein Bismarck-Denkmal einweihen würde.

    Das geplante Datum für Solyoms Besuch brachte schließlich die Eskalation im historisch belasteten Verhältnis beider Staaten: Am 21. August 1968 jährt sich der Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei. Ungarn hatte sich 1968 an dem Einmarsch beteiligt, und zwar ausgerechnet in dem Teil der Slowakei, den Ungarn 1938 annektiert hatte. Das slowakische Außenministerium erklärte Solyom schließlich zur Unperson und verhinderte damit eine Einreise des Präsidenten – ein in der Europäischen Union einzigartiger Vorgang.

    Der ungarisch-slowakische Streit ist nur eines von mehreren Beispielen für eine Renationalisierung in Ostmitteleuropa. Dabei spielt auch die slowakische Regierung eine problematische Rolle. Regierungschef Robert Fico, ein sozialdemokratischer Populist und Bewunderer des deutschen Ex-Kanzlers Gerhard Schröder, lässt sich von der ungarnfeindlichen, rechtsradikalen slowakischen Nationalpartei (SNS) tolerieren. Seitdem wächst der Druck auf die ungarische Minderheit, immer wieder kommt es zu Schlägereien zwischen nationalistischen Jugendlichen und Ungarn oder zu Übergriffen auf sie.

    Auch Slowenien, dank seiner guten Wirtschaftsdaten und seines gefestigten Parteiensystems eigentlich ein EU-Musterland, hat in den vergangenen Monaten viel Kredit verspielt. In einem skurrilen Grenzstreit mit dem Nachbarland Kroatien droht die Regierung in Ljubljana mit einem Veto für den eigentlich bereits fest ausgehandelten EU-Beitritt des Nachbarlands. Gegen alle völkerrechtlichen Regeln will Slowenien von Kroatien unbedingt Zugeständnisse bei der Grenzziehung in der Bucht von Piran. Nach einem Regierungswechsel in Zagreb und nach Druck aus Brüssel scheinen sich beide Seiten zwar wieder anzunähern. Die Härte, mit der der Streit geführt wurde – Verhaftungen angeblicher Grenzverletzer, Boykottandrohungen gegen Produkte des jeweiligen Landes, Polizeischarmützel – ist dabei aber typisch für einen Stil der Auseinandersetzung, die grundsätzlich konfrontativ und fast nie kooperativ geführt wird. Nationale Eitelkeiten und unterschiedliche Geschichtsdeutungen spielen auch hier eine zentrale Rolle. „Heute ist Widerstandstag in Slowenien“ – mit dieser Anspielung auf die Gründung der Widerstandsbewegung während des Zweiten Weltkriegs in seinem Land begründete Sloweniens Außenminister Samuel Zbogar seine Vetodrohung gegenüber einem kroatischen EU-Beitritt.

    „Der Polarisierung von ,links‘ und ,rechts‘ sowie ,Radikalen‘ und ,Moderaten‘ fällt zusehends die politische Mitte zum Opfer“ – zu diesem Ergebnis kommt auch Kai-Olaf Lang, Osteuropaexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Beobachter der Region warnen angesichts von Wahlerfolgen populistischer Parteien und sich durch die Wirtschaftskrise verschärfenden sozialen Problemen vor einer Verschärfung nationaler Auseinandersetzungen, die wie im Falle der Slowakei und Ungarns, Sloweniens und Kroatiens bis in die EU getragen werden.

    Wie es anders gehen kann, zeigen die Ukraine und Polen, deren Verhältnis historisch ebenfalls schwer belastet ist. Noch heute betrachten viele Polen Galizien und weite Teile der Westukraine, die sich Stalin nach dem Krieg einverleibte, als ihre Heimat; in der Ukraine ist die Erinnerung an Massaker der polnischen Armee 1945 an ukrainischen Nationalisten in Südpolen in wacher Erinnerung. Trotzdem gedachten beide Präsidenten gemeinsam im Frühjahr eines Massakers, das im Zweiten Weltkrieg von deutschen und ukrainischen Truppen an Polen verübt wurde. Die Eliten beider Länder wissen, dass nur eine enge Zusammenarbeit der Staatsräson beider dient: Polen will Stabilität an seiner Ostgrenze, die Ukraine will in die EU.

    (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 23.08.2009)

  2. #2
    Forist Benutzerbild von Black Jack
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Zwischen europäischen Völkern und den Pygmäenstämmen gibt es trotz technischen Fortschritts nur oberflächliche und quantitative Unterschiede. Wie viele User dieses Forums tagtäglich beweisen. Vielvölkerstaaten (wie einst die UDSSR oder Jugoslawien) sind nur unter strengen Diktaturen möglich. Ansonsten dauert es nicht lange bis die Stämmlinge einander an die Hälse springen.

  3. #3
    Mitglied Benutzerbild von Stadtknecht
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Zitat Zitat von Black Jack Beitrag anzeigen
    Zwischen europäischen Völkern und den Pygmäenstämmen gibt es trotz technischen Fortschritts nur oberflächliche und quantitative Unterschiede. Wie viele User dieses Forums tagtäglich beweisen. Vielvölkerstaaten (wie einst die UDSSR oder Jugoslawien) sind nur unter strengen Diktaturen möglich. Ansonsten dauert es nicht lange bis die Stämmlinge einander an die Hälse springen.
    Das sehe ich prinzipiell genauso.

    Nur, warum ist das in der Schweiz anders?

  4. #4
    Forist Benutzerbild von Black Jack
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Zitat Zitat von Stadtknecht Beitrag anzeigen
    Nur, warum ist das in der Schweiz anders?
    Darauf gibt es nur eine esotherische Antwort

  5. #5
    Mitglied Benutzerbild von Clorel
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Zitat Zitat von Stadtknecht Beitrag anzeigen
    Das sehe ich prinzipiell genauso.

    Nur, warum ist das in der Schweiz anders?


    Wahre Demokratie ist die Antwort, nicht Zugehörigkeit zu der EU, Gesamtarbeitsverträge usw.. Gibt genug Beispiele von denen man lernen könnte.
    SIBI FIDENS

    Für ein außenpolitisch neutrales Deutschland, welches innenpolitisch völlig Souverän agieren kann, ohne Einmischung von außen, oder diversen Dachverbänden.

  6. #6
    Mitglied Benutzerbild von Hombre
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Multikulturelles Kollektiv ist die wichtigste Vorassetzung für Völkermord.
    Freiheit braucht keine Politik :hihi:

  7. #7
    Mitglied Benutzerbild von Hombre
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Nur, warum ist das in der Schweiz anders?
    Weil die Bewohner der Schweiz einen Abstand zueinander wahren und auf regionale Selbstbestimmung pochen - noch. Mit dem Vordringen des kollektivistischen Gedankengutes wird sich auch die Schweiz wandeln. Zusammenbruch ist in einem solchen Fall wahrscheinlich.
    Freiheit braucht keine Politik :hihi:

  8. #8
    nicht ganz menschlich! Benutzerbild von Aldebaran
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Zitat Zitat von Stadtknecht Beitrag anzeigen
    Das sehe ich prinzipiell genauso.

    Nur, warum ist das in der Schweiz anders?

    Dezentralisierung, Proporzregelungen in den gemischten Kantonen und natürlich das hohe Pro-Kopf-Einkommen.

    Immerhin musste aber noch in den 70ern ein neuer Kanton gebildet werden (Jura), was aber mehr konfessionelle als sprachliche Gründe hatte, denn die protestantischen Jurassier sind bei Bern geblieben.

    Das ist schlimmer als ein Verbrechen, das ist ein Fehler!

    (Talleyrand)

  9. #9
    Preuße aus Vernunft Benutzerbild von Stechlin
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    Das ist alles eine nachträgliche Rechtfertigung für die russische Knute, die der Ungar, Slowake, Pole und Tscheche so nötig hat wie die Luft zum Atmen.

    Man kann Kindern nicht die Verantwortung für sich selbst übertragen. Das ist fahrlässig.
    "Wir sind nicht in die Welt gekommen, um glücklich zu sein,
    sondern um unsere Pflicht zu tun."

    Otto von Bismarck. Schmied des Deutschen Reiches

  10. #10
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: Unruhen in Osteuropa

    der Ungar
    Bitte begründen!
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
    (Oswald Mosley, Fascism: 100 Questions)

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