Zitat von
Querulant
Liebe Wertabschöpfer, liebes Forum!
folgender Artikel trifft die insbesondere hier immer wieder formulierten Ansichten auf der Punkt. Hier ein paar Auszüge:
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Der liberale Beobachter
Peter Sloterdijk und der Sozialneid von oben:
In den Feuilletons trommelt ein Nietzsche-Groupie für den Sozialabbau.
von Rainer Trampert
...Neben vielen anderen Problemen hat Deutschland ein ganz spezielles. Das ist – der Sozialneid von oben. So regelmäßig wie der Vogelflug geraten betuchte Spießbürger außer Rand und Band. Dann rennen sie los, um allen mitzuteilen, dass arme Menschen zur Flasche greifen, dann verwandeln sie Feuilletons in Foren für Sudelpamphlete, wittern allerorten Geld, das ihnen vorenthalten werde, und beschwören – besoffen von Missgunst und Verachtung für die staatliche Wohlfahrt – den Niedergang Deutschlands, wenn alten Menschen nicht die Renten gekürzt und Gehhilfen verweigert werden. Sie gönnen Armen nicht die Margarine auf dem Brot und heißen Baring, Nolte, Miegel, Metzger, Sarrazin oder Sloterdijk. Ihre Idole sind Friedrich Nietzsche und Rainer Brüderle. Beim jüngsten Vogelflug geht es zu wie in Monty Pythons »Das Leben des Brian«. Brüderle tat wieder einmal auf irgendeinem Hügel Kund: »Mehr Netto vom Brutto!« Seitdem brummelt das Milieu: »Mehr Netto vom Brutto.«....
....Sein Philosoph Peter Sloterdijk fragte in der FAZ, ob das »Grundübel« nicht die »progressive Einkommenssteuer« sei, und empörte sich: Die Hälfte der Population sei »Bezieher von Null-Einkommen« und lasse sich von einer »Handvoll Leistungsträger« aushalten. Er dankte der FDP, die er den »liberalen Beobachter« nennt, dafür, dass sie auf die zentrale Gefahr hinweise: »die Besteuerung, die den Erfolg bestraft!« Damit hatte Brüderle bestimmt nicht gerechnet: Sein Postulat, das gerade so als Plakat für Zahnärzte taugt, erlangt Deutungshoheit im öffentlichen Zweig der Deutschen Philosophie. Für das Neid-Milieu ist Sloterdijk wichtig, denn als Stichwortgeber und Günstling einer Schar wendiger junger Experten, die ihren Beruf lieben, benötigt dieses Milieu einen Philosophen, der sich darauf versteht, Ressentiments in brodelnde Sätze zu kleiden. »Wir müssen in Not kommen, um das rettende Große zu erfahren«, sagt er dann und meint die Arbeitslosen. Die Medien stehen Schlange für ein paar Sätze von ihm, und seine Fanpost füllt Waschkörbe. Karl Heinz Bohrer zum Beispiel, der Herausgeber des Merkur, schrieb erregt, dass der »Sozialstaat« ihn »um die Pfründe wohlverdienten Zugewinns« bringe und ihm Gelder für »akademische Auszeichnungen« entwende.......
....Nietzsche hat ihm souffliert: Die Schwachen, »der Pöbel-Mischmasch (…) o Ekel! Ekel! Ekel! (…) Diese kleinen Leute sind des Übermenschen größte Gefahr.« Der »Sozialismus« der »zu Recht unterworfenen Kaste« behindere die »Ausscheidung eines Luxus-Überschusses der Menschheit, in welcher eine stärkere Art ans Licht« trete, die sich »die Freiheit von allem sozialen Zwang« hole. Das galt es nun zu übersetzen. Aus Freiheit vom sozialen Zwang wurde Befreiung von »Zwangssteuern«, aus der Blockade für die höhere Art die »nur allzu plausible liberale These von der Ausbeutung der Produktiven durch die Unproduktiven«, aus dem Sozialismus der »steuerstaatlich zugreifende Semi-Sozialismus«, dieses – o Ekel – »geldsaugende und geldspeiende Ungeheuer«, das im Auftrag der »nehmenden Hand« den Luxus-Überschuss prellt, der doch nur nach »Erfolg, Ansehen und Selbstachtung« strebt, weshalb er mit Geldkoffern durch Grenzwälder in die Schweiz schleicht....
...Sloterdijks Denken ist komplett falsch. Nur dass er die Würde des Bürgers nach der Geldmenge bemisst, hat eine unbeabsichtigte Frische. Die Gleichsetzung von Leistung und Einkommen ist absurd. Das Einkommen seiner Truppe beruht nicht auf Wertschöpfung, sondern auf Wertabschöpfung; es richtet sich nach der Grobheit, mit der jemand andere für sich arbeiten lässt und Konkurrenten beseitigt, der Gerissenheit – vom Verkaufstrick bis zum Kleingedruckten –, auch nach dem Unterhaltungswert, der Sportler zu Multimillionären macht. Der nächste Lapsus: Rentner, Arbeitslose und Kranke werden nicht aus der Einkommenssteuer, sondern aus den Löhnen der Arbeiterklasse bezahlt und nicht »eine Handvoll« Reicher ist produktiv, sondern die Arbeit der Millionen schafft jene Werte, aus denen sie sich bedient. Der französische Bürger Saint-Just sagte 1793 vor dem Konvent: »Das Brot, das der Reiche gibt, ist bitter: Es kompromittiert die Freiheit. Das Brot gehört in einem klug verfassten Staat von Rechts wegen dem Volk.«...
....Es wird kein Zufall sein, dass nach dem Imageverlust der Führungskräfte viele Medien Sloter*dijk den Raum für seine Herrenmenschen-Propaganda geben, nach der die edlen Reichen Opfer einer gierigen Masse seien, woraus sich deren moralisches Recht zur Machtergreifung ableite. Das ist pervers, schamlos und komisch. Gerade werden Hunderte von Milliarden nach oben umverteilt für die Eksistenz der Vermögenden, gerade wird ausgehandelt, wie viele Millionen Opel-*Belegschaften dem Unternehmen schenken. Die Unverfrorenheit der Betuchten ist ein Reflex da*rauf, dass ihre nur allzu plausible Enteignung schon lange nicht mehr erörtert worden ist. Dann werden sie übermütig.
Bedrohlich ist die politische Situation aber schon. Die FDP erlangt mit dem Versprechen, das Solidarsystem durch die private Renten- und Krankenversorgung zu ersetzen und Arbeitslose für ein Bürgergeld von 600 Euro als Zwangsarbeiter in die Obhut des Kapitals zu geben, die höchste Zustimmung in ihrer Geschichte, und die Grünen wenden sich über »Jamaika« dem Sozialdarwinismus zu. Und das am Anfang einer Epoche, in der geschätzte 300 Milliarden Euro vergesellschaftet werden.....
...Die Sloterdijk-Debatte wird Reiche nicht von Steuern befreien, aber sie deutet – und das ist bitter genug – Ausbeuter in Gönner um....
Dann freue ich mich auf der Antworten der Wertabschöpfer, wie sie uns gleich darlegen werden, warum man "Untermenschen" nicht subventionieren darf und warum es das gute Recht der "Herrenmenschen" ist, den Wert der Arbeitenden abzuschöpfen.
Liebe Grüße einer gerne, freiwillig und mit dem Herzen der Nächstenliebe von ihrem abgeschöpften Wert Abgebenden, um auf diesem Weg zu einer freien und gleichen Gesellschaft zu kommen. Ich wünsche allen Foristen morgen einen besinnlichen ersten Advent und ein wenig Zeit zum inne gehen, um die wirklich schönen Dinge jenseits von materiellem Reichtum zu entdecken.
Querulant