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Thema: Und nochmal Daschner

  1. #1
    GESPERRT
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    Standard Und nochmal Daschner

    Heute habe ich mir Wikipedia zum Thema "Ehrenmord" angesehen und bin da auf diesen Link gestoßen:

    [Links nur für registrierte Nutzer]
    Der Autor und HP - Betreiber befasst sich unter diesem Link auch zunächst mit dem erwarteten Thema:

    [Links nur für registrierte Nutzer]

    Auf der selben HP besitzt er dann aber die Chuzpe, den heutigen Umgang in Deutschland und Europa mit dem Begriff "Menschenwürde" mit dem orientalischen Ehrbegriff zu vergleichen. Den Schutz der Menschenwürde des damaligen Tatverdächtigen Gäfgen um den Preis der Aufgabe des Lebens des Kindes (m. M. n. = staatliche Tötung durch Unterlassen) bezeichnet er als "Würdemord".

    Das hat mich veranlasst, noch einmal neu über diesen Fall nachzudenken. Kann das wirklich richtig sein, von einem Menschen die Aufopferung seines Lebens zu verlangen bzw. direkt staatlich darüber zu verfügen, um die Menschwürde eines Dritten zu schützen? Oder wird überhaupt erst durch diese Verfügungsanmaßung des Staates gegen das Leben des Opfers bzw. Adressaten einer verbrecherischen Aggression mit dem Ziel des Schutzes der tatsächlich oder auch nur vermeintlich bedrohten Menschenwürde des Aggressors die eigentliche Menschenrechtsverletzung gegen den Entführten und seine Angehörigen begangen und ihre Menschenwürde völlig übersehen und durch aktives staatliches Handeln (Wahrnehmung der Fürsorgepflicht gegenüber dem inhaftierten Aggressor während der Begehung des Mordes durch Unterlassen) verletzt?

    Ich habe fast den Eindruck, dass das so ist. In dem Zusammenhang hier der letzte Artikel der Menschenrechtserklärung zur UNO - Charta:

    [Links nur für registrierte Nutzer]
    Die Autoren kannten anscheinend ihre §§ - Pappenheimer und wollten mit der abschliessenden Vorschrift verhindern, dass aus den Normen der Menschenrechtserklärung von einem bestimmten Juristen - Typus Waffen gegen die Schutzbereiche eben jener Normen geschmiedet werden.

    Mir scheint, die üblichen Verdächtigen, die der Artikel 30 MRK ansprechen sollte, haben sich nicht angesprochen gefühlt. Jedenfalls nicht in Deutschland und Europa.
    Geändert von GG146 (08.09.2009 um 19:54 Uhr)

  2. #2
    Autonomer Consul Benutzerbild von Gawen
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von Veritas2009 Beitrag anzeigen
    Kann das wirklich richtig sein, von einem Menschen die Aufopferung seines Lebens zu verlangen bzw. direkt staatlich darüber zu verfügen, um die Menschwürde eines Dritten zu schützen?
    Das ist kodifizierte Selbstentmachtung.

    Kein Problem, wenn eine Gesellschaft die möglichen Folgen zu tragen bereit ist.


    "Ich habe eine Bombe platziert und wenn die hochgeht... Aber das macht euch ja nichts aus... Also seid schön brav!"

    Das organisierte Gegenteil ist Guantanamo...

  3. #3
    GESPERRT
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von Gawen Beitrag anzeigen
    Das ist kodifizierte Selbstentmachtung.
    Mir geht es weniger um politische Machtfragen, als um die Widersprüchlichkeit auf höchster staatlicher Ebene. Sie verletzen durch aktives Tun genau das, was zu schützen nach eigenem Bekunden und Art. 1 Grundgesetz die oberste Pflicht des Staates ist, nämlich den Kernschutzbereich des Artikel 1 GG auf der Seite des entführten Kindes und der Angehörigen.

  4. #4
    Autonomer Consul Benutzerbild von Gawen
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von Veritas2009 Beitrag anzeigen
    Mir geht es weniger um politische Machtfragen, als um die Widersprüchlichkeit auf höchster staatlicher Ebene. Sie verletzen durch aktives Tun genau das, was zu schützen nach eigenem Bekunden und Art. 1 Grundgesetz die oberste Pflicht des Staates ist, nämlich den Kernschutzbereich des Artikel 1 GG auf der Seite des entführten Kindes und der Angehörigen.
    Das ist falsch, es ist unterlassene Hilfeleistung aus rechtlich gegebenem Grund, nämlich dem für die Staatsgewalt absolut geltenden Folterverbot.


    Nicht, daß ich ein solches Vorgehen evolutionär betrachtet nicht auch idiotisch fände, aber so sind nunmal die geltenden Regeln.

    Ich wäre da nicht so pienzig, die richtige Droge oder eine Schraubzwinge an der richtigen Stelle angesetzt, wenn es mal schnell gehen muss, wirkten sicherlich manchmal Wunder, aber wir leben halt nunmal in einer mehrheitlich gewollten Gutmenschendiktatur.

    Wir führen ja auch Kriege, die man nicht so nennen darf... :]

  5. #5
    Selberdenker Benutzerbild von FranzKonz
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von Veritas2009 Beitrag anzeigen
    Mir geht es weniger um politische Machtfragen, als um die Widersprüchlichkeit auf höchster staatlicher Ebene. Sie verletzen durch aktives Tun genau das, was zu schützen nach eigenem Bekunden und Art. 1 Grundgesetz die oberste Pflicht des Staates ist, nämlich den Kernschutzbereich des Artikel 1 GG auf der Seite des entführten Kindes und der Angehörigen.
    Dieses Problem hast Du praktisch überall. Du kannst aber dem Herrn Daschner nicht im Vorraus einen Freifahrtschein geben. Du kannst lediglich hoffen, daß im entscheidenen Moment an der entscheidenen Stelle ein aufrechter, gewissenhafter Mann sitzt. Nach meiner Überzeugung ist Daschner ein solcher Mann.
    „Die Windflügel sind Sakralbauten für ein neues Glaubensbekenntnis.“ (Hans-Werner Sinn)

  6. #6
    Autonomer Consul Benutzerbild von Gawen
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von FranzKonz Beitrag anzeigen
    Du kannst lediglich hoffen, daß im entscheidenen Moment an der entscheidenen Stelle ein aufrechter, gewissenhafter Mann sitzt. Nach meiner Überzeugung ist Daschner ein solcher Mann.
    Aber Du musst den aufrechten, gewissenhaften Mann dann halt für seine aufrechte Haltung verurteilen, auch wenn er nur seine subjektive Pflicht getan hat.

    Objektiv nach Gutmenschengesetz hat er sich halt strafbar gemacht, da Nothilfe eine gegenwärtige Gefahr voraussetzt, der unmittelbar abgeholfen werden kann, was bei einer Entführung mit unbekanntem aufenthalt des Opfers oder einer versteckten zeitgezündeten Bombe halt nicht gegeben ist...

  7. #7
    Selberdenker Benutzerbild von FranzKonz
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von Gawen Beitrag anzeigen
    Aber Du musst den aufrechten, gewissenhaften Mann dann halt für seine aufrechte Haltung verurteilen, auch wenn er nur seine subjektive Pflicht getan hat.

    Objektiv nach Gutmenschengesetz hat er sich halt strafbar gemacht.
    Ja. Hätte der Kleine noch gelebt, und hätte ein blödes Bürokratenarschloch auf Daschners Stuhl gesessen, wäre der Kleine aus diesem Grund gestorben. Hätte der Kleine noch gelebt und Daschner hätte ihn gerettet, wäre er ein Held geworden. So hätte Daschner die Arschkarte gezogen, wenn nicht eine vernünftige Justiz sein Strafverfahren vernünftig gehandhabt hätte und seine vorgesetzte Behörde keine vernünftige Ausweichstelle für ihn gefunden hätte.

    Egal, wie Du es drehst und wendest: Du wirst letztlich immer einen Rest von Ermessensspielraum für die Akteure haben müssen, denn selbst wenn es möglich wäre, alles bis ins letzte Detail zu regulieren, wäre niemand mehr in der Lage alle Regeln zu überschauen.
    „Die Windflügel sind Sakralbauten für ein neues Glaubensbekenntnis.“ (Hans-Werner Sinn)

  8. #8
    GESPERRT
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von Gawen Beitrag anzeigen
    Das ist falsch, es ist unterlassene Hilfeleistung aus rechtlich gegebenem Grund, nämlich dem für die Staatsgewalt absolut geltenden Folterverbot.

    Unterlassene Hilfeleistung auf keinen Fall, wenn man diesen Unwertgehalt staatlichen Handelns schon Strafrechtsnormen zuweist, dann Totschlag durch Unterlassen, §§ 212, 13 StGB.

    Und ob es Folter ist, jemanden zu einer Handlung bzw. Aussage, zu der er rechtlich verpflichtet ist, mit Gewalt zu zwingen, ist noch die Frage. Schliesslich ging es da nicht primär um die Erzwingung eines Geständnisses, sondern um die Rettung des Kindes.

  9. #9
    in memoriam Benutzerbild von meckerle
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von FranzKonz Beitrag anzeigen
    Dieses Problem hast Du praktisch überall. Du kannst aber dem Herrn Daschner nicht im Vorraus einen Freifahrtschein geben. Du kannst lediglich hoffen, daß im entscheidenen Moment an der entscheidenen Stelle ein aufrechter, gewissenhafter Mann sitzt. Nach meiner Überzeugung ist Daschner ein solcher Mann.
    Und genau die aufrechten, fähigen Leute werden dann strafversetzt!
    Eine Schande ist das.

    Manches, was endlich vom Tisch ist, findet sich unter dem Teppich wieder.

  10. #10
    GESPERRT
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    Standard AW: Und nochmal Daschner

    Zitat Zitat von FranzKonz Beitrag anzeigen
    Dieses Problem hast Du praktisch überall. Du kannst aber dem Herrn Daschner nicht im Vorraus einen Freifahrtschein geben. Du kannst lediglich hoffen, daß im entscheidenen Moment an der entscheidenen Stelle ein aufrechter, gewissenhafter Mann sitzt. Nach meiner Überzeugung ist Daschner ein solcher Mann.
    Ich will überhaupt keinem Beamten einen Freifahrtschein geben, wenn ich den Konfliktstoff zu regeln hätte, müsste ein Richter die Entscheidung treffen, ob hier eine legale Gewaltanwendung zur Rettung eines Menschenlebens geboten ist oder absolut verbotene Folter droht.

    Dazu fehlen natürlich die Gesetze und die dazugehörigen Einrichtungen - richterliche Bereitschaftsdienste für solche Extremfälle z. B. - aber die praktischen Schwierigkeiten stehen in keinem Verhältnis zu der ungeheuerlichen Dimension des Problems der Kollision der Schutzgüter aus dem Kernschutzbereich des Artikel 1 GG zweier Konfliktparteien in einem vom Staat zu regelnden Konflikt.

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