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Thema: Wohlfahrtsstaat und Einwanderungsland, ist beides zugleich realisierbar?

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    Standard Wohlfahrtsstaat und Einwanderungsland, ist beides zugleich realisierbar?

    Ein lesenswerter Artikel von Gerard Bökenkamp.

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    Der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration, Klaus Jürgen Bade, äußerte die Befürchtung, dass die Tüchtigen Deutschland verließen, während die Chancenlosen blieben, weil es nirgendwo ein vergleichbares Sozialsystem wie in der Bundesrepublik gebe.

    Die Sozialwissenschaftlerin Magdalena Ortner hat in ihrer 2009 publizierten Studie „War for Talents“ einen Vergleich zwischen der Bundesrepublik und Großbritannien angestellt unter der Fragestellung, welche Faktoren sie in dem Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte begünstigen und welche schwächen. Ein wichtiger Nachteil für die Bundesrepublik ist im Vergleich zur Großbritannien die hohe Steuern- und Abgabenlast. Das Vereinigte Königreich kann kaum mit höheren Bruttolöhnen aufwarten, dafür aber mit weit höheren Nettoverdiensten locken. Bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von knapp 70.000 Euro bleibt in Großbritannien ein höherer Nettoverdienst von bis zu 10.000 Euro – so ihre Auswertung.


    Geld wird durch Steuern und Abgaben innerhalb eines Nationalstaates eingetrieben, in eine Kasse eingezahlt und dann verteilt. Wenn mehr Menschen Geld aus der Kasse haben wollen, gibt es drei Möglichkeiten: Erstens die Leistungen aus der Kasse werden für den Einzelnen gekürzt, zweitens die Steuern und Abgaben werden erhöht, und drittens die Kassen nehmen Schulden auf. Letzteres führt dazu, dass in Zukunft entweder die Steuern und Abgaben erhöht werden oder die Leistungen gekürzt werden oder beides. Durch die Zinslast müssen die Abgabenerhöhungen oder die Leistungskürzungen dann noch drastischer ausfallen als ohne die Aufnahme von Schulden.
    Nun kann man einwenden, dass die Einwanderer ja nicht nur die Sozialkassen für sich in Anspruch nehmen, sondern auch selbst in die Sozialkassen einzahlen. Das ist im Prinzip richtig. Ein Wohlfahrtsstaat hat jedoch besondere anziehende und abstoßende Effekte. Einwanderer, die aufgrund ihrer hohen Qualifikation potentielle Nettozahler sind, werden vom Wohlfahrtsstaat eher abgestoßen. Einwanderer, die aufgrund ihrer niedrigen Qualifikation potentielle Nettoempfänger sind, werden potentiell eher angezogen. Das heißt, der Wohlfahrtsstaat hat sehr klare und sehr nachvollziehbare Konsequenzen auf die Zusammensetzung der Gruppe der Einwanderer. Wer sich international aufgrund seiner hohen Qualifikation seinen Lebensmittelpunkt aussuchen kann, wird ihn nicht gerade da suchen, wo sein Einkommen besonders stark belastet wird. Wer aus einer armen Region der Welt kommt, für den sind selbst die vom Wohlfahrtsstaat garantierten für westliche Verhältnisse bescheidenen Mindeststandards attraktiv.
    Die von den Qualitätsjournalisten und politischen Eliten oft beschriebene Vorstellung, dass zahlreiche hochqualifizierte Facharbeiter und Ingenieure nur darauf warten, in die Bundesrepublik zu strömen, um in Deutschland die Probleme der Sozial- und Rentenkassen zu lösen, die ist doch fern jeder Glaubwürdigkeit!

    Es sind in Wirklichkeit vor allem Geringqualifizierte und deren zahlreiche des Deutschen und Englischen nicht mächtigen Familienangehörigen, die ihren Weg zu uns in die Bundesrepublik finden.

    Der Mittelstand ist das Arbeitspferd, das in Deutschland den Karren zieht. Wenn die Steuer und Abgabenlast weiterhin steigt wie bisher, wie wird unser Land in zwanzig Jahren dastehen, wenn fähige Kaufleute, Ingenieure und Naturwissenschaftler zunehmend das Land verlassen?
    Geändert von Ganz_unten (05.07.2010 um 19:31 Uhr)
    Wenn die Regierung verkündet, "es wird wärmer", heißt das für Menschen gesunden Verstandes: "Leute, zieht Euch warm an!" (Edgar L. Gärtner)

    "Absence of evidence is not evidence of absence." (Kerry Emanuel)

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