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Thema: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

  1. #1
    "Wächter" Benutzerbild von Excubitor
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    Fragezeichen Eine neue Dimension der Gewalt beim sozialen Abstieg des deutschen Staatssystems

    Bevor dieser Strang wieder gelöscht, oder an eine des Themas nicht angemessene Stelle verschoben wird sei deutlich darauf hingewiesen, dass der aktuelle Fall des Missbrauchs nur den Aufhänger für eine übergeordnete gesellschaftskritische Thematik darstellt. Das bitte ich zu berücksichtigen.

    In Deutschland scheint eine neue Dimension der Gewalt Einzug zu halten. Auch wenn der aktuell zugrundeliegende Fall sich in in den Niederlanden auf der Insel Ameland abgespielt hat, so waren doch meines Wissens ausschließlich Deutsche untereinander tatbeteiligt...

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    Jugendliche, die zu einer Zeit in welcher das eigene Entwicklungstadium sehr stark von eigenen sexuellen Phantasien und Entwicklungen geprägt ist die Kontrolle verloren haben und weit über die Grenzen des sozial erträglichen hinausgeschossen sind, indem sie ebenfalls jugendliche Mitschüler sexuell missbrauchten und mittels unterschiedlicher Hilfsmittel vergewaltigten sorgen für eine neue Dimension der Gewalt.
    Das vermittelt uns ein Bild, wo die Frage nach der grundsätzlichen Tauglichkeit eines meines Erachtens längst schwerst sanierungsbedürftigen Bildungs- und Erziehungssystems, sowie den jahrzehntelang unbeachteten Unzulänglichkeiten in teils realitätsferner Politik und Justiz offen und nachhaltig gestellt werden muss.

    Vielfach gibt es Eltern, die Kinder und Erziehung mit einer Nachlässigkeit oder sogar Vernachlässigung behandeln ohne diesen die notwendige Selbstkontrolle in Zeiten derer psycho-sozialer Entwicklung zu vermitteln, wo dies dringend notwendig wäre. Doch was soll man von Eltern erwarten, die selbst bereits das Ergebnis einer jahrzehntelangen verfehlten Bildungs- und Erziehungspolitik darstellen. Hier muss die Frage nach grundsätzlichen Reformen des Bildungs- und Erziehungssystems erlaubt sein, die dafür sorgt, dass insbesondere Eltern und Pädagogen konsequenter, bzw. überhaupt einmal für derartiges Versagen in die Verantwortung genommen werden.

    Darüber hinaus befinden wir uns in einem System, das schon jugendlichen Schwerkriminellen vermittelt, dass selbst bei schwersten Verfehlungen keine ernsthaften Konsequenzen zu befürchten sind, sondern eine völlig untaugliche Politik des erhobenen Zeigefingers mit einer "Du, Du, das darfst Du nicht Mentalität", die jeder Beschreibung spottet.

    Die sich derzeitig in der öffentlichen Diskussion befindlichen "Ausfälle" sind lediglich die Spitze eines Eisbergs. Es ist damit zu rechnen, dass sich derartige Dinge in Zukunft beträchtlich ausweiten werden und unter Garantie keinen Einzelfall darstellen. Einer der Hauptgründe für diese Fehlentwicklung ist die allgemeine Konsequenzlosigkeit des Lebens in diesem Staat. Wo immer Konsequenzen notwendig wären wird insbesondere von Politik- und Medienvertretern verharmlost, verschleiert, möglicherweise sogar vertuscht, so dass sich zumindest in der vorliegenden gesellschaftlich katastrophalen Fehlentwicklung eine natürliche Konsequenz aus diesen Fehlern herausgebildet hat, die weitere Negativentwicklungen nach sich ziehen wird.

    Ein erster Schritt auf dem Weg der Besserung wäre, dass zumindest der überwiegende Teil der großen Zahl der an für diese Gesamtsituation Verantwortlichen die Fehler der Vergangenheit einsieht. Denn ohne eine derartige Form der Einsicht, oder wieder einmal nur eine vorgeschobene, bliebe es zwangsläufig bei der üblichen, einer Problemlösung völlig abträglichen, Grundhaltung der Verharmlosung, welche das Gesamtsystem zwangsläufig in den Abgrund reißen wird, und das ist keine Frage des "ob", sondern lediglich des "wann"...

    Festzuhalten ist, dass der seit Jahren anhaltende soziale Abwärtstrend der Gesellschaft an Geschwindigkeit stark zugelegt hat und deutsche Politiker selbst den stärksten Wandel vor der eigenen Haustür in Berlin nicht mitbekommen oder nicht mitbekommen wollen, wie der "Tatort-Berlin-... Strang" mit seinen unterschiedlichen Teilbereichen, insbesondere mit denen zur Jugendkriminalität, mehr als eindeutig vor Augen führt...

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    Besonders gut belegt der dortige Beitrag #1427 die hier dargelegten Thesen.
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    Widereinmal zeichnen sich rote Politiker durch bestmöglichen Täterschutz aus, wodurch sie sich erstens an der Entwicklung mitschuldig machen und zweitens für eine weitere Verschlechterung der Gesamtsituation verantwortlich zeichnen. Auch solche Politiker, welche klar gegen grundgesetzliche Regeln verstoßen, da sie das ermöglichen zu dessen Verhinderung sie verpflichtet sind, nämlich weitere Straftaten, müssen nachhaltig und äußerst konsequent zur Verantwortung gezogen werden, wenn sich irgendetwas bessern soll.
    Geändert von Excubitor (22.07.2010 um 15:26 Uhr)
    Wachsamkeit, der Preis der Freiheit: "vigilantia pretia libertatis" :cool2:

  2. #2
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Offen gesagt ... habe ich schon den Strangtitel nicht verstanden. :=

  3. #3
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Diese Betrachtungen passen wunderbar mit der aktuellen Diskussion auf diesem thread zusammen:

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    Meine Ausgangsthese:

    Die unbedingte Verbindlichkeit der Kernpostulate des Grundgesetzes und ihre Verteidigung mit ausnahmslos allen notwendigen Mitteln ist der Daseinszweck von GG-Aktiv.

    Dass die derzeitige Unverbindlichkeit und selektive Instrumentalisierbarkeit der Kernsätze der Verfassung der eigenliche Krankheitsherd in dieser verrottenden Kultur ist, haben einfach nur noch nicht genug Leute gemerkt.
    Diskussion dazu:

    Zitat Zitat von Sauerländer Beitrag anzeigen
    Das ist staatsrechtlicher Firlefanz. Recht ist ein Instrument zur Organisation einer Gesellschaft, und als solches nicht sie konstituierend, sondern nachrangiges Phänomen.
    Blödsinn, ohne das römische Recht und die von ihm ausgehende Faszination für fast alle Völker der damals bekannten Welt wäre Rom entweder nie gross geworden oder spätestens an Hannibal zerbrochen. Ich würde mich da mal geschichtskundig machen. Ähnliches gilt übrigens für die amerikanische Verfassung, ohne die wäre die Weltmacht Nr. 1 so niemals entstanden.


    Wir sind hier nicht in Amerika, wo alle möglichen Arten von Kulturen zusammengewürfelt werden und deshalb als einzige Gemeinsamkeit eine fast schon religiös verklärende Bezugnahme auf die Verfassung bleibt. Grundlage ist die organisch über Jahrhunderte und Aberjahrhunderte gewachsene Kulturgemeinschaft.
    Diese Kulturgemeinschaft hatte keine Widerstandskräfte gegen die Selbstzerstörung des Staatswesens durch eine debil - dekadente kaiserliche Führungsschicht und die nachfolgenden Wahnsinnigen. Ob eine wirklich funktionierende Verfassungsdemokratie gegen solche Verrottungserscheinungen immun ist, muss man schon deshalb ausprobieren, weil es keine Alternative dazu gibt. Die derzeitige grob defekte grundgesetzliche ist das natürlich nicht.

    Die lange Zeiten hervorragend ohne GG oder gar ganz ohne Verfassung auskam. Der Verfall geschieht auf dieser vorrangigen kulturellen Ebene bzw ist dort geschehen. Dagegen kann man das GG nicht in Stellung bringen. Teilweise ist es sogar sekundärer Ausdruck dieses Verfalls.
    Nein, die Defekte des GG sind die Ursache des Verfalls. Von der "kulturellen Ebene" kommt gar nichts mehr, wenn die aktuell gültigen Ordnungsprinzipien nicht funktionieren. Das war immer und überall so, das ist kein deutsches Phänomen, sondern eine Art soziales Naturgesetz.

  4. #4
    ehem. Paul Felz Benutzerbild von Paul Felz
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Zitat Zitat von Deutschmann Beitrag anzeigen
    Offen gesagt ... habe ich schon den Strangtitel nicht verstanden. :=
    Wir sind hier wohl ausgeschlossen. Ich dachte, wenigstens der Text klärt mich auf. Dem war aber nicht so.

  5. #5
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Um auch meine Antwort hinzuzufügen:
    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    Blödsinn, ohne das römische Recht und die von ihm ausgehende Faszination für fast alle Völker der damals bekannten Welt wäre Rom entweder nie gross geworden oder spätestens an Hannibal zerbrochen.
    Bismarck wusste, dass es Preußens MACHT war, auf die die Welt blickte.
    Rom ist groß geworden durch seine LEGIONEN, durch die Schlagkraft des Soldaten, unter dessen Marschtritt jeder Widerstand erstarb oder von vornherein nicht lohnend schien.
    Mancher großer Römer war ebensolch ein großer Rechtsbrecher, denken wir stellvertretend nur an Gaius Julius Cäsar.
    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    Ich würde mich da mal geschichtskundig machen.
    Die Empfehlung kann ich nur zurückgeben.
    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    Ähnliches gilt übrigens für die amerikanische Verfassung, ohne die wäre die Weltmacht Nr. 1 so niemals entstanden.
    Mit einer anderen Verfassung wäre da eben etwas anderes entstanden.
    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    Diese Kulturgemeinschaft hatte keine Widerstandskräfte gegen die Selbstzerstörung des Staatswesens durch eine debil - dekandente kaiserliche Führungsschicht und die nachfolgenden Wahnsinnigen. Ob eine wirklich funktionierende Verfassungsdemokratie gegen solche Verrottungserscheinungen immun ist, muss man schon deshalb ausprobieren, weil es keine Alternative dazu gibt. Die derzeitige grob defekte grundgesetzliche ist das natürlich nicht..
    Eine Kulturgemeinschaft kann nie Fehler und Risiken ausschließen. Unter Bismarck erlebte die deutsche Kulturgemeinschaft eine ihrer besten Zeiten, und dabei blieb es im Grund bis zum Ersten Weltkrieg, der eine zunächstmal rein aussenpolitische Frage war. Deutschland blühte, es zog in Wissenschaft und Kunst davon. Es war in einem Ausmaß LEBENDIG, das wir aus unserer heutigen toten Wüstenei kaum noch erahnen können. Selbst die unteren Schichten haben durch die bismarck´schen Sozialreformen ihr, wenn auch zugegebenermaßen kleines (aber das ist um einiges mehr als andernorts) Stück abbekommen.
    Thomas Mann hat in den Betrachtungen eines Unpolitischen eine vorzügliche Lobesrede auf diese Gemeinschaft verfasst, die gleichzeitig auch ein scharfer Angriff auf die arrogante Vermessenheit der Verfassungsdemokratien darstellt.
    Nach der Zerstörung dieses Gemeinwesens durch feindliche Aggression wie auch durch Druck von innen gab es nichts, was Gegenstand gemeinsamen Bekenntnisses hätte sein können. Gerade auch die WRV nicht, denn was war die letztlich? Ein Fetzen Papier, den sich ein paar Staatsumgestalter ausgedacht hatten. Mit welcher Begründung sollte sich irgendjemand darauf verpflichtet fühlen? Entsprechend hätte auch die Diktatur, die daraus folgerichtig entstand, keineswegs negativ sein müssen, wenn sich nicht gerade die destruktivsten der Köpfe dieser Herrschaftsgewalt bemächtigt hätten. Es hätte schon alleine gereicht, wenn man inhaltlich eher nach dem mussolinischen Italien gekommen wäre. Was alles möglich gewesen wäre...
    1945 jedenfalls war dieser letzte, massiv mit destruktivem Irrsinn angereicherte Versuch deutscher Selbstbehauptung beendet. Man zwang Deutschland in eine Vasallenrolle. Das GG wurde erarbeitet nach recht präzisen Vorgaben der Sieger, es ist also ein Fremddiktat und schonmal kein Ausdruck der Souveränität des deutschen Volkes. Vielmehr ist es Ausdruck der im Herrschaftsbereich der Siegermächte bestimmenden Ideologie.
    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    Nein, die Defekte des GG sind die Ursache des Verfalls. Von der "kulturellen Ebene" kommt gar nichts mehr, wenn die aktuell gültigen Ordnungsprinzipien nicht funktionieren. Das war immer und überall so, das ist kein deutsches Phänomen, sondern eine Art soziales Naturgesetz.
    Das ist schlicht und einfach Unsinn. Das Recht ist nie die vorrangige Ebene, alleine schon deshalb, weil dem Recht immer eine Größe vorrausgehen muss, die es setzt. Recht ist nicht an sich selbst da, nicht aus sich selbst heraus bestehend und nur zwecks Wirksammachung nachgeordnet zu erkennen. Dem Recht als Instrument und Objekt geht ein das Recht setzendes Subjekt voraus. Und die Probleme liegen bei diesem Subjekt. Probleme auf der nachgeordneten Ebene des Rechts sind hier nur insofern interessant, als sie nachrangiger Ausdruck von Problemen auf der vorrangigen Ebene sind. Und damit sind wir wieder bei der selbsteliminativen Zersetzung der Gesellschaft im Zeichen des Liberalismus, dessen Geist auch das GG bestimmt, wodurch das GG eben nicht gegen diese Zersetzung in Stellung gebracht werden kann.
    Aber selbst wenn das anders wäre, selbst wenn das GG theoretisch brauchbar wäre, wäre das nebensächlich, insofern sich die Frage nach der DURCHSETZUNG stellt. Womit wir wieder beim Primat der Legionen sind. Ob das Recht etwas fordert, ist völlig irrelevant, wenn die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit anderes praktiziert. Ich kann auch eine Straße überqueren, obwohl ich einen LKW heranrasen sehe, der die Geschwindigkeit nicht verringert, im festen Bewusstsein, dass ich Grün habe, also im Recht bin - und dann mit meinen letzten Gedanken, wenn ich verblutend auf dem Asphalt liegt, völlig verwirrt um die Feststellung kreisen: "Aber ich war doch im Recht..." - na und? Was nützt es? Plattgefahren ist plattgefahren.
    Mitglied der nationalbolschewistischen Front
    "Der Prinz fürchtet lediglich, nun habe er eine Revolution am Hals. Lasst uns ihm zeigen, wie furchtbar er uns unterschätzt..."
    -Harald, Brujah Primogen von New York City, zu Beginn der Zweiten Feuernacht

  6. #6
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Zitat Zitat von Sauerländer Beitrag anzeigen
    Um auch meine Antwort hinzuzufügen:

    Bismarck wusste, dass es Preußens MACHT war, auf die die Welt blickte.
    Rom ist groß geworden durch seine LEGIONEN, durch die Schlagkraft des Soldaten, unter dessen Marschtritt jeder Widerstand erstarb oder von vornherein nicht lohnend schien.
    Mancher großer Römer war ebensolch ein großer Rechtsbrecher, denken wir stellvertretend nur an Gaius Julius Cäsar.
    Das ist Geschwurbel. Ich hatte schon auf Hannibal hingewiesen, nach Cannae war es vorbei mit dem "Marschtritt, unter dem jeder Widerstand erstarb". Die von mir genannte Faszination der römischen Bürgerrechte hat nur verhindert, dass der siegreiche Feldherr - wie das bis dato üblich gewesen war - die verschiedenen ethnischen Gruppen und Grüppchen in Italien und sonstwo in Europa als Söldner anheuern konnte, die Phönizier konnten mit den Römern hinsichtlich der Attraktivität ihrer Kultur nicht konkurrieren, sonst wäre die Serie von Niederlagen gegen Hannibal das sichere Ende Roms gewesen.

    Die Empfehlung kann ich nur zurückgeben.

    Mit einer anderen Verfassung wäre da eben etwas anderes entstanden.
    Ja klar, ein dekadenter Sklavenhalterstaat nach konföderiertem Muster. Die hätten das Prinzip der neuzeitlichen Verfassungsdemokratie im 20. Jahrhundet ganz sicher nicht in 2 Weltkriegen gegen europäische und asiatische Mächte geschützt.

    Eine Kulturgemeinschaft kann nie Fehler und Risiken ausschließen. Unter Bismarck erlebte die deutsche Kulturgemeinschaft eine ihrer besten Zeiten, und dabei blieb es im Grund bis zum Ersten Weltkrieg, der eine zunächstmal rein aussenpolitische Frage war. Deutschland blühte, es zog in Wissenschaft und Kunst davon. Es war in einem Ausmaß LEBENDIG, das wir aus unserer heutigen toten Wüstenei kaum noch erahnen können. Selbst die unteren Schichten haben durch die bismarck´schen Sozialreformen ihr, wenn auch zugegebenermaßen kleines (aber das ist um einiges mehr als andernorts) Stück abbekommen.
    Und dann hat einfach ein debiler Kaiser diesen Lotsen von Bord geschickt und die tolle Kultur hatte nicht die allergeringsten inneren Widerstandskräfte gegen den dann einsetzenden Verfall.

    Woher auch, die kann nur eine perfekte Verfassung gewährleisten. Alles andere ist Phantasterei.


    Thomas Mann hat in den Betrachtungen eines Unpolitischen eine vorzügliche Lobesrede auf diese Gemeinschaft verfasst, die gleichzeitig auch ein scharfer Angriff auf die arrogante Vermessenheit der Verfassungsdemokratien darstellt.
    Dann hat entweder Thomas Mann die Ursachen des Niedergangs nicht verstanden oder Du hast seinen Text nicht verstanden. Ich vermute ersteres, ich halte nicht viel von dem politischen Urteilsvermögen dieses Herrn. Das gilt übrigens für die beiden anderen deutschen Literatur - Nobelpreisträger auch.

    Nach der Zerstörung dieses Gemeinwesens durch feindliche Aggression wie auch durch Druck von innen gab es nichts, was Gegenstand gemeinsamen Bekenntnisses hätte sein können. Gerade auch die WRV nicht, denn was war die letztlich? Ein Fetzen Papier, den sich ein paar Staatsumgestalter ausgedacht hatten. Mit welcher Begründung sollte sich irgendjemand darauf verpflichtet fühlen?
    Eben, die Verfassung muss in sich stimmig und die höchste Autorität sein, dann ist sie die einzig mögliche stabile Grundlage für ein gesundes Staatswesen. Deshalb hatte ich zuvor auch geschrieben, dass die derzeitig Unverbindlichkeit und selektive Instrumentalisierbarkeit des Grundgesetzes das nicht leisten kann.

    Entsprechend hätte auch die Diktatur, die daraus folgerichtig entstand, keineswegs negativ sein müssen, wenn sich nicht gerade die destruktivsten der Köpfe dieser Herrschaftsgewalt bemächtigt hätten. Es hätte schon alleine gereicht, wenn man inhaltlich eher nach dem mussolinischen Italien gekommen wäre. Was alles möglich gewesen wäre...
    1945 jedenfalls war dieser letzte, massiv mit destruktivem Irrsinn angereicherte Versuch deutscher Selbstbehauptung beendet. Man zwang Deutschland in eine Vasallenrolle.
    Ein autoritäres System kann abhängig von der Person des Machthabers vorübergehend gut funktionieren, Friedrich II. ist ein Beispiel dafür. Irgendwann wird diese Person aber ersetzt oder auch selbst debil oder geisteskrank, das kann also immer nur für eine begrenzte Zeit gutgehen.

    Das GG wurde erarbeitet nach recht präzisen Vorgaben der Sieger, es ist also ein Fremddiktat und schonmal kein Ausdruck der Souveränität des deutschen Volkes. Vielmehr ist es Ausdruck der im Herrschaftsbereich der Siegermächte bestimmenden Ideologie.
    Das GG wurde trotz der Vorgaben der Sieger von der Mehrheit der demokratisch legitimierten Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung verabschiedet und seitdem ohne jede Beteiligung fremder Mächte sehr oft geändert. Ausserdem ist staatsrechtlich entscheidend, dass die Mehrheit der Deutschen es als ihre Verfassung ansieht. Da liegen also nicht die Mängel. Der Defekt liegt in der mangelnden Verbindlichkeit und der Missbrauchsgeneigtheit des GG, das ist ein hausgemachtes Defizit unserer politischen Kultur, mit dem fremde Mächte überhaupt nichts zu tun haben.

    Das ist schlicht und einfach Unsinn. Das Recht ist nie die vorrangige Ebene, alleine schon deshalb, weil dem Recht immer eine Größe vorrausgehen muss, die es setzt. Recht ist nicht an sich selbst da, nicht aus sich selbst heraus bestehend und nur zwecks Wirksammachung nachgeordnet zu erkennen. Dem Recht als Instrument und Objekt geht ein das Recht setzendes Subjekt voraus. Und die Probleme liegen bei diesem Subjekt. Probleme auf der nachgeordneten Ebene des Rechts sind hier nur insofern interessant, als sie nachrangiger Ausdruck von Problemen auf der vorrangigen Ebene sind. Und damit sind wir wieder bei der selbsteliminativen Zersetzung der Gesellschaft im Zeichen des Liberalismus, dessen Geist auch das GG bestimmt, wodurch das GG eben nicht gegen diese Zersetzung in Stellung gebracht werden kann.
    Aber selbst wenn das anders wäre, selbst wenn das GG theoretisch brauchbar wäre, wäre das nebensächlich, insofern sich die Frage nach der DURCHSETZUNG stellt. Womit wir wieder beim Primat der Legionen sind. Ob das Recht etwas fordert, ist völlig irrelevant, wenn die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit anderes praktiziert. Ich kann auch eine Straße überqueren, obwohl ich einen LKW heranrasen sehe, der die Geschwindigkeit nicht verringert, im festen Bewusstsein, dass ich Grün habe, also im Recht bin - und dann mit meinen letzten Gedanken, wenn ich verblutend auf dem Asphalt liegt, völlig verwirrt um die Feststellung kreisen: "Aber ich war doch im Recht..." - na und? Was nützt es? Plattgefahren ist plattgefahren.

    Die einzige notwendigerweise dem Recht vorausgehende Ebene ist der gemeinsame feste und dauerhafte Wille aller Angehörigen der Rechtsgemeinschaft, dass das Recht jeder Art von menschlicher Macht vorgehen muss und der Wille, das auch durchzusetzen. Alles andere ist nachrangig.
    Geändert von GG146 (22.07.2010 um 16:40 Uhr)

  7. #7
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    Die einzige notwendigerweise dem Recht vorausgehende Ebene ist der gemeinsame feste und dauerhafte Wille aller Angehörigen der Rechtsgemeinschaft, dass das Recht jeder Art von menschlicher Macht vorgehen muss und der Wille, das auch durchzusetzen. Alles andere ist nachrangig.
    Ohne Gewehr, Knüppel und Knast bzw. allein die Drohung damit, kannst Du kein Recht durchsetzen. "Recht" wird von dem gemacht und durchgesetzt, der auch die Mittel dazu hat.

  8. #8
    GESPERRT
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Zitat Zitat von Felix Krull Beitrag anzeigen
    Ohne Gewehr, Knüppel und Knast bzw. allein die Drohung damit, kannst Du kein Recht durchsetzen. "Recht" wird von dem gemacht und durchgesetzt, der auch die Mittel dazu hat.
    Ich schrieb ja, dass der feste Wille zur Durchsetzung des Rechts mit allen notwendigen Mitteln Grundvoraussetzung für eine stabile und dauerhaft funktionierende Verfassungsordnung ist.

    Wo Knüppel, Knast und Abschiebung absolut unvermeidlich sind, muss jeder pseudoliberale ideologisch verblendete Widerstand dagegen politisch gebrochen werden, sonst werden die pseudoliberalen Feiglinge irgendwann von einer neuen autoritären Ordnung beerbt.

  9. #9
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    Diese Betrachtungen passen wunderbar mit der aktuellen Diskussion auf diesem thread zusammen:

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    Meine Ausgangsthese:

    Die unbedingte Verbindlichkeit der Kernpostulate des Grundgesetzes und ihre Verteidigung mit ausnahmslos allen notwendigen Mitteln ist der Daseinszweck von GG-Aktiv.

    Dass die derzeitige Unverbindlichkeit und selektive Instrumentalisierbarkeit der Kernsätze der Verfassung der eigenliche Krankheitsherd in dieser verrottenden Kultur ist, haben einfach nur noch nicht genug Leute gemerkt.
    Der Grundrechtskatalog ist so allgemein gehalten, dass er nie konkret handlungsanleitend sein kann, und dementsprechend nahezu beliebig ausgelegt werden kann. Folglich haben wir mit der laufenden Rechtssprechung des BVerfG ja auch eine zweite Legislative, welche übrigens, wie vielerorts dokumentiert, die selben Vorgaben infolge des Wertewandels unterschiedlich interpretiert.

    Die "selektive Intrumentalisierbarkeit der Kernsätze der Verfassung" ist daher ein sich aus der Natur dieser Kernsätze ergebender Fakt.

    Wieviel Wert diese Verfassung als Quelle normativer Erwartungssicherheit (konstitutives Element des Rechtsstaates) hat, sieht man ja an dem allgemein akzeptierten Lügengebäude, auf die sie sich stützt. Von den Siegern für einen Teil des geteilten Deutschlands mit einer Teleologie versehen installiert - Telos war die Vereinigung Deutschlands, das war gleichzeitig Ziel- und Endpunkt des Provisoriums GG - hat man diese Konzeption 1990 in souveränem Dezisionismus hinweggewischt, was, ganz abgesehen davon, wie man das bewertet, doch nur beweist, dass das geschriebene Wort alleine an sich überhaupt nichts wert ist.

    Auctoritas, non Grundgesetz facet legem. Schönen Abend noch.

  10. #10
    GESPERRT
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    Standard AW: Eine neue Dimension der Gewalt auf dem Weg des sozialen Abstiegs eines Systems

    Zitat Zitat von Chanan Beitrag anzeigen
    Der Grundrechtskatalog ist so allgemein gehalten, dass er nie konkret handlungsanleitend sein kann, und dementsprechend nahezu beliebig ausgelegt werden kann. Folglich haben wir mit der laufenden Rechtssprechung des BVerfG ja auch eine zweite Legislative, welche übrigens, wie vielerorts dokumentiert, die selben Vorgaben infolge des Wertewandels unterschiedlich interpretiert.

    Wieso "2. Legislative"? Die Verfassungsrichter werden von Berufspolitikern nach Parteibuchproporz ausgesucht, das Gericht ist somit ein Teil der 1. Legislative. Allerdings die Abteilung, die sich nicht vor dem Wahlvolk für ihre Entscheidungen verantworten muss....

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