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Thema: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

  1. #51
    Rechtsstaatler
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Dabei lernt man im Studium, dass das deutsche Notwehrrecht eigentlich ein recht scharfes ist, weil es nur bei wirklich groben Unverhältnismäßigkeiten überschritten ist. Aber wenn es dann so ausgelegt wird (das ist ja schon nicht mehr bloß restriktiv), bleibt davon natürlich nichts übrig...

    Ein Kernproblem scheint mir zu sein, dass man sich wirklich kein bisschen in die Perspektive des Notwehrleistenden in der konkreten Lage versetzt. Diese Minimalabwägungen über Verhältnismäßigkeit, die da teilweise vom Gericht gefordert werden, kann niemand treffen. Wenn er den Täter jetzt beim Flüchten in den Rücken geschossen hätte, oder ihm die Flasche weggenommen und damit auf ihn eingeschlagen hätte, aber so wollte er ihn nur festnehmen (jedermanns Recht, § 127 StPO), der andere wehrte sich, es kam zu einer Rangelei, bei der der Täter unglücklich stürzte und sich nur die Hand brach. Auf der Basis solcher Urteile frage ich mich, wie man dieses Festnahmerecht rechtlich sauber ausüben soll - die wenigsten werden sich widerstandslos hinsetzen und mit dem Helfer auf die Polizei warten...

  2. #52
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von Mariko Beitrag anzeigen
    Dabei lernt man im Studium, dass das deutsche Notwehrrecht eigentlich ein recht scharfes ist, weil es nur bei wirklich groben Unverhältnismäßigkeiten überschritten ist. Aber wenn es dann so ausgelegt wird (das ist ja schon nicht mehr bloß restriktiv), bleibt davon natürlich nichts übrig....
    Die dem deutschen Notwehrrecht eigene Rechtsgüterabwägung - nur bei einem extremen Missverhältnis der Rechtsgüter ist die Notwehr nicht "geboten" - lässt keine Spielräume für eine restriktive Auslegung. Bei einem Angriff auf Leben und Gesundheit kann man dem Verteidiger keine falsche Rechtsgüterabwägung andichten, weil die Rechtsgüter des Angreifers eindeutig nicht zählen, solange die Gefahrenlage andauert.

    Deswegen behaupten die Gerichte einfach, dass ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte und dass die Verteidigung deshalb unverhältnismäßig gewesen wäre. In diesem Fall hier hatte der Angreifer immer noch die Bierflasche in der Hand, mit der er zuvor eine Frau niedergeschlagen hätte. Trotzdem behauptet der Richter einfach mal, dass man in dieser Situation ohne eigenes Risiko auch mildere Mittel als kräftiges Wegschubsen wählen könne. So wie ein anderer Richter eben der Auffassung war, dass man sich gegen eine Übermacht von Strassenschlägern auch ohne Messer risikolos wehren kann, wenn man etwas grösser als der Vorturner der Bande ist. Die Lücke im positivistischen Rechtssystem liegt also vor allem darin, dass Richter einfach lebensfremde Sachverhalte behaupten können und dass es dagegen keine systemischen Abwehrmittel gibt.


    oder ihm die Flasche weggenommen und damit auf ihn eingeschlagen hätte, aber so wollte er ihn nur festnehmen (jedermanns Recht, § 127 StPO), der andere wehrte sich, es kam zu einer Rangelei, bei der der Täter unglücklich stürzte und sich nur die Hand brach. Auf der Basis solcher Urteile frage ich mich, wie man dieses Festnahmerecht rechtlich sauber ausüben soll - die wenigsten werden sich widerstandslos hinsetzen und mit dem Helfer auf die Polizei warten...
    Er durfte den Aggressor nach § 127 StPO bis zum Eintreffen der Polizei daran hindern, sich zu verdünnisieren. Deshalb war der neuerliche Angriff des ursprünglichen Aggressors nicht gerechtfertigt und die daran anschliessende Verteidigungsmaßnahme war eindeutig Notwehr. Da gibt es keinen Spielraum für eine seriöse juristische Diskussion. Das ist einer von vielen Fällen von klarer Rechtsbeugung auf diesem Gebiet.
    Geändert von GG146 (21.04.2010 um 20:33 Uhr)

  3. #53
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von Mr Capone-E Beitrag anzeigen
    Der Richter hat durch seine Urteile und der daraus resultierenden Verunsicherung und Angst mehr Menschen auf dem Gewissen.
    Richtig, diese Urteile werden durch das grosse Medienecho den meisten Menschen bekannt und verunsichern jeden rechtstreuen Bürger, der in eine Notwehrsituation kommt. Diese Verunsicherung ist schon "die halbe Miete" für einen hemmungslosen Strassenschläger, die Justiz leistet ihm effektive psychische Beilhilfe.

  4. #54
    Mitglied Benutzerbild von CarlCarlsen
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    ...
    Deswegen behaupten die Gerichte einfach, dass ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte und dass die Verteidigung deshalb unverhältnismäßig gewesen wäre. In diesem Fall hier hatte der Angreifer immer noch die Bierflasche in der Hand, mit der er zuvor eine Frau niedergeschlagen hätte. Trotzdem behauptet der Richter einfach mal, dass man in dieser Situation ohne eigenes Risiko auch mildere Mittel als kräftiges Wegschubsen wählen könne. So wie ein anderer Richter eben der Auffassung war, dass man sich gegen eine Übermacht von Strassenschläger auch ohne Messer risikolos wehren kann, wenn man etwas grösser als der Vorturner der Bande ist. Die Lücke im positvistischen Rechtssystem liegt also vor allem darin, dass Richter einfach lebensfremde Sachverhalte behaupten können und dass es dagegen keine systemischen Abwehrmittel gibt.

    Er durfte den Aggressor nach § 127 StPO bis zum Eintreffen der Polizei daran hindern, sich zu verdünnisieren. Deshalb war der neuerliche Angriff des ursprünglichen Aggressors nicht gerechtfertigt und die daran anschliessende Verteidigungsmaßnahme war eindeutig Notwehr. Da gibt es keinen Spielraum für eine seriöse juristische Diskussion. Das ist einer von vielen Fällen von klarer Rechtsbeugung auf diesem Gebiet.
    Dem ist quasi nichts hinzuzufügen. Es ist schon erstaunlich, wie sich Mancher im Nachhinein die Aufklösung einer solchen Extremsituation vorstellt. Das liegt auch daran, daß viele Juristen meinen, sie wüßten einfach alles und genau das wird ihnen im Studium vermittelt, wenn Sachverhalte, die eigentlich eines Sachverständigen bedürften, vom Juristen selbst eingeordnet werden. Wenn das fehlschlägt, kein Wunder.

  5. #55
    Rechtsstaatler
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von CarlCarlsen Beitrag anzeigen
    Das liegt auch daran, daß viele Juristen meinen, sie wüßten einfach alles und genau das wird ihnen im Studium vermittelt, wenn Sachverhalte, die eigentlich eines Sachverständigen bedürften, vom Juristen selbst eingeordnet werden. Wenn das fehlschlägt, kein Wunder.


    Kleiner Widerspruch: der Jurist IST der Sachverständige, der solche Situationen beurteilen muss und auch kann - immerhin geht es in der Justiz genau darum. In diesem (und anderen vergleichbaren) Fällen wurde das nur eben falsch gemacht.

  6. #56
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von Mariko Beitrag anzeigen
    Kleiner Widerspruch: der Jurist IST der Sachverständige, der solche Situationen beurteilen muss und auch kann - immerhin geht es in der Justiz genau darum. In diesem (und anderen vergleichbaren) Fällen wurde das nur eben falsch gemacht.
    In der Frage, ob die Anwendung eines milderen Verteidigungsmittels ohne zusätzliches Risiko für Gesundheit und Leben des Verteidigers möglich war, ist der Jurist keineswegs der Sachverständige. Das wären Kampfsportexperten oder ggfs. Mediziner, aber die werden zur Zeit nicht gefragt. Die Gerichte maßen sich einfach an, Lebenssachverhalte dem gewünschten rechtlichen Ergebnis "anzupassen".

  7. #57
    Mitglied Benutzerbild von CarlCarlsen
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von Mariko Beitrag anzeigen
    Kleiner Widerspruch: der Jurist IST der Sachverständige, der solche Situationen beurteilen muss und auch kann - immerhin geht es in der Justiz genau darum. In diesem (und anderen vergleichbaren) Fällen wurde das nur eben falsch gemacht.
    Das ist zwar zutreffend und wurde von mir auch nicht bestritten und grundsätzlich ist der Richter ja befugt, Sachverhalte zu beurteilen, wenn er sich selbst für sachkundig hält, aber das ist in der Praxis nun einmal illusorisch, denn der Jurist ist eben nicht in allen Zusammenhang sachkundig, auch wenn sich Einige das offensichtlich einbilden. Abgesehen davon stimmen wir doch wohl darin überein, daß die Beurteilung dieser Notwehrsachverhalte fehlerhaft ist und genau das passiert, wenn sich die Richter für allwissend halten.

  8. #58
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    Kool AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von Mariko Beitrag anzeigen
    Kleiner Widerspruch: der Jurist IST der Sachverständige, der solche Situationen beurteilen muss und auch kann - immerhin geht es in der Justiz genau darum. In diesem (und anderen vergleichbaren) Fällen wurde das nur eben falsch gemacht.
    Ob denn das so stimmt? War der Jurist vor Ort, als der Mann versuchte zu helfen?
    Ich würde mir zweimal überlegen, ob ich helfe, wenn ich im Nachhinein dafür verurteilt werde.
    Meine Güte, wohin geht die deutsche Rechtsprechung?
    Ja, vergiss nur, dass es Menschen gibt...

    Hölderlin



  9. #59
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Richter ihrer Aufgabe Recht zu sprechen nicht mehr gewachsen sind. Noch schlimmer finde ich wenn solche extrem falsche Urteile durch Juristen-Kollegen nicht irgendwie angefochten und korrigiert werden. Jedes solch Skandalurteil müsste sofort Konsequencen im Justizministerium nach sich ziehen und auch der Richter müsste vorerst aus dem Verkehr gezogen werden, bei deutlicher Gehaltkürzung für diese Zeit. Die sollen auch aus Fehlern lernen wie jeder andere auch.
    Schlimm finde ich auch dass auf das Rechtsempfinden der Öffentlichkeit hier auch keine Rücksicht genommen wird. Gesinnungsjustiz wie früher vor 45, anders ist es nicht zu erklären.
    Nur noch AfD

  10. #60
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    Standard AW: 600 Euro Strafe, weil er helfen wollte!

    Zitat Zitat von GG146 Beitrag anzeigen
    [...] Deswegen behaupten die Gerichte einfach, dass ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte und dass die Verteidigung deshalb unverhältnismäßig gewesen wäre. In diesem Fall hier hatte der Angreifer immer noch die Bierflasche in der Hand, mit der er zuvor eine Frau niedergeschlagen hätte. Trotzdem behauptet der Richter einfach mal, dass man in dieser Situation ohne eigenes Risiko auch mildere Mittel als kräftiges Wegschubsen wählen könne. So wie ein anderer Richter eben der Auffassung war, dass man sich gegen eine Übermacht von Strassenschlägern auch ohne Messer risikolos wehren kann, wenn man etwas grösser als der Vorturner der Bande ist. Die Lücke im positivistischen Rechtssystem liegt also vor allem darin, dass Richter einfach lebensfremde Sachverhalte behaupten können und dass es dagegen keine systemischen Abwehrmittel gibt.
    Was mich als juristischer Laie an solchen Fällen stört, ist die Tatsache, dass der Angegriffene im Prinzip keine andere Wahl hat, als sich auf irgendeine Art und Weise zu wehren, wenn er nicht krankenhausreif geprügelt oder getötet werden will.

    Der Täter jedoch, der ohne Grund Unbeteiligte angreift, hat eine Wahl. Er kann entweder andere Menschen in Ruhe lassen oder angreifen. Und wenn er angreift, muss er damit rechnen, an eine Person zu geraten, die sich wehrt. Dem Angegriffenen, der keine Wahl hat und der auch nicht darum gebeten hat, angegriffen zu werden, dann einen Strick daraus zu drehen, dass der Angreifer verletzt wurde, ist, vom gesunden Menschenverstand aus betrachtet, eine Sauerei.

    Da sitzt dann ein Jurist mit einer Tasse Kaffe in seinem Kämmerlein und hat alle Zeit der Welt, den ganzen Sachverhalt in Ruhe zu analysieren, um dann zum Ergebnis zu kommen, dass der Angegriffene, der um seine Gesundheit/sein Leben gekämpft hatte, unverhältnismäßig reagiert hat.

    Es ist zum Ko...

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