PDA

Vollständige Version anzeigen : Exodus der Wirtschaft



WALDSCHRAT
23.05.2005, 23:52
am Beispiel Grohe





Armaturenhersteller Grohe plant Produktionsverlagerung nach China

Hamburg (AFP) - Wegen einer geplanten Produktionsverlagerung nach China drohen bei dem sauerländischen Armaturenhersteller Grohe einem Bericht der "Financial Times Deutschland" ("FTD") zufolge bis zu 3000 der 4500 Arbeitsplätze in Deutschland wegzufallen. Die Unternehmensberatung McKinsey habe dem Unternehmen im Auftrag der US-Investoren Texas Pacific Group und CSFB Private Equity eine Verlagerung nach Fernost vorgeschlagen, berichtet das Blatt in seiner Dienstagsausgabe. Die Unternehmensleitung sieht aber "akut nur 1500 Arbeitsplätze gefährdet", wie ein Sprecher der Zeitung sagte. Die Angst der IG Metall, Grohe könne zum "Opfer von Finanzhaien" werden, sei unbegründet. Die Verlagerung in Niedriglohnländer sei im internationalen Wettbewerb "dringend erforderlich



Quelle

http://de.news.yahoo.com/050523/286/4jyba.html

---------------

Danke Schröder, danke ihr Gewerkschaften!!!

Rote Plastikweste an und Trillern

hoooooohl

Henning

Der Patriot
23.05.2005, 23:58
Ich forde eine vom Weltmarkt unabhänige Europäosche Wirtschaft.

Manfred_g
24.05.2005, 00:07
Ich forde eine vom Weltmarkt unabhänige Europäosche Wirtschaft.

Soso... :)

1) Warum?
2) Glaubst Du die Forderung wird erfüllt?
3) Falls 2) bejaht wird, wie soll das gehen?

Aus der Nummer kommst Du nur unbeschadet raus, wenn Du sagst, es sei eine Gastwirtschaft gemeint :D :D

Der Patriot
24.05.2005, 00:10
Soso... :)

1) Warum?
2) Glaubst Du die Forderung wird erfüllt?
3) Falls 2) bejaht wird, wie soll das gehen?

Aus der Nummer kommst Du nur unbeschadet raus, wenn Du sagst, es sei eine Gastwirtschaft gemeint :D :D

1) Weil es sich gut anhört.
2) Nein. ;)
3) Keine Ahnung.

Ehrlich gesagt sollte man die Steuern (zB Unternehmenssteuer) senken. In der BRD liegen sie bei 38,5%, in Österreich bei 25%. Man sollte Geld sparen, dann ist es sicher auch möglich. Zum Beispiel bei Ausländern und Asylanten.

WALDSCHRAT
24.05.2005, 00:12
@ EP

Und was soll das ändern?

Die Deutsche Wirtschaft wurde von den Sozen an die Wand gefahren. Gewerkschaftsabschlüsse in den 80 gern sind daran Schuld, daß das Lohnniveau hier inzwischen unermesslich hoch ist. Wenn ein Generalbauunternehmer eine polnische Fugerkolonne für 3,50 Euronen pro Std als Subbi verpflichten kann, muß man sich nicht wundern, wenn der Deutsche Fliesenlegermeister mit 40 Euronen pro Std. den Kürzeren zieht.

Damit ist es im Umkehrschluß verständlich, daß das produzierende Gewerbe den Auszug aus diesen heiligen Gewerkschaftshallen sucht, um eben preiswerter anbieten zu können. Dazu braucht es kein Wiwi Studium und keinen Mc. Kinsey. Einfaches Nachdenken genügt.

:)

Henning

Vetinari
24.05.2005, 00:29
ist die abwanderung der wirtschaft etwa ein rein deutsches phänomen?

Manfred_g
24.05.2005, 00:42
ist die abwanderung der wirtschaft etwa ein rein deutsches phänomen?

In diesem Ausmaß ja, soviel ich weiß.

BMW M6
24.05.2005, 00:43
ist die abwanderung der wirtschaft etwa ein rein deutsches phänomen?Nein

BMW M6
24.05.2005, 00:46
In diesem Ausmaß ja, soviel ich weiß.Ach so. Über Dimensionen kann ich jetzt nichts genaueres sagen.

Hossbach
24.05.2005, 01:35
Ich würde den Gewerkschaften nicht die alleinige Schuld zuschieben. Eine allgemeine Lohnnebenkostensenkung der Regierung würde die Arbeitgeber (hoffentlich) dazu bringen, auch ohne direkte Lohnsenkung im Lande zu bleiben.

Biskra
24.05.2005, 01:43
Wenn's nur nach den Lohnkosten ginge, wären alle schon abgewandert. Ist doch Schwachsinn, so'ne monokausalen BDI-Rhetorik-Klassiker rauszuholen.

Hossbach
24.05.2005, 01:49
:) Schön gesagt.
Natürlich gibt es mehr als nur einen Grund. Mir ging es nur darum, eben die Palette ein bisschen zu erweitern. ;)

WALDSCHRAT
24.05.2005, 10:08
Es geht um die Durchsetzung einer EU Richtlinie, die - einfach gesprochen- folgendes besagt:

So ein Lette (Beispiel) hier in D beschäftigt werden soll, wird es dem AG ermöglicht, ihn nach den Löhnen zu bezahlen, die in seinem Heimatland üblich sind.

Das ist der eine Weg, unsere Wirtschaft auszuhebeln. Ein mittelständiger Betrieb wird nur dann noch konkurrenzfähig sein, wenn er denn Letten (Beispiel) einstellt, sie niedriger bezahlt und damit eben konkurrenzfähig bleibt. Deutsche AN werden dann das Nachsehen haben und hinausgeworfen werden.

-------------

Nun zu dem anderen Weg, unsere Wirtschaft und damit das Wachstum, zu ruinieren:

Einem jeden Unternehmer ist es freigestellt, in jedem Land der Welt zu produzieren. Es ist seine eigene unternehmerische Entscheidung, dies unter Berücksichtigung seiner Angebotspreise zu kalkulieren. Seine Angebotspreise hängen jedoch u.a. auch von den Lohnkosten ab.

Wer will es z.B. den Automobilzulieferern übel nehmen, daß sie inzwischen mit Masse in Ungarn sitzen und aufgrund des niedrigen Lohnniveaus dort damit enauso konkurrenzfähig und leistungsfähig sind, wie Anbieter aus China und Taiwan? Glaubt ihr im Ernst noch etwa daran, daß z.B. Volkswagen daran denkt: kauft nur Deutsches, ihr tut was für die Wirtschaft?

???

Das Einzige wofür sich Volkswagen interessieren muß -heutzutage-, ist der Gewinn nach Steuern. Denn der regelt dann den Kurs der Aktie.

Tempi passati

Gruß

Henning

Kalmit
24.05.2005, 11:05
Aha, Gewerkschaften sind schuld... das ist jedoch ein tolles Beispiel für die sogenannten "Heuschrecken"...

Und die Mitarbeiter sind auch Schuld - entweder ihr arbeitet für Chinesische Löhne oder ihr fliegt... lang lebe der freie Markt... :rolleyes:


http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/wirtschaftsbranche/grohe/050405.jhtml

Grohe will ab 2007 jährlich 150 Millionen Euro sparen. Das Unternehmen, das vor knapp einem Jahr von einer Investorengruppe gekauft worden war, hatte 2003 einen Gewinn von 185 Millionen Euro gemacht. Das Unternehmen stellt vor allem Aramaturen für Badezimmer und Spülsysteme für Toiletten her.

2003 hatte das Unternehmen noch satte 185 Millionen Gewinn gemacht - und jetzt soll es aus Kostengründen verlagert werden?!?! Das ich nicht lache... Da kriegen ein paar wenige mal wieder nicht den Hals bzw. das Bankkonto voll...

Kalmit
24.05.2005, 11:10
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0/0,1872,2294112,00.html

Die Jobs der Mitarbeiter der deutschen Traditionsmarke Grohe, die Sanitär-Armaturen herstellt, sind in Gefahr. Betriebsrat Peter Paulokat sagt zu den Angestellten: "Es ist ja auch in der Betriebsversammlung angekündigt worden, dass das in Deutschland zu Stellenabbau führen wird, vielleicht zur Schließung einzelner Standorte."

Über tausend Arbeitsplätze in Deutschland stehen auf dem Spiel, obwohl Grohe erfolgreich ist und jedes Jahr satte Gewinne abwirft. Doch die neuen Besitzer wollen mehr. Es sind Investoren aus den USA, die Produktion in Deutschland ist ihnen zu teuer.


"Reine Wut"
"Jeder hat Angst. Jeder hat sich was (...) aufgebaut: eine Wohnung, ein Haus, und so weiter", erzählt eine Angestellte. Eine andere Frau sagt: "Ich empfinde für mich persönlich Wut, einfach nur reine Wut. Denn die haben es eigentlich nicht nötig. Es ist die reine Habgier, die Habgier der Amerikaner."


Ein Mann unterstützt diese Aussage: "Weil bis jetzt auch Gewinne eingefahren wurden, es war ja kein Betrieb, der irgendwie krank war." Ein weiterer meint: "Das, was hier mit uns gemacht wird, ist eine Schweinerei. So eine Schweinerei, die man gar nicht in Worte fassen kann." [...]

Kalmit
24.05.2005, 11:15
Nicht nur. Sieh dir mal den aktuellen Tarifabschluß in der Stahlbranche an. Und der Ulbricht-Imi Peters holt jetzt zum neuen Schlag gegen die Metallbranche aus.

Aha, dass Lohnniveau ist zu hoch... dass die Lohnstückkosten hier seit 10 Jahren sinken - wie sonst nirgends in Europa - ist euch bekannt?! Und gilt dass Gejammer dann auch über das hohe Preisniveau in Deutschland? Funktioniert so Wirtschaft - die Menschen arbeiten nach Chinesischen Löhnen und müssen Deutsche Preise bezahlen!?

Skorpion968
24.05.2005, 11:16
Wenn es dein Geld wäre - würdest du den Karren sehenden Auges in Verluste laufen lassen?

Wer spricht denn hier von Verlusten???

Ich weiß zumindest jetzt schon, wessen Armaturen ich bei der nächsten Bad-Renovierung NICHT kaufen werde!

Kalmit
24.05.2005, 11:17
@Modena: Verluste sind überhaupt nicht in Sicht, das Unternehmen ist hochprofitabel, seit Jahrzehnten... :rolleyes: Soch jetzt, wo die Heuschrecken das Unternehmen ausnehmen steht das auf der Kippe...

WALDSCHRAT
24.05.2005, 11:50
Aha, Gewerkschaften sind schuld... das ist jedoch ein tolles Beispiel für die sogenannten "Heuschrecken"...

Und die Mitarbeiter sind auch Schuld - entweder ihr arbeitet für Chinesische Löhne oder ihr fliegt... lang lebe der freie Markt... :rolleyes:



2003 hatte das Unternehmen noch satte 185 Millionen Gewinn gemacht - und jetzt soll es aus Kostengründen verlagert werden?!?! Das ich nicht lache... Da kriegen ein paar wenige mal wieder nicht den Hals bzw. das Bankkonto voll...

Du machst es Dir sehr einfach in Deiner Gegenrede und springst damit für mich zu kurz!

Es geht heutzutage nicht nur darum, einen möglichen Gewinn des Kapitalisten (Unternehmers) zu maximieren und als Bank daran zu partizipieren.

Es geht darum, daß die meisten größeren Unternehmen AG s sind und damit börsennotiert werden. Das "Haben" eines solchen Ladens spiegelt sich im Aktienkurs wieder und in nichts anderem!

So, und nun bin ich mal Banker und Du der Unternehmer. Du hast vor, Deinen Laden zu innovieren, um u.a. auch Deutsche Arbeitsplätze zu sichern. Deine Innovation kostet Geld, das Du bei den Banken aufnehmen mußt.

Dann komme ich Dir als Banker, dem der Erhalt der Arbeitsplätze in Deinem Betrieb völlig egal ist und rechne Deinen Laden gegen. Analy(s)tisch und nach dem Verlauf des Kurswertes der Aktien. Und wenn die Nominalsummen nicht stimmen, bekommst Du den "kick in the ass", da mir meine Karriere in dem Bankkonzern wichtiger ist, als ein Risikounternehmen evtl. zu retten!

So sieht es inzwischen aus!

Die Zeiten, in denen ideenreiches Unternehmertum mit einem rotem Teppich von Banken ausgestattet wurden, die auch gerne Kredite -oder Risikokredite- spendiert haben, sind seit Ende der Siebziger vorbei.

Auch hier:

Tempi passati!

Gruß

Henning

buckeye
24.05.2005, 17:53
ist die abwanderung der wirtschaft etwa ein rein deutsches phänomen?
Nein .....aus MAysville /NKY sind in den letzten jahren auch viele firmen nach Mexico ausgewandert wegen billigerer loehne :rolleyes:
sowas gibts ueberall .. allerdings wurden auch wie vom jetzigen governor ernie fletcher mit steuerveguenstigungen und finanziellen beihiflen firmen wie toyota in den staat geholt (wofuer er und sein vorgaenger maechtig kritik bekamen) die 7000 neue arbeitsplaetze gechaffen haben.
Der staat muss lernen sich nicht selber als wichtigsten teil des landes anzusehen sondern erkennen das es die wirtschaft ist.

StH
24.05.2005, 18:31
Nein .....aus MAysville /NKY sind in den letzten jahren auch viele firmen nach Mexico ausgewandert wegen billigerer loehne :rolleyes:
sowas gibts ueberall .. allerdings wurden auch wie vom jetzigen governor ernie fletcher mit steuerveguenstigungen und finanziellen beihiflen firmen wie toyota in den staat geholt (wofuer er und sein vorgaenger maechtig kritik bekamen) die 7000 neue arbeitsplaetze gechaffen haben.
Der staat muss lernen sich nicht selber als wichtigsten teil des landes anzusehen sondern erkennen das es die wirtschaft ist.

Nicht nur, daß es in Deutschland keine politischen Anreize gibt, Arbeitsplätze zu schaffen, es wird sogar mit politischen Mitteln gefördert, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlegen. Wenn ein deutscher Arbeitgeber sein Werk in Deutschland zumacht, um im Ausland ein neues aufzumachen, dann kann er die Kosten dafür steuerlich geltend machen, aber die Gewinne muß er nicht mehr versteuern. Dem muß sofort ein Riegel vorgeschoben werden.

Manfred_g
24.05.2005, 18:46
Nicht nur, daß es in Deutschland keine politischen Anreize gibt, Arbeitsplätze zu schaffen, es wird sogar mit politischen Mitteln gefördert, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlegen. Wenn ein deutscher Arbeitgeber sein Werk in Deutschland zumacht, um im Ausland ein neues aufzumachen, dann kann er die Kosten dafür steuerlich geltend machen, aber die Gewinne muß er nicht mehr versteuern. Dem muß sofort ein Riegel vorgeschoben werden.

Nachdenken kann man über vieles, dennoch wäre Deine Forderung nicht zweckdienlich. Warum sollte er die Kosten nicht steuerlich geltend machen, schließlich schmälern sie seinen Gewinn ja. Und daß er Gewinne nicht mehr versteuern muß, ist natürlich falsch. Er muß, allerdings im Ausland - wo auch sonst?
Niemand wird durch Zwangsmaßnahmen andere auf Dauer dazu bringen können, daß sie ihre optime Einsatzbereitschaft zeigen. Das sollte man immer berücksichtigen, wenn man an Wirtschaftswachstum interessiert ist.

Ka0sGiRL
24.05.2005, 19:15
Es sind nicht nur die hohen Lohnnebenkosten und Steuervergünstigungen im Ausland, die deutsche Unternehmen ihre Produktionsstätten ins Ausland verlagern lassen - maßgeblich daran beleiligt ist auch eine Resultat der rot-grünen Politik: Explodierende Energiekosten und Umweltauflagen sorgen bei vielen produzierenden Unternehmen zu einem stetig absackenden Umsatz, trotz Nachfrage und gleichbleibenden Absatz.

StH
24.05.2005, 19:34
@ Manfred G

Wenn Der Unternehmer seine Gewinne im Ausland versteuern muß, dann soll er da auch versuchen, seine Kosten abzuschreiben? Wenn das das ausländische Steuerrecht nicht vorsieht, schade drum. Wir erleben hier, daß die Abwanderung der Industrie ins Ausland und damit das Ansteigen der Arbeitslosigkeit mit politischen Mitteln gefördert wird. Es wäre Aufgabe der Politik aktiv gegen die Problematik der Zweidrittelgesellschaft vorzugehen, doch sie tut das Gegenteil.

Manfred_g
25.05.2005, 04:00
@ Manfred G

Wenn Der Unternehmer seine Gewinne im Ausland versteuern muß, dann soll er da auch versuchen, seine Kosten abzuschreiben? Wenn das das ausländische Steuerrecht nicht vorsieht, schade drum. Wir erleben hier, daß die Abwanderung der Industrie ins Ausland und damit das Ansteigen der Arbeitslosigkeit mit politischen Mitteln gefördert wird. Es wäre Aufgabe der Politik aktiv gegen die Problematik der Zweidrittelgesellschaft vorzugehen, doch sie tut das Gegenteil.

Er kann im Ausland erst abschreiben, wenn er dort Steuern bezahlt. Dies kann er erst, wenn er dort Gewinne erzielt, dies kann er wiederum erst wenn er dort ansässig geworden ist. Also ist es doch ein Problem der ganz natürlichen Reihenfolge oder übersehe ich da steuerrechtliche Besonderheiten.

Die Politik kann wiederum nur die Rahmenbedingungen günstiger gestalten.
Das hat mit den leidigen Lohnnebenkosten zu tun, aber auch mit anderen Dingen: eine hohe Bürokratie (auch wenn Lafontaine das Gegenteil behauptet :rolleyes: ) gesetzliche Unzuverlässigkeit, das unternehmerfeindliche Neidklima insgesamt. Nicht mal bei diesen Dingen ziehen alle an einem Strang obwohl man (im Gegensatz zu Geldfragen) hier noch nichtmal in gleichem Maße das Problem hätte, das den einen schadet, was den andern nutzt.

Kalmit
26.05.2005, 08:56
In Deutschland sind nicht nur die Löhne zu hoch. Die könnte ein Unternehmen unter Umständen sogar tragen.

Deutschland hat ganz andere, viel tiefgreifendere Probleme.

Die Bürokratie ist extrem investitionsfeindlich.

Die Energiekosten sind die höchsten der Welt.

Die Rechtssicherheit ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Im weltweiten Vergleich liegt Deutschland nur noch auf Platz 17.

Dieser Standort wird für Investitionen zunehmend uninteressant.

Und täglich grüßt das Murmeltier... wirklich - von mir aus können diese "Unternehmen" bzw. das Kapital derer bleiben, wo sie sind... wenn sie nur dazu da sind, wie z. B. bei Grohe oder denison gesunde Unternehmen auszuschlachten, weiß ich nicht was "Investition" positiv sein soll. Soll das ausländische Kapital bleiben wo es ist... dann bekommen wir hier in Deutschland vielleicht wieder eine "gesunde" Unternehmerschaft!

Die fehlende Nachfrage (wg. stetiger Umverteilung von unten nach oben) in D für die Produkte der internationalen Unternehmen vermisse ich allerdings auf deiner Liste, denn DAS ist der wichtigste Punkt, der den Standort uninteressant macht... warum sollte hier jemand investieren, wenn die Kaufkraft der breiten Masse der Bevölkerung immer weiter sinkt und niemand mehr fähig ist, Geld dafür auszugeben?!

obwohlschon
26.05.2005, 09:06
Und täglich grüßt das Murmeltier... wirklich - von mir aus können diese "Unternehmen" bzw. das Kapital derer bleiben, wo sie sind... wenn sie nur dazu da sind, wie z. B. bei Grohe oder denison gesunde Unternehmen auszuschlachten, weiß ich nicht was "Investition" positiv sein soll. Soll das ausländische Kapital bleiben wo es ist... dann bekommen wir hier in Deutschland vielleicht wieder eine "gesunde" Unternehmerschaft!Werden Sie doch Unternehmer und führen Sie uns mal vor, was ein "gesunder" Unternehmer ist.

lupus_maximus
26.05.2005, 12:26
Ich würde den Gewerkschaften nicht die alleinige Schuld zuschieben. Eine allgemeine Lohnnebenkostensenkung der Regierung würde die Arbeitgeber (hoffentlich) dazu bringen, auch ohne direkte Lohnsenkung im Lande zu bleiben.
Nein, dies wird jetzt nichts mehr helfen, da es sowieso nur der kleinste Teil der Probleme von Unternehmern in Deutschland ist.
Für meine Begriffe redet mir der Staat zuviel in meine Unternehmungen rein mit völlig überzogenem Umweltschutz, ständigem Ausfüllen von irgendwelchen Statitiken, das in Aussicht stehende kommende Antidiskriminierungsgesetz usw. und zu allen Überfluß noch mit einer lächerlich geringen Gewinnspanne.
Desweiteren ist der Bildungsstand der deutschen Arbeitnehmer und ihre Ansichten über Unternehmer so im Keller, das ausländische AN inzwischen problemlos mit deutschen AN konkurrieren können.

Da kann man also sich schon überlegen im Ausland zu produzieren, vor allen Dingen sind die AN dort wesentlich billiger, ich werde also schneller reich!

Kalmit
26.05.2005, 18:13
Wieso reden hier alle so, als hätten wir überhaupt eine Angebotsorientierte Krise?! Denkt ihr nicht, dass trotz der vielen Entlastungen für Reiche und Unternehmer in den letzten Jahrzehnten (Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, Steuerfreiheit bei Gewinnen durch Unternehmensveräußerung, massive Senkung der Körperschaftssteuern und bei der Einkommenssteuer usw.) und gleichzeitiger Lohnzurückhaltung aller Arbeitnehmer, Arbeitszeitverlängerungen, sinkender Krankenstand, wenigste Streiktage in den Inustrienationen, Einsparungen bei Renten, Arbeitslosen und Familenunterstützung usw. - dass es da nicht doch andere Gründe haben dürfte?! Sicher gibt es bürokratische Hindernisse, die es Unternehmern nicht leicht machen - ich wollte mich auch schon Selbstständig machen und hab das erstmal auf Eis gelegt wegen der abschreckenden Vorschriften... aber es wird langsam Zeit, dass endlich mal die wirklichen Gründe für die Krise angesprochen werden...

Dass viele Mittelständler und Einzelunternehmen in Deutschland den Bach runtergehen, weil die Menschen nur noch sparen müssen und Angst um Ihre Arbeitsplätze haben - dass will niemand im neoliberalen Rausch wahrnehmen. Frag meinen Chef - der ist Chef einer kleinen Elektrofirma - und hat in den letzten Jahren immer weniger Aufträge - weil die Menschen sparen ohne Ende und/oder die Arbeit schwarz machen lassen...

obwohlschon
27.05.2005, 11:23
Dass viele Mittelständler und Einzelunternehmen in Deutschland den Bach runtergehen, weil die Menschen nur noch sparen müssen und Angst um Ihre Arbeitsplätze haben - dass will niemand im neoliberalen Rausch wahrnehmen. Frag meinen Chef - der ist Chef einer kleinen Elektrofirma - und hat in den letzten Jahren immer weniger Aufträge - weil die Menschen sparen ohne Ende und/oder die Arbeit schwarz machen lassen...Um gleich mal bei diesem Beispiel zu bleiben:

1. Die Kunden treiben mehr do-it-your-self aus vier Gründen

a) weil Sie mehr Zeit haben, weil sie kürzer arbeiten

b) weil die Baumärkte in den letzten 20 Jahren entstanden und ins Kraut geschossen

c) Handwerkliches durch moderne Kommunikationsmedien auch für Laien verständlich wird, was prinzipiell den Wert der Qualifikationen z.B. des Elektromeister senkt

d) Handwerksleistungen unbezahlbar geworden sind

2. Die Leute "sparen" weil

a) durch die Arbeitszeitverkürzung der gesellschaftlich Wohlstand tendziell zu gering gestiegen ist und das Einkommen für steigende Ansprüche herhalten muß, so daß eben z.B. ein geringere Anteil für Handwerksleistungen zur Verfügung steht

b) durch Arbeitslosigkeit und Frühverentung die Kosten steigen und den Leuten weniger netto bleibt

c) Weil Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise ihren Tribut fordern und Konsumzurückhaltung begünstigen

WALDSCHRAT
27.05.2005, 13:12
Zu 1 b, c und d:

Das kann ich selbst nur so bestätigen!

Da Handwerksleistungen inzwischen unbezahlbar geworden sind, wendet man sich gerne an Baumärkte, die inzwischen sogar soweit sind, neben den persönlichen Beratungen, einem auch noch Flyer umsonst mitzugeben, in denen z.B. steht, wie man eine Duschkabine werkgerecht einbaut oder sein Dach isolierend verdämmt.

Da inzwischen auch Elektrowerkzeuge bezahlbar geworden sind, wird sich jeder Eigenheimbesitzer genau überlegen, ob er den Handwerker ruft oder selbst "waltet".

Es braucht keine Polen mehr kombiniert mit Steuerbeschiß. Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei. "Selbst ist der Mann" heißt die Parole!

Wenn ich aber bei Dingen, die ich eben selbst nicht kann, eine Abrechnung einer Handwerksstunde von über 35 Euronen erhalte, dann muß man sich eben nicht wundern, daß es mit dem Deutschen Handwerk zu Ende geht. Die Schuld daran liegt aber nicht an den Unternehmern!!! Sie liegt bei den Gewerkschaften und bei dem staatlichen Regulierungswahn.

Gruß

Henning

StH
27.05.2005, 13:53
Das Problem ist ja nicht, daß die Leute kein Geld (mehr) haben, sondern das Problem ist, daß die Leute Angst haben, es auszugeben. Auch in der deutschen Zweidrittelgesellschaft ist nach wie vor eine Menge Geld vorhanden, Geld, das ausgegeben oder gespart werden kann. Wenn man den Menschen aber erzählt, daß sie für den Fall der Arbeitslosigkeit selbst vorsorgen müssen (nach zwölf Monaten rutscht man in die Sozialhilfe), daß sie ihre Altersvorsorge selbst in die Hand nehmen müssen (die staatliche Rente wird langfristig nur noch auf Sozialhilfeniveau sein), daß sie für ihre Kinder Studiengebühren zahlen müssen, wenn man nicht möchte, daß sie mit einem großen Schuldenberg ins Leben starten, daß sie demnächst mit Lohnsenkungen rechnen müssen uvm., dann muß man sich nicht wundern, wenn die Menschen ihr Geld zusammenhalten und es nicht in die Wirtschaft stecken, und somit die Ursache für die Probleme der deutschen Binnenkonjunktur darstellen.

Frey
27.05.2005, 18:44
Aha, dass Lohnniveau ist zu hoch... dass die Lohnstückkosten hier seit 10 Jahren sinken - wie sonst nirgends in Europa - ist euch bekannt?! Und gilt dass Gejammer dann auch über das hohe Preisniveau in Deutschland? Funktioniert so Wirtschaft - die Menschen arbeiten nach Chinesischen Löhnen und müssen Deutsche Preise bezahlen!?


UND NU?! die LOHNSTÜCKKOSTEN sinken nur, weil Unternehmen rationalisieren müssen!
Mehr Stücke mit der gleichen Anzahl von Mitarbeitern!

Das bedeutet man kann die LOHNSTÜCKKOSTEN NICHT anführen, um darauf zu verweisen das die LOHNNEBENKOSTEN nicht zu hoch sind!!!

EHER wären die sinkenden LOHNSTÖCKKOSTEN (auf Grund von Rationalisierung) ein Anzeichen dafür das die LOHNNEBENKOSTEN zu hoch sind!! [da Preisdruck]

Frey
27.05.2005, 19:02
Beispielrechnung: (aus dem wahren Leben)

19,5 Rentenvers.
6,5 Arbeitsloaenvers.
14,3 Krankenvers.
5,5 Pflegevers.
= 45,8 davon 50% Arbeitgeberanteil =22,9%


22,9% Arbeitgeberanteil Sozialversicherungen
1,2% Berufsgenossenschaft
8,5% Urlaubs-und Weihnachtsgeld
4,5% Lohnfortzahlung im Krakheitsfall
13,5% Lohnfortzahlung im Urlaub
1,0% VWL (Vermögenswirksame Leistungen)
1,0% Essen/Fahrgeld
1,5% Versicherungen
1,0% Arbeitskleidung
4,0% Lohnfortzahlung Feiertag
2,0% Kuren/Schwangerschaft

=61,8% LOHNNEBENKOSTEN


Diese Beispielrechnung ist eher auf Tarifgebundene Arbeitnehmer gemünzt, aber immer noch niedrig gerechnet.

Die Höhe hängt natürlich auch vom Gewerk und Standort ab.
Es gibt Regionen und Gewerke in denen die Lohnnebenkosten über 100% liegen!

Saga
27.05.2005, 23:09
Rikimer?????Chat??????????

Rikimer
27.05.2005, 23:14
UND NU?! die LOHNSTÜCKKOSTEN sinken nur, weil Unternehmen rationalisieren müssen!
Mehr Stücke mit der gleichen Anzahl von Mitarbeitern!

Das bedeutet man kann die LOHNSTÜCKKOSTEN NICHT anführen, um darauf zu verweisen das die LOHNNEBENKOSTEN nicht zu hoch sind!!!

EHER wären die sinkenden LOHNSTÖCKKOSTEN (auf Grund von Rationalisierung) ein Anzeichen dafür das die LOHNNEBENKOSTEN zu hoch sind!! [da Preisdruck]
Man sollte hierzu eher die Arbeitslosenstatistik daneben stellen um zu einem möglichst objektiven Urteil zu gelangen. Lohnstückkosten, Lohnnebenkosten alleine betrachtet bringen wenig Klarheit. Nur im Zusammenhang mit der Arbeitslosenstatistik - meinetwegen im zeitlichen Verlauf - ist sie, wenn überhaupt, zu gebrauchen.

Fazit: Alleine an der Anzahl der Arbeitslosen lässt sich tatsächlich die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft ablesen. Und die damit die Effektivität der Politik. (Das Verstecken der Arbeitslosen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des Staates zählt mit Sicherheit nicht dazu) ;)

MfG

Rikimer

Rikimer
27.05.2005, 23:18
Ich forde eine vom Weltmarkt unabhänige Europäosche Wirtschaft.Abschottung, Isolationismus, Protektionismus? Viel zu ineffektiv. Nur in den Anfangsphasen des Aufbaus eines ganzen Wirtschaftszweigs ist so etwas vielleicht in Betracht zu nehmen. Längerfristig vor der Außenwelt, dem Wettbewerb geschützte Industrien, gänzlich ohne störrende Konkurrenz, müssen im Endeffekt ins Hintertreffen geraten.

Wa also erhoffst du dir vom Abschotten der europäischen Wirtschaft vom Weltmarkt? Abgesehen davon das da immer noch Osteuropa da ist.

MfG

Rikimer

Rikimer
27.05.2005, 23:31
Rikimer?????Chat??????????
Warum schreibst du vor mir?

?(

Ok. ich schaue rein. ;)

MfG

Rikimer

Skorpion968
28.05.2005, 09:18
Fazit: Alleine an der Anzahl der Arbeitslosen lässt sich tatsächlich die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft ablesen. Und die damit die Effektivität der Politik. (Das Verstecken der Arbeitslosen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des Staates zählt mit Sicherheit nicht dazu)

Vollkommen korrekt! :top:

Skorpion968
28.05.2005, 09:20
Genau. Schafft die Sozialhilfe endlich ab, dann braucht auch niemand mehr zu befürchten da hineinzurutschen.

Ebenso sinnfrei wäre die Parole:
Schafft endlich alle Grenzen ab, dann braucht auch niemand mehr Kapitalflucht zu begehen! :))

Skorpion968
28.05.2005, 09:25
2. Die Leute "sparen" weil

... sie durch den neoliberalen Druck zunehmend EXISTENZANGST haben und daher völlig zu Recht jeden möglichen Cent in der Tasche behalten. Alles andere ist zweitrangig!

picnic
01.06.2005, 15:03
Gibt es unter Ökonomen unter euch oder andere Spezialisten, die gerne zu dieser Aussage Stellung nehmen möchten?

"Gibt es ökonomische Gründe, wieso eine hohe Arbeitslosigkeit für eine Gesellschaft schlecht ist?
Positive Aspekte der Arbeitslosigkeit: Struktureller Wandel, Übergangsperioden
Negative Aspekte der Arbeitsl.: Ressourcenverschwendung, Ökonomie behandelt Allokations- und Knappheitsprobleme, streng gesagt ist es ihr egal, wieviel Bürger arbeitslos sind, sie strebt den höchsten Wohlstand für die Gesellschaft an. „Glücklicherweise“ garantiert mehr Beschäftigung (mit Ausnahme dieser „nützlichen“ Arbeitslosigkeit) den höchsten Wohlstand und so ist auch aus ökonomischen Gründen eine möglichst tiefe Arbeitslosenquote erstrebenswert."

Vielen Dank für Rückmeldungen, picnic

Rikimer
01.06.2005, 23:13
Ist dies eine These? Und von wem ist dieser Text? Dein eigener Text?

MfG

Rikimer

picnic
02.06.2005, 06:38
rikimer, dieser text ist von mir. gruss, picnic

Kalmit
06.06.2005, 08:27
Aus dem Tagesspiegel zu Grohe:


Heuschrecken am Wasserhahn
900 Millionen Umsatz, 4500 sichere Arbeitsplätze – das war die Firma Grohe vor dem Verkauf. Die Geschichte einer Plünderung

Von Harald Schumann, Lahr

Irgendwann hält es die kleine Frau mit den dunkelroten Haaren nicht mehr aus. Schon über zwei Stunden hat sie denen da vorn, den Betriebsräten, dem Bürgermeister, dem Werksleiter zugehört. Jetzt packt sie der heilige Zorn. Sie eilt auf den Gang zwischen den Sitzbänken und hebt den Arm. Ein Mikrofon wird ihr gereicht. Die Blicke von rund 1500 Kollegen richten sich auf sie. 19 Jahre habe sie hier gearbeitet, hebt sie an, vor Aufregung ein wenig außer Atem. „Samsdig, Sunndig, nix isch zu viel gsi, und jetzt soll des alls nix wert sei?“, ruft sie im breiten Alemannisch. „Und wo solle mei Kinder ihre Ausbildung mache, solle die jetzt nach Polen gehe? Was denke die sich eigentlich? Kollege, die meine des ernscht, mer müsset kämpfe“ – die 45-jährige Montagearbeiterin, die bis vor kurzem nicht mal Gewerkschaftsmitglied war, wird plötzlich laut und spricht wie eine Agitatorin alter Schule. Donnernder Applaus folgt auf ihre kurze Rede, und für einen Moment liegt Rebellion in der Luft. Die Rednerin, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, rennt schnell wieder auf ihren Platz zurück, gerade so, als habe sie der eigene Auftritt erschreckt. Und am Rednerpult entlässt der Betriebsratschef die mit Wut aufgeladene Versammlung vorsichtshalber in die Mittagspause.

Lahr am Fuße des Schwarzwalds, am Montag dieser Woche. Auf dem Werksparkplatz der Firma Grohe, dem Weltmarktführer für Sanitärarmaturen, strömen die 1500 Mitarbeiter in ein eigens aufgestelltes riesiges Bierzelt. Betriebsversammlung lautet der offizielle Titel der Veranstaltung. Aber die wird sich noch bis zum Mittag des nächsten Tages hinziehen. Eigentlich wird ein kleiner Streik daraus, aber so darf es nicht heißen. Denn in Deutschland darf man zwar für höhere Löhne streiken, aber nicht gegen Massenentlassungen, wie sie den Grohe-Werkern angekündigt sind.

Die kämpferische Geste passt so gar nicht zu den kreuzbraven Leuten, die da auf den Holzbänken ausharren. Ihr Betrieb ist eine Institution in der 40000-Einwohner-Stadt. Ganze Familien arbeiten hier schon über drei Generationen. Vielen steht darum Unglauben ins Gesicht geschrieben. Irgendwie sei eben „jetzt alles so unwirklich“, erklärt die unfreiwillige Agitatorin aus den hinteren Reihen später diesen Widerspruch. Gestern „waren wir noch die Weltfirma, haben Überstunden gemacht ohne Ende und der Chef sagte, wie toll das sei, dass wir so mitziehen. Und jetzt wollen sie das ganze Werk schließen, warum machen die das?“

Die Antwort liegt irgendwo zwischen London, New York, Luxemburg und den Cayman Islands. Denn Grohe ist nicht nur ein sehr profitables Unternehmen, sondern auch Eigentum der beiden Finanzinvestoren Texas Pacific Group (TPG) und CSFB Private Equity, deren Manager vornehmlich von diesen Standorten aus operieren. Das aber macht die Firma zum Gegenstand einer ausgeklügelten Spekulation auf eine Superrendite, bei der die meisten deutschen Mitarbeiter leider im Wege sind.

3000 der bisher noch 4500 Jobs in Deutschland müssten dafür in den nächsten zwei Jahren gestrichen werden, kalkulierten Unternehmensberater von McKinsey. Statt bisher nur 15 Prozent müssten künftig 80 Prozent der Wertschöpfung in Niedriglohnländern erfolgen. Von den bisher vier Werken, neben Lahr noch je eines im sauerländischen Hemer, in Porta Westfalica und in Herzberg in Brandenburg, soll bis Ende 2007 lediglich die Konzernzentrale mit Entwicklungs- und Designzentrum übrig bleiben. Und auch die wird, geht es nach den Beratern, von Hemer in eine „international ausgerichtete Großstadt“ umziehen, um für die Führungskräfte interessant zu bleiben.

Ein Konzernsprecher beteuert, die Umstrukturierung erfolge „völlig unabhängig von den Eigentümern“. Doch sowohl die Geschäftszahlen als auch die Zusammensetzung des Managements sprechen eine ganz andere Sprache. Nicht Weltmarkt und Wettbewerb, sondern die Renditeansprüche der Eigentümer haben Grohe in eine dramatische Lage gebracht. Investoren, die wie Heuschrecken deutsche Firmen auf Kosten der Mitarbeiter ausplündern: In Lahr zitiert an diesem Montag jeder zweite Redner den umstrittenen Vergleich aus der Kapitalismuskritik des Franz Müntefering.

Der Niedergang begann schon, da galten „Private Equity“-Firmen in Deutschland noch als amerikanischer Schnickschnack. Aus heiterem Himmel ereilte im Dezember 1998 die Mitarbeiter die Nachricht, dass die Familie Grohe das Unternehmen für rund 900 Millionen Euro vollständig an die Investorengruppe BC-Partners verkauft habe. Dafür bekamen die britischen Anleger ein grundsolides Unternehmen. Der Eigenkapitalanteil lag bei über 50 Prozent, hohe Rücklagen und gute Beteiligungen sorgten für ein ausgeglichenes Finanzergebnis. „Die Firma war ihre eigene Bank“, beschreibt ein Mitarbeiter die damalige Lage. Zudem führte ein erfahrener Manager, der heute noch im Aufsichtsrat sitzt, das Unternehmen. Peter Körfer-Schün, sieben Jahre zuvor von Melitta gekommen, wusste um den Wert langfristiger Markenentwicklung und rollte mit einem schlagkräftigen Vertriebsteam den Weltmarkt auf. Zwar flankierte auch Körfer-Schün die Expansion mit neuen Werken in Portugal und Thailand. Aber mit 80 Prozent der Produktion „Made in Germany“ erzielte er gute Gewinne. Deutsche Qualität hat in der Bauindustrie weltweit noch immer einen guten Klang. Darum finden Reisende aus Deutschland das vertraute Grohe-Logo auf Wasserhähnen in Hotels rund um den Globus. Binnen zehn Jahren verdoppelte Körfer-Schün bis 2003 den Umsatz auf knapp 900 Millionen Euro.

Bei sprudelnden Gewinnen und voller Kasse hatten die britischen Anleger leichtes Spiel. Sie ließen Management und Mitarbeiter unbehelligt und taten – branchenüblich – genau das Gegenteil dessen, was die Bezeichnung „Private Equity“ (privates Eigenkapital) suggeriert. Anstatt welches einzubringen, entzogen sie der Firma fast das gesamte Eigenkapital und ersetzten es durch Bankkredite und eine besonders teure Anleihe zum Zinssatz von 11,5 Prozent. Anfang 2004 standen darum rund 760 Millionen Euro Schulden in den Büchern, die Eigenkapitalquote sank auf sechs Prozent. Nach Schätzung von Branchenkennern investierten die BC-Partner nicht viel mehr als 100 Millionen Euro in den Unternehmenskauf, der Rest lief über Kredit. Dafür gingen in 2003 mit 71 Millionen Euro schon fast drei Viertel des Betriebsergebnisses für die Zinslast drauf. Praktisch bezahlten das Unternehmen und seine Mitarbeiter auf diesem Weg ihren eigenen Verkauf.

Gleichwohl konnten die Armaturenbauer hoffen, dass der Spuk mit dem angekündigten Börsengang vorbeigehen würde. Aktienkäufer sollten neues Kapital in die Kasse spülen. Doch daraus wurde wegen der schlechten Börsenstimmung nichts. Darum verhökerten die BC-Partner lieber an die Branchenkollegen von Texas Pacific und der Schweizer Großbank Credit Suisse First Boston (CSFB) – und das mit sattem Gewinn. Noch einmal 825 Millionen Euro zahlten die neuen Investoren für das Unternehmen. Das entsprach etwa dem Achtfachen des ursprünglichen Einsatzes der BC-Partner, nur Lottogewinne sind rentabler. Umso verhängnisvoller sind die Folgen für den Konzern und seine Mitarbeiter. Denn die neuen Herren haben die Schulden mitgekauft. De facto haben sie darum 1,58 Milliarden Euro bezahlt, die sie nicht mehr einfach aus der Kasse nehmen können. Stattdessen müssen sie schnell und drastisch die Gewinne erhöhen. Nur so können sie irgendwann mit Gewinn weiterverkaufen.

Dabei treten die Milliarden-Jongleure ungern öffentlich in Erscheinung. Presseanfragen werden über PR-Agenturen abgewickelt. Nie käme einer der Geld-Manager auf die Idee, persönlich den Mitarbeitern des von ihm gekauften Unternehmens zu erklären, warum eigentlich sie ihre Jobs verlieren sollen. Das würde vermutlich auch nichts bringen. Die Szene der „Investmentprofessionals“ von TPG und CSFB und die braven Leute aus Lahr oder Hemer leben in Welten, die verschiedener nicht sein könnten. Die einen verwalten mit nur 45 Managern 40 Unternehmen mit 200000 Angestellten in aller Welt, „gleichbedeutend mit Platz 40 der Fortune-500-Liste“ der größten Unternehmen, wie der TPG-Firmenprospekt stolz vermerkt. Unvermeidlich sehen die Renditejäger ihre Unternehmen nur als einen Satz von betriebswirtschaftlichen Größen, nicht als Gemeinschaft und Existenzbasis für die Beschäftigten. Ihr Leben als weltreisendes Mitglied der globalen Klasse macht sie zu Männern – Frauen sind fast nie darunter – der Macht mit großen Egos und selbstverständlichem Reichtum. Für TPG-Chef David Bondermann war es daher nur ein Gag, zu seinem 60. Geburtstag im Hard Rock Cafe von Los Angeles mal eben die Rolling Stones für ein privates Konzert zu engagieren. Rührend hilflos erscheinen demgegenüber die empörten Redner bei Grohe, wenn sie „die soziale Verantwortung der Investoren“ einfordern oder sich gar wie die rebellische Rothaarige davor fürchten, „die Kollegen zu verlieren, die sind doch wie meine Familie“.

Am nächsten kommen die smarten Geldherren ihren Objekten, wenn sie gelegentlich zu Sitzungen des Aufsichtsrates anreisen. Laut Handelsregister erledigt das für TPG im Fall Grohe ein 36-Jähriger mit Doktortitel namens Matthias Calice, dem Vernehmen nach ein Österreicher mit Wohnsitz in London. Ihm zur Seite steht für CSFB-PE, dem nach eigenen Angaben „größten Private- Equity- Unternehmen der Welt“, ein 43-jähriger Brite namens Colin Taylor. Gemeinsam schmiedeten sie eine Firmenkonstruktion, die an Intransparenz nicht zu überbieten ist.

An deren Spitze stehen die Gesellschaften „Glacier G. P. Inc.“ mit Sitz in George Town in der britischen Steueroase Cayman Islands, südlich von Kuba. Diese ist Eigentümer der Luxemburger Gesellschaften „Glacier One“ und „Glacier Two“, die ihrerseits die Grohe Holding in Hemer kontrolliert, welche die Grohe Beteiligungs GmbH besitzt, die 100 Prozent der Grohe AG hält. Alles klar? Die Schachtelkonstruktion sei „die marktübliche Methode, um das Kapital der amerikanischen Anleger steueroptimal“ zu verwalten, heißt es dazu vornehm in Kreisen der Investoren. Mit anderen Worten: Der Fiskus geht leer aus, und das nicht nur in den USA.

Die Zweitverwerter von Grohe reduzieren die Zahlung von Gewerbesteuern auch hierzulande erheblich. In Hemer rechnet der Bürgermeister mit Mindereinnahmen von fünf Millionen Euro im Jahr. Denn die neuen Besitzer haben nun die Verschuldung auf die Spitze getrieben. 800 Millionen Euro Kredit bis zum Jahr 2013 gewährte ein Konsortium aus Deutscher Bank, Citigroup und CSFB. Letztere verdient somit gleich auf beiden Seiten des Deals. Im Gegenzug verpfändeten die Eigner fast das gesamte Unternehmen. Weitere 330 Millionen Euro nahmen sie bei renditehungrigen Anlegern auf, die eine Anleihe zum Zinssatz von 8,56 Prozent kauften, diese allerdings ohne Sicherheiten. Bei 1,13 Milliarden Euro Gesamtschuld bleibt nicht mehr viel Gewinn zum Versteuern übrig. Der Eigenkapitalanteil liege jetzt bei einem Prozent, berichten Firmeninsider. So bekommt der Kernsatz des Unternehmenskonzepts von McKinsey einen ganz anderen Klang: „Die finanziellen Eckdaten von Grohe erfordern energisches Gegensteuern“, schrieben die Gutachter über ihr Radikalprogramm zur Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer.

Das war mit dem alten Management aber nicht zu machen. Peter Körfer-Schün, der erfolgreiche Macher an der Spitze, nahm nach 13 Jahren seinen Hut, ebenso die Vorstände für Finanzen und Vertrieb. Die Führung übernahm vergangenen September der 45-jährige Brite David Haines, der sich als „Turnaround“-Fachmann preisen lässt und zuletzt bei Vodafone tätig war. Ein „Söldner des Kapitals“, sagt einer der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.

Doch Haines operiert ungeschickt. Zwar schrieb er im Oktober den Mitarbeitern, seine Devise sei „people first“ und er sei „zuversichtlich, dass wir uns gemeinsam weiterentwickeln können“. Aber diese Sätze zitieren seine Leute nur noch mit Spott. So ließ er zunächst streuen, etwa 1000 Mitarbeiter müssten weichen. Als Gewerkschafter nach Sichtung des McKinsey-Gutachtens erklärten, in Wahrheit gehe es um 3000 Arbeitsplätze, erklärte ein Sprecher dann, es seien nur 1500. Tatsächlich ergibt der Abbauplan aber nur einen Sinn, wenn er durchgezogen wird. Denn die anvisierte Gewinnsteigerung von 150 Millionen Euro jährlich soll überwiegend bei den Lohnkosten erzielt werden. Das Resultat ist die totale Verunsicherung der Belegschaft. „Hier kann man zusehen, wie die Produktivität fällt“, erzählt ein leitender Mitarbeiter. Das Risiko müsse man eingehen, heißt es dazu in Kreisen der Investoren. Die „Umstrukturierung“ sei „unvermeidlich“, erklärt ein Vertrauter von Haines und verweist auf die wachsende Billigkonkurrenz, auf das „strategische Ungleichgewicht“ von 80 Prozent Inlandsproduktion bei 80 Prozent Exportanteil und die damit einhergehenden Währungsrisiken. „Wenn man jetzt nicht reagiert, nimmt das in ein paar Jahren ein dramatisches Ende wie bei Grundig.“ Aber für Mitarbeiter wie Branchenkenner ist das wenig überzeugend. Denn einer der wichtigsten Konkurrenten beweist das Gegenteil.

Kaum 50 Kilometer von Lahr entfernt, in Schiltach, hat die Firma Hansgrohe ihren Sitz. Die Gründer beider Firmen waren Brüder, die 1937 getrennte Wege gingen. Das Ergebnis nach fast 70 Jahren ist verblüffend. Auch Hansgrohe ist weltweit erfolgreich mit teuren Designerarmaturen. Auch dieses Unternehmen stellt in Deutschland fast 80 Prozent seiner Produkte her und exportiert im gleichen Umfang. Und auch Hansgrohe gehört zu zwei Dritteln einem US-Konzern. Allerdings ist der Käufer „ein industrieller Investor“, erklärt Richard Grohe, Marketing-Chef und Enkel des Gründers. Der habe die deutschen Wasserhähne und Brausen in sein Produktprogramm integriert. Das Management blieb bei den Familieneigentümern. Über die Lohnkosten mit Billiganbietern zu konkurrieren, „schadet langfristig der Marke“, meint der junge Grohe. Die Firma brauche qualifizierte Leute, „das Risiko, die zu verlieren“, sei zu groß. Darum bleibe die Firma in Deutschland. „Design- und Innovationsführerschaft ist die Alternative“, sagt er selbstbewusst.

Ob für den nahe gelegenen, größeren Wettbewerber dieser Weg auch offen steht, ist noch nicht klar. Weil an der finanziellen Lage nichts mehr zu ändern ist, haben die Betriebsräte das Einsparziel von 150 Millionen Euro jährlich akzeptiert. Das Ende des Werkes im brandenburgischen Herzberg ist schon beschlossene Sache. Ein Gegengutachten der Firma Management Engineers kommt allerdings zu dem Schluss, dass darüber hinaus weit weniger Stellenabbau nötig sei, wenn die Firma konsequentes „Insourcing“ betreibe und weniger zukaufe. Doch Haines und seine Auftraggeber haben bisher nicht erkennen lassen, ob sie sich auf Alternativen einlassen wollen. „Die bewegen sich erst, wenn sie sich ausrechnen können, dass der Widerstand gegen die Entlassungen sie mehr kostet als die Weiterentwicklung in Deutschland“, erwartet einer der Aufsichtsräte von der Arbeitnehmerbank.

Darauf setzt auch die zornige kleine Frau mit dem Redetalent. Am Samstag nächster Woche ist „Großdemo“ in Lahr, das komme „bestimmt ins Fernsehen“, hofft sie. So etwas schade dann der Marke, hätten die Fachleute gesagt, „und dann muss da noch viel mehr kommen“.

http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/03.06.2005/1855191.asp

Kalmit
06.06.2005, 12:15
Anstatt hier dein übliches parolenhaftes und inhaltsleeres neoliberales Rumgenörgel vom Stapel zu lassen, beweise bitte nur EINMAL mit Fakten und Recherchen, dass der Autor des Artikels zu 100% Unrecht hat... Frag die wegen der Profitgier einiger weniger verzweifelte, von Arbeitslosigkeit bedrohte Frau, die auf der Betriebsversammlung das Wort ergriffen hatte... Fahr in den Schwarzwald und erkläre diesen ganzen Menschen doch bitte mal, warum das alles für sie gut sein soll... :rolleyes:

Und: Och sind die aber empfindlich, diese Unternehmerchen, heia - tun die mir aber leid... Aber wer so faktenresistent ist wie du, kann gerne sofort das Land verlassen - ich fahr dich persönlich zum Flughafen und zerschneide dir mit Freude deinen Personalausweis!

obwohlschon
06.06.2005, 12:25
Der Artikel ist dümmlich.

Der Laden wurde verkauft. Von den Besitzern an die Fonds. Und die Fonds wollen Rendite sehen. Punkt aus.

Soll die Belgeschaft den Laden kaufen und weiterwursteln.

buddy
07.06.2005, 23:01
In diesem Ausmaß ja, soviel ich weiß.
Falsch.
http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&parent=5&idcat=34&idart=292

buddy
07.06.2005, 23:02
Aha, dass Lohnniveau ist zu hoch... dass die Lohnstückkosten hier seit 10 Jahren sinken -
Sie sinken nicht,aber sie wachsen sehr viel langsamer als in allen anderen europäischen Staaten sowie den Usa.