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Vollständige Version anzeigen : Mythos Lohnnebenkosten



Kalmit
07.06.2005, 16:53
Ver.di hat einmal nachgerechnet was eine Verringerung der Sozialversicherungsbeiträge um 10 (!) Prozent brächte: Bei Kosten für eine Handwerkerstunde von 43 Euro spart der Arbeitgeber gerade mal 60 Cent . (WL)

„Zu hohe Lohnnebenkosten sind schuld an der hohen Arbeitslosigkeit“, „die Massenarbeitslosigkeit ist entstanden, weil der Sozialstaat zu teuer ist“, „die Deutschen sind sich gegenseitig zu teuer geworden, deswegen können sie sich keinen Handwerker mehr leisten“, „die deutsche Krankheit sind die zu hohen Sozialkosten“, solche oder ähnlich Sätze werden uns von den Sinns, den Miegels, den Dettlings, von den Sachverständigen und von Politikern täglich vorgebetet. Keiner dieser Vorkämpfer für eine Senkung der Lohnnebenkosten und damit für eine Privatisierung der Sozialsysteme nennt dabei Fakten und sagt, dass z.B. bei der Volkswagen AG der Personalaufwand etwa 17% des Gesamtaufwendungen des Konzerns ausmacht und dieser teilt sich auf in 14% Löhne und Gehälter und 3% Sozialabgaben. Siehe Denkfehler 22: "Die Lohnnebenkosten sind zu hoch".

Keiner dieser Ayatholas schaut einmal in die Unternehmensstatistik der Deutschen Bundesbank, danach belief sich im Jahr 2001 der Personalaufwand (Löhne, Gehälter, soziale Abgaben und freiwillige soziale Aufwendungen) aller deutscher Unternehmen, also aller Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften und Einzelunternehmen, auf 17,4 Prozent des Umsatzes dieser Unternehmen. Selbst wenn man einmal unterstellt, dass - maximal gerechnet - 20 Prozent der Löhne und Gehälter als Sozialbeiträge gezahlt werden, dann entspricht das – hoch gegriffen - einer Umsatzquote von etwa 3,5 Prozent. (Die anderen rd. 20 Prozent Sozialabgaben zahlen ja die Arbeitnehmer selbst.) Gelänge es tatsächlich, diesen Beitragsanteil der Unternehmen zu den Sozialabgaben von 20 Prozent auf 18 Prozent, also um zwei Prozentpunkte zu reduzieren, was schon eine stolze reformerische Leistung wäre, dann schlüge das mit 0,35 Prozentpunkten des Umsatzes bzw. der Kostenrechnung zu Buche, was also makroökonomisch kaum mehr messbar wäre. Siehe Kritisches Tagebuch vom 19.04.2005.

Keiner der Hohepriester für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch Senkung der Lohnnebenkosten begründet, warum etwa die Aufwertung des Dollars gegenüber dem Euro um bis zu 30% die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft offenbar weniger tangiert als dies der relativ kleine Kostenfaktor Sozialabgaben angeblich tut.

Keiner spricht darüber, dass die Sozialkosten vor allem auch deshalb „unbezahlbar“ geworden sind, weil mit der deutschen Einheit versicherungsfremde Leistungen in dreistelliger Milliardenhöhe aus den Sozialkassen finanziert wurden. (Das DIW hat dafür seit der Einigung einen Betrag von über 300 Milliarden Euro addiert.)

Keiner findet es der Erwähnung wert, dass die Lohnnebenkosten, genauer die Beiträge für die sozialen Sicherungssysteme vor allem auch deshalb angestiegen sind, weil die Zahl der Beitragszahler durch Arbeitslosigkeit und die Leistungsfähigkeit der Beitragspflichtigen (also die Beitragssätze) durch Lohnsenkungen (oder zu gering ansteigende Löhne), durch Billig- und Niedrigstlohn-Jobs gesunken ist.

Keiner stellt die Erwägung an, dass ja mit der Abschaffung der paritätischen Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, die Kosten der sozialen Sicherung ja nicht automatisch gesenkt würden, sondern künftig nur komplett aus dem Netto-Einkommen der Beschäftigten finanziert werden müssten und dadurch für die Binnennachfrage noch weiter geschwächt würde. Dass die Sozialkosten sogar eher steigen dürften, wenn die davon entlastete Arbeitgeberseite kein (politisches und wirtschaftliches) Interesse mehr an Kostendämpfung hätte, bleibt völlig außer Betracht.

Fast alle aber halten wiederum eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für einen möglichen Weg, die Sozialkosten statt über Lohnnebenkosten aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu finanzieren. Übersehen wird dabei allerdings, dass die Mehrwertsteuer genauso wie die Lohnnebenkosten in die Kosten für eine Handwerkerstunde beim Verbraucher eingeht. Was die Arbeitgeber also bei den Lohnnebenkosten einsparen, muss gegebenenfalls bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zu den Kosten einer Handwerkerstunde wieder als Steueranteil hinzugerechnet werden.

Was unsere heiligen Krieger gegen den Sozialstaat geflissentlich verschweigen, ist, dass sich an der Gesamtbelastung überhaupt nichts ändert. Wenn man Sozialbeiträge durch Steuern finanziert, verschiebt man nur etwas innerhalb dieser Abgabenquoten. Die Frage ist dann nur zu wessen Lasten oder zu wessen Gunsten man die Gesamtbelastung verschiebt. Bei einer ständig weitergehenden Senkung der Unternehmensbesteuerung und der Spitzensteuersätze und bei einer Verschiebung der Steuerlast auf die indirekten Steuern ist ziemlich klar, auf wen die Belastung verschoben wird: Auf den Konsumenten und vor allem auf diejenigen, bei denen der größte Teil des Einkommens in den Konsum geht – auf die kleinen Einkommensbezieher eben.

Das alles verbirgt sich hinter dem Mythos der Lohnnebenkosten, wenn er denn entzaubert würde.

http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=5&idart=687

sunbeam
07.06.2005, 16:58
Der Autor des Beitrages scheint davon auszugehen, daß »Sozial«beiträge ein Naturgesetz seien. Dem ist mitnichten so.

Unser »Sozial«system ist schlicht und ergreifend nicht mehr finanzierbar. Deswegen muß es abgeschafft werden.

Wer etwas haben will, soll es sich erarbeiten. Was könnte daran falsch sein?

Korrekt! Vollkaskomentalität eben!

Kalmit
07.06.2005, 17:01
...neoliberales modena360-BLABLABLA..., anstatt auf die Argumente des Verfassers einzugehen :rolleyes: Aber so schnell wie die Reaktion kam, kann man den Artikel kaum gelesen haben...

Moloch
07.06.2005, 17:02
....

Kalmit
07.06.2005, 17:28
Der Autor geht halt zurecht davon aus, dass asoziale, neoliberale Menschen wie du deutlich in der Minderheit sind - der Überwiegende Teil der Bevölkerung will den Erhalt des Sozialstaats - und nur wenige wie du fordern dessen vollständige Abschaffung! Da musst du dich halt mit abfinden oder auswandern...

Apollon7
07.06.2005, 17:38
Der Autor geht halt zurecht davon aus, dass asoziale, neoliberale Menschen wie du deutlich in der Minderheit sind - der Überwiegende Teil der Bevölkerung will den Erhalt des Sozialstaats - und nur wenige wie du fordern dessen vollständige Abschaffung! Da musst du dich halt mit abfinden oder auswandern...


Die Menschen wollen für ihre ehrliche, gute Arbeit einen vernünftigen Verdienst, den Begriff Sozialstaat als Argument zu bringen, ist schwach.

Moloch
07.06.2005, 18:34
Hätte deutsche Betonlinke wie der Autor des Eingangsartikels nicht in den letzten 20 Jahren eine Reform des Sozialstaates verhindert, hätten wir heute vielleicht eine um 5% geringere Arbeitslosenquote und der Sozialstaat würde nicht so scharf attackiert.


Keiner dieser Vorkämpfer für eine Senkung der Lohnnebenkosten und damit für eine Privatisierung der Sozialsysteme nennt dabei Fakten und sagt, dass z.B. bei der Volkswagen AG der Personalaufwand etwa 17% des Gesamtaufwendungen des Konzerns ausmacht und dieser teilt sich auf in 14% Löhne und Gehälter und 3% Sozialabgaben.

Es ist vollkommen egal, welchen Anteil der Personalaufwand an den Gesamtausgaben des Arbeitgebers hat. Für die konkrete Frage, ob ich eine bestimmte Arbeit 1. von einem deutschen Arbeitnehmer, 2. von einer Maschine oder 3. von einem ausländischen Arbeitnehmer erledigen lasse, spielt das keine Rolle, sondern die Kostendifferenz zwischen diesen Optionen.

Wenn die Sozialabgaben wie in dem Beispiel 17,6% der gesamten Lohnkosten für den Arbeitgeber ausmachen, dann ist das nicht wenig. Es geht ja auch nicht um eine leichte Senkung, es geht um eine komplette Abschaffung und stattdessen um eine Steuerfinanzierung der Sozialsysteme.

Das "Gegenargument", daß dadurch die Kosten dieser nicht sinken würden, ist so dümmlich-dreist, daß es schwer fällt, darauf einzugehen: Es geht schlicht darum, daß die Finanzierung der Sozialsysteme nicht mehr die Schaffung von Arbeitsplätzen verhindert!!!!! Würden sie nämlich aus Steuern statt durch Abgaben finanziert, könnte der Arbeitgeber durch die Optionen 2 und 3 gegenüber 1 keine 17,6% Kosten mehr sparen.

Moloch
07.06.2005, 18:38
Ebenfalls dreist und zum Kotzen ist diese alte Leier, daß die Mehrwertsteuer ja so ungerecht "gegen die kleinen Leute" sei. Warum haben dann die Supersozialstaaten Skandinaviens die höchste Mehrwertsteuer weltweit, verdammt nochmal!? Aber die dumpfdeutschen Linken können es ja besser, nicht wahr!?

Reiche, die viel konsumieren, zahlen mehr MwSt als Arme. Besser noch: MwSt wird in gleicher Höhe auch von Leuten gezahlt, die von Kapitaleinkünften leben, ebenso wie von organisierten Kriminellen.

StH
07.06.2005, 19:15
Die Menschen wollen für ihre ehrliche, gute Arbeit einen vernünftigen Verdienst, den Begriff Sozialstaat als Argument zu bringen, ist schwach.

Eben, gute Arbeit muß gut bezahlt werden. Und eben das ist nicht mehr gewährleistet, im neoliberalen Die-Arbeit-ist-zu-teuer-Wahn wird seit Jahren, Jahrzehnten Lohnzurückhaltung gepredigt, inzwischen sind wir bei Lohnsenkungen angekommen, gearbeitet wird mehr, die Gewinne steigen einseitig, mit dem Ergebnis, daß einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit immer reicher werden. Hier liegt ein eindeutiges Mißverhältnis vor, dem abgeholfen werden muß.

mate
07.06.2005, 19:21
man könnte glauben je mehr sich ein mensch aufregt, umso konservativer ist seine politische einstellung.

moloch, ich weiss nicht, ob du die argumente nicht richtig gelesen, oder sie einfach nicht verstanden hast. in obigem artikel heisst es, dass höhere mehrwertsteuer die aufwendungen der unternehmer erhöht und nicht, dass sie unsozial ist.

der ferrari kapitalist sollte sich mal überlegen, was mit seinem blinden kind, seiner verunglückten oma oder seinem verrückten bruder wäre, wenn es keinen sozialstaat gäbe? mit ehrlicher guter arbeit in sitte und tradition ausgeführt dürftest du sie alle drei versorgen und es würde dir keiner helfen, auch wenn es nur 0,35% des Umsatzes kosten würde.

Apollon7
07.06.2005, 19:30
Eben, gute Arbeit muß gut bezahlt werden. Und eben das ist nicht mehr gewährleistet, im neoliberalen Die-Arbeit-ist-zu-teuer-Wahn wird seit Jahren, Jahrzehnten Lohnzurückhaltung gepredigt, inzwischen sind wir bei Lohnsenkungen angekommen, gearbeitet wird mehr, die Gewinne steigen einseitig, mit dem Ergebnis, daß einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit immer reicher werden. Hier liegt ein eindeutiges Mißverhältnis vor, dem abgeholfen werden muß.


Nein, gerade so, habe ich es nicht gemeint. Die Arbeit ist zu teuer, nicht die Löhne/Gehälter müssen gesenkt werden, sondern die Steuern- und "Sozial"abgaben.

Arbeit gibt es genug, sie ist nur nicht bezahlbar, dass sieht man an der enormen Schwarzarbeit.



"Viele wissen nicht, dass der Stundenverrechnungssatz, wie er auf der Rechnung steht, nicht gleich der Stundenverdienst eines Handwerkers ist. Er setzt sich vielmehr aus den Lohnzusatzkosten, den Gemeinkosten und dem Stundenlohn zusammen. Was dann noch übrig bleibt - was derzeit nicht immer der Fall ist - ist der Gewinn des Unternehmers. Berechnet ein Handwerker zum Beispiel eine Arbeitsstunde mit 44 Euro, so entfallen davon etwa 11,47 Euro auf Lohnzusatzkosten, 18,33 Euro auf Gemeinkosten und 13 Euro auf den Stundenlohn. Dem Betrieb verbleibt unter dem Strich nur eine Rendite von 1,20 Euro.



Der Stundenverrechnungssatz ist der Betrag, mit dem der Unternehmer kalkulieren muß um sich Aufträge kostendeckend zu bemühen."

HWK-Stuttgart



Übrigens: Die Arbeitslosenquote in Ungarn liegt bei 5,5%

Rikimer
07.06.2005, 20:02
Eben, gute Arbeit muß gut bezahlt werden. Und eben das ist nicht mehr gewährleistet, im neoliberalen Die-Arbeit-ist-zu-teuer-Wahn wird seit Jahren, Jahrzehnten Lohnzurückhaltung gepredigt, inzwischen sind wir bei Lohnsenkungen angekommen, gearbeitet wird mehr, die Gewinne steigen einseitig, mit dem Ergebnis, daß einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit immer reicher werden. Hier liegt ein eindeutiges Mißverhältnis vor, dem abgeholfen werden muß.Gute Arbeit wird heutzutage auch in anderen Ländern ausgeführt, nicht nur hier in Deutschland oder Westeuropa. Was hier leider allzuoft übersehen wird, ist der Gesamtzusammenhang, nämlich die Konkurrenz die sich unser Land ausgesetzt sieht. Die Konkurrenz nicht nur aus Fernost bei Produkten höherer Wertschöpfung, sondern auch zunehmend aus dem Osten Europas. Der vorher durch den Kalten Krieg von uns abgeschottet gewesen ist. Die Konkurrenz, die nun auch in der Lage ist die etwas niederen Produkte der Wertschöpfungsketten zu beliefern, schlägt nun vollends auf alle Bereiche der Wirtschaft unseres Landes und der Länder Osteuropas durch. Eine Konkurrenz die stetig besser wird was die Qualität der Produkte betrifft, deren Arbeitnehmer immer besser ausgebildet sind und werden, während vor allem Deutschland jahrzehntelang geschlafen hat - in allen Bereichen.

Welche gute Arbeit soll hier noch - in Anbetracht der Konkurrenz im Ausland - noch überproportional bezahlt werden - ebenfalls in Anbetracht der Konkurrenz im unmittelbaren Ausland, die stetig besser werden und konkurrenzlos billig sind?

Welche Gewinne welcher Unternehmen steigen? Die des Mittelstandes, die der Härte der Konkurrenz vor allem aus Osteuropa ausgesetzt sind? Die der Großunternehmen, deren Gewinne im Verhältnis mit denen der Großunternehmen im Ausland nicht gerade berauschend sind?

Wieso wandern deutsche Unternehmen vermehrt nicht nur gen Osten ab, sondern gar nach Österreich und der Schweiz, Holland und Dänemark? In Ländern deren Löhne teils höher sind als in Deutschland!

Aber eines ist sicher: Du siehst, das Problem ist komplexer, mit Lohnerhöhungen wirst du jedenfalls die Unternehmen nicht dazu bringen können weiterhin auf den Standort Deutschland zu bauen! :rolleyes:

MfG

Rikimer

Moloch
07.06.2005, 20:06
moloch, ich weiss nicht, ob du die argumente nicht richtig gelesen, oder sie einfach nicht verstanden hast. in obigem artikel heisst es, dass höhere mehrwertsteuer die aufwendungen der unternehmer erhöht und nicht, dass sie unsozial ist.

Im Artikel wird sehr wohl behauptet, daß eine Erhöhung der Mehrwertsteuer unsozial sei:

"Wenn man Sozialbeiträge durch Steuern finanziert, verschiebt man nur etwas innerhalb dieser Abgabenquoten. Die Frage ist dann nur zu wessen Lasten oder zu wessen Gunsten man die Gesamtbelastung verschiebt. Bei einer ständig weitergehenden Senkung der Unternehmensbesteuerung und der Spitzensteuersätze und bei einer Verschiebung der Steuerlast auf die indirekten Steuern ist ziemlich klar, auf wen die Belastung verschoben wird: Auf den Konsumenten und vor allem auf diejenigen, bei denen der größte Teil des Einkommens in den Konsum geht – auf die kleinen Einkommensbezieher eben."

Daß die Mehrwertsteuer in den Endpreis des Produktes genauso eingeht, wie heute die Sozialabgaben, ist richtig, aber im Gegensatz zu Sozialabgaben tut sie dies auch, wenn die Beschäftigung eines inländischen Arbeitnehmers zugunsten anderer Produktionsmethoden vermieden wird. Durch die Sozialabgaben hat der inländische Arbeitnehmer einen Kostennachteil gegenüber seinen Konkurrenten Maschine und ausländischer Arbeitnehmer.

Und jetzt möchte ich mal eine Antwort auf folgende Frage lesen: Wenn die Finanzierung der Sozialleistungen aus Steuereinnahmen statt durch Abgaben auf Arbeit eine konservative Positition ist, warum praktizieren sie dann u.a. die skandinavischen Länder!? Was ist an deren Sozialstaaten so schlecht, daß deutsche Linke glauben, von ihnen nichts lernen zu können?

StH
07.06.2005, 20:13
@ Dude

Die Lohnstückkosten sind in Deutschland in den letzten Jahren massiv gesunken, gesunken, wie nirgendwo in der Welt. Trotzdem sind keine neuen Arbeitsplätze entstanden, sondern die Gewinne wurden erhöht.

@ Rikimer

Wir haben ja die Arbeitsplatzverlagerung ganz massiv, doch der Standort Deutschland bietet wesentliche Vorteile im Vergleich zu Billiglohnländern, nicht nur im Bereich Infrastruktur. Die Lohnstückkosten in Deutschland sind Weltspitze, auch wenn es Bereiche gibt, in denen deutsche Industrie keine Zukunft hat. Es ist z.B. immer so, daß Leute ohne oder mit geringem Schulabschluß keine Arbeit mehr finden, weil "einfache" Tätigkeiten nicht mehr in Deutschland sind.

Ich möchte mal ein aktuelles Beispiel nennen: Die Handyproduktion von Siemens findet im deutschen Standort Kamp-Lintfort statt. Nun ist die Handysparte des bayrischen Traditionskonzernes aber so kaputt, daß man sie, samt Markenrechte auf fünf Jahre, verkaufen mußte, weil man eine Fortsetzung nicht mehr finanzieren wollte. Jetzt kommen die ganzen neoliberalen Vorzeigeexperten, die glauben, in Deutschland sei es einfach zu teuer, Handies zu bauen. Doch die Ursache ist eine ganz andere: Nokia macht es in Bochum seit Ewigkeiten vor, daß ein erfolgreiches, ein sehr erfolgreiches Handygeschäft, auch ohne Probleme aus deutscher Produktion funktionieren kann. Weil Heinrich von Pierer nicht in der Lage war, eine Handyabteilung aufzubauen, weil er nicht wußte, daß Handys anders zu bewerben sind als Atomkraftwerke, ist der Standort Deutschland nicht schlecht, sondern Siemens hat eine schlechte Führung. Solche Fälle passieren sehr häufig, und sind nicht mit einem schlechten Standort Deutschland zu erklären.

Apollon7
07.06.2005, 20:24
Gemäss der IMD-Rangliste 2005 der Wettbewerbsfähigkeit ist Deutschland im 23. Rang. Die ersten 25 Ränge unter den 35 untersuchten Ländern und Regionen: 1. USA, 2. Hongkong, 3. Singapur, 4. Island, 5. Kanada, 6. Finnland, 7. Dänemark, 8. Schweiz, 9. Australien, 10. Luxemburg, 11. Taiwan, 12. Irland, 13. Niederlande, 14. Schweden, 15. Norwegen, 16. Neuseeland, 17. Österreich, 18. Bayern, 19. Chile, 20. Zhejiang, 21. Japan, 22. Grossbritannien, 23. Deutschland, 24. Belgien, 25. Israel.

Quelle: IMD World Competitiveness Yearbook, IMD, Lausanne, 2005.
(Wikipedia)

Rikimer
07.06.2005, 21:07
@ Dude
@ Rikimer

Wir haben ja die Arbeitsplatzverlagerung ganz massiv, doch der Standort Deutschland bietet wesentliche Vorteile im Vergleich zu Billiglohnländern, nicht nur im Bereich Infrastruktur. Die Lohnstückkosten in Deutschland sind Weltspitze, auch wenn es Bereiche gibt, in denen deutsche Industrie keine Zukunft hat. Es ist z.B. immer so, daß Leute ohne oder mit geringem Schulabschluß keine Arbeit mehr finden, weil "einfache" Tätigkeiten nicht mehr in Deutschland sind.

Ich möchte mal ein aktuelles Beispiel nennen: Die Handyproduktion von Siemens findet im deutschen Standort Kamp-Lintfort statt. Nun ist die Handysparte des bayrischen Traditionskonzernes aber so kaputt, daß man sie, samt Markenrechte auf fünf Jahre, verkaufen mußte, weil man eine Fortsetzung nicht mehr finanzieren wollte. Jetzt kommen die ganzen neoliberalen Vorzeigeexperten, die glauben, in Deutschland sei es einfach zu teuer, Handies zu bauen. Doch die Ursache ist eine ganz andere: Nokia macht es in Bochum seit Ewigkeiten vor, daß ein erfolgreiches, ein sehr erfolgreiches Handygeschäft, auch ohne Probleme aus deutscher Produktion funktionieren kann. Weil Heinrich von Pierer nicht in der Lage war, eine Handyabteilung aufzubauen, weil er nicht wußte, daß Handys anders zu bewerben sind als Atomkraftwerke, ist der Standort Deutschland nicht schlecht, sondern Siemens hat eine schlechte Führung. Solche Fälle passieren sehr häufig, und sind nicht mit einem schlechten Standort Deutschland zu erklären.Du hast zwar ein Beispiel angeführt und zeigen wollen, weshalb der Schuldige für die Misere in Deutschland einzig und alleine beim Unternehmer, beim Unternehmenden zu suchen ist. Allerdings wenig befriedigend. Weil es auf die einseitige Müntefering-Kritik an den Kapitalismus, den Kapitalisten hinausläuft. Und noch nicht einmal einleuchtend, an einem Beispiel, an dem noch nicht einmal klar wird, weshalb Siemens eigentlich in der Handysparte versagt hat.

Aber sei es drum, darf ich deine Aussage so zusammenfassen, das du den Schuldigen im Unternehmer siehst? In seinen Unfähigkeiten im Wettbewerb zu bestehen? Und um ihn zu unterstützen willst du ihm weitere Steine in den Weg legen, indem du "gerechtere", nämlich höhere Löhne für die deutschen Arbeitnehmer forderst?

Wieso fällt es euch nur so schwer die Vogelperspektive einzunehmen, den Gesamtzusammenhang zu betrachten?

Worauf soll das hier hinauslaufen?

Wie willst du z. B. das Ruder umwerfen? Den sinkenden Tanker Deutschland wieder flott machen? Fällt dir wirklich nichts weiter ein als höhere Löhne zu fordern?

MfG

Rikimer

StH
07.06.2005, 21:11
@ Dude

Ich sage ja: Gerade in Billigbranchen gibt es in Deutschland keine Arbeit mehr. Der klassische Hilfsarbeiter, der mit 15 ohne Abschluß die Schule abbricht und dann in die Fabrik geht, ist so gut wie ausgestorben. Leider gibt es immer noch Leute ohne oder mit geringem Schulabschluß, aber eben keine Arbeit mehr. Dieses politische Problem kann auch nicht, besser ausgedrückt nur zu einem sehr geringen Teil, mit Personalserviceagenturen oder 1€-Jobs gelöst werden. Wir müssen uns in Deutschland also damit abfinden, daß wir keine Vollbeschäftigung mehr haben werden, es sei denn, die deutsche Wirtschaftspolitik würde sich protektionistischen Mitteln bedienen, doch im Sinne eines weltweit agierenden deutschen Kapitals ist das sehr unwahrscheinlich.

StH
07.06.2005, 21:16
Du hast zwar ein Beispiel angeführt und zeigen wollen, weshalb der Schuldige für die Misere in Deutschland einzig und alleine beim Unternehmer, beim Unternehmenden zu suchen ist. Allerdings wenig befriedigend. Weil es auf die einseitige Müntefering-Kritik an den Kapitalismus, den Kapitalisten hinausläuft. Und noch nicht einmal einleuchtend, an einem Beispiel, an dem noch nicht einmal klar wird, weshalb Siemens eigentlich in der Handysparte versagt hat.

Weil Siemens es nicht verstanden hat, anständiges Produktmarketing zu machen. Das fängt damit an, daß marktfertige Produkte oft monatelang vom Management zurückgehalten wurden, daß Trends in der Unterhaltungselektronik verschlafen wurden, so hat Siemens zwar als erstes einen Farbbildschirm gebaut, aber dann wieder abgeschafft, bevor andere Hersteller damit groß auftrumpften.


Aber sei es drum, darf ich deine Aussage so zusammenfassen, das du den Schuldigen im Unternehmer siehst? In seinen Unfähigkeiten im Wettbewerb zu bestehen? Und um ihn zu unterstützen willst du ihm weitere Steine in den Weg legen, indem du "gerechtere", nämlich höhere Löhne für die deutschen Arbeitnehmer forderst?

Wenn Nokia etwas in Deutschland schafft, Siemens aber nicht, woran liegt das dann wohl? Am Standort Deutschland oder daran, daß Nokia es besser versteht, mit Unterhaltungselektronik Geld zu verdienen? Das mit den Löhnen ist so eine Sache. Siemens wundert sich, daß sie in Deutschland keine Handies verkaufen können, daß aber viele Leute kein Geld haben, und sie deswegen auf ihren Handies sitzenbleiben, scheint ihnen nicht ins Konzept zu passen. Siemens ist Vorreiter bei der Abschaffung der Flächentarifverträge, und wer dafür sorgt, daß die arbeitende Bevölkerung weniger verdient und Arbeitsplätze vernichtet, der muß sich nicht wundern, daß man nichts mehr verkauft. Löhne wie in China und Preise wie in Deutschland ist ein Konzept, das nur kurzfristig funktioniert.

Rikimer
07.06.2005, 21:20
Weil Siemens es nicht verstanden hat, anständiges Produktmarketing zu machen. Das fängt damit an, daß marktfertige Produkte oft monatelang vom Management zurückgehalten wurden, daß Trends in der Unterhaltungselektronik verschlafen wurden, so hat Siemens zwar als erstes einen Farbbildschirm gebaut, aber dann wieder abgeschafft, bevor andere Hersteller damit groß auftrumpften.



Wenn Nokia etwas in Deutschland schafft, Siemens aber nicht, woran liegt das dann wohl? Am Standort Deutschland oder daran, daß Nokia es besser versteht, mit Unterhaltungselektronik Geld zu verdienen? Das mit den Löhnen ist so eine Sache. Siemens wundert sich, daß sie in Deutschland keine Handies verkaufen können, daß aber viele Leute kein Geld haben, und sie deswegen auf ihren Handies sitzenbleiben, scheint ihnen nicht ins Konzept zu passen. Siemens ist Vorreiter bei der Abschaffung der Flächentarifverträge, und wer dafür sorgt, daß die arbeitende Bevölkerung weniger verdient und Arbeitsplätze vernichtet, der muß sich nicht wundern, daß man nichts mehr verkauft. Löhne wie in China und Preise wie in Deutschland ist ein Konzept, das nur kurzfristig funktioniert.
Das ist doch nur ein Einzelbeispiel. Bist du nicht in der Lage in Gesamtzusammenhängen zu denken, etwas komplexere Vernetzungen zu knüpfen und miteinander zu verbinden?

Sind etwa alle deutschen Unternehmen unfähig für den internationalen Wettbewerb? Sind alleine sie die Schuldigen für die Misere in Deutschland?

Die Politik, die Eliten bis hinunter zur Gesellschaft? Keinerlei Anteil daran?

Wäre dann die einzig mögliche Lösung aus diesem Lande auszuwandern? :rolleyes:

MfG

Rikimer

Apollon7
07.06.2005, 21:29
@ Dude

Ich sage ja: Gerade in Billigbranchen gibt es in Deutschland keine Arbeit mehr. Der klassische Hilfsarbeiter, der mit 15 ohne Abschluß die Schule abbricht und dann in die Fabrik geht, ist so gut wie ausgestorben. Leider gibt es immer noch Leute ohne oder mit geringem Schulabschluß, aber eben keine Arbeit mehr. Dieses politische Problem kann auch nicht, besser ausgedrückt nur zu einem sehr geringen Teil, mit Personalserviceagenturen oder 1€-Jobs gelöst werden. Wir müssen uns in Deutschland also damit abfinden, daß wir keine Vollbeschäftigung mehr haben werden, es sei denn, die deutsche Wirtschaftspolitik würde sich protektionistischen Mitteln bedienen, doch im Sinne eines weltweit agierenden deutschen Kapitals ist das sehr unwahrscheinlich.

Es gibt genügend weniger gebildete Menschen, zu einem großen Teil sind es Arbeitslose. Wie gesagt, Arbeit ist genügend vorhanden, sieh Dir die Schwarzarbeitsstatistiken an!

Warum sollten Unternehmen, verwöhnte, faule HipHop-Kiddies anstellen, die noch dazu eine Menge Probleme bereiten, wenn es 500 km weiter östlich, hochmotivierte Arbeitskräfte gibt, die wenn es viel zu tun gibt, auch mal eine halbe Stunde länger arbeiten.

Abfinden tue ich mich niemals, mit den zur Zeit vorherrschenden Verhältnissen, in dem die Freiheit und Selbstbestimmung geopfert wird, und im Gegenzug mit rot-grünen Kollektivismus Arbeitsplätze, die Zukunft unseres Landes, vernichtet werden.

StH
07.06.2005, 21:41
@ Rikimer

Nein, das habe ich nicht gesagt. Natürlich gibt es auch andere Ursachen. Z.B. die Tatsache, daß die Gruppe der "Neuen Armen" immer größer wird, daß immer mehr Leute kein Geld mehr haben, das sie in den Konsum stecken können. Wenn die Löhne immer weitersinken, die Arbeitslosigkeit wächst, das Geld sich bei einigen wenigen bündelt, dann muß man sich nicht wundern, wenn die Binnenkonjunktur lahmt und infolge desssen immer mehr Konkurse im Mittelstand stattfinden. Die großen Namen, wie Karstadt, Opel, Siemens-Mobile, Walter Bau, Agfa, Leica, die durch die Presse gehen, sind ja nur die Spitze des Eisbergs. Jeden Tag finden solche Dramen statt, allerdings ohne Reportergewusel und ohne Bundeskanzler. Gerade heute ist bei uns in Witten die Insolvenz eines alteingesessenen Busunternehmers in der Zeitung veröffentlicht worden, wieder ein paar Arbeitslose mehr. Und was morgen und übermorgen in den Bekanntmachungen stehen wird, ich glaube, ich möchte es gar nicht wissen.

mate
07.06.2005, 21:46
Daß die Mehrwertsteuer in den Endpreis des Produktes genauso eingeht, wie heute die Sozialabgaben, ist richtig, aber im Gegensatz zu Sozialabgaben tut sie dies auch, wenn die Beschäftigung eines inländischen Arbeitnehmers zugunsten anderer Produktionsmethoden vermieden wird. Durch die Sozialabgaben hat der inländische Arbeitnehmer einen Kostennachteil gegenüber seinen Konkurrenten Maschine und ausländischer Arbeitnehmer.

Erstens: es wird angenommen, dass Rentabilitätsverbesserungen durch Automatisierung grösstenteils ausgereitzt sind.

Zweitens: Wenn die Werterzeugung ins ausland verlagert wird, wird sie auch im Ausland versteuert, nur der durch den Verkauf in Deutschland erzeugte Mehrwert wird auch in D versteuert.
Beispiel:
Produkt X wird in Frankreich hergestellt und kostet für den deutschen Händler 20 EUR.
Dieser verkauft Produkt X für 30 EUR.
=> 20 EUR werden in Frankreich versteuert, 10 EUR werden in Deutschland versteuert

Bei höherer MwSt wird die Herstellung in Deutschland noch unattraktiver, denn das eigentliche Problem sind schlechte Zahlungsmoral von Auftraggebern und bürokratische Hürden. Sozialabgaben dagegen werden auf 0,35% vom Umsatz geschätzt.


Und jetzt möchte ich mal eine Antwort auf folgende Frage lesen: Wenn die Finanzierung der Sozialleistungen aus Steuereinnahmen statt durch Abgaben auf Arbeit eine konservative Positition ist, warum praktizieren sie dann u.a. die skandinavischen Länder!? Was ist an deren Sozialstaaten so schlecht, daß deutsche Linke glauben, von ihnen nichts lernen zu können?

Habe meinen BWL Professor sagen hören: nach der Wahl wird bzw muss die regierende Partei die MWSt erhöhen, egal welche Partei es ist. Ob die Sozialabgaben dann gesenkt werden bleibt abzuwarten

StH
07.06.2005, 22:07
Wenn die Werterzeugung ins ausland verlagert wird, wird sie auch im Ausland versteuert, nur der durch den Verkauf in Deutschland erzeugte Mehrwert wird auch in D versteuert.

Versteuert wird der Gewinn im Ausland, das ist schon richtig. Doch die Kosten für ausländische Standorte, die können in Deutschland abgeschrieben werden.

Der Sicherungshersteller Wickmann schließt sein Werk in Witten im nächsten Jahr, um nach China zu gehen. Die Kosten für das neue Werk in China können in Deutschland abgeschrieben werden, nur die Gewinne, die müssen nicht mehr versteuert werden. Auch hier haben wir ein Problem, nämlich die Tatsache, daß die Verlagerung von Arbeitsplätzen aus Deutschland ins Ausland mit politischen Mitteln gefördert wird. Damit muß Schluß sein, denn Arbeitsplatzverlagerung würde hier mit einem Schritt unwirtschaftlicher werden, darüberhinaus würden die angeschlagenen öffentlichen Kassen entlastet werden.

mate
07.06.2005, 22:07
Das ist doch nur ein Einzelbeispiel. Bist du nicht in der Lage in Gesamtzusammenhängen zu denken, etwas komplexere Vernetzungen zu knüpfen und miteinander zu verbinden?

Sind etwa alle deutschen Unternehmen unfähig für den internationalen Wettbewerb? Sind alleine sie die Schuldigen für die Misere in Deutschland?

Die Politik, die Eliten bis hinunter zur Gesellschaft? Keinerlei Anteil daran?

Wäre dann die einzig mögliche Lösung aus diesem Lande auszuwandern? :rolleyes:

MfG

Rikimer

Für die grossen Unternehmen zählt nurnoch eins: Shareholder Value.
Die Folge: Die Topmanager werden nach der Shareholder Value Entwicklung bezahlt.
Das Problem dabei: Es ist eine viel zu kurzsichtige Denkweise.
Grosse Investitionen werden gescheut (äussert sich in schlechtem Wirtschaftswachstum), eher andere Firmenanteile gekauft.
Es werden Subunternehmen, die schwarze Zahlen schreiben ganz einfach verkauft oder zerschlagen, weil sie nichtmehr gewachsen sind (aber keine Schulden gemacht werden).

Durch überzogene Geldgier werden Arbeitsplätze gekürzt.
Beispiele:
Deutsche Bank 25% (!!) Rendite, 2000 Abeitsplätze werden abgebaut
Toyota 18% Rendite weitere Arbeitsplätze sollen abgebaut werden.
Siemens usw usw

Was hat das mit rechter oder linker politischer einstellung zu tun? hier geht es um Machtmissbrauch und irrsinnige Geldgier. (Ein Mensch kann in seinem ganzen Leben garkeine 100 Millionen Euro ausgeben aber damit noch mehr Kohle gescheffelt wird müssen andere leiden)

zum kotzen

mate
07.06.2005, 22:15
Versteuert wird der Gewinn im Ausland, das ist schon richtig. Doch die Kosten für ausländische Standorte, die können in Deutschland abgeschrieben werden.

Es ist ein Unterschied zwischen Steuer auf Gewinn eines Unternehmens und Mehrwertsteuer, die sich am Produktpreis selbst orientiert.
Wo das Unternehmen seinen Sitz hat wird wahrscheinlich auch der Gewinn versteuert werden.


Der Sicherungshersteller Wickmann schließt sein Werk in Witten im nächsten Jahr, um nach China zu gehen. Die Kosten für das neue Werk in China können in Deutschland abgeschrieben werden, nur die Gewinne, die müssen nicht mehr versteuert werden. Auch hier haben wir ein Problem, nämlich die Tatsache, daß die Verlagerung von Arbeitsplätzen aus Deutschland ins Ausland mit politischen Mitteln gefördert wird. Damit muß Schluß sein, denn Arbeitsplatzverlagerung würde hier mit einem Schritt unwirtschaftlicher werden, darüberhinaus würden die angeschlagenen öffentlichen Kassen entlastet werden.

Da stimmt was nicht an dem Text aber es kann gut sein, dass der liebe Herr Schröder sich da ein bischen zu sehr auf Aussenpolitik gestürzt hat. denn investitionen im Ausland sollten nicht in Deutschland absetzbar sein, aber wer wählt den denn schon noch?

buddy
07.06.2005, 23:09
Gemäss der IMD-Rangliste 2005 der Wettbewerbsfähigkeit ist Deutschland im 23. Rang. Die ersten 25 Ränge unter den 35 untersuchten Ländern und Regionen: 1. USA, 2. Hongkong, 3. Singapur, 4. Island, 5. Kanada, 6. Finnland, 7. Dänemark, 8. Schweiz, 9. Australien, 10. Luxemburg, 11. Taiwan, 12. Irland, 13. Niederlande, 14. Schweden, 15. Norwegen, 16. Neuseeland, 17. Österreich, 18. Bayern, 19. Chile, 20. Zhejiang, 21. Japan, 22. Grossbritannien, 23. Deutschland, 24. Belgien, 25. Israel.

Quelle: IMD World Competitiveness Yearbook, IMD, Lausanne, 2005.
(Wikipedia)
Achso.Deswegen importieren die Usa so viel mehr als sie exportieren Weil sie ja so wettbewerbsfähig sind. :)) :)) :)) :)) :rofl::rofl:
Was für ein Unfug.Denkt mal selber und plapert nicht immer das dumme Zeug nach,daß in den Medien steht.

Rikimer
07.06.2005, 23:24
@ Rikimer

Nein, das habe ich nicht gesagt. Natürlich gibt es auch andere Ursachen. Z.B. die Tatsache, daß die Gruppe der "Neuen Armen" immer größer wird, daß immer mehr Leute kein Geld mehr haben, das sie in den Konsum stecken können. Wenn die Löhne immer weitersinken, die Arbeitslosigkeit wächst, das Geld sich bei einigen wenigen bündelt, dann muß man sich nicht wundern, wenn die Binnenkonjunktur lahmt und infolge desssen immer mehr Konkurse im Mittelstand stattfinden. Die großen Namen, wie Karstadt, Opel, Siemens-Mobile, Walter Bau, Agfa, Leica, die durch die Presse gehen, sind ja nur die Spitze des Eisbergs. Jeden Tag finden solche Dramen statt, allerdings ohne Reportergewusel und ohne Bundeskanzler. Gerade heute ist bei uns in Witten die Insolvenz eines alteingesessenen Busunternehmers in der Zeitung veröffentlicht worden, wieder ein paar Arbeitslose mehr. Und was morgen und übermorgen in den Bekanntmachungen stehen wird, ich glaube, ich möchte es gar nicht wissen.
Ja. Und was sind die Ursachen für diesen Niedergang? Doch sicherlich nicht weil die Löhne der Arbeitnehmer zu niedrig sind?

MfG

Rikimer

Ka0sGiRL
07.06.2005, 23:36
Die Gehaltshöhe ist eine Sache - der Wert des Geldes, der sich durch den Euro halbiert hat, eine andere. Im Vergleich zu 1990 und davor, verdiene ich heute dreimal so viel, allerdings kann ich, was meinen Lebensstandard betrifft, nicht feststellen, dass ich heute dreimal so viel Geld zu Verfügung habe. Im Gegenteil - früher bin ich meist im Real einkaufen gegangen, habe spätestens nach 5 Jahren ein neues Auto gekauft und meine Kosmetik von Lancome - heute gehe ich einmal pro Woche zum Aldi, kauf meine Kosmetik von Manhattan, und mein jetziges Auto habe ich schon seit 99 und werde es wohl fahren bis es Schrott ist.

Rikimer
08.06.2005, 01:59
Für die grossen Unternehmen zählt nurnoch eins: Shareholder Value.
Die Folge: Die Topmanager werden nach der Shareholder Value Entwicklung bezahlt.
Das Problem dabei: Es ist eine viel zu kurzsichtige Denkweise.
Grosse Investitionen werden gescheut (äussert sich in schlechtem Wirtschaftswachstum), eher andere Firmenanteile gekauft.
Es werden Subunternehmen, die schwarze Zahlen schreiben ganz einfach verkauft oder zerschlagen, weil sie nichtmehr gewachsen sind (aber keine Schulden gemacht werden).

Durch überzogene Geldgier werden Arbeitsplätze gekürzt.
Beispiele:
Deutsche Bank 25% (!!) Rendite, 2000 Abeitsplätze werden abgebaut
Toyota 18% Rendite weitere Arbeitsplätze sollen abgebaut werden.
Siemens usw usw

Was hat das mit rechter oder linker politischer einstellung zu tun? hier geht es um Machtmissbrauch und irrsinnige Geldgier. (Ein Mensch kann in seinem ganzen Leben garkeine 100 Millionen Euro ausgeben aber damit noch mehr Kohle gescheffelt wird müssen andere leiden)

zum kotzen
Ich habe das Links-Rechts-Gequatsche hier nicht eingeführt. Noch nicht einmal angedeutet.

Ich teile deine kritische Sicht über den Shareholder Value. Eben weil es kurzfristiges Denken ist, daß das Wohl des Unternehmens und sein Ziel - ein Ziel das es sein müßte - den Kunden zufrieden zu stellen, sträflich mißachtet. Weil es eben nicht in erster Linie um das Unternehmen geht! Auch Konservative kritisieren dies, aber längst nicht so plump antik und einfallslos wie von kommunistisch/sozialistischer Seite.

MfG

Rikimer

obwohlschon
08.06.2005, 02:07
der Wert des Geldes, der sich durch den Euro halbiert hat, eine andere. Durch ständige Wiederholung wird diese Behauptung auch nicht wahr.

obwohlschon
08.06.2005, 02:11
Wie oft wollen Sie uns noch mit Müllbeiträgen zuspammen?

Rikimer
08.06.2005, 02:12
Wie oft wollen Sie uns noch mit Müllbeiträgen zuspammen?Wie meinen?

MfG

Rikimer

StH
08.06.2005, 11:27
Ja. Und was sind die Ursachen für diesen Niedergang? Doch sicherlich nicht weil die Löhne der Arbeitnehmer zu niedrig sind?

Eine Ursache ist die massive Lohnzurückhaltung der letzten Jahre. Eine andere die Massenarbeitslosigkeit und die daraus resultierende Zweidrittelgesellschaft. Denn dadurch wurde die Kaufkraft massiv beschädigt. Dazu kommt die Problematik der Angstsparer, die zwar von Politikern der ganz großen Koalition aus Union, FDP, SPD und Grünen bei Sabine Christiansen jeden Sonntagabend aufs übelste beschimpft werden, ansonsten aber nur zur Kenntnis genommen werden. Sie erzählen den Menschen, daß sie für ihre Altersversorgung selbst sparen müssen, für den nicht erhofften Fall der eintretenden Arbeitslosigkeit müssen sie selbst vorsorgen, eine Krankenzusatzversicherung wird gefordert, wenn man den Kindern ein Studium ermöglichen will, ohne daß diese mit einem riesigen Schuldenberg ins Berufsleben starten, müssen sie Studiengebühren bezahlen. Und dann wundert man sich allen ernstes, daß die Leute, die noch nicht an der Armutsgrenze leben, ihr Geld lieber sparen anstatt daß sie es konsumieren.

mate
08.06.2005, 11:49
Ich habe das Links-Rechts-Gequatsche hier nicht eingeführt. Noch nicht einmal angedeutet.

Ich teile deine kritische Sicht über den Shareholder Value. Eben weil es kurzfristiges Denken ist, daß das Wohl des Unternehmens und sein Ziel - ein Ziel das es sein müßte - den Kunden zufrieden zu stellen, sträflich mißachtet. Weil es eben nicht in erster Linie um das Unternehmen geht! Auch Konservative kritisieren dies, aber längst nicht so plump antik und einfallslos wie von kommunistisch/sozialistischer Seite.

MfG

Rikimer

Ach was Kundenorientierung ist doch ein ganz grosses Thema.
Das Problem ist die soziale Verantwortung der Unternehmen.

Mit einer kapitalistischen, asozialen Geizmentalität wie sie hier von vielen an den Tag gelegt wird, richtet ihr euer Land doch zugrunde.
Denn mit fortschreitender Globalisierung werden die Unternehmen immer grösser, internationaler und leider auch immer mächtiger und beeinflussen damit auch die Politik.

Beispiel USA: George Bush hat bis auf wenige Abweichler alle Abgeordneten dazu verpflichtet in ihrer Amtszeit keine Enkommenssteuer (wenn ich mich nicht irre, siehe Fahrenheit 9/11). Eher hat man vor, die Steuern auf ein Minimum zu senken. Die Folge ist eine zunehmende konzentration des Kapitals auf wenige Reiche.

Da sieht man halt in was für einer Gewissensbredoullie die Schwarzwähler stecken, aber anstatt sich eine anständige Meinung zu bilden wird doof drüber gegrinst und nachgeplappert denn alles sozial gerechte ist ja links und kommunistisch.

Rikimer
08.06.2005, 12:49
Ach was Kundenorientierung ist doch ein ganz grosses Thema.
Das Problem ist die soziale Verantwortung der Unternehmen.

Mit einer kapitalistischen, asozialen Geizmentalität wie sie hier von vielen an den Tag gelegt wird, richtet ihr euer Land doch zugrunde.
Denn mit fortschreitender Globalisierung werden die Unternehmen immer grösser, internationaler und leider auch immer mächtiger und beeinflussen damit auch die Politik.

Beispiel USA: George Bush hat bis auf wenige Abweichler alle Abgeordneten dazu verpflichtet in ihrer Amtszeit keine Enkommenssteuer (wenn ich mich nicht irre, siehe Fahrenheit 9/11). Eher hat man vor, die Steuern auf ein Minimum zu senken. Die Folge ist eine zunehmende konzentration des Kapitals auf wenige Reiche.

Da sieht man halt in was für einer Gewissensbredoullie die Schwarzwähler stecken, aber anstatt sich eine anständige Meinung zu bilden wird doof drüber gegrinst und nachgeplappert denn alles sozial gerechte ist ja links und kommunistisch.
Falsch. Ich aus meiner Sicht verurteile den Sozialismus als Kollektiv aus der Erfahrung eines aus Osteuropa stammenden Kreises von Menschen, nämlich der Russlanddeutschen. Die Mehrheit von uns will den Sozialismus nicht und nichts was auch nur im entferntesten an ihn erinnert. Eigenverantwortung, Freiheit, statt Entmündigung und Unfreiheit. Weniger Staat, statt ein Mehr an Staat. Systeme die Eigenleistungen belohnen statt bestrafen etc.

Was ist z. B. sozial gerecht? Ist es gerecht das in sozialistisch geprägten Staaten Leistung abgestraft wird? Faulheit belohnt?

Wieso denkst du jeder täte dem anderen nachplappern, statt sich eine eigene Meinung zu bilden? Weil dir seine Meinung mißfällt?

Im Grunde genommen scheidet sich hier doch Freiheit an Unfreiheit, Eigenverantwortung am Kollektiv, Markt an regulierte eingeschränkte "Märkte", Marktwirtschaft an Planwirtschaft usw.

Ich teile im Grunde genommen folgende Sicht:



"Je freier die Wirtschaft, desto sozialer ist sie auch"

Alfred C. Mierzejewski zeigt in seiner Ludwig-Erhard-Biographie, wie gründlich der soziale Marktwirtschaftler heute mißverstanden wird
Günther Gillessen

Warum möchte man heute eine Biographie Ludwig Erhards, des ersten Wirtschaftsministers der Bundesrepublik, lesen? Zwei Gründe liegen auf der Hand. Wer war der Mann, was hat er in seiner Zeit geleistet? Und dann: Was kann uns die Beschäftigung mit seinen Ideen für die Sanierung des zum Sozialfall gewordenen deutschen "Sozialstaats" lehren? Ein Buch über Erhard hat selbstverständlich sauber historisch gearbeitet zu sein. Aber lesen werden die meisten es vor allem gegenwartspolitisch, auf der Suche nach einen Ausweg aus der sozialpolitischen Endlosschleife der Bundesrepublik. Indem der Autor jenes erfüllt, hilft er auch bei diesem.

Der Verfasser ist Amerikaner und lehrt Geschichte an der Universität North Texas. Das Buch erschien zuerst im Jahr 2004 in der University of North Carolina Press in Chapel Hill. Zu seinen Vorzügen, das sei vorweg gesagt, gehört eine kritisch kommentierte Übersicht über die wichtigste deutsche und englische Literatur zu Erhard. Leider läßt die Übersetzung in Teilen auffällig zu wünschen übrig. Der Lektor beherrscht nicht die Regeln der indirekten Rede. Auch werden einige deutsche Verbände nicht bei ihrem richtigen Namen genannt, sondern in Rückübersetzungen aus dem Englischen. Falsch ist es, den Landtag von Württemberg-Baden (das waren die nördlichen, amerikanisch besetzten Teile von Baden und Württemberg, vor der Vereinigung der drei südwestdeutschen Länder zu Baden-Württemberg) als "Landtag für die amerikanische Zone in Stuttgart" zu bezeichnen.

Falsch ist es auch, das zur Legende gewordene Ahlener Programm des Zonenausschusses der CDU der britischen Besatzungszone vom Februar 1947 ihrem Vorsitzenden Konrad Adenauer zuzuschreiben. Darin war unter maßgeblicher Beteiligung von Dominikanern des Klosters Walberberg zur Sozialisierung der Großindustrie und der großen Banken aufgerufen worden. Adenauer jedoch nahm diesen Beschluß widerwillig hin, bezeichnete ihn kühl als "nicht praktisch" und betrieb sogleich seine Revision.

Form- und Sachfehler dieser Art stören zwar, beeinträchtigen aber nicht den Gesamteindruck eines Buches, das die Biographie, das Werk und die leitenden Ideen, am Ende auch das politische Scheitern dieses Mannes anschaulich, auch kritisch darstellt. Es handelt sich um eine politische Biographie. Privates kommt wenig vor. Erhard geizte mit Persönlichem, und vermutlich sieht auch so sein Nachlaß aus.

Im Unterschied zu seinen wichtigsten wissenschaftlichen Freunden Wilhelm Röpke, Alexander Rüstow, Walter Eucken, Franz Böhm, Alfred Müller-Armack und anderen Mitglieder der Freiburger Schule der Nationalökonomie kam Erhard aus kleinen Verhältnissen. Der Vater, Kind mittelfränkischer Bauern, hatte 1885 in Fürth ein Wäsche- und Aussteuergeschäft gegründet. Er war im Bismarck-Reich Anhänger von Eugen Richters Freisinniger Partei, den Linksliberalen, die den Nationalliberalen nicht in das Lager Bismarcks gefolgt waren.

Unverkennbar empfing Ludwig Erhard im Elternhaus erste politische und ökonomische Orientierung: Liebe zur Freiheit und den Blick auf den Käufer im Laden, den "Verbraucher", wie er später sagte. Dieser stand im Mittelpunkt seiner nachfrage-orientierten Wirtschaftslehre, nicht die Industrie, schon gar nicht die Großindustrie, oder ein interventionistischer "Staat", der dann doch nur die Partikular-Interessen der jeweils stärksten politischen Lobby schützen würde.

Auf die Rolle der Verbraucher auf dem "Markt" kam es Erhard an. Schon auf dem gewöhnlichen Bauernmarkt ist seine Wirkungsweise zu beobachten: Die einzelnen Käufer entscheiden mit einem Kauf oder seiner Unterlassung, welches Produkt "geht" und was es kosten darf, und welches Produkt nicht oder zum verlangten Preis noch nicht oder nicht mehr geht. Die Käufer geben mit lauter kleinen, aber in der Summe mächtigen Entscheidungen täglich/kontinuierlich Korrekturbefehle für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Der Markt weiß es genauer und geschwinder, als es die beste Planungsbehörde je wissen könnte.

An der Handelshochschule in Nürnberg nach Ende des Ersten Weltkriegs hatte Ludwig Erhard, 1918 schwer verwundet aus Flandern zurückgekehrt, bei Wilhelm Rieser gelernt, "wie wichtig der Preismechanismus war; daß der Marktpreis der einzig gerechte Preis war; daß Firmen dazu da waren, Geld zu verdienen, und daß das Risiko ein wesentlicher Bestandteil war; daß Industrieorganisationen wie Kartelle dazu gedacht waren, den Wettbewerb auszuschalten."

Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der Biographie Erhards wie auch anderer Protagonisten marktwirtschaftlicher Ordnungspolitik, zum Beispiel Rüstow, daß sie in den zwanziger und dreißiger Jahren zunächst bei Wirtschaftsverbänden oder an Instituten arbeiteten, die einzelnen Industrien nahe standen. Erhard forschte an einem Nürnberger Institut, das im Dienst der Porzellanindustrie stand und 1925 in ein Institut für die Wirtschaftsbeobachtung deutscher Fertigwaren umgewandelt worden war - tendenziell also zur Behinderung freier Preisbildung.

In der Weltwirtschaftskrise plädierte Erhard für staatliche Konjunkturförderung, allerdings nicht für direkte staatliche Aufträge an die Wirtschaft, sondern zur Anregung der Nachfrage der Verbraucher durch staatlich verbilligte (Klein-)Kredite - aber nur für die Dauer der Krise, damit man danach nicht eine Inflation gerate.

Den Haushalt in Ordnung und die Währung stabil halten

Die Beschäftigung mit theoretischen Fragen brachte Erhard in Verbindung mit der Freiburger Schule der Nationalökonomie, und enger dann im Kriege, als man dort in Erwartung des Kriegsendes über künftige Auswege aus der zentral gesteuerten Kriegswirtschaft, und über einen "dritten Weg" zwischen unbeaufsichtigtem KAPITALISMUS und Sozialismus (auch National-Sozialismus) nachdachte. Die Verbindung zu Carl Goerdeler wurde Ludwig Erhard nach dem 20. Juli 1944 beinahe zum Verhängnis. Aber die Gestapo entdeckte die Spuren nicht.

Eucken sah den "dritten Weg" in der Wiederherstellung einer auf den Verbraucher ausgerichteten Marktwirtschaft, in der ein "starker Staat" sich darauf beschränkt, darüber zu wachen, daß kein Marktteilnehmer den Wettbewerb behindert oder gar unterbindet, den eigenen Haushalt in Ordnung und die Währung stabil hält.

Erhard stand Eucken nahe, aber er war nicht das Sprachrohr der Freiburger Schule. Mierzejewski beschreibt ihn als einen Mann, der eklektisch aufnahm, was ihm einleuchtete. Er hält ihn nicht für einen originellen Denker, sondern einen Lehrer guter Ideen, die er mit Optimismus verbreitete und von denen er meinte, sie müßten den Menschen von selbst einleuchten. An politischer Macht hatte er keinen Gefallen.

Als Wirtschaftsminister in allen Kabinetten Adenauers verkannte er, feste Verbündete, eine Organisation, eine Partei zu brauchen und Parteifreunde politisch pflegen zu müssen. Er war ein Kämpfer, aber weniger in einer Partei als im "deutschen Volk". Erst spät, in den sechziger Jahren, trat er CDU bei. Er besaß - auch als zweiter Kanzler der Bundesrepublik - keine Parteibasis, und darin lag einer der Gründe, aus denen er 1963 Intrigen in seiner eigenen Partei zum Opfer fiel.

Allerdings verdankte er gerade seiner Unabhängigkeit, Unbefangenheit und wirtschaftspolitischen Unbeirrbarkeit seinen Aufstieg. Als die Amerikaner 1945 deutsche Fachleute für die neuen Wirtschaftsbehörden suchten, war Erhard völlig "unbelastet". Er hatte sich beharrlich geweigert, der NSDAP beizutreten. Er war an keinem Unrecht des Regimes beteiligt. Er hatte auch keine politische Vergangenheit in der Weimarer Republik. An ihrem Scheitern hatte er keinen Anteil. Sein Optimismus und Sinn fürs Praktische half ihm gerade bei Amerikanern. Sein Aufstieg führte in knapp drei Jahren von einer Regionalbehörde in Nürnberg in das Amt des Direktors für Wirtschaft in der (britisch-amerikanischen) Zweizonen-, später Dreizonen-Wirtschaftsverwaltung in Frankfurt, und damit in das Zentrum des Raumes, der sich 1949 unter der Aufsicht der westlichen Alliierten als Bundesrepublik organisieren durfte.

Erhard hatte ganz richtig bei den Amerikanern darauf bestanden, daß mit der Währungsreform und der Mar-shall-Hilfe zugleich auch die Preise für die meisten Waren und die Löhne dem freien Markt überlassen werden. Die Währungsreform wurde vor allem deshalb ein Erfolg, weil im selben Zug der Markt in seine Funktion eingesetzt wurde - gegen schwere Bedenken vor allem der sozialistischen britischen Regierung. Darin sei Erhards größter Erfolg zu sehen, meint sein Biograph. Die Reform von 1948 begann mit Wucht, gleichsam als Dreischlag, nicht als zaghaftes Drehen an kleinen Schräubchen. Zunächst erschien das hart. Die Preise zogen an und mit ihnen die Arbeitslosigkeit. Erhard behielt die Nerven. Ein Jahr später waren die anfänglichen Turbulenzen vorüber, es ging zügig voran.

Doch danach gelang Erhard als Wirtschaftsminister nichts Gleichwertiges mehr. Der Kampf um das Anti-Kartell-Gesetz dauerte Jahre, der Bund der Deutschen Industrie unter seinem Vorsitzenden Fritz Berg wehrte sich beharrlich und hatte Adenauer dabei auf seiner Seite. Die Gewerkschaften verlangten "Mitbestimmung" in den Unternehmensführungen, und Adenauer benutzte die steigenden Steuereinnahmen besonders vor Wahlen zu sozialpolitischen "Wohltaten". Erhard kämpfte dagegen an, wurde aber ausgebremst: von der damaligen Führung des BDI, von den Gewerkschaften, von dem sozialpolitischen Flügel der CDU und nicht zuletzt von Adenauer selbst. Der Kohlenbergbau und der Wohnungsbau wurden massiv subventioniert. Als es darum ging, das Rentensystem zu reformieren, wurde es nicht auf das Prinzip der Kapitaldeckung umgestellt - sondern gegen Erhards Widerspruch "dynamisiert", mit fatalen Folgen bis heute.

Bis heute ist Erhards Marktwirtschaft rudimentär geblieben. Es gibt keinen freien Markt für Arbeit und Löhne, für Wohnungen, für Gesundheitsvorsorge, für Energie, für Agrarprodukte. Überall haben wir es mit Mischformen, mit regulierten Preisen, speziellen Besteuerungen oder steuerlichen Begünstigungen zu tun, mit politisch gesteuerten Mischsystemen, die wegen ihrer Fehlleistungen stets zu spät, aber immer weiter "reformiert" oder "umgesteuert" werden sollen, und wenn es überhaupt dazu kommt, dann meist noch tiefer in die Weiter- und Überregulierung getrieben werden. Bloß einfach abgeschafft dürfen sie nicht werden.

Zur Popularität Erhards macht der Verfasser die noch heute zutreffende Bemerkung: "Die Unterstützung für die soziale Marktwirtschaft (im deutschen Volk) fußte nur auf dem Wohlstand, den sie den Menschen gebracht hatte, nicht auf einem tieferen Verständnis ihrer Grundsätze". Das Mißtrauen der Deutschen in die Freiheit des Marktes (den "KAPITALISMUS") erweist sich als so tief verwurzelt wie das Vertrauen in einen fürsorglichen Staat, heute in die Vorstellung einer "sozialen Demokratie".

Erhards Idee vonWucherung des Fürsorgestaates verstopft

Die Erwartung der Wähler, "soziale Gerechtigkeit" sei eher durch Verteilung als durch Unternehmungslust und Wettbewerb herzustellen, ist anscheinend durch keine schlechte Erfahrung mit diesem von Gruppeninteressen gelenkten, protektionistischen Sozialstaat zu erschüttern. Was Erhard 1948 aufgestoßen hatte, wurde im Laufe der Jahrzehnte Schritt für Schritt wieder verstopft durch die Wucherung des Fürsorgestaates und die Verwandlung nicht-bedürftiger, durchaus zu Selbständigkeit befähigter Bürger in "anspruchsberechtigte" Empfänger staatlicher Subventionen aller Art. Heute erscheint nicht einmal die Einführung von Dieselrußfiltern für Autos zumutbar, wenn nicht mit staatlichen Subventionen verbunden.

"Markt pur" ist gegenwärtig zum politischen Schreckenswort, sogar zu einem moralischen Verdikt geworden. Marktwirtschaft gilt als "Soziale Kälte", erscheint politisch allenfalls als "soziale Marktwirtschaft" zumutbar. Fragt man, was damit gemeint ist, hört man regelmäßig, Wettbewerb ja, aber nur wenn sozial gemildert, und je mehr vom zweiten, desto besser. "Soziale Marktwirtschaft" stellt man sich als eine Art Verschnitt zwischen Wettbewerbswirtschaft und sozialistischem Wohlfahrtsstaat vor.

So aber haben es Erhard und Eucken gerade nicht gemeint. "Ich meine", schrieb Erhard an Friedrich Hayek, "daß der Markt an sich sozial ist, nicht daß er sozial gemacht werden muß.(...) Je freier die Wirtschaft, desto sozialer ist sie auch", und nur der Markt könne Wohlstand "gerecht verteilen". Daß der Markt gerecht ist und "sozial" funktioniert, wenn der Staat aufpaßt, daß der Markt nicht Gruppen anheimfällt, die seine Dynamik blockieren wollen - dieser einfache Sachverhalt ist weithin unverstanden.

Hilfe für Notleidende, die sich selbst nicht helfen können, ist damit nicht ausgeschlossen. Sie bleibt nötig. Doch ergibt sich daraus kein stichhaltiger Einwand gegen die Gerechtigkeit und die "Sozialverträglichkeit" des Marktes.

Foto: Schaufensterauslage eines Textilgeschäfts mit Erhard-Porträt, Ende 1949: Bis heute ist Erhards Marktwirtschaft rudimentär geblieben

Alfred C. Mierzejewski: Ludwig Erhard. Der Wegbereiter der Sozialen Marktwirtschaft. Eine Biographie. Siedler Verlag, Berlin 2005, 400 Seiten, Abbildungen, Leinen, 24 Euro



Prof. Dr. Günther Gillessen arbeitete viele Jahre als außenpolitischer Redakteur für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und leitete an der Universität Mainz. das Journalistische Seminar


MfG

Rikimer

Rikimer
08.06.2005, 13:06
Eine Ursache ist die massive Lohnzurückhaltung der letzten Jahre. Eine andere die Massenarbeitslosigkeit und die daraus resultierende Zweidrittelgesellschaft. Denn dadurch wurde die Kaufkraft massiv beschädigt. Dazu kommt die Problematik der Angstsparer, die zwar von Politikern der ganz großen Koalition aus Union, FDP, SPD und Grünen bei Sabine Christiansen jeden Sonntagabend aufs übelste beschimpft werden, ansonsten aber nur zur Kenntnis genommen werden. Sie erzählen den Menschen, daß sie für ihre Altersversorgung selbst sparen müssen, für den nicht erhofften Fall der eintretenden Arbeitslosigkeit müssen sie selbst vorsorgen, eine Krankenzusatzversicherung wird gefordert, wenn man den Kindern ein Studium ermöglichen will, ohne daß diese mit einem riesigen Schuldenberg ins Berufsleben starten, müssen sie Studiengebühren bezahlen. Und dann wundert man sich allen ernstes, daß die Leute, die noch nicht an der Armutsgrenze leben, ihr Geld lieber sparen anstatt daß sie es konsumieren.Und eben dies, die massive Lohnzurückhaltung verantwortlich machen zu wollen für die Misere im Land halte ich für falsch. Wie kannst du jemandem mehr bezahlen wollen als er dies aufgrund seiner Arbeit wert ist? Noch einmal: Die Konkurrenz im Ausland hat aufgeholt. Im Osten Europas, in unmittelbarer Nähe zu unserem Land, nicht mehr alleine in Fernost, befinden sich excellent ausgebildete, billige Arbeitnehmer, die von Jahr zu Jahr besser werden und zu einer stetig wachsenden Konkurrenz. Während unser Land auf der Stelle tritt. Wie willst du in einem Unternehmen das mit diesen Ländern, mit dieser Konkurrenz im Wettbewerb steht, höhere Löhne durchdrücken, die die Stückkosten in die Höhe treibt? Etwa mit der Entlassung weiterer Arbeitnehmer? Natürlich täten höhere Löhne die Binnenkonjunktur aufgrund der theoretisch gestiegenen Kaufkraft beleben - aber auch nur theoretisch, den Gesamtzusammenhang sträftlich mißachtend!

Die Massenarbeitslosigkeit und die daraus resultierende Zweidrittelgesellschaft. Ja wird diese nicht gerade auch durch die exzessiven Lohnforderungen, vor allem im, der aus dem Osten ausgesetzten, Niedrigqualifizierten-Sektor ausgelöst? Wäre es nicht besser die Löhne für die Niedrigqualifizierten frei zu geben um alle in Lohn und Arbeit zu bringen? Zusammen mit der Zahlung eines Beitrags des Staats für die Arbeitnehmer - falls der Lohn nicht ausreichen solle einen angemessen Lebenstandart zu führen? Was zweifelsohne letztendlich unterm Strich immer noch billiger sein müßte als die reine Arbeitslosenunterstützung? Parallel dazu natürlich eine Qualifizierungskampagne für höher qualifizierte Berufe?

Zu den Angstsparern. Ist das zu verurteilen? Natürlich nicht. Wem willst du hier ein Vorwurf machen? Aufgrund der negativen Demographie wird es zukünftig schlichtweg unmöglich werden den Sozialstaat in derselben Höhe noch aufrecht erhalten zu können. Wie auch? Wenn die Anzahl der Leistungbezieher (z. B. Rentner) stetig ansteigt und die der Leistungseinzahler
(z. B. junge Arbeitnehmer) ständig sinkt, aufgrund der seit Jahrzehnten zu niedrigen Geburtenrate? Wenn du hier den Sozialstaat in voller Höhe aurecht erhalten willst, ohne weiteres Verschulden, dann müssen die Arbeitnehmer entweder bis ins 70 Lebensjahr hinein arbeiten - bis Renteneintrittsdatum mit Sterbetag übereinstimmen - oder die Quoten der Belastung für die Arbeitnehmer so lange erhöhen bis sie die 100% überschreiten. Und selbst das täte irgendwann nicht mehr reichen.

Willst du als Lösung, um den Sozialstaat in voller Höhe aufrecht zu erhalten, die Schulden weiter ausbauen, bis hin zur totalen Zahlungsunfähigkeit des Staates? Wo schon heute die Zinszahlungen des Bundes die der Investitionen übersteigen!!!?

MfG

Rikimer

Moloch
08.06.2005, 18:10
@Kalmit

Ich finde, Du solltest Dich auch mal an der Diskussion beteiligen, nachdem Du diesen Strang nunmal eröffnet hast.

Es werden viele Phrasen gedroschen und wird zu wenig diskutiert in diesem Unterforum.

Manfred_g
08.06.2005, 18:39
Falsch. Ich aus meiner Sicht verurteile den Sozialismus als Kollektiv aus der Erfahrung eines aus Osteuropa stammenden Kreises von Menschen, nämlich der Russlanddeutschen. Die Mehrheit von uns will den Sozialismus nicht und nichts was auch nur im entferntesten an ihn erinnert. Eigenverantwortung, Freiheit, statt Entmündigung und Unfreiheit. Weniger Staat, statt ein Mehr an Staat. Systeme die Eigenleistungen belohnen statt bestrafen etc.

Was ist z. B. sozial gerecht? Ist es gerecht das in sozialistisch geprägten Staaten Leistung abgestraft wird? Faulheit belohnt?

Wieso denkst du jeder täte dem anderen nachplappern, statt sich eine eigene Meinung zu bilden? Weil dir seine Meinung mißfällt?

Im Grunde genommen scheidet sich hier doch Freiheit an Unfreiheit, Eigenverantwortung am Kollektiv, Markt an regulierte eingeschränkte "Märkte", Marktwirtschaft an Planwirtschaft usw.
...

:top:

Kalmit
08.06.2005, 19:35
@Kalmit

Ich finde, Du solltest Dich auch mal an der Diskussion beteiligen, nachdem Du diesen Strang nunmal eröffnet hast.

Es werden viele Phrasen gedroschen und wird zu wenig diskutiert in diesem Unterforum.

Tschuldigung, aber ich hab noch andere Hobby's, als den ganzen Tag im Internet rumzuhängen und mich über Neoliberale und Wirtschaftspolitischen Irrsinn aufzuregen... ;) Ich werd mir den Thread aber mal ausdrucken und heut abend vielleicht was zu einzelnen Argumenten schreiben!

Apollon7
08.06.2005, 20:10
Musst wohl als Student mit Deinem teuren Rennrad noch eine Runde drehen? :))

Moloch
08.06.2005, 21:37
Tschuldigung, aber ich hab noch andere Hobby's, als den ganzen Tag im Internet rumzuhängen und mich über Neoliberale und Wirtschaftspolitischen Irrsinn aufzuregen... ;)

Gut, dann weiß ich, was ich in Zukunft von Deinen Beiträgen zu halten habe...

Kalmit
09.06.2005, 08:25
Wenn du meinst... mir wird das hier im Forum eh langsam zu blöd... ich schreib hier jetzt schon über ein halbes Jahr fast tagtäglich meine Meinung, die ich mit Fakten und Berichten untermauere - und es interessiert die üblichen Verdächtigen doch eh nicht, was man da liefert. Überhaupt ist das alles hier doch eine grundsätzliche Glaubensfrage - entweder man ist eher sozial geprägt und sieht keinen Anlass für die Abschaffung der sozialen Sicherung und die Öffnung der Märkte - oder man ist eher reich und asozial-liberal, nur auf die weitere Mehrung des Reichtums aus. Weder ich werde irgendwann die Argumente von modena360 oder sunbeam nachvollziehen können - noch werden die meine auch nur ansatzweise akzeptieren... Warum also weiterhin die Mühe machen...

@Dude: Ich bin (noch) kein Student. Und ja, ich war radeln... 148 km, falls es dich interessiert... :rolleyes:

mate
09.06.2005, 08:49
Der Sozialismus ist eine Errungenschaft und zeichnet uns als fortschrittliche Nation aus.

Ist mir klar, dass ihr gerne Kinder und ausländische Sklaven für euch arbeiten und dabei eure kranke Grossmutter verhungern lassen würdet. Euch hindert keiner daran euch in fernost über Menschenrechte hinwegzusetzen.


Er ist die Antwort der Mehrheit auf jahrhundertelange Ausbeutung durch gewissenlose, machtbesessene Einzelkämpfer wie ihr es seid.

Von Chancengleichheit kann heutzutage nichtmehr gesprochen werden:
Die sogenannte Freiheit des Marktes endet in Preisabsprachen einiger weniger international agierender Grosskonzerne.
Mit Basel II treten in Europa Richtlinien in Kraft, die es Unternehmern mit wenig Eigenkapital erschweren an Fremdkapital zu kommen. Die Folge ist eine verstärkte Chancenungleichheit.
Der Gegensatz wenige Reiche, viele Arme verändert sich nicht umsonst weltweit und auch in Nationen ohne sozialen Ausgleich wie bei uns drastisch.

Dass er in Deutschland von vielen faulen Menschen ausgenutzt wird, finde ich traurig und muss unterbunden werden.

Zu Nachplappern:
Leute wie ihr haben meiner Meinung nach keinen Sinn für die Realität weil das Schicksal jeden Treffen kann dann auf der Strasse betteln gehen zu müssen.

(Ich bitte darum zu registrieren, dass ich hiermit niemanden persönlich treffen will. Ich schlage diesen Ton vielmehr an, weil ich sehe, dass das hier so üblich ist und es ja auch irgendwie spass macht mal so richtig dampf abzulassen)

Rikimer
09.06.2005, 11:17
Der Sozialismus ist eine Errungenschaft und zeichnet uns als fortschrittliche Nation aus.

Ist mir klar, dass ihr gerne Kinder und ausländische Sklaven für euch arbeiten und dabei eure kranke Grossmutter verhungern lassen würdet. Euch hindert keiner daran euch in fernost über Menschenrechte hinwegzusetzen.


Er ist die Antwort der Mehrheit auf jahrhundertelange Ausbeutung durch gewissenlose, machtbesessene Einzelkämpfer wie ihr es seid.

Von Chancengleichheit kann heutzutage nichtmehr gesprochen werden:
Die sogenannte Freiheit des Marktes endet in Preisabsprachen einiger weniger international agierender Grosskonzerne.
Mit Basel II treten in Europa Richtlinien in Kraft, die es Unternehmern mit wenig Eigenkapital erschweren an Fremdkapital zu kommen. Die Folge ist eine verstärkte Chancenungleichheit.
Der Gegensatz wenige Reiche, viele Arme verändert sich nicht umsonst weltweit und auch in Nationen ohne sozialen Ausgleich wie bei uns drastisch.

Dass er in Deutschland von vielen faulen Menschen ausgenutzt wird, finde ich traurig und muss unterbunden werden.

Zu Nachplappern:
Leute wie ihr haben meiner Meinung nach keinen Sinn für die Realität weil das Schicksal jeden Treffen kann dann auf der Strasse betteln gehen zu müssen.

(Ich bitte darum zu registrieren, dass ich hiermit niemanden persönlich treffen will. Ich schlage diesen Ton vielmehr an, weil ich sehe, dass das hier so üblich ist und es ja auch irgendwie spass macht mal so richtig dampf abzulassen)
Meine Güte! Das ist doch nicht mehr als ein polemischer Text, mit dem sich im Grunde genommen nicht arbeiten läßt. Eine Aneinanderreihung von im leeren stehenden Schlagworten und allein stehenden Thesen.

Soll ich wirklich darauf eingehen? Lohnt sich sich das? Diesen Stuss zu kommentieren? :rolleyes:

MfG

Rikimer

mate
09.06.2005, 11:42
Von Chancengleichheit kann heutzutage nichtmehr gesprochen werden:
Die sogenannte Freiheit des Marktes endet in Preisabsprachen einiger weniger international agierender Grosskonzerne.
Mit Basel II treten in Europa Richtlinien in Kraft, die es Unternehmern mit wenig Eigenkapital erschweren an Fremdkapital zu kommen. Die Folge ist eine verstärkte Chancenungleichheit.
Der Gegensatz wenige Reiche, viele Arme verändert sich nicht umsonst weltweit und auch in Nationen ohne sozialen Ausgleich wie bei uns drastisch.

Ich bin der Ansicht, dass freie Marktwirtschaft ohne Chancengleichheit nicht sozial sein kann. Siehst du vererbtes Kapital als evolutorischen Vorteil?
Erklärs mir.

Rikimer
09.06.2005, 11:56
Ich bin der Ansicht, dass freie Marktwirtschaft ohne Chancengleichheit nicht sozial sein kann. Siehst du vererbtes Kapital als evolutorischen Vorteil?
Erklärs mir.Weder die Evolution, noch die Vererbung, noch die umweltlichen Startbedinungen, noch die Schicht in der man geboren wird, noch die Zeit in der man lebt sind "gerecht". "Ungerechtigkeit" sind nie total aus dem Weg zu schaffen.

Was mir aber wichtiger ist: Ist es gerecht Nicht-Leistung zu belohnen und Leistung zu bestrafen? Also der Punkt der in sozialistischen Gesellschaft sich im Endeffekt stets herauskristallisiert?

MfG

Rikimer

mate
09.06.2005, 12:06
Weder die Evolution, noch die Vererbung, noch die umweltlichen Startbedinungen, noch die Schicht in der man geboren wird, noch die Zeit in der man lebt sind "gerecht". "Ungerechtigkeit" sind nie total aus dem Weg zu schaffen.
Und genau deswegen muss ein sozialer Ausgleich stattfinden.


Was mir aber wichtiger ist: Ist es gerecht Nicht-Leistung zu belohnen und Leistung zu bestrafen? Also der Punkt der in sozialistischen Gesellschaft sich im Endeffekt stets herauskristallisiert?
Natürlich nicht, dagegen müssen genauso Mechanismen gefunden werden.
Hartz IV ist da als Ansatz gedacht.

Ich glaube ein Langzeitarbeitsloser ist im Nachhinein froh, wenn er wieder ins Arbeitsleben zurückfindet, weil es ihm mit Sicherheit wieder besser geht. Und dafür ist leider auch etwas Druck nötig.

Manfred_g
09.06.2005, 16:02
...entweder man ist eher sozial geprägt und sieht keinen Anlass für die Abschaffung der sozialen Sicherung und die Öffnung der Märkte - oder man ist eher reich und asozial-liberal, nur auf die weitere Mehrung des Reichtums aus...

**
In meiner Welt ist der Horizont glücklicherweise etwas weiter ausgelegt.



Weder ich werde irgendwann die Argumente von modena360 oder sunbeam nachvollziehen können - noch werden die meine auch nur ansatzweise akzeptieren... Warum also weiterhin die Mühe machen...

Fürchte ich auch, Begründung siehe **

StH
09.06.2005, 17:11
Arbeitskosten in Deutschland wachsen langsam (http://www.faz.net/s/Rub050436A85B3A4C64819D7E1B05B60928/Doc~E41046BB447924D63B3EA2516651649C8~ATpl~Ecommon ~Scontent.html)

Manfred_g
09.06.2005, 17:35
Arbeitskosten in Deutschland wachsen langsam (http://www.faz.net/s/Rub050436A85B3A4C64819D7E1B05B60928/Doc~E41046BB447924D63B3EA2516651649C8~ATpl~Ecommon ~Scontent.html)

Für die Gehaltsempfänger zwar nachvollziehbar unangenehm, aber notwendig, wenn es mit Deutschland wieder bergauf gehen soll.

StH
09.06.2005, 17:51
Du glaubst also allen ernstes, wenn die Reallöhne sinken, der Binnenmarkt weiter zusammenbricht, geht es mit Deutschland wieder aufwärts?

Kalmit
09.06.2005, 19:07
Natürlich glaubt er dass... interessanter, kritischer Artikel allgemein zum neoliberalismus und die Abgrenzung zum echten, "sozialeren" Liberalismus:


Seid liberal, nicht neoliberal
von Fredmund Malik

Echter Kapitalismus schafft Wohlstand durch Investitionen. Wir aber leben in einem zerstörerischen Pekuniarismus.

Die Debatte über die richtige Art des Wirtschaftens in Deutschland ist überfällig. Führt man sie aber als populistische Kapitalismusattacke, dann bewegt man sich in wirtschaftlichen Kategorien des 19. Jahrhunderts und in politischen Kategorien von Links und Rechts. Beides ist untauglich, ein Problem des 21. Jahrhunderts zu lösen.

Tatsächlich ist das, was wir haben, kein Kapitalismus, sondern etwas Schlimmeres. Der Kapitalismus würde, bei allen Schwächen, durch Investitionen Kapital schaffen und damit die Voraussetzungen für Wohlstand. In Wahrheit ist in den vergangenen zehn Jahren aber Kapital in noch nie erlebtem Ausmaß vernichtet worden, im scheinbar beispielgebenden US-Amerika, das heute die niedrigste Nettoinvestitionsquote seit dem Zweiten Weltkrieg hat.

Die eigentlichen Probleme sind der Neoliberalismus und die in dessen Kontext entstandene Art der Unternehmensführung: die am Shareholder Value orientierte Corporate Governance. Was sich unter dem Namen „Neoliberalismus“ präsentiert, ist kein Kapitalismus, sondern ein primitiver Geldökonomismus. Ein System, in dem alles auf eine einzige Kategorie, nämlich Geld, reduziert wird, in Geld wahrgenommen und Geld bewertet wird. Geld, nicht Kapital, dominiert Denken und Handeln. Man könnte zwecks Unterscheidung vom Friedmanschen Monetarismus von Pekuniarismus sprechen.

Dieses System wird zu Recht kritisiert. Es kann keinen Bestand haben. Unternehmervertreter sollten aufhören, ein Wirtschafen zu verteidigen, das sie selbst gar nicht betreiben, sondern das sie in höchstem Maße gefährdet. Das jüngste Beispiel ist die Posse um die deutsche Börse. Es ist schlichtweg ein Märchen, dass, was immer unter Globalisierung verstanden werden soll, zu dieser Art des Wirtschaftens zwinge.

Zu kritisieren ist der falsche Liberalismus, der unter dem Etikett des Neoliberalismus als bestes aller denkbaren Systeme verbreitet wurde. Jetzt riskiert die Kapitalismuskritik genau jene Elemente des echten Liberalismus zu zerstören, die für eine funktionierende Gesellschaft unabdingbar sind, nachdem der Sozialismus sich als untauglich erwiesen hat.

Der heutige Neoliberalismus ist insgesamt ein Zerrbild des echten Liberalismus, das keiner der großen liberalen Denker akzeptiert hätte. Echter Liberalismus ist nicht Theorie der Wirtschaft, sondern eine Theorie der Gesellschaft. Er stellt die Wirtschaft explizit in den Dienst der Gesellschaft, aber auf eine andere Weise als der Sozialismus. Für den echten Liberalismus, zum Beispiel eines Friedrich August von Hayek, der wie kaum ein anderer als Kronzeuge für den Neoliberalismus missbraucht wurde, steht nicht ökonomischer Gewinn im Zentrum, sondern die Freiheit des Einzelnen.

Kein echter Liberaler hat jemals Individualismus mit Egoismus verwechselt. Der Verhaltenskrüppel der Wirtschaftswissenschaften, der Homo Oeconomicus, wurde erst lange nach Adam Smith geboren. In dessen Werk ist er, entgegen allen unausrottbaren Legenden, jedenfalls nicht zu finden. Aber wer hat schon Adam Smith gelesen, gar im Original?

Echter Liberalismus verlangt nicht, dass alle Ziele der Wirtschaft unterstellt werden sollen. Niemand hat deutlicher als Friedrich von Hayek gesagt, dass letztlich alle Ziele nicht-ökonomischer Natur seien. Viele einflussreiche Gegner, zum Beispiel Künstler und Intellektuelle, aber auch viele junge Menschen, könnten für ein freies Wirtschaftssystem gewonnen werden, wenn man von ihnen nicht verlangte, alles rein ökonomischer Ratio unterzuordnen. Was der Liberalismus aber verlangt, ist, dass jeder für seine Handlungen einzustehen hat. Das muss auch für Manager gelten. Zu viele versagen genau hier.

Zahlreiche wichtige Positionen des echten Liberalismus werden im heutigen Neoliberalismus ins Gegenteil verkehrt. Es ist falsch, den Menschen zu predigen, dass die Marktwirtschaft ein wundervolles System sei. Die großen Liberalen waren sich darüber im Klaren, dass die Marktwirtschaft ein schlechtes System ist. Das ist es ja auch, was der täglichen Erfahrung der meisten Menschen entspricht. Sie erleben den Markt als brutal, unbarmherzig, unmenschlich und als das Gegenteil dessen, was sie in ihrem Alltagsverständnis als gerecht empfinden. Die liberalen Denker haben die Marktwirtschaft zwar verteidigt, aber nicht gepriesen. Sie wussten, dass sie schlecht und ineffizient ist. Sie wussten aber auch, dass alle anderen Systeme noch viel schlechter und ineffizienter sind.

Der Markt ist zwar unverzichtbar, aber limitiert in seiner Funktionsweise. Es ist naiv zu sagen, der Markt werde schon alles richten. Er führt keine wirtschaftliche Leistung herbei; er verhindert keine Fehler, sondern bestraft sie, nachdem sie passiert sind; er korrigiert sie auch nicht in einem gebräuchlichen Sinne des Wortes, sondern er mobilisiert die Leichenbestatter, wenn der Patient tot ist. Das sind zu krude Methoden. Daher ist richtiges und gutes Management nötig, um die Schwächen des Marktes zu kompensieren.

Eine Gesellschaft steht und fällt mit der Qualität des Managements ihrer Institutionen. Management – ob man es be-grüßt oder beklagt – ist die wichtigste gestaltende und lenkende Kraft in einer komplexen Gesellschaft. Es ist die Transformation von Ressourcen, vor allem Wissen, in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen. Wer eine Gesellschaft ruinieren will, zerstört ihr Management.

Die Kapitalismuskritik potenziert den Ruf nach wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Reformen. Auch diese sind nötig, aber nicht erfolgsentscheidend. Die wirkliche Ursache der heutigen Misere sind Managementvorstellungen, die in den neunziger Jahren im falschen Glauben an die Überlegenheit der US-Wirtschaft von dort importiert wurden. Die am Shareholder Value orientierte Corporate Governance galt und gilt noch immer als das Nonplusultra des Fortschritts in Unternehmensführung. Eingetreten ist das Gegenteil.

Kein einziges der Versprechen dieser Doktrin wurde eingelöst. Es kam nicht zu Transparenz, wirtschaftlicher Leistungskraft und Wertsteigerung, sondern zu den größten Betrugsskandalen der Geschichte an den Aktionären, zur größten Kapitalvernichtung und zu den schlechtest geführten Unternehmungen, zu den historisch raffiniertesten Bilanzfälschungen und zur schlimmsten Sorte von Wirtschaftskriminalität.

Als Reaktion darauf sind im Zeitalter der Deregulierung die monströsesten Regulierungswerke der Geschichte, wie der Sarbanes-Oxley-Act entstanden. Shareholder Value und Wertsteigerung haben zu einer der größten Fehlentwicklungen der Wirtschaft geführt, zur Fehlallokation von Ressourcen, zu Innovations- und Investititionsfeindlichkeit und zur systematischen Fehlleitung der Unternehmensführung.

Die heutige Corporate Governance resultiert aus der falschen Frage, in wessen Interesse ein Unternehmen geführt werden soll. Als Antwort zählt das Interesse der Aktionäre und neuerdings, weil Zweifel aufkommen, das Interesse der Stakeholder. Beides ist falsch. Es ist falsch in dem Sinne, als eine derart ausgerichtete Unternehmensführung aus eigener Überzeugung, oder gezwungen durch Publikumserwartungen und den Terror der Finanzanalysten, millionenfach verstärkt durch die Medien, systematisch falsche Entscheidungen trifft.

Die zum Teil wortreich als Reform gepriesene Stakeholder-Orientierung ist, wie viele nicht zu wissen scheinen, der gescheiterte Vorläufer des Shareholder-Ansatzes – eine schlechte Empfehlung für Reformen. In der Bipolarität von Shareholder- und Stakeholder-Ansatz wurde die dritte Möglichkeit bisher übersehen.

Diese ist das einfache Erfolgsgeheimnis aller gut geführten Firmen, nämlich das Unternehmen selbst und nicht irgendwelche Interessengruppen zum Referenzpunkt zu machen. Was gut für das Unternehmen ist, kann für seine Aktionäre und sonstigen Stakeholder nicht falsch sein. Umgekehrt ergibt sich aber keine Logik. Die richtige Frage, jene, die die größte Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, mehr richtige als falsche Entscheidungen zu treffen, muss somit lauten: Was ist ein starkes, gesundes Unternehmen und was ist zu tun, damit es das wird und bleibt?

Als logische Konsequenz muss der Kunde in das Zentrum aller Unternehmenstätigkeit gestellt werden. Der Zweck eines Unternehmens ist die Schaffung zufriedener Kunden. Wer Kunden hat, hat immer auch Aktionäre, und er kann bestmöglich auch weitere Interessen befriedigen. Damit löst sich ein anderes Problem, wenn auch nicht in erwarteter Weise. Es kann nicht Zweck eines Unternehmens sein, Arbeitsplätze zu schaffen. Kundenzufriedenheit muss Vorrang haben vor Aktionären und Arbeitnehmern, selbstverständlich auch vor Managern, die ihrerseits Arbeitnehmer sind, auch wenn sie noch so komfortable Einkommensarrangements haben mögen.

Kundenzufriedenheit orientiert sich am Konkurrenzangebot. Somit ist nicht Shareholder Value, sondern Customer Value entscheidend; und nicht Wertsteigerung, sondern Wettbewerbsfähigkeit. Das ist die logisch ebenso zwingende wie praktisch schwierig zu realisierende Wahrheit des Wirtschaftens und der Führung eines Unternehmens. Kundennutzen und Konkurrenzfähigkeit sind die einzigen objektiven, nichtmanipulierbaren Maßstäbe.

Alle erfolgreichen Unternehmer und auch die kompetenten Manager wissen das. Aber sie müssen auch die Zivilcourage haben, dafür öffentlich einzutreten. Sie müssen wissen, dass sie sich immer in der Öffentlichkeit bewegen, auch wenn sie Privatfirmen führen. Sie sind sichtbar und sie prägen das öffentliche Bild der Wirtschaft, ob sie es wollen oder nicht. Eine wirtschaftsfeindliche Umgebung ist kein gutes Umfeld für prosperierende Unternehmen. Wer dies nicht versteht und es nicht genauso ernst nimmt wie Währungskurse oder Rohstoffpreise, wird für sein Unternehmen zum Risiko. Und damit auch für die Gesellschaft, die ihn trägt.

http://www.cicero.de/97.php?ress_id=6&item=660

@manfred_g: dass lässt du aber nicht wirklich erkennen. Belastung des Konsums ist spitze und supertoll, unausweichlich; Belastung der Unternehmen schlecht, böse und kontraproduktiv...

Manfred_g
09.06.2005, 19:15
Du glaubst also allen ernstes, wenn die Reallöhne sinken, der Binnenmarkt weiter zusammenbricht, geht es mit Deutschland wieder aufwärts?

Nein das glaube ich nicht. Insbesondere glaube ich nicht, daß der Binnenmarkt zusammenbricht und die Reallöhne langfristig sinken müssen, wenn mehr gearbeitet wird.

mate
09.06.2005, 23:13
Der Dominoeffekt – will heißen, die hohen Außenstände schwächen die Liquidität der Gläubiger oft derart, dass diese selbst in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Bei zwei Drittel der insolventen Unternehmen ist das eine der wichtigsten Insolvenzursachen.

http://www.handwerk-info.de/artikel/aussenstaende-waffen-nutzen.html

Aussenstände = Forderungen an Auftraggeber

!Die Löhne sind eine langfristig planbare Grösse und haben höchstens Einfluss auf die Rentabilität eines Unternehmens, nicht auf eine mögliche Zahlungsunfähigkeit!

Manfred_g
09.06.2005, 23:22
Natürlich glaubt er dass... interessanter, kritischer Artikel allgemein zum neoliberalismus und die Abgrenzung zum echten, "sozialeren" Liberalismus:



@manfred_g: dass lässt du aber nicht wirklich erkennen. Belastung des Konsums ist spitze und supertoll, unausweichlich; Belastung der Unternehmen schlecht, böse und kontraproduktiv...

Huch, jetzt erst seh ich das ^^

Was lasse ich denn nicht wirklich erkennen?

Wenn ich sage, es ist für die Betroffenen sicher unangenehm, daß ihre Gehälter nur langsam wachsen, dann unerstellst Du mir, ich würde das "spitze und supertoll" finden?
Au Backe, Du hattest auch schon bessere Tage. Befrei Dich von deiner Polemik (ich traue Dir zu, es zu können) und stelle Dich der Logik, dann siehst Du, daß man um gewisse Wahrheiten nicht herumkommt. Ob die jedermann gefallen ist was ganz anderes.

Kalmit
10.06.2005, 09:32
Huch, jetzt erst seh ich das ^^

Was lasse ich denn nicht wirklich erkennen?

Wenn ich sage, es ist für die Betroffenen sicher unangenehm, daß ihre Gehälter nur langsam wachsen, dann unerstellst Du mir, ich würde das "spitze und supertoll" finden?
Au Backe, Du hattest auch schon bessere Tage. Befrei Dich von deiner Polemik (ich traue Dir zu, es zu können) und stelle Dich der Logik, dann siehst Du, daß man um gewisse Wahrheiten nicht herumkommt. Ob die jedermann gefallen ist was ganz anderes.

Deine Äußerungen laufen grundsätzlich immer in die Richtung weniger Staat, weniger Belastung der Unternehmen = Investitionen und Arbeitsplätze! Und es geht bei der volkswirtschaftlichen Betrachtung eben nicht nur darum, ob dies "unangenehm" für die Personen mit stagnierenden Gehältern ist, sondern was dies volkswirtschaftlich bedeutet. Mit ständiger Belastung des Konsums und der Nachfrageseite - nichts anderes sind z. B. Ökosteuern, Praxisgebühren, Ausgliederung von Kassenleistungen, Erhöhung des Beitragssatzes ab 1.7. nur für die Arbeitnehmer, Zuzahlungen zu Medikamenten u. Krankenhausaufenthalten, Erhöhung von Gebühren, private Gesundheits- und Altersvorsorge, sinkende Real-Renten, finanzielle Kürzung bei Arbeitslosen usw.

Dass man besser nicht immer alles ausschließlich nach vermeintlicher(!) Logik betrachten soll, weiß ich seit Mr. Spock! :D Das ist das große Manko in der Argumentation vieler neoliberaler - ihr meint, alles nach rein logischen, ökonomischen Gesichtspunkten betrachten zu können. Lässt man den Unternehmern nur genug Geld und verbessert deren Rahmenbedingungen, werden am Ende irgendwie Arbeitsplätze rausspringen. Siehe Lohnnebenkosten. Am Ende sinken die irgendwann mal um 2-3% - und was passiert? Rein gar nichts... denn welcher Unternehmer investiert in einen Markt, der keine Kaufkraft mehr besitzt? Warum bauen deutsche Großunternehmen Werke in Polen und China - aber verkaufen ihre Ware nicht auch dort!? Weil sie zu teuer ist bzw. weil dort auch niemand Geld zum ausgeben hat!

Nebenargument: Der EURO verteuerte sich in den letzten Monaten teilweise extrem, trotz dieser massiven Kostensteigerung brummte der deutsche Export - trotz hoher Löhne - wie kann das funktionieren? Wieso sind angeblich die Senkung der Sozialbeiträge so immens wichtig, wenn noch nichtmal ein Höhenflug des EURO die "Wettbewerbsfähigkeit" (für mich Unwort des Jahres...) deutscher Großunternehmen international gefährdet?!?!

Kalmit
10.06.2005, 11:27
Is ja gut, modena... wir errichten also einen Nachtwächterstaat, in dem die Staatsmacht die verbliebene, super-reiche Minderheit vor dem verarmten, hungernden u. ungebildeten Pöbel aus dem Ghetto schützt... und "blühende Landschaften" zu versprechen, hat sich noch nie als sonderlich erfolgsversprechend bewiesen... :lol:

Du lebst auch irgendwie in der falschen Zeit hab ich den Eindruck - ins finsterste Mittelalter oder vielleicht noch in die Zeit der Sklaverei würdest du mit deinen Vorstellungen einer Gesellschaftsordnung viel eher passen... Kuck dich doch mal um, auf dem Globus gibt es viele Staaten, in denen du das alles mehr oder weniger haben kannst! Adieu!

Kalmit
10.06.2005, 11:51
Stimmt ja - die Regierungen in Deutschland der vergangenen 20 Jahre - ob Kohl oder Schröder - sorgen und sorgten durch ihre überwiegend neoliberale Politik dafür, dass viele in Deutschland arbeitslos wurden, verarmten, verblödeten und vielleicht bald auch verhungern - und dafür, dass viele mittelständische Unternehmen reihenweise pleite gehen, weil den Menschen immer mehr Kaufkraft entzogen wird, weil die breite Masse mit geringem Einkommen (sowie Rentner, Kinder, Studenten) die vielen Steuergeschenke für Unternehmer und Besserverdiener - sowie die durch Massenarbeitslosigkeit aus den Fugen geratene Soziale Absicherung - alleine ausgleichen und bezahlen müssen...

Was du halt verschweigst, ist dass eben auf Kosten dieser vielen gebeutelten Menschen sich einige wenige massiv bereichern!!! Reich wird reicher, arm wird ärmer...

Was ich nicht wusste, ist dass selbst du kurz vor dem verhungern bist - soll ich dir was spenden oder dir ein Fresspaket schicken?! :lol:

Apollon7
10.06.2005, 15:33
Wenn der Karren wieder aus dem Dreck gefahren werden soll, müssen nicht nur die Lohnnebenkosten sinken, sondern vor allem auch die Zwangsabgaben an den Staat. Der Staat muß sich zurücknehmen. Wir brauchen wesentlich weniger Verwaltung, Vorschriften und Sozialsysteme. Der Staat muß für Sicherheit und Infrastruktur sorgen. Den Rest muß er der Wirtschaft überlassen, dann haben wir hier auch bald wieder »blühende Landschaften«.



Wie kannst Du diese Forderungen mit Deinem Wunsch nach Absolutismus vereinbaren?

Manfred_g
10.06.2005, 22:49
Deine Äußerungen laufen grundsätzlich immer in die Richtung weniger Staat, weniger Belastung der Unternehmen = Investitionen und Arbeitsplätze! Und es geht bei der volkswirtschaftlichen Betrachtung eben nicht nur darum, ob dies "unangenehm" für die Personen mit stagnierenden Gehältern ist, sondern was dies volkswirtschaftlich bedeutet. Mit ständiger Belastung des Konsums und der Nachfrageseite - nichts anderes sind z. B. Ökosteuern, Praxisgebühren, Ausgliederung von Kassenleistungen, Erhöhung des Beitragssatzes ab 1.7. nur für die Arbeitnehmer, Zuzahlungen zu Medikamenten u. Krankenhausaufenthalten, Erhöhung von Gebühren, private Gesundheits- und Altersvorsorge, sinkende Real-Renten, finanzielle Kürzung bei Arbeitslosen usw.

Daß meine Äusserungen grundsätzlich gleich sind beweist, daß ich mich nicht nach jedem Wind drehe, sondern meiner Überzeugung treu bleibe. Reicht doch, wenn die SPD an ihrer schizoiden Haltung zugrunde geht. ;)
Du rennst bei mir offene Türen ein, wenn Du sagst, es geht auch um Volkswirtschaft. Mehr noch: es geht insbesondere auch um Betriebswirtschaft!
Und trotzdem immer auch um Menschen.



Dass man besser nicht immer alles ausschließlich nach vermeintlicher(!) Logik betrachten soll, weiß ich seit Mr. Spock! :D

Mr.Spocks Problem war nicht seine Logik, sondern "Pille", der größte Psychokasperl der Enterprise :D



Das ist das große Manko in der Argumentation vieler neoliberaler - ihr meint, alles nach rein logischen, ökonomischen Gesichtspunkten betrachten zu können. Lässt man den Unternehmern nur genug Geld und verbessert deren Rahmenbedingungen, werden am Ende irgendwie Arbeitsplätze rausspringen. Siehe Lohnnebenkosten. Am Ende sinken die irgendwann mal um 2-3% - und was passiert? Rein gar nichts... denn welcher Unternehmer investiert in einen Markt, der keine Kaufkraft mehr besitzt? Warum bauen deutsche Großunternehmen Werke in Polen und China - aber verkaufen ihre Ware nicht auch dort!? Weil sie zu teuer ist bzw. weil dort auch niemand Geld zum ausgeben hat!

Ohjemine, ein schwerer Fall... :)

Dein Manko ist, wissen zu glauben, wer "Neoliberaler" ist und was er logischerweise (?) daher denkt. Kann es sein, daß sich so lediglich Klischees und Feindbilder besser konservieren lassen?
Tatsächlich gibt es keine andere Chance, einem Unternehmen die Rahmenbedingungen derart zu gestalten, daß es wieder rentabel wirtschaften kann. Genau dann wird es das auch tun (weil das der Sinn eines Unternehmens ist und es sonst nicht existieren würde). Wenn nicht, dann nicht. Jeglicher Wohlstand muß erarbeitet werden, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wird mehr gearbeitet und entzieht der Staat dem Unternehmen nicht jegliches Kapital durch Steuern, Abgaben und Auflagen die auch Arbeitszeit kosten, dann wird das Unternehmen verkaufen wollen und das auch tun. Notfalls, indem es die Preise seiner Erzeugnisse senkt.
Dies zu erreichen ist der Sinn der in Lohnbegrenzungen und Steuersenkungen steckt.
Du fragst oben, warum deutsche Unternehmen Werke in Polen und China bauen. In anderen Threads behauptest Du stets, dies sei gar nicht der Fall, sondern die Unternehmen drohten nur mit ihrer Abwanderung um ihre Forderungen im Inland durchsetzen zu können.
Wie denn nun?



Nebenargument: Der EURO verteuerte sich in den letzten Monaten teilweise extrem, trotz dieser massiven Kostensteigerung brummte der deutsche Export - trotz hoher Löhne - wie kann das funktionieren? Wieso sind angeblich die Senkung der Sozialbeiträge so immens wichtig, wenn noch nichtmal ein Höhenflug des EURO die "Wettbewerbsfähigkeit" (für mich Unwort des Jahres...) deutscher Großunternehmen international gefährdet?!?!

Das funktioniert nicht wegen des teuren Euros, sondern TROTZ des teuren Euros. Wie ich an anderer Stelle schon sagte, ist der deutsche Maschinenbau der beste der Welt, weit vor den USA, Japan und anderer. KFZ sind daraus nur das bekannteste Beispiel und z.Teil gilt dies auch noch für Chemie und Elektronik. D.h. viele deutsche Exportwaren sind weitgehend konkurrenzlos. Aber nur weitgehend, es gibt nichts, was man nicht so teuer machen könnte, daß nicht irgendwann der Absatz erlahmt.
dazu kommte, daß der deutsche Export teilweise durch billigere Zulieferungen aus dem Ausland etwas Rückenwind erhält.