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Vollständige Version anzeigen : Was ist (theoretisch) die für den Menschen optimale Gesellschaftsform?



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28.08.2003, 22:18
Hallo!

Was denkt ihr, dass für den Menschen die (theoretisch) opitmalste/beste Gesellschaftsform ist?

Ich frage mich, ob das nicht der Kommunismus sein kann? Denn der Kommunismus ist mM die Fortführung alles dessen was Menschen schon im Feudalismus und Kapitalismus getan haben/tun, nur auf (auf den ersten Blick) extremere, vielleicht aber auch genau gleiche Art.

Die ersten Menschen, die bei der Aufklärung oder z. B. der Französischen Revolution dabei waren, haben sicher viele Ideale und Verbesserungen des Kapitalismus gegenüber des Feudalismuses erwartet (auch wenn die Revolution natürlich keine kapitalistische Revolution oder so war).

Sie haben zwar natürlich keine Revolution für Kapitalismus durchgeführt, aber ich denke, dass sie sich erhoft haben, dass mit der neuen (kapitalistischeren) Gesellschaftsordnung die Standesunterschiede aufgehoben werden können und jeder bessere Chancen hat, dass zu erreichen, was er möchte. D.h. ich denke, dass die ersten "Kapitalisten" u. A. mehr soziale Gleichheit/Gerechtigkeit und mehr Chancengleichheit als Ziele hatten, auch wenn sie das vielleicht anders ausgedrückt haben.
Denn damit, dass jeder einen Beruf haben kann (wenn er ihn findet) und nicht Leibeigener von einem Großgrundbesitzer oder so sein muss, also dass praktisch das Leben von jemandem nicht von Geburt (in einen Stand) an feste festgelegt ist, erhöht ja die soziale Gleichheit.
Genauso, allgemeines Wahlrecht und andere Dinge die von den Revolutionären gefordert werden.

Nur leider ist das mit der sozialen Gleichheit (Gerechtigkeit erstrecht nicht) und den gleichen Rechten für alle usw. auch im Kapitalismus leider doch nicht so toll. Deshalb haben sich ja dann auch schon während der Industriealisierung (also als der Kapitalismus in Mitteleuropa gerade erst begonnen hat) manche Leute mögliche zukünftige Gesellschaftsmodelle überlegt, die meiner Ansicht nach, dass was die ersten Kapitalisten wohl am Kapitalismus gut gefunden haben noch weiter hervorheben und damit mM über den Kapitalismus hinausgehen.

Denn während im Kapitalismus lange nicht für alle zumindest einmal die gleichen Chancen bestehen, möchte der Sozialismus/Kommunismus das erreichen. (Ob das möglich ist, ist natürlich eine ganz andere Frage.) Der Kommunismus möchte (vom Ideal ausgegangen) im Gegensatz zum Kapitalismus dort sozial gerechter sein, wo auch der Kapitalismus im Gegensatz zum Feudalismus sozial gerechter sein wollte.

Deshalb denke ich, dass der Kommunismus in diesem (idealen) Bereich eigentlich nur das weiterführen würde, was der Kapitalismus eben nicht geschafft hat. Ob das überhaupt möglich ist usw. ist mM eine andere Frage (und darum geht es mir jetzt nicht).

Klar ist dabei natürlich auch, dass der Kommunismus, wenn der die Ideale der ersten Kommunisten extremer wie es im Kapitalismus weiterführt, natürlich andere Aspekte des Kapitalismus (die dem Menschen vielleicht viel eher entsprechen!) nicht (oder nicht so sehr) berücksichtigen kann, weil die sich gegeneinander ausschließen. (Das würde dann aber mM auch die grundlegenden Ideen des Kapitalismus in Frage stellen.)

Aber man kann das ja auch ganz anders sehen:

Z. B. frage ich mich, ob sich in dem Umbruch (oder so) vom Feudalismus zum Kapitalismus (und damit von der Alleinherrschaft zur Demokratie) überhaupt tatsächlich so sehr viel verändert hat.

Es sind, denke ich, eben andere Dinge, auf die die Menschen mehr Rücksicht nehmen, aber das Wesen bleibt doch das gleiche (finde ich).

Also z. B. gab es eben früher in Rom Sklaven. Die Großgrundbesitzer in "Deutschland" werden es wahrscheinlich einfach schöner gefunden haben, die Sklaven nicht Sklaven sondern Leibeigene zu nennen. Das klingt viel moderer nur freier obwohl letztendlich mehr oder weniger das gleiche dabei rauskommt.

Jetzt, im Kapitalismus werden die Sklaven eben freie Menschen genannt, aber frei sind sie mM trotzdem nicht. Wahrscheinlich ist es einfach schöner, freie Menschen zu sagen, weil man sich damit frei vorkommt.

Der, der der freie Mensch ist, kann sich über seine Freiheit freuen und der, der für seine Unfreiheit sorgt (eigentlich die gesamte Gesellschaft, aber das wird früher letztendlich auch nicht anders gewesen sein, denke ich) muss kein schlechtes Gewissen haben, weil er "Sklaven" hätte. Es ist für ihn doch auch viel schöner "freier Mensch" zu sagen. Also haben beide Seiten etwas davon, dass sie das (im Wesen) gleiche anders nennen, sich damit zwar betrügen, aber gleichzeitig glauben frei zu sein und ein guten Gewissen haben zu können.

Und ist dieser "Unterschied", bzw. diese Änderung eines Begriffs nicht eigentlich der viel deutlichere Unterschied im Gegensatz zu den ganzen Unterschieden, wenn es um soziale Gleichheit, Gerechtigkeit(en) und Chancen geht?

Denn es wäre ja möglich, dass die Gerechtigkeiten, Gleichheiten und Chancen, bzw. deren Illusion eben gerade erst durch diese Namensänderung und damit den Selbstbetrug entstehen?

Der freie Mensch "wäre" dann ein freier Mensch, weil er so genannt wird, und er hätte Chancen, weil es eine Gesellschaft gibt, die ihm das erzählt und den Glauben daran verkauft, während sie ihm gleichzeitig genau das nimmt, weil sie die gleiche ist wie vor 250 Jahren.

Wenn das so ist, bedeutet das ja, dass der Kapitalismus, mit allem was zu ihm gehört, also auch mit den Idealen, die die ersten Kapitalisten mM besessen haben und allem was der Kapitalismus verbessern wollte, nichts weiter als ein Betrugssystem ist, dass die Existenz von nicht-existierendem vorgauckelt.

Weil sich der Kapitalismus aber gegenüber dem Feudalismus durchgesetzt hat, kann man doch annehmen, dass die Menschen das so wollten. (Also, dass es ihnen zumindest solange bis der Kapitalismus sich gefestigt hatte nicht schlechter erschien als der Feudalismus.)

Ich denke, dass es zumindest ab dem Zeitpunkt, als die Menschen ihre Unfreiheit erkannt haben (Aufklärung), auch schöner gewesen sein wird (und sein wird) sich einzubilden (also mM) es gäbe soetwas wie Freiheit. Die Menschen hatten erkannt, dass sie im Feudalismus in Leibeigenschaft und ohne Recht nicht wirklich frei waren, und deshalb musste eben eine Lösung gefunden werden. Ich glaube nicht, dass der Kapitalismus tatsächlich diese Lösung ist, aber er hat sich eben als sie dargestellt.
Die Sklaven werden eben zu freien Menschen, bleiben aber letztendlich das gleiche.

Wenn man den Kapitalismus nicht als Lösung der Probleme die zumindest eine kleine Gruppe von Menschen in der Aufklärung und (auf materiellerer Ebene) sehr viel mehr Menschen bei der französischen Revolution beschäftigt haben (Freiheit, Gleichheit, etc.) ansieht, dann ist er (bzw. das was er darstellt) ja nur eine Illusion.

Wenn das aber schön und gut so ist (für viele), stellt sich doch die Frage, ob man das nicht noch viel weitertreiben kann.

Und ich denke, dass der Kommunismus eben auch genau das noch wesentlich weiter führen würde, weil er eben alles das an Idealen was schon die Ideen der ersten Kapitalisten waren extremer weiterführen würde und andere Aspekte des Kapitalismus, die eher noch an Feudalismus erinnern weniger sichtbar machen würde.

Damit wäre der Kommunismus dann eine Art extremerer Urkapitalismus.

Das heißt jetzt aber nicht, dass ich glauben würde, dass sich der Kommunismus deutlich von Kapitalismus oder Feudalismus unterscheiden würde, die Gesellschaft würde und die Menschen würden in ihrem Wesen sicher trotzdem gleich bleiben, aber alles würde eben neu eingefärbt und das gleiche neue Namen bekommen.

Vielleicht würde die Anzahl der Verhungerten dann etwas abnehmen, und die Anzahl der Selbstmorde ein wenig in die Höhe gehen, aber wen interessiert das, wenn (freie) Menschen sterben.

Im Grunde, denke ich, würde eben kein Unterschied bekommen, aber es wäre halt mal was neues, wenn allgemein erkannt werden würde, dass der Kapitalismus keine wirklichen Werte und keine wirkliche Freiheit bietet (wie es die Aufklärer beim Feudalismus gesehen haben).

Nicht, dass ich glauben würde, der Kommunismus könnte das bieten. Aber er könnte die Existenz von Gleichheit, Freiheit und Solidarität sicher besser vorspielen als der Kapitalismus (denn er wäre ja seine Extremform).

Oft heißt es ja, der Kommunismus hätte so ein paar Nachteile, weil er dem Wesen des Menschen nicht entsprechen würde, weil Menschen eben gerne anderen das Geld wegnehmen und einander gerne Konkurrenten sind.

Aber es muss ja nicht so sein, dass die Menschen im Kommunismus ihre "negativen" (nach allgemeiner Ansicht) Seiten aufgeben, ganz im Gegenteil, aber sie könnten sie viel besser verstecken und sich gut dabei fühlen.

Im Feudalismus ist der Großgrundbesitzer der Herrscher der seinem Leibeigenem direkt Befehle gibt und direkt über ihn herrschen kann. Im Kapitalismus wird Geld als Mittel der Herrschaft verwendet und beide Seiten können sich besser fühlen, weil sie gut im Betrügen sind, und glauben, beiden wäre geholfen. Im Kommunismus wären dann eben z. B. "Werte" (echt müssen sie nicht sein!) Mittel der Herrschaft und beide Seiten, wenn sie gut genug im Betrügen sind, könnten sich gut fühlen, weil jeder für jeden nur das beste möchte.
Ich denke auch nicht, dass die unmittelbare Herrschaft damit abnehmen würde, sie müsste nur versteckter sein. Und sie wäre (allen) vielleicht nicht so bewusst.

Das heißt mM, dass, von "außen" betrachtet, der (Selbst)Betrug vom Feudalismus in Richtung Kommunismus immer mehr zunehmen würde, weil eine immer "schönere" Fassade dessen was es eigentlich ist geschaffen werden würden. Bessern würde sich (demnach) gar nichts, es würde höchstens besser erscheinen.

Die Frage ist da natürlich ob das wirklich so ist. Denn ist die Einbildung von einigen Werten oder besseren Zukunftsmöglichkeiten, Gesellschaftssystemen oder auch von Auswegen nicht letztendlich das gleiche wie Religion? (Oder Drogen?)

Wenn Werte und Religion eigentlich das gleiche ist, dann macht das das alles aber ja kein Stück besser, denn das bedeutet dann ja nicht nur, dass der Selbstbetrug gleich geblieben ist, sondern auch, dass eben kein bisschen Entwicklung stattgefunden hat, und die Welt heute die gleiche ist wie vor 150, 250, oder 2500 Jahren.

Wenn die Welt komplett die gleiche ist, würde das aber mM auch heißen, dass es für den Menschen letztendlich keinen Unterschied macht, ob er nun im Feudalismus, Kapitalismus oder Kommunismus lebt - Nur: Stillstand bedeuted ja auch, dass man nicht nur nicht vorwärts (Richtung: Paradies/Befreiung/Ausweg) kann, sondern auch nicht Rückwärts (zum Feudalismus zurück). Denn Ideen und "Prozesse" (falls man das so nennen kann) oder Einsichten in der Menschheit lassen sich schließlich nicht rückgängig machen.

Und so ist heute "klar", dass die Menschen im Feudalismus Sklaven wären. Würde die Menschheit dort hin "zurück" fallen, wäre das, mit allen Gedanken und Vorstellungen von Freiheit die die "freien Menschen" heute haben, sicher nicht schön, weil sie sich dort nicht einbilden könnten, frei zu sein. Deshalb denke ich, dass ein Schritt in den Feudalismus "zurück" (der letztendlich auch nichts anderes bedeuten würde) mM nicht möglich. Bleibt also noch der Schritt in den Kommunismus (der letztendlich natürlich genauso wenig anderes bedeuted), wenn der Kapitalismus an "Sinn" verliert und seine Ausweglosigkeit (die in Kommunismus natürlich auch nicht geringer, aber anders überdeckt) deutlich wird.

Immanuel Kant hat gesagt: "Aufklärung ist das Austritt des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit" oder so ähnlich. Aber wo sind wir, und aus was hat der Mensch es geschafft sich zu befreien? Und ist Religion eben vielleicht nicht nur das gleiche wie Opium sondern auch das gleiche wie Glaube oder Hoffnung?

In einer Welt, die aus nichts besteht und die keinen Sinn besitzt und deren Existenz keine Rolle spielt, ist es natürlich auch egal, wenn man sie nicht weiter beachtet und sich was anderes statt dessen ausdenkt. Das was dabei rauskommt, kann dann eben mM Feudalismus, Kapitalismus oder Kommunismus heißen und es wird, denke ich alles seinen Zweck (nicht wirklich Sinn) erfüllen, so zu tun, als würde irgend etwas bedeutendes existieren.

Was denkt ihr?


P.S.: Das war jetzt schon ernst gemeint.

John Donne
29.08.2003, 16:23
Den Entwurf einer politischen Utopie oder die Zustimmung oder Ablehnung eines solchen ist m.E. eines der größten politischen Bekenntnisse überhaupt...

Nun gut, ich bin der Meinung, daß eine strenge Trennung zwischen Theorie und Praxis bei dem Entwurf politischer Utopien im besten Falle Zeitverschwendung ist und tendenziell gefährlich:


Original von John Donne

Von alle politischen Idealen ist der Wunsch, die Menschen glücklich zu machen, vielleicht der gefährlichste.
Karl R. Popper

Die Hauptgefahr bei der Ausklammerung der Frage, ob sich eine politische Vision überhaupt realisieren läßt, ist die Gefahr eines normativen Fehlschlusses, also eines Schlusses vom Sollen auf das Sein (der genauso wie der naturalistische Fehlschluß vom Sein aufs Sollen fatale Wirkung haben kann), konkret die Gefahr, den Menschen nicht so zu sehen wie er ist, sondern so wie er sein sollte.
Während andere Faktoren wie der ökonomische oder technologische Zustand einer Gesellschaft, der für die Verwirklichung einer politischen Utopie Voraussetzung ist, bei der Beurteilung der Qualität dieser Utopie keine Rolle spielt, da diese Voraussetzungen geschaffen werden können, ist es stets fatal, besondere Menschen vorauszusetzen.
Menschen ändern sich nicht so schnell.
Und - um es vorweg zu nehmen - ich bin nicht der Meinung, daß allein das Sein das Bewußtsein bestimmt, wie Marx meint, und auch nicht der Meinung, die Geschichte sei quasi mit Bewußtsein ausgestattet und habe ein Endziel, wie Hegel meint.

Weiter ist zu überlegen, welche Werte man verwirklicht sehen möchte. Eingehen möchte ich auf die von Dir genannten, nämlich Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit. M.E. stehen diese Begriffe teilweise in gegenseitiger Konkurrenz, so daß eine Gewichtung nötig wird. Wie diese dann aussieht, bestimmt maßgeblich den Charakter der entworfenen Gesellschaftsform.

Freiheit und Gerechtigkeit halte ich für die wichtigsten Werte, wobei ich anmerken möchte, daß ich soziale Gerechtigkeit nicht als wesentlichen Teil der Gerechtigkeit empfinde, schon gar nicht, bevor dieser Begriff nicht einigermaßen klar ist.

Gerechtigkeit bedeutet, daß es Gesetze gibt, die Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln, wobei das Rechtssystem die Schnittmenge zwischen Recht und Gerechtigkeit möglichst groß halten sollte.
Freiheit ist komplizierter, da extreme individuelle Freiheit für einen individuelle Unfreiheit für andere bedeutet. Kollektive Freiheit beinhaltet also das Einwilligen in ein bestimmtes, vernünftiges Maß individueller Unfreiheit. Letztere nach der Regel "Soviel wie nötig, sowenig wie möglich".

Chancengleicheit ist ein Begriff, den ich zutiefst mit Ungerechtigkeit und Unfreiheit verbinde. Menschen sind nicht gleich und das ist gut so. (Gleichheit ist also nicht existent. Daß bestimmte abstrakte Merkmale, nämlich Würde und Wert, trotzdem für alle Menschen gleich ist, verdient besondere ErwähnungEs gibt schlaue und dumme, geschickte und ungeschickte, starke und schwache, mutige und feige, gesunde und kranke, sparsame und verschwenderische, reiche und arme Menschen. Die Chancen im Leben werden deshalb nie für alle gleich sein. Um mit Friedrich August von Hayek zu sprechen, dessen Meinung ich weitgehend teile: "Die Menschen in Umstände zu versetzen, wo jeder die gleichen Chancen hat, ist extremer Totalitarismus" und "Die völlige Inhaltslosigkeit des Begriffs 'soziale Gerechtigkeit' zeigt sich an der Tatsache, dass es keine Übereinstimmung darüber gibt, was soziale Gerechtigkeit im Einzelfall erfordert; dass ferner keine Kriterien bekannt sind, nach denen entschieden werden könnte, wer Recht hat, wenn die Leute verschiedener Ansicht sind . . ." sowie an anderer Stelle: "Mehr als zehn Jahre lang habe ich mich intensiv damit befasst, den Sinn des Begriffs 'soziale Gerechtigkeit' herauszufinden. Der Versuch ist gescheitert, oder, besser gesagt, ich bin zu dem Schluss gelangt, dass für eine Gesellschaft freier Menschen dieses Wort überhaupt keinen Sinn hat."
Etwas völlig anderes ist es, dafür Sorge zu tragen, daß jeder Mensch eine Chance hat! Daß das nicht verwirklicht ist, gibt in der Tat zu massiver Kritik Anlaß. Ich behaupte allerdings, daß dies im Begriff der Freiheit enthalten ist. Was man dann daraus macht, hat in erheblichem Maße mit Verantwortung zu tun. Und die ist dem Menschen permanent lästig, obwohl sie direkt mit der Freiheit verknüpft ist - genau deshalb gibt es ja auch "glückliche Sklaven".
Letzlich spielt eine wesentliche Rolle, welches Menschbild man vertritt. Unsere Demokratie ist das sehr optimistisch: Mit Erreichen der Volljährigkeit werden wir alle zu aufgeklärten, kritischen, gut informierten und mündigen Staatsbürgern. Schön wärs. Ich teile da eher die Einschätzung von Machiavelli. Den Menschen trotzdem(!) mit allen seinen Fehlern zu akzeptieren, an ihn zu glauben und daran, daß er sich richtig entscheiden kann, heißt für mich Demokrat zu sein.

Aus oben genannten Gründen sollte klar sein, daß ich Kommunismus ablehne. Die optimale Gesellschaftsform hängt m.E. eben von der Gesellschaft ab. Ich halte unsere jetzige Form, d.h. Demokratie verbunden mit sozialer Marktwirtschaft, für uns für gut, wünsche mir aber mehr mündigere - d.h. vor allem gebildetere - Bürger.


Original von <--

Die Frage ist da natürlich ob das wirklich so ist. Denn ist die Einbildung von einigen Werten oder besseren Zukunftsmöglichkeiten, Gesellschaftssystemen oder auch von Auswegen nicht letztendlich das gleiche wie Religion? (Oder Drogen?)

Wenn Werte und Religion eigentlich das gleiche ist, dann macht das das alles aber ja kein Stück besser, denn das bedeutet dann ja nicht nur, dass der Selbstbetrug gleich geblieben ist, sondern auch, dass eben kein bisschen Entwicklung stattgefunden hat, und die Welt heute die gleiche ist wie vor 150, 250, oder 2500 Jahren.

Teilweise stimme ich Dir zu. Der Glaube an eine bessere Zukunft kann religiöse Züge annehmen. Ich behaupte auch, daß viele grundlegende Probleme der heutigen Menschheit mit denen der Menschheit vor 2500 Jahren weitgehend identisch sind. Die Mittel und Möglichkeiten sind heute andere.
Echte Entwicklung hat nur für die stattgefunden, die die Möglichkeit haben und bereit sind, diese nachzuvollziehen. Daß heißt frei nach Newton, sich durch die Lektüre der Gedanken anderer Menschen als Zwerg auf die Schulter von Riesen zu stellen, um so selbst einer werden zu können". Alle anderen müssen das Rad ständig neu erfinden. Geistiger Fortschritt ist so unmöglich. Weiter bin ich der Meinung, daß die Unkenntnis älterer Gedankengänge Hochmut erzeugt und gefährlich ist, die Kenntnis der wesentlichen Gedanken der Menschheit - und auch, wenn sich die Geschichte ließt wie eine grausige Krankenakte war nicht alles schlecht - dagegen Demut und Zufriedenheit ("Ich bin nicht der einzige, der diesen Gedanken schon hatte"). Anders gesagt: "Was für ein wunderbares Wesen ist doch der Mensch, wenn er ein Mensch ist!" (Abu Muhammad Abdallah Ibn Qutaiba).
Der Glaube an eine bessere Zukunft hat überdies viel mit Optimismus zu tun.


Die Entscheidung, ob das Leben sich lohne oder nicht, beantwortet die Grundfrage der Philosophie.

Albert Camus

Das ist in der Tat eine Entscheidung. Entscheidungen verlangen Freiheit. Das Leben selbst gibt den Menschen, die auf eine Antwort nach dieser Frage suchen, keine Antwort. Religion tut das - vielleicht sind deshalb so viele Menschen religiös.
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Wie wahr. Mündigkeit hat etwas mit Erwachsenwerden zu tun. Auf die Menschheit übertragen schätze ich, wir sind zwar volljährig aber noch nicht erwachsen. Vielleicht gerade 18 Jahre alt. Und die menschliche Pubertät war schmerzhaft und ist noch nicht zuende.

Gruß
John

<--
31.08.2003, 14:49
Hallo John Donne!

Danke für deine lange Antwort!


Original von John Donne
Nun gut, ich bin der Meinung, daß eine strenge Trennung zwischen Theorie und Praxis bei dem Entwurf politischer Utopien im besten Falle Zeitverschwendung ist und tendenziell gefährlich

Ja, da hast du sicher Recht. Aber eigentlich denke ich, dass man eigentlich alle Überlegungen immer nur theoretisch durchführen kann... selbst dann, wenn die Gesellschaftsform von der man spricht schon existiert, denn warum sie existiert (aus historischen Gründen oder weil es für den Menschen gerade so passend ist etc.) kann man ja trotzdem nur vermuten... Natürlich muss man versuchen, dabei die Welt (und auch die Menschen) möglichst so zu sehen wie sie (praktisch) sind, aber wie weit das möglich ist, weiß ich nicht.


Die Hauptgefahr bei der Ausklammerung der Frage, ob sich eine politische Vision überhaupt realisieren läßt, ist die Gefahr eines normativen Fehlschlusses, also eines Schlusses vom Sollen auf das Sein (der genauso wie der naturalistische Fehlschluß vom Sein aufs Sollen fatale Wirkung haben kann), konkret die Gefahr, den Menschen nicht so zu sehen wie er ist, sondern so wie er sein sollte.

Das sehe ich genauso.


Und - um es vorweg zu nehmen - ich bin nicht der Meinung, daß allein das Sein das Bewußtsein bestimmt, wie Marx meint, und auch nicht der Meinung, die Geschichte sei quasi mit Bewußtsein ausgestattet und habe ein Endziel, wie Hegel meint.

Ne, das denke ich auch nicht. Und wenn es so wäre, dann wäre auch das Bewußtsein von Marx durch sein Sein bestimmt gewesen, und seine Theorieen deshalb zumindest nicht absolut (und für alle Zeiten) richtig. (Deshalb kann natürlich trotzdem wahres dran sein.)


Weiter ist zu überlegen, welche Werte man verwirklicht sehen möchte.

Ja, und mM ist eben auch noch die Frage, wie weit diese Werte überhaupt existieren können. Oder ob sie eben nicht nur dazu da sind etwas anderes zu verdecken und eine Illussion zu erschaffen. Z. B. frage ich mich, was Gerechtigkeit wert ist. Nach heutiger Vorstellung werden sicher die meisten sagen, dass es ungerecht war, dass es früher Sklaven bzw. Leibeigene gab. Die Frage ist dann mM nur, wie weit Gerechtigkeit heute im Vergleich zu früher zugenommen hat. Und woran will man das festmachen? Vielleicht haben die Leute früher alles (ihr Leben und so) auch nicht ungerechter gefunden, wie die Leute heute. Hat dann die Gerechtigkeit zugenommen? Man könnte natürlich auch sagen, dass wir uns heute (wegen der Aufklärung und so) auf einem "objektiveren" Standpunkt befinden und darüber urteilen können, welche Handlungen gerecht und welche ungerecht sind. Aber das glaube ich nicht. Denn man sieht das ja dann trotzdem nur so wie es die aktuelle Gesellschaft vorschreibt. Es bleibt ja eine völlig subjektive Beurteilung und wenn es eine subjektive Beurteilung ist, warum sollte dann die der Leute früher (vor der Aufklärung) weniger zählen? (Und dann ist eben mM noch die Frage worin der Unterschied zwischen "Sklaven" und "freien Menschen" besteht).
Ich meine, ich bilde mir auch ein, dass Gerechtigkeit wichtig wäre. Aber trotzdem weiß ich nicht, ob es Werte überhaupt geben kann. (Wenn man sie absolut setzt sicher sowieso nicht, aber auch relativ gesehen glaube ich es fast nicht.)


Eingehen möchte ich auf die von Dir genannten, nämlich Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit. M.E. stehen diese Begriffe teilweise in gegenseitiger Konkurrenz, so daß eine Gewichtung nötig wird.

Ja, das sehe ich genauso. Wobei ich nicht weiß ob jeweils ein Wert, wenn der absolut existieren würde, nicht immer gleich alle anderen automatisch mit einschließen würde. Z. B. würde absolute Freiheit (die mM niemals möglich ist!) mM automatisch zu Gerechtigkeit führen (weil ja jeder tun und lassen könne was er will.) Absolute Gerechtigkeit dagegen würde mM auch (zumindest innere) Freiheit beinhalten usw.


Wie diese dann aussieht, bestimmt maßgeblich den Charakter der entworfenen Gesellschaftsform.

Ja, das denke ich auch.


Freiheit und Gerechtigkeit halte ich für die wichtigsten Werte, wobei ich anmerken möchte, daß ich soziale Gerechtigkeit nicht als wesentlichen Teil der Gerechtigkeit empfinde, schon gar nicht, bevor dieser Begriff nicht einigermaßen klar ist.

Ich denke auch, dass Gerechtigkeit "wichtiger" als soziale Gerechtigkeit ist, weil sie soziale Gerechtigkeit einschließen würde.
Ich denke, was allgemein unter sozialer Gerechtigkeit verstanden wird (was ist tatsächlich ist, weiß ich nicht) ist, dass alle sozial inetwa gleich stehen. Gerechtigkeit klingt aber besser wie gleich und deshalb sagt man wahrscheinlich Gerechtigkeit. Das würde aber mM auf keinen Fall Gerechtigkeit bedeuten, denn es ist ja möglich, dass einer sehr viel mehr braucht um genauso glücklich zu sein, wie der andere.
Das sieht der Staat ja auch genauso und deshalb bekommt ja z. B. ein gelähmter Sozialhilfeempfänger einen Rollstuhl, den andere (wozu auch?) nicht bekommen würde und zumindest etwas wieder auszugleichen, dass er nicht laufen kann.
Aber ich denke, für "Gerechtigkeit" müsste das ganze noch viel weiter gehen, dann müsste nämlich jeder das bekommen, was seinen Bedürfnissen entspricht die ja unterschiedlich sein können - also nicht jeder (nach "sozialer Gerechtigkeit") inetwas gleich viel.
"Gerechtigkeit" würde eben (wenn es sie gäbe) bedeuten, dass jeder seine Situation als "gerecht" empfindet - was mM aber nicht sein kann. Vielleicht kann man sich dem durch Drogen (oder Religion, oder Zukunftsillussionen) angleichen, aber ob das dann wieder so wünschenswert ist, ist mM was anderes...


Gerechtigkeit bedeutet, daß es Gesetze gibt, die Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln, wobei das Rechtssystem die Schnittmenge zwischen Recht und Gerechtigkeit möglichst groß halten sollte.

Ok, so kann man das natürlich auch sehen, aber ich verstehe eben unter Gerechtigkeit weit mehr. (Eigentlich in einigen Teilen fast das gleiche wie unter Freiheit.)


Freiheit ist komplizierter, da extreme individuelle Freiheit für einen individuelle Unfreiheit für andere bedeutet. Kollektive Freiheit beinhaltet also das Einwilligen in ein bestimmtes, vernünftiges Maß individueller Unfreiheit. Letztere nach der Regel "Soviel wie nötig, sowenig wie möglich".

Ja, dem stimme ich auch zu. Wobei das mM nicht alles ist, was ich unter Freiheit verstehe. mM ist Freiheit etwas, das gar nicht wirklich existieren kann, weil Menschen (von sich aus) immer an irgendetwas gebunden sind. Erst vollkommene Ungebundenheit würde mM wirkliche Freiheit bedeuten, die zu erreichen ist aber mM unmöglich, denn als letztes bliebe immerhin der Wunsch die Freiheit nicht zu verlieren, was wiederrum Gebundenheit wäre. Und wenn der Wunsch die Freiheit nicht zu verlieren (d. h. die Ansicht, dass die Freiheit ein (positiver) Wert ist) nicht da wäre, dann würde mM eben auch die Freiheit nicht existieren womit sich Freiheit irgendwie selber ausschließt. Ich glaube kaum, dass Freiheit etwas ist, was ein Mensch in Systemen überhaupt erreichen kann (sonst aber auch nicht)...


Etwas völlig anderes ist es, dafür Sorge zu tragen, daß jeder Mensch eine Chance hat! Daß das nicht verwirklicht ist, gibt in der Tat zu massiver Kritik Anlaß. Ich behaupte allerdings, daß dies im Begriff der Freiheit enthalten ist.

Ok, ja stimmt eigentlich. Wobei das da mM darauf ankommt, wie man die Freiheit (jetzt nur die Freiheit in Bezug zur Gesellschaft) versteht. (Politisch) liberal gesehen bedeutet Freiheit mM eher nicht, dass jeder eine Chance hat, wie (politisch) sozialistisch gesehen. D.h. der sozialistische Begriff von Freiheit schließt mehr ein (was ja überhaupt nicht negativ sein muss), während er von liberalen Standpunkt aus gesehen dadurch sicher etwas an "Freiheit" verliert (was vom sozialistischen Standpunkt aus natürlich nicht so sein wird, sondern da wird die Freiheit dadurch dass sie gebundener wird dann natürlich eher noch garantierter/mehr).


Was man dann daraus macht, hat in erheblichem Maße mit Verantwortung zu tun. Und die ist dem Menschen permanent lästig, obwohl sie direkt mit der Freiheit verknüpft ist - genau deshalb gibt es ja auch "glückliche Sklaven".

Aber ist denn nicht jeder Mensch letztendlich ein "Sklave"?


Teilweise stimme ich Dir zu. Der Glaube an eine bessere Zukunft kann religiöse Züge annehmen. Ich behaupte auch, daß viele grundlegende Probleme der heutigen Menschheit mit denen der Menschheit vor 2500 Jahren weitgehend identisch sind. Die Mittel und Möglichkeiten sind heute andere.

Ja, genauso sehe ich das auch. Im Mittelalter wurden halt manche Menschen (die den anderen Menschen nicht gepasst haben) verbrannt und heute werden sie dazu gebracht sich selber zu verbrennen...


Echte Entwicklung hat nur für die stattgefunden, die die Möglichkeit haben und bereit sind, diese nachzuvollziehen.

Worin siehst du denn da eine Entwicklung?


Anders gesagt: "Was für ein wunderbares Wesen ist doch der Mensch, wenn er ein Mensch ist!" (Abu Muhammad Abdallah Ibn Qutaiba).

Das verstehe ich nicht ganz. Wie ist das denn gemeint? Ist es so gemeint, dass der Mensch gut wäre, wenn er menschlich wäre?




Die Entscheidung, ob das Leben sich lohne oder nicht, beantwortet die Grundfrage der Philosophie.

Albert Camus

Das ist in der Tat eine Entscheidung.

Ja, das denke ich auch. Ich denke auch, dass das (zumindest wenn man die eigene Existenz und so ein paar Dinge voraussetzt (weil man gar nicht anders kann)) so ziemlich die wichtigste und erste Frage ist.
Aber ich vestehe nicht, wie Albert Camus darauf kommt, dass das Leben es eben wert wäre gelebt zu werden und so. Meiner Meinung nach ist das einfach völlig egal und hat eigentlich keine weitere Bedeutung. (Deshalb muss man sich aber natürlich nicht umbringen oder so.)


Entscheidungen verlangen Freiheit.

Ja... und bedeuten Unfreiheit...


Das Leben selbst gibt den Menschen, die auf eine Antwort nach dieser Frage suchen, keine Antwort. Religion tut das - vielleicht sind deshalb so viele Menschen religiös.

Ja, das ist möglich. Aber nicht nur Religion tut das. Der Staat tut das auch - genauso wie Ideologien. Macht es deshalb einen Unterschied in welcher Zeit man lebt und von wem man etwas vorgespielt bekommt?

John Donne
31.08.2003, 19:16
Hallo <-- !


Original von <--
Aber ist denn nicht jeder Mensch letztendlich ein "Sklave"?

Das sehe ich nicht so. Ich glaube(!) an den freien Willen und an Zufall(siehe dazu bitte meine Antwort auf subbas Diskussionsbeitrag "Gibt es Zufall?").
Es gibt für mich zwei Formen von Sklaven:
Zunächst die "klassischen" Sklaven, deren Körper und Arbeitskraft jemand anderem gehört (in der aktuellen englischsprachigen Ausgabe von National Geographic ist dazu ein ernüchternder Artikel, eine kurze Version davon findet man hier (http://magma.nationalgeographic.com/ngm/0309/feature1/index.html) .)
Weiter gibt es diejenigen, die aus Bequemlichkeit und Trägheit einfach nicht kritisch denken und sich so geistig selbst versklaven und versklaven lassen. Man kann diesbezüglich einwenden, jeder ist der Sklave der modernen Informationsmafia. Natürlich kann kein Mensch alle Informationen aus erster Hand selbst gewinnen, insofern muß man bestimmten Quellen einfach vertrauen. Mit etwas Erfahrung gelingt die Quellenauswahl recht gut. Ich bin kein Freund überzogener Verschwörungstheorien und glaube nicht, daß der Inhalt aller Büchereien, Zeitungen und des Fernsehens gefälscht ist, wenn man auch häufiger mit Bedacht vorgehen muß. Geduld und gesunder Menschenverstand helfen dabei weiter. Wichtig ist natürlich auch, daß das Ganze Muße vorraussetzt. Traurig, daß ein Großteil der Menschheit den ganzen Tag lang mit dem nackten Überleben beschäftigt ist.

Zuletzt ist natürlich jeder durch seine Körperlichkeit begrenzt. Als Versklavung empfinde ich das allerdings nicht.



Echte Entwicklung hat nur für die stattgefunden, die die Möglichkeit haben und bereit sind, diese nachzuvollziehen.

Worin siehst du denn da eine Entwicklung?

Ich finde, in den letzten 3000 Jahren hat es schon eine Menge bemerkenswerter Gedanken, Ansätze, Theoriengebäude und Erkenntnisse gegeben, die der Mensch als Spezies hervorgebracht hat. Sich Gedanken zu machen, sich zu wundern und nachzudenken sind doch zutiefst menschliche Eigenschaften. Daran teilzuhaben, macht den Menschen doch ein Stück menschlicher. So fasse ich auch den Ausspruch von Abu Muhammad Abdallah Ibn Qutaiba auf.

Was das Zitat von Camus angeht, enthält es ja nicht Camus Antwort auf die Frage. Die muß man aus seinem Werk ziehen. So wie ich das, was ich davon kenne, verstehe, empfindet er die Welt als absurd und recht sinnlos. Eine Auffassung, die zu teilen ich mich weigere. Generell ist Camus und Existentialismus interessant, ich halte ihn aber für gefährlich, da er nur Fragen stellt und keine Antworten gibt. Anders gesagt glaube ich, daß es gefestigter Menschen bedarf, um dadurch nicht depressiv zu werden.

Was Werte angeht, ist deren Verneinung höchst pessimistisch - denn sie verneint m.E. gleichzeitig vehement die Sinnfrage: Was einen Sinn hat, hat einen Wert. Hat z.B. das Leben einen Sinn, hat es einen Wert. Generell ist allerdings die Konstruktion einen Wertesystems ohne Religion deutlich schwerer als mit und dazu anstrengend und selbstverständlich subjektiv. Ich halte den naturrechtlichen Ansatz allerdings für recht gelungen.

Grüße
John

<--
01.09.2003, 19:03
Hallo!


Original von John Donne
Das sehe ich nicht so. Ich glaube(!) an den freien Willen und an Zufall(siehe dazu bitte meine Antwort auf subbas Diskussionsbeitrag "Gibt es Zufall?").

Ja, ich habe den Beitrag gelesen. Ich glaube eben nicht wirklich an den freien Willen und nicht an den Zufall. (An Zufall im Sinne von für den Menschen unberechenbares glaube ich natürlich schon, aber nicht an Zufälle im Universum etc.).


Es gibt für mich zwei Formen von Sklaven:
Zunächst die "klassischen" Sklaven, deren Körper und Arbeitskraft jemand anderem gehört (in der aktuellen englischsprachigen Ausgabe von National Geographic ist dazu ein ernüchternder Artikel, eine kurze Version davon findet man hier (http://magma.nationalgeographic.com/ngm/0309/feature1/index.html) .)

Ja, dass der heutige (in Europa lebende) Mensch kein solcher Sklave ist, ist klar. Das habe ich auch nicht gemeint...


Weiter gibt es diejenigen, die aus Bequemlichkeit und Trägheit einfach nicht kritisch denken und sich so geistig selbst versklaven und versklaven lassen. Man kann diesbezüglich einwenden, jeder ist der Sklave der modernen Informationsmafia. Natürlich kann kein Mensch alle Informationen aus erster Hand selbst gewinnen, insofern muß man bestimmten Quellen einfach vertrauen. Mit etwas Erfahrung gelingt die Quellenauswahl recht gut. Ich bin kein Freund überzogener Verschwörungstheorien und glaube nicht, daß der Inhalt aller Büchereien, Zeitungen und des Fernsehens gefälscht istDas glaube ich auch nicht. Ich denke zwar, dass grundsätzlich alle Politiker usw. einfach dass erzählen, was für sie gerade am praktischsten ist, aber es gibt ja auch noch eine Gegenseite und deshalb können sie sich ja nicht zu weit von der Wahrheit entfernen...


Zuletzt ist natürlich jeder durch seine Körperlichkeit begrenzt. Als Versklavung empfinde ich das allerdings nicht.

Ich empfinde das schon so, aber das ist gar nicht das, was ich gemeint habe.

Was ich gemeint habe ist: Ist der Mensch heute nicht genauso gefangen/unfrei wie vor 250 Jahren?
Ich meine, früher mussten die Menschen eben auf ihren Großgrundbesitzer hören und tuen was er wollte. Heute müssen sie auf die Gesellschaft hören und tuen was diese will. Unterscheidet sich das wesentlich?
Früher haben sie eben an Gott geglaubt und an das Paradies wenn sie nur gut sind. Heute glaubt man eben an etwas anderes. Daran, dass Geld etwas ändern könnte, oder gesellschaftliches Ansehen oder eine andere Gesellschaftsform etc. Es ist doch alles die gleiche Hoffnung durch irgendwas (austauschbares) ein besseres Leben zu erreichen. Und es muss ja nicht negativ sein, dass zu glauben, aber dieser Glaube ist doch sehr wesentlich für das Leben denke ich (sonst könnte man es wahrscheinlich nicht) und deshalb denke ich, dass sich eigentlich nicht wirklich viel geändert haben kann... Man ist gefangen in den Anforderungen anderer und den eigenen Hoffnungen... denke ich.


Ich finde, in den letzten 3000 Jahren hat es schon eine Menge bemerkenswerter Gedanken, Ansätze, Theoriengebäude und Erkenntnisse gegeben, die der Mensch als Spezies hervorgebracht hat. Sich Gedanken zu machen, sich zu wundern und nachzudenken sind doch zutiefst menschliche Eigenschaften. Daran teilzuhaben, macht den Menschen doch ein Stück menschlicher. So fasse ich auch den Ausspruch von Abu Muhammad Abdallah Ibn Qutaiba auf.

Achso, ok, danke für die Erklärung, dann verstehe ich das.


Was das Zitat von Camus angeht, enthält es ja nicht Camus Antwort auf die Frage. Die muß man aus seinem Werk ziehen.

Ja, ich weiß, schon klar...


So wie ich das, was ich davon kenne, verstehe, empfindet er die Welt als absurd und recht sinnlos.

Ja, das denke ich auch. Und bis dahin kann ich das was Albert Camus sagt auch wirklich sehr gut nachvollziehen und denke eigentlich ganz genauso wie er. Aber Albert Camus schafft es ja trotzdem irgendwie das Leben als lebenswert anzusehen und das kann ich dann nicht mehr nachvollziehen.

Z. B. schreibt Albert Camus in "Der Mythos des Sisyphos": "Es geht darum, unversöhnt und nicht aus freiem Willen zu sterben. Der Selbstmord ist ein Verkennen. Der absurde Mensch kann nur alles ausschöpfen und sich selber erschöpfn. Das Absurde ist seine äußerste Anspannung, an der er beständig mit einer unerhörten Anstrengung festhält. Denn er weiß: in diesem Bewußtsein und in dieser Auflehnung bezeugt er Tag für Tag seine einzige Wahrheit, die Herausforderung."

Ich kann das (leider) nicht nachvollziehen. Wenn die Welt sinnlos und Absurd ist, wenn jede Handlung genauso sinnlos ist wie Leben und Tod, warum dann Leben? Welchen Sinn macht es (nach der Auffassung, dass alles sinnlos und absurd ist) an der Absurdität festzuhalten? Es ist doch genauso sinnlos zu absurd wie alles andere auch. Vielleicht "vermehrt" es die Absurdität, aber das macht überhaupt keinen Sinn (jedenfalls sehe ich das so).

Albert Camus möchte ja die Revolte des Menschen gegen die Absurdität und Sinnlosigkeit. (Wie sich z. B. im Mythos des Sisyphos zeigt, weil Sisyphos eben immer wieder den Stein den Berg hinaufrollt, obwohl er weiß, dass seine Mühen aussichtslos sind.) Aber was für einen Sinn macht Revolte? Wenn Leben und Tod nichts sind, warum sollte dann die Revolte etwas sein?

In einer Biografie über Albert Camus steht: "Er [Camus] lehrt und, trotz aller Lebenswidrigkeit, der wir zwischen Geburt und Tod begegnen, trotz anerkannter Sinnlosigkeit des Lebens leidenschaftlich am Leben festzuhalten, als an dem einzigen positiven Wert, der uns erkennbar gegeben ist."

Meiner Meinung nach, ist das eine eigentlich sehr positive Auffassung, die ich aber nicht nachvollziehen kann...


Eine Auffassung, die zu teilen ich mich weigere. Generell ist Camus und Existentialismus interessant, ich halte ihn aber für gefährlich, da er nur Fragen stellt und keine Antworten gibt.

Ich denke, er gibt schon Antworten. Und mir sind es zu viele Antworten, weil ich sie eben nicht sehe.
Seine Antwort, so wie ich es verstehe ist mM ungefähr: Das Leben ist Sinnlos und Absurd, aber man darf sich nicht umbringen, weil der Tod genauso sinnlos ist. Stattdessen muss der (absurde) Mensch gegen das Absurde revoltieren, auch wenn es aussichtslos ist, weil er damit das was sicher ist voll anerkennt (was er im Tod nicht tun würde).

Und z. B. in "der Belagerungszustand" (oder mM auch in "die Pest") geht er mM noch viel weiter mit Antworten, weil er dort mM praktisch (aus Werten bestehende) Verhaltensregeln für das menschliche Glück aufstellt... finde ich eben.


Anders gesagt glaube ich, daß es gefestigter Menschen bedarf, um dadurch nicht depressiv zu werden.

Ja, das ist möglich. Aber die Richtigkeit oder Falschheit einer (philosophischen) Theorie entscheidet sich ja nicht daran, welche Auswirkungen sie auf die Menschen hat...


Was Werte angeht, ist deren Verneinung höchst pessimistisch - denn sie verneint m.E. gleichzeitig vehement die Sinnfrage

Ja, klar, das sehe ich genauso.


Generell ist allerdings die Konstruktion einen Wertesystems ohne Religion deutlich schwerer als mit und dazu anstrengend und selbstverständlich subjektiv.

Ja, klar.


Ich halte den naturrechtlichen Ansatz allerdings für recht gelungen.

Wie geht der denn? Bzw. was sagt der naturrechtliche Ansatz?

John Donne
02.09.2003, 19:28
Original von <--

Was ich gemeint habe ist: Ist der Mensch heute nicht genauso gefangen/unfrei wie vor 250 Jahren?
Ich meine, früher mussten die Menschen eben auf ihren Großgrundbesitzer hören und tuen was er wollte. Heute müssen sie auf die Gesellschaft hören und tuen was diese will. Unterscheidet sich das wesentlich?
Früher haben sie eben an Gott geglaubt und an das Paradies wenn sie nur gut sind. Heute glaubt man eben an etwas anderes. Daran, dass Geld etwas ändern könnte, oder gesellschaftliches Ansehen oder eine andere Gesellschaftsform etc. Es ist doch alles die gleiche Hoffnung durch irgendwas (austauschbares) ein besseres Leben zu erreichen. Und es muss ja nicht negativ sein, dass zu glauben, aber dieser Glaube ist doch sehr wesentlich für das Leben denke ich (sonst könnte man es wahrscheinlich nicht) und deshalb denke ich, dass sich eigentlich nicht wirklich viel geändert haben kann... Man ist gefangen in den Anforderungen anderer und den eigenen Hoffnungen... denke ich.


Ich finde, es ist aber doch etwas anderes, in einem elementaren körperlichen Sinn vesklavt zu sein als durch etwas, was sich im eigenen Kopf abspielt, seinen es eigene(!) Hoffnungen oder die Anforderungen anderer. Man ich wohl in beiden Fällen nicht wirklich frei, aber zumindest haben sich die Gründe verlagert. Wesentlich mehr Freiheit, als man man heute in der BR Deutschland verfassungsmäßig genießt, kann m.E. sowieso nicht objektiviert und vom Staat/der Gesellschaft übernommen werden. Der Rest "Selbstbefreiung", die letzten Schritte, muß eben jeder selbst gehen. Die Frage ist auch, ob es diese Schritte überhaupt gibt. Der eine geht sie halt buddhistisch und macht sich von allem Verlangen frei (das trifft am besten die von Dir erwähnten Anforderungen und Hoffnungen), der nächste geht einen anderen Weg und andere gehen in dieser Richtung gar keinen, weil sie die Unfreiheit subjektiv gar nicht mehr wahrnehmen.



Aber Albert Camus schafft es ja trotzdem irgendwie das Leben als lebenswert anzusehen und das kann ich dann nicht mehr nachvollziehen.


Empfindest Du das Leben nicht als lebenswert?



Z. B. schreibt Albert Camus in "Der Mythos des Sisyphos": "Es geht darum, unversöhnt und nicht aus freiem Willen zu sterben. Der Selbstmord ist ein Verkennen. Der absurde Mensch kann nur alles ausschöpfen und sich selber erschöpfn. Das Absurde ist seine äußerste Anspannung, an der er beständig mit einer unerhörten Anstrengung festhält. Denn er weiß: in diesem Bewußtsein und in dieser Auflehnung bezeugt er Tag für Tag seine einzige Wahrheit, die Herausforderung."

Ich kann das (leider) nicht nachvollziehen. Wenn die Welt sinnlos und Absurd ist, wenn jede Handlung genauso sinnlos ist wie Leben und Tod, warum dann Leben? Welchen Sinn macht es (nach der Auffassung, dass alles sinnlos und absurd ist) an der Absurdität festzuhalten? Es ist doch genauso sinnlos zu absurd wie alles andere auch. Vielleicht "vermehrt" es die Absurdität, aber das macht überhaupt keinen Sinn (jedenfalls sehe ich das so).

Albert Camus möchte ja die Revolte des Menschen gegen die Absurdität und Sinnlosigkeit. (Wie sich z. B. im Mythos des Sisyphos zeigt, weil Sisyphos eben immer wieder den Stein den Berg hinaufrollt, obwohl er weiß, dass seine Mühen aussichtslos sind.) Aber was für einen Sinn macht Revolte? Wenn Leben und Tod nichts sind, warum sollte dann die Revolte etwas sein?

In einer Biografie über Albert Camus steht: "Er [Camus] lehrt und, trotz aller Lebenswidrigkeit, der wir zwischen Geburt und Tod begegnen, trotz anerkannter Sinnlosigkeit des Lebens leidenschaftlich am Leben festzuhalten, als an dem einzigen positiven Wert, der uns erkennbar gegeben ist."

Meiner Meinung nach, ist das eine eigentlich sehr positive Auffassung, die ich aber nicht nachvollziehen kann...


So, wie ich das, was ich von Camus gelesen haben, verstehe - und das kann durchaus falsch sein, sieht Camus die durch gemeinsame Revolte entstehende Solidarität im Revoltieren, im Kampf gegen den Widerspruch zwischen Sinnverlangen und Absurdität als Linderung an, als etwas, was den Leben vom Tod unterscheidet.
Ich persönlich sehe im Leben einen Sinn.




Anders gesagt glaube ich, daß es gefestigter Menschen bedarf, um dadurch nicht depressiv zu werden.

Ja, das ist möglich. Aber die Richtigkeit oder Falschheit einer (philosophischen) Theorie entscheidet sich ja nicht daran, welche Auswirkungen sie auf die Menschen hat...

Das ist richtig, sofern die philosophische Theorie sich mit theoretischer Philosophie (Was kann ich wissen? Was darf ich hoffen?) beschäftigt. Moralphilosophie (Was soll ich tun?) ist aber praktische Philosophie, soll also anwendbare Regel liefern. Da sind die Auswirkungen auf die Menschen doch von erheblicher Bedeutung.




Ich halte den naturrechtlichen Ansatz allerdings für recht gelungen.

Wie geht der denn? Bzw. was sagt der naturrechtliche Ansatz?

Das ist schwer in wenige Worte zu fassen, eher so richtig lang. Meiner Meinung nach ist dies (http://bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allgemein/bausteine/rechtsstaat/naturrecht.htm) eine ganz gute Seite dazu.

Grüße
John

<--
03.09.2003, 17:47
Hallo!


Original von John Donne
Ich finde, es ist aber doch etwas anderes, in einem elementaren körperlichen Sinn vesklavt zu sein als durch etwas, was sich im eigenen Kopf abspielt, seinen es eigene(!) Hoffnungen oder die Anforderungen anderer. Man ich wohl in beiden Fällen nicht wirklich frei, aber zumindest haben sich die Gründe verlagert.

Ich glaube eben, dass die Gründe im wesentlichen die gleichen geblieben sind und dass sie darin liegen, dass viele Menschen gerne die Macht über andere haben. Die Macht haben sie dann entweder im direkten Sinn als Großgrundbesitzer oder im indirekten Sinn über die Gesellschaft und gesellschaftliche Vorgaben. (Dabei verschwindet aber die direkte Macht trotzdem nicht vollständig, denn schließlich ist die Gesellschaft nicht Gewaltlos. Und mit Gewalt wird ja eigentlich nur Macht ausgeübt.)
Und ich glaube, wenn es nicht gesellschaftlich als verwerflich gelten würde, hätten auch heute noch viele Sklaven. Nur weil die Gesellschaft mit ihrer Macht, ihren Vorgaben und ihren Möglichkeiten die (auch gedankliche) Freiheit des einzelnen das in direkter Form nicht zulässt müssen eben andere Formen gesucht werden, die vielleicht weniger offensichtlich sind und mit denen es vielleicht beiden Seiten leichter fällt sich in diesem (einen) Punkt besser zu fühlen. Das sich deshalb aber etwas grundsätzliches geändert hat, glaube ich nicht.


Wesentlich mehr Freiheit, als man man heute in der BR Deutschland verfassungsmäßig genießt, kann m.E. sowieso nicht objektiviert und vom Staat/der Gesellschaft übernommen werden.

Das stimmt sicher. Mir geht es auch nicht um die Verfassung, die ist mM schon in Ordnung so oder ich kenne sie nicht gut genug um zu finden, was ich daran nicht gut finde. Ich finde die Verfassung gut so wie sie ist, aber ich glaube eben nicht, dass sie wirkliche Freiheit gibt und ich glaube nicht, dass es eine Verfassung geben kann, die Freiheit geben kann, weil es mM keine wirkliche Freiheit geben kann. (Deshalb finde ich es trotzdem gut, dass es das Grundgesetz gibt, denn irgendwas nach dem man sich richtet muss man sich ja trotzdem ausdenken und Grundrechte etc. finde ich auch wichtig.)


Der Rest "Selbstbefreiung", die letzten Schritte, muß eben jeder selbst gehen. Die Frage ist auch, ob es diese Schritte überhaupt gibt. Der eine geht sie halt buddhistisch und macht sich von allem Verlangen frei

Ich glaube eben nicht, dass das wirklich möglich ist, denn Freiheit von einer einen Sache bedeutet mM immer gleichzeitig Gefangenheit in einer anderen. Damit wäre dann jedes Bemühen um Freiheit aussichtslos. (Dabei kommt es natürlich darauf an, was man unter Freiheit versteht. Wenn man unter Freiheit versteht, sich frei bewegen oder frei seine Meinung äußern zu können, dann kann man diese Freiheit sicher vergrößern, aber das wäre dann mM Freiheit im staatlichen oder gesellschaftlichen Sinn.)




Aber Albert Camus schafft es ja trotzdem irgendwie das Leben als lebenswert anzusehen und das kann ich dann nicht mehr nachvollziehen.

Empfindest Du das Leben nicht als lebenswert?

Nein, denn was daran sollte ich lebenswert finden? Ich finde das Leben eben sinnlos und absurd, aber ich finde das nicht besonders schlimm. Der Tod ist ja genauso sinnlos und absurd. Deshalb muss man sich auch nicht umbringen oder so. Das denke ich nicht. Nur spricht dem eben mM auch nichts entgegen und man kann - gerade weil das Leben sinnlos und absurd ist - tun und lassen was man will, weil man eben nicht verspielen oder nichts zerstören kann, wenn nichts einen Wert hat. Aber ich glaube nicht, dass es deshalb Freiheit gibt, eher Willkür, weil kein richtig/falsch oder gut/schlecht existiert. (Es spricht natürlich nichts dagegen, sich ein richtig/falsch - gut/schlecht Wertesystem auszudenken, wenn eh alles sinnlos ist, kann man mM auch das tun - oder es sein lassen.)


So, wie ich das, was ich von Camus gelesen haben, verstehe - und das kann durchaus falsch sein, sieht Camus die durch gemeinsame Revolte entstehende Solidarität im Revoltieren, im Kampf gegen den Widerspruch zwischen Sinnverlangen und Absurdität als Linderung an, als etwas, was den Leben vom Tod unterscheidet.

Hm, ja, ok, das ist natürlich gut möglich... Gleichzeitig verstehe ich das aber auch so, dass er, wenn er vom Leben als einzigem positivem Wert spricht oder vom Absurden als einzige Wahrheit an der der Mensch festhalten muss ("Denn er weiß: in diesem Bewußtsein und in dieser Auflehnung bezeugt er Tag für Tag seine einzige Wahrheit, die Herausforderung." (Mythos des Sisyphos)) der Absurdität soetwas wie einen Sinn gibt (das sagt er natürlich nicht), denn warum sollte Selbstmord sonst ein "Verkennen" sein?


Ich persönlich sehe im Leben einen Sinn.

Warum, bzw. worin?


Das ist richtig, sofern die philosophische Theorie sich mit theoretischer Philosophie (Was kann ich wissen? Was darf ich hoffen?) beschäftigt. Moralphilosophie (Was soll ich tun?) ist aber praktische Philosophie, soll also anwendbare Regel liefern. Da sind die Auswirkungen auf die Menschen doch von erheblicher Bedeutung.

Ja, ok, aber die Frage, die vor jeder Frage nach Moral kommt ist doch eigentlich die, wie die Welt ist (und wie die Menschen sind) und dabei kann man sich ja dann eigentlich nicht daran orientieren, was für die Menschen am Besten sein wird. Man könnte mM höchstens zu einem Ergebnis kommen und sich dann dafür entscheiden das Ergebnis zu leugnen wenn es einem nicht passt oder so, denke ich. Aber von Anfang an, kann man mM eigentlich nur versuchen die Welt zu sehen wie sie ist, wobei sie natürlich jeder anders sehen wird...


Das ist schwer in wenige Worte zu fassen, eher so richtig lang. Meiner Meinung nach ist dies (http://bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allgemein/bausteine/rechtsstaat/naturrecht.htm) eine ganz gute Seite dazu.

Danke für den Link! Aber so wie ich das verstehe wiederspricht dieser Ansatz dann ja überhaupt gar nichts, weil er alles auf einer anderen Art betrachtet, nämlich der, dass entweder bereits entschieden ist, dass das Leben lebenswert ist, oder dass diese Frage einfach ignoriert wird (was ich nicht als falsch ansehe).

John Donne
03.09.2003, 18:22
Hallo <-- !

Also es ist sicher so, daß man in eine Welt geboren wird, in der bestimmte Strukturen schon existieren. Insofern gibt es immer gesellschaftliche Vorgaben und bereits installierte Macht. Aber bedeutet Macht für jemand anderen immer einen Freiheitsverlust für mich? Und setzt Freiheit Intelligenz voraus? Mal folgendes Szenario: Person A behindert Person B, die ohnehin geistig beschränkt ist, wesentliche Informationen über die "Welt" zu gewinnen. B merkt das gar nicht und fühlt sich trotzdem glücklich und zufrieden. Ist B unfrei?


Daß Freiheit von einer einen Sache immer Unfreiheit einer anderen bedeutet, sehe ich - gerade im buddhistischen Ansatz - nicht so: Freiheit bedeutet da Nicht-Sein, was als Erlösung empfunden wird. (Ich teile diese Meinung übrigens nicht, dafür bin ich dann doch ein zu sinnesfreudiger Mensch).Als zoon politikon, als Gemeinschaftswesen, wird der Mensch jedoch immer in Beziehung zu anderen Menschen stehen (oder autistisch).


Wenn Du das Leben nicht als lebenswert empfindest, macht es Dir denn Spaß? Ziehst Du einen Gewinn daraus? Um auf menschliche Beziehungen zurückzukommen: Sie machen für mich einen erheblichen Teil des Lebenswertes aus.
Mein Sinn des Lebens ergibt sich aus meinem Glauben. Das ist klingt vielleicht sehr einfach, als wäre es ein Lückenbüßer. Ich halte es nicht dafür.


Die erkenntnistheoretische Frage, wie die Welt ist, wirklich ist, kann ich auch nicht beantworten. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß niemand das kann und man aus praktischen Erwägungen gut daran tut, davon auszugehen, daß nicht alles, was wir mit unseren Sinne wahrnehmen von der Wirklichkeit extrem weit weg ist. Geht man dann noch davon aus, daß das Leben einen Sinn hat - zumindest das Überleben der eigenen Spezies, wenn man den Sinn individuell nicht sieht, läßt sich Moral schon konstruieren. So willkürlich sind die Ergebnisse oft nicht, auch wenn die oben beschriebene Vorgehensweise der Willkür Tür und Tor zu öffnen scheint. Erstaunlich. daß Mord in allen Kulturkreisen geächtet ist, ebenso Inzest, Diebstahl oder Betrug.

Der naturrechtliche Ansatz geht m.E. sicher stillschweigend davon aus, daß die Lebenssinnfrage positiv beanwortet ist. Es werden natürliche Regeln gesucht, das Zusammenleben von Individuen zu lenken, die alle vehement leben wollen. Die Frage ist also bereit entschieden, wo dieser Ansatz beginnt.

Grüße
John

<--
05.09.2003, 20:07
Hallo!


Original von John Donne
Also es ist sicher so, daß man in eine Welt geboren wird, in der bestimmte Strukturen schon existieren. Insofern gibt es immer gesellschaftliche Vorgaben und bereits installierte Macht. Aber bedeutet Macht für jemand anderen immer einen Freiheitsverlust für mich?

Ja, ich denke schon. Wenn einer Macht hat, hat er zumindest die Möglichkeit über andere zu bestimmen und schon alleine die Möglichkeit schränkt mM ein. Das heißt aber nicht, dass ich gesellschaftlich gesehen, für unbegrenzte Freiheit bin oder so. Denn ich glaube nicht, dass Anarchie (das wäre ja dann eine solche Gesellschaftform) funktionieren würde und ich finde es auch gut, dass es z. B. das Grundgesetz gibt, was auf der einen Seite (gesellschaftliche) Freiheiten nimmt (schon allein in dem es Dinge als so gegeben festlegt) auf der anderen Seite die Freiheiten die es einem lässt aber auch "garantiert" (theoretisch zumindest).

Aber das ist ja nur gesellschaftliche (oder poltische/staatliche) Freiheit.
Was ich (in den anderen Beiträgen) gemeint habe ist mehr eine Freiheit es einzelnen Menschen (wenn die Gesellschaft keine Rolle spielt, bzw. in den Überlegungen nicht beachtet wird.) Denn man könnte z. B. sagen, gesellschaftlich/politisch gesehen wird jemandem seine Freiheit genommen, wenn er in ein Gefängnis gesteckt wird. (Das sehe ich auch so.) Wenn demjenigen es aber absolut nichts bedeuted ob er jetzt bei sich zu Hause oder in einem Gefängnis rumsitzt, dann nimmt man ihm (allein) damit sicher nicht sehr viel. Und sogesehen denke ich dann, dass letztendlich derjenige frei wäre, dem nichts etwas bedeuted. Denn es geht ja nicht nur um die physische Freiheit. Im Gefängnis kann jemand vielleicht auch nicht so viel mit Bekannten sprechen, wie er möchte. Seine raumgebundene Freiheit nimmt dadurch nicht ab, seine Freiheit grundsätzlich mM aber schon - zumindest wenn es ihm etwas bedeuted mit Bekannten sprechen zu können. Wenn ihm das nichts bedeuted, kann es ihm auch nicht genommen werden. Wenn jemand nichts etwas bedeuted, kann ihm auch gar nichts genommen werden (jedenfalls nichts mit Bedeutung), d. h. mM wäre er dann theoretisch erstmal frei. Doch was bringt ihm die Freiheit, wenn sie ihm nichts bedeuted (und wenn sie ihm was bedeutet kann sie ihm genommen werden, und er wäre nicht mehr frei) - Freiheit ohne Bedeutung ist mM keine Freiheit, weil sie ein Wert ist und diesen dadurch verliert, denke ich.

Das es daneben natürlich trotzdem politische/gesellschaftliche/soziale etc. Freiheiten geben kann, will ich aber natürlich nicht abstreiten.


Und setzt Freiheit Intelligenz voraus? Mal folgendes Szenario: Person A behindert Person B, die ohnehin geistig beschränkt ist, wesentliche Informationen über die "Welt" zu gewinnen. B merkt das gar nicht und fühlt sich trotzdem glücklich und zufrieden. Ist B unfrei?

Ich weiß nicht, ich denke, dass das von der Definition abhängt. Wenn es der Person B nichts ausmacht, keine Informationen zu bekommen, dann sind die Informationen für sie ja nicht bedeuted, und sie wäre - in diesem einen Punkt - frei. Sie ist mM genauso frei, wie jemand der nichts davon weiß, dass er in einem Gefängis sitzt oder wie jemand, der weiß, dass er in einem Gefängnis sitzt, dem diese Tatsache aber nichts bedeuted.


Daß Freiheit von einer einen Sache immer Unfreiheit einer anderen bedeutet, sehe ich - gerade im buddhistischen Ansatz - nicht so: Freiheit bedeutet da Nicht-Sein, was als Erlösung empfunden wird.

Ja, schon klar, aber ich sehe das anders. Wenn sich jemand von einer Sache "befreit" also von ihr unabhängig und damit in dem Punkt frei ist, dann macht er sich mM gleichzeitig in einem anderen Punkt abhängig.
Wenn jemand z. B. der Ansicht ist, dass er nicht frei sein kann, solange er Besitz hat, weil er auf diesen Besitz aufpassen muss etc. und er sich dann von dem Besitz "befreit" dann denke ich nicht, dass er deshalb freier ist. Denn dadurch gewinnt zwar auf der einen Seite evtl. Unabhängigkeit von Besitz (obwohl ich nicht denke, dass irgendwer vollkommen unabhängig von Besitz sein kann), auf der anderen Seite wird er aber um so mehr von der "Freiheit" die er dadurch zu erreichen glaubt abhängig und damit wieder unfreier, denn schließlich hat die Freiheit eine Bedeutung für ihm (sonst hätte er ja seinen Besitz nicht aufgegeben) - und sie kann genommen werden, wie alles mit Bedeutung genommen werden kann.


Wenn Du das Leben nicht als lebenswert empfindest, macht es Dir denn Spaß? Ziehst Du einen Gewinn daraus?

Ne, eher weniger.


Um auf menschliche Beziehungen zurückzukommen: Sie machen für mich einen erheblichen Teil des Lebenswertes aus.
Mein Sinn des Lebens ergibt sich aus meinem Glauben.

Was welchem Glauben denn? Ich meine, aus einem religiösen, politischen oder philosophischen Glauben etc. Glauben?


Die erkenntnistheoretische Frage, wie die Welt ist, wirklich ist, kann ich auch nicht beantworten. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß niemand das kann

Ja, das denke ich natürlich auch... (Trotzdem habe ich ein Bild von der Welt, dass natürlich falsch sein kann.)


und man aus praktischen Erwägungen gut daran tut, davon auszugehen, daß nicht alles, was wir mit unseren Sinne wahrnehmen von der Wirklichkeit extrem weit weg ist. Geht man dann noch davon aus, daß das Leben einen Sinn hat - zumindest das Überleben der eigenen Spezies, wenn man den Sinn individuell nicht sieht

Wenn man aber keinen individuellen Sinn sieht, woher soll dann ein Sinn im Überlegen der Menschheit kommen?


läßt sich Moral schon konstruieren. So willkürlich sind die Ergebnisse oft nicht, auch wenn die oben beschriebene Vorgehensweise der Willkür Tür und Tor zu öffnen scheint. Erstaunlich. daß Mord in allen Kulturkreisen geächtet ist, ebenso Inzest, Diebstahl oder Betrug.

Ich denke, dass das einfach eine gesellschaftliche Konstruktion ist, wie es sich (für die meisten) am einfachsten miteinander leben lässt. Und ich habe ja auch nichts dagegen - irgendwie muss man ja miteinander auskommen.


Der naturrechtliche Ansatz geht m.E. sicher stillschweigend davon aus, daß die Lebenssinnfrage positiv beanwortet ist. Es werden natürliche Regeln gesucht, das Zusammenleben von Individuen zu lenken, die alle vehement leben wollen. Die Frage ist also bereit entschieden, wo dieser Ansatz beginnt.

So verstehe ich das, nach deinem Link, auch. Ich habe aber, auch wenn ich z. B. in Bezug auf die Sinnfrage anders denke, nichts dagegen, wenn nach Regeln des Zusammenlebens gesucht wird. Denn die Gesellschaft hat eben Interesse daran, und deshalb ist das mM nicht falsch.

<--
07.09.2003, 19:20
Wenn einer nicht umhin kann, Sklaven zu halten, ist es dann nicht besser, er nennt sie freie Menschen? Einmal um des Prinzips willen, und zum zweiten um sie nicht zur Verzweiflung zu treiben. Diese Genugtung ist man ihnen doch schuldig, nicht wahr? Auf diese Weise bewahren sie weiterhin ihr Lächeln und wir unser gutes Gewissen. Anderenfalls wären wir gezwungen, in uns zu gehen, und der Schmerz brächte uns um den Verstand oder wir würden gar bescheiden - alle Möglichkeiten stehen zu befürchten!

aus "Der Fall" von Albert Camus

John Donne
08.09.2003, 11:43
Original von <--
Wenn demjenigen es aber absolut nichts bedeuted ob er jetzt bei sich zu Hause oder in einem Gefängnis rumsitzt, dann nimmt man ihm (allein) damit sicher nicht sehr viel. Und sogesehen denke ich dann, dass letztendlich derjenige frei wäre, dem nichts etwas bedeuted. Denn es geht ja nicht nur um die physische Freiheit. Im Gefängnis kann jemand vielleicht auch nicht so viel mit Bekannten sprechen, wie er möchte. Seine raumgebundene Freiheit nimmt dadurch nicht ab, seine Freiheit grundsätzlich mM aber schon - zumindest wenn es ihm etwas bedeuted mit Bekannten sprechen zu können. Wenn ihm das nichts bedeuted, kann es ihm auch nicht genommen werden. Wenn jemand nichts etwas bedeuted, kann ihm auch gar nichts genommen werden (jedenfalls nichts mit Bedeutung), d. h. mM wäre er dann theoretisch erstmal frei. Doch was bringt ihm die Freiheit, wenn sie ihm nichts bedeuted (und wenn sie ihm was bedeutet kann sie ihm genommen werden, und er wäre nicht mehr frei) - Freiheit ohne Bedeutung ist mM keine Freiheit, weil sie ein Wert ist und diesen dadurch verliert, denke ich.

Freiheit zu etwas ist auch meiner Meinung nach etwas anderes als Freiheit von etwas.



Um auf menschliche Beziehungen zurückzukommen: Sie machen für mich einen erheblichen Teil des Lebenswertes aus.
Mein Sinn des Lebens ergibt sich aus meinem Glauben.

Was welchem Glauben denn? Ich meine, aus einem religiösen, politischen oder philosophischen Glauben etc. Glauben?

Zum Teil aus meinem religösen Glauben. Zum Teil aus meinem Glauben daran, daß die Menschheit kein hoffnungsloser Fall ist, auch wenn viele Indizien dagegensprechen.


Wenn man aber keinen individuellen Sinn sieht, woher soll dann ein Sinn im Überlegen der Menschheit kommen?

Das ist eine gute Frage. Aber daraus, daß man selbst den Sinn nicht findet, zu schließen, daß es ihn nicht gibt, also für alle nicht gibt, ist doch nicht richtig.
Woher er kommen soll - und wie er ausehen soll - , ist schwer zu sagen. Es ist vielleicht einfacher zu sagen, woher er nicht kommen kann: Aus der Wissenschaft und der Ratio allgemein. Wissenschaft erklärt stets nur das Wie aber nicht das Warum. Die Sinnfrage kann sie also nicht beantworten. Ich meine, diese Frage stößt irgendwann auf eine Grenze, an der man sich entscheiden muß im folgenden Sinne: Man wird nie darlegen können, daß und warum das Leben einen Sinn hat. Daß kann man als schweren Schlag empfinden und verzweifeln. Oder man sucht weiter, auch unter Zuhilfenahme "unseriöser" (gemeint: wissenschaftlich unseriös, was hier aber belanglos ist, da die Frage keine wissenschaftliche ist!) Quellen - diesen Ruf genießt beispielsweise Religion. Ich möchte hier nicht missionarisch auftreten und religiöses Heil propagieren, zumal Religion mindestens eine eigene thematische Abhandlung verdient. Aber sie kann Antworten auf die Sinnfrage geben. Egal woher man seine Antwort allerdings bezieht und wie sie ausfällt, sie wird sich sowieso nicht rein logisch begründen lassen.

Grüße
John

<--
10.09.2003, 16:14
Hallo John Donne!

Original von John Donne
Freiheit zu etwas ist auch meiner Meinung nach etwas anderes als Freiheit von etwas.

Achso, ok.


Das ist eine gute Frage. Aber daraus, daß man selbst den Sinn nicht findet, zu schließen, daß es ihn nicht gibt, also für alle nicht gibt, ist doch nicht richtig.
Woher er kommen soll - und wie er ausehen soll - , ist schwer zu sagen. Es ist vielleicht einfacher zu sagen, woher er nicht kommen kann: Aus der Wissenschaft und der Ratio allgemein. Wissenschaft erklärt stets nur das Wie aber nicht das Warum. Die Sinnfrage kann sie also nicht beantworten. Ich meine, diese Frage stößt irgendwann auf eine Grenze, an der man sich entscheiden muß im folgenden Sinne: Man wird nie darlegen können, daß und warum das Leben einen Sinn hat.

Hm, ok, dann ist der Glaube an den/(einen) Sinn des Lebens sehr ähnlich mit einem Glauben an Gott, denke ich... (Ich habe aber gegen beides nichts, nur glaube ich selber beides nicht.)


Daß kann man als schweren Schlag empfinden und verzweifeln. Oder man sucht weiter, auch unter Zuhilfenahme "unseriöser" (gemeint: wissenschaftlich unseriös, was hier aber belanglos ist, da die Frage keine wissenschaftliche ist!) Quellen - diesen Ruf genießt beispielsweise Religion. Ich möchte hier nicht missionarisch auftreten und religiöses Heil propagieren, zumal Religion mindestens eine eigene thematische Abhandlung verdient. Aber sie kann Antworten auf die Sinnfrage geben.

Das die Religion - wenn man an sie glaubt! - das kann, denke ich auch... (Schon alleine aus den Positionen heraus aus denen die Religion die Menschen betrachtet ist das dann sicher möglich, wenn man das eben so sieht, wie die Religionen das sehen (vorallem in wichtigen Punkten) - ich denke eben anders wie die Religionen...)...

Frank Sinatra
17.09.2003, 11:16
Polygamie ! :D

Brehn
19.09.2003, 07:32
Theoretisch wuerde ich Anarchie sagen, aber nicht die Form der Anarchie als "totales Chaos", die einige "Punks" bevorzugen wuerden, sondern eher in der Art von Bakunin.

Delbrück
21.09.2003, 19:18
Wenn du's mich schon so theoretisch machen lässt, ergibt sich meiner Meinung nach das Bild einer verqueren, weil paradoxen Gesellschaftsform:
Einerseits besitzt das Individuum natürlich ein Optimum an Freiheit, seine Entscheidungen werden ihm aber sooft wie möglich, also immer von anderen abgenommen - de facto ist der Mensch nämlich stinkfaul.
Und da jemand anderes (wer?) für den Einzelnen entscheidet, gelangen seine Interessen nie in Konflikt mit denen seines Nächsten. Ist natürlich realitätsfern, aber wie gesagt "theoretisch".

Der Kommunismus wird es wohl nicht sein, denn die Idee das Beste erdacht zu haben ist/war an sich schon sehr vermessen!

Michael Hölzle
25.09.2003, 12:31
Original von <--
Was ist die optimale Gesellschaftsform für den Menschen?

MMn ist das die Symbiose. :D

Ickis
25.09.2003, 12:46
Die Diktatur

pavement
25.09.2003, 13:46
theoretisch wäre die beste gesellschaftsform der marxismus, da durch ihn einerseits die freie entwicklung des einzelnen menschlichen individuums als auch der gesamten gesellschaft ermöglicht würde. praktisch aber wohl nicht umsetzbar.

der anarchismus bakunins geht in die selbe richtung(das ziel ist das selbe, nur der weg ist ein anderer).

MoJo
25.09.2003, 16:36
... na die geschlossene Gesellschaft!
:hicks: :comic: :schrei: :lachanfall:

subba
28.09.2003, 05:48
Ich finde es kommt immer nur auf die Praxis an - nie auf die Theorie. Was bringt mir eine theoretisch realisierbare Zeitmaschiene die praktisch eben nicht realisierbar ist ? Nichts !

Die Frage ist auch wie Kommunismus konkret aussehen würde. Wenn "alle haben gleichviel" heissen würde ich krieg ne Million und muss nix schaffen dann bin ich für Kommunismus. Wenn Kommunismus aber heißt und das denke ich eher: Ein paar Leute müssen nichtmehr hungern und dafür gibst du dein Auto und dein High Tech Zeug ab und kriegst dafür ein Fahrrad dann bin ich gegen Kommunismus und am Ende kommt es eben doch so, denn Kommunismus ist produktionshemmend. Kommunismus ist keine Weiterbildung des Kapitalismus sondern vielmehr ist Kapitalismus ein Kompromiss aus Feudalherrschaft und Kommunismus was letztlich beides nicht funktionieren kann. Schon in der Theorie merkt man doch schon dass Kommunismus nicht funktionieren kann denn schon da weiß man ja dass die Menschen Bedürfnisse haben die sie befrieidgen müssen.
Alles in Maßen heißt eine der wenigen wirklich zutreffenden Volksweißheiten. Wenn du eine Saite überspannst wird sie reißen, wenn du sie aber zu schlaff spannst wird sie keinen Ton erzeugen. Der Weg ist in der Mitte und da ist eben der Kapitalismus, der reguliert den Kampf des Stärkeren ohne ihn abzuschaffen. Nur so kann langfristige Stabilität erreicht werden. Ob er weniger gerecht ist als Kommunismus ist reine Ansichtssache. Es ist auch egal ob der Kommunismus gerechter ist denn im Endeffekt ist er schlecht für alle. Auch arme Menschen hätten im Kommunismus weniger als im Kapitalismus und wem ist damit geholfen ? Ist Ungerechtigkeit nicht sinnvoll wenn sie für alle besser ist als das was wäre wenn es Gerechtigkeit gäbe ?

Kommunismus als Weiterführung des Kapitalismus ist etwa so wie wenn man sagt die Stasi ist die Weiterführung demokratischer Regierungen denn nach Hitler ging es ja zur Mitte und wenn man Hitler rechts sieht dann geht es ja von Hitler zur Mitte nach links also könnte man ja sagen die Stasi ist wenn man sie links sieht noch linkser als die Mitte und da die Tendenz von Hitler zur Demokratie nach links ging ist die Stasi die Weiterführung der Demokratie...

Man sieht ja auch an Russland oder auch am Beispiel der DDR dass Kommunismus eben nicht schön für die Leute ist sondern schlecht und wem wäre daran geholfen ? Was bringt es mir wenn ich gerrecht verrecke ?

moi.mo
12.10.2003, 11:47
Das perfekte System ist der Kommunismus (Marxismus) im Endstadium , sprich klassenlose Gesellschaft

pavement
12.10.2003, 14:20
Das perfekte System ist der Kommunismus (Marxismus) im Endstadium , sprich klassenlose Gesellschaft

aber verwirklichbar? das ist die frage.

moi.mo
12.10.2003, 14:28
Original von pavement

Das perfekte System ist der Kommunismus (Marxismus) im Endstadium , sprich klassenlose Gesellschaft

aber verwirklichbar? das ist die frage.
ja das ist die Frage aber in der Überschrift steht ja auch ,,theoretisch'' , wobei theoretisch eigentlich nichts nützt wenn es nicht umsetzbar ist, aber ich glaube schon dass der marxismus umgesetzt werden kann.
die SU z.B. ist auch nicht daran gescheitert dass der marxismus nicht umgesetzt werden konnte, der marxismus wurde in der SU niemals durchgeführt und der leninismus hat schon einige Fehler bzw. Abweichungen im gegensatz zum klassischen Marxismus, und vom stalinismus brauchen wir garrnicht erst reden ...

pavement
12.10.2003, 17:21
ja, theoretisch würd ich auch den marxismus bzw. anarchismus(ist ja im ziel das selbe - von bakunin schon mal was gehört?) nennen.

umsetzbar oder nicht umsetzbar - das kann man nicht beantworten denk ich.
leninismus ist ein von einem genialen pragmatischen politiker und intillilgenten, aber philosophisch und ökonomisch nicht sehr ernst zu nehmenden menschen namens lenin pervetierter marxismus. hat mit dem ursprünglichen schon nicht mehr besonders viel zu tun.

stalinismus hat mit marxismus überhaupt nichts mehr zu tun - leider wissen das viele menschen nicht.

allgemein würd ich die su nicht als kommunistisch bezeichnen, da das komplette wirtschaftssystem alle von marx analysierten elemente des kapitalismus enthielt(teilung der arbeit, warenproduktion, geldzirkulation); der einzige unterschied ist, dass es im kapitalismus viele unternehmer gibt, in der su gab es de facto nur einen, den staat.

moi.mo
12.10.2003, 20:06
Original von pavement

stalinismus hat mit marxismus überhaupt nichts mehr zu tun - leider wissen das viele menschen nicht.



ja, leider heißt es bei vielen gleich immer: Kommunismus = Stalin, Terror Säuberung u.s.w. X(

O.v.Bismarck
12.10.2003, 20:15
Original von moi.mo

ja, leider heißt es bei vielen gleich immer: Kommunismus = Stalin, Terror Säuberung u.s.w. X(


Ich glaube es würde einfacher zu beschreiben gehen:

Kommunimus= Die Pest, die fast ein Jahrhundert die halbe Welt befallen hatte und sie dabei wirtschaftlich, politiksch und gesellschftlich nahezu vernichtet hat.

O.v.B.

moi.mo
12.10.2003, 20:25
Original von O.v.Bismarck


Ich glaube es würde einfacher zu beschreiben gehen:

Kommunimus= Die Pest, die fast ein Jahrhundert die halbe Welt befallen hatte und sie dabei wirtschaftlich, politiksch und gesellschftlich nahezu vernichtet hat.

O.v.B.

:( es geht um den Marxismus es geht nicht um den Leninismus nicht den Stalinismus es ghet nicht um den Maoismus oder den Castroismus sondern nur um den Marxismus .. aber manche werden es wohl nie lernen das es da gewisse unterschiede gibt ...

Aufklärer
16.10.2003, 19:25
N.S.!!! :2faces:

pavement
16.10.2003, 19:27
die theoretisch beste gesellschaftsform ist eine ohne aufklärer. :D

Alex
19.10.2003, 21:36
Original von O.v.Bismarck

Ich glaube es würde einfacher zu beschreiben gehen:

Kommunimus= Die Pest, die fast ein Jahrhundert die halbe Welt befallen hatte und sie dabei wirtschaftlich, politiksch und gesellschftlich nahezu vernichtet hat.

O.v.B.

Ich glaube Pavement hat vorhin allgemeinverständlich festgestellt, das die Regierungsform der SU nicht als Kommunismus bezeichnet werden kann und darf.Es sollte jedem bekannt sein, das es die Gesellschaftsform des Kommunismus (Marxismus) noch nicht gegeben hat. Deshalb ist jede Kritik an dem praktisch umgesetzten Kommunismus (da es ihn als sochen noch nicht gab) unlogisch.

pavement
19.10.2003, 22:18
interessant wäre übrigens mal ein thread "kritik des marxismus", also als theorie. also falls wär mal lust hast, dann sollt er doch mal einen machen, mir fällt grad nur nichts ein, woran ich den thread "aufhängen" könnte.