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Vollständige Version anzeigen : ontologischer Materialismus nach Bunge



r2d2
25.05.2011, 13:43
Ich hab im Forum nach Titeln gesucht die den Begriff Materialismus beinhalten und einzig das hier gefunden:

http://www.politikforen.net/showthread.php?37875-Kann-es-eine-Gesellschaft-geben-die-nicht-auf-dem-Materialismus-beruht&highlight=Materialismus

Nun mag es viele "Materialismusse" geben, was mich aber immer wieder erstaunt ist, dass die Kernaussage des Materialismus, nämlich, dass das Seiende Materie ist und die Ideen Konstrukte (selbstverändlich nicht nur über das Seiende), welche auch eine materielle Grundlage haben, so gut wie niemals kritisiert, sondern bestenfalls ignoriert wird.

Der meines Erachtens bedeutendste lebende Philosoph, der einen konsequenten Materialismus vertritt, ist Mario Bunge.

Über seine zusammen mit Martin Mahner veröffentlichte Schrift "Über die Natur der Dinge" habe ich drei Rezensionen gefunden.


In Anlehnung an Heraklit steht im Mittelpunkt des von Bunge und Mahner dargestellten, emergentistischen Materialismus die dynamische Auffassung von der Welt und ihrer Subsysteme. So besagt das zentralste Postulat ihrer Ontologie, daß die Welt ausschließlich aus materiellen Gegenständen ("Dingen" oder "Entitäten") besteht, die sich durch die Fähigkeit zur Veränderung auszeichnen. Das heißt, nur Dinge können Energie besitzen, eine Zustandsänderung erfahren, mit anderen Dingen interagieren, sich zu Systemen zusammenschließen und dabei qualitativ neue Eigenschaften erwerben oder diese - bei der Auflösung von Systemen - wieder verlieren.
http://www.martin-neukamm.de/buma.html


Über die "Memetik" von Richard Dawkins urteilten sie beispielsweise (S. 126):

"In Analogie zu Genen werden Ideen (Meme) als selbstreplizierende Entitäten aufgefasst, die Gehirne gleichsam als geistige Viren parasitieren und so weitergegeben werden. Die Anhänger der Memetik versprechen sich von ihrem Ansatz eine selektionstheoretische Erklärung der Weitergabe und Ausbreitung von Ideen. Die Memetik ist jedoch zum einen konzeptuell so unklar, dass sie an Sinnlosigkeit grenzt, zum anderen ignoriert sie praktisch die gesamte psychologische und sozialwissenschaftliche Forschung zur menschlichen Kommunikation ... Idealistische Fantasien werden nicht dadurch akzeptabler, dass sie in evolutionsbiologischem Gewande daherkommen."
http://www.chronologs.de/chrono/blog/natur-des-glaubens/grundlagen/2010-08-02/mario-bunge-martin-mahner-ber-die-natur-der-dinge.-das-buch-zur-wiederentdeckung-des-materialismus


Denkanstöße - Was ist ein naturwissenschaftliches Weltbild?

Wer eine verständliche Antwort auf die Eingangs gestellte Frage möchte, ist gut beraten, das Buch Über die Natur der Dinge (2004) von Mario Bunge und Martin Mahner zu lesen. Dort entwerfen die Autoren eine an den Resultaten der Physik orientierte Ontologie, die sie nach und nach zu einem Materialismus aufbauen, dessen Konsequenzen bis an die Schnittstelle von Gehirn und Geist heranreichen.
http://www.brainlogs.de/blogs/blog/mind-at-work/2010-08-02/denkanst-e-was-ist-ein-naturwissenschaftliches-weltbild

Ich wäre an Stellungnahmen zu den Rezensionen oder einem ontologischen Materialismus generell interessiert.

Was ich noch nie so richtig verstanden habe, ist, wie Philosophen der Ansicht sein konnten, dass der ontologische Idealismus richtig ist. Jeden Fantasy-Roman müsste man dann ja zum Seienden dazurechnen.

sisyphos
25.05.2011, 14:02
Siehe auch transzendenter ( marxistischer ) Materialismus. Verstehe nicht viel von Physik, aber das was ich von der Quantenmechanik bisher mitbekommen habe
scheint mehr als ein deutlicher Beleg dafür zu sein, dass ein platter Reduktionismus auf die sichtbare, klassische Mechanik nicht fruchtet und die Welt der Ideen
( Geist-Seele-Energie-energetische "flüssige Materie), wesentlich komplexer strukturiert sind und - was sehr schön erscheint - umso mehr Freiheit für den Geist lassen.
Zufall und Notwendigkeit, also bedingte Materie und ihr inneliegender freier, schaffender Geist, scheinen Grundkategorien des Kosmos zu sein.

Der Naturwissenschaft nahestehende, besser Wissende, sollen mich ruhig belehren, wenn ich da was falsch darstelle. Mag sein, dass ich da auch zu viel interpretiere, das ist
eher so meine rein logische Bezugnahme auf das Ganze, reichlich theoretisch, aber es erscheint mir gleichzeitig naheliegend zu sein... augenfällig.

Irratio
25.05.2011, 15:19
Siehe auch transzendenter ( marxistischer ) Materialismus. Verstehe nicht viel von Physik, aber das was ich von der Quantenmechanik bisher mitbekommen habe
scheint mehr als ein deutlicher Beleg dafür zu sein, dass ein platter Reduktionismus auf die sichtbare, klassische Mechanik nicht fruchtet und die Welt der Ideen
( Geist-Seele-Energie-energetische "flüssige Materie), wesentlich komplexer strukturiert sind und - was sehr schön erscheint - umso mehr Freiheit für den Geist lassen.
Zufall und Notwendigkeit, also bedingte Materie und ihr inneliegender freier, schaffender Geist, scheinen Grundkategorien des Kosmos zu sein.

Der Naturwissenschaft nahestehende, besser Wissende, sollen mich ruhig belehren, wenn ich da was falsch darstelle. Mag sein, dass ich da auch zu viel interpretiere, das ist
eher so meine rein logische Bezugnahme auf das Ganze, reichlich theoretisch, aber es erscheint mir gleichzeitig naheliegend zu sein... augenfällig.
Ich würde eher sagen: Die Physik ist viel komplizierter als das simple Konstrukt, das wir ihr durch einige Millionen Jahre Evolution in unserer Wahrnehmung übergezogen haben. Die Physik gibt keinen Anlass für irgendetwas anderes als eine materialistische Anschauung der Welt. Dass die Quantenmechanik Resultate liefert, die unserer alltäglichen Vorstellung der Welt widerspricht liegt einfach daran, dass wir evolutionär keinen Anlass dazu hatten, quantenmechanische Effekte zu berücksichtigen, bzw. an der inhärenten nicht-beobachtbarkeit der eigentlichen Zustände.

Das, was wir so schön als "Geist" betiteln (ganz formal, was soll das überhaupt sein?) kann immer noch wunderbar als emergentes Verhalten dargestellt werden. Daran ändert sich weder mit der Quantenmechanik etwas, noch mit der Relativitätstheorie.

Rezensionen sehen ganz nett aus, wobei ich den Angriff auf die Memetik nicht ganz nachvollziehen kann. Dass "Meme" lediglich eine abstrakte Darstellung gewisser kommunikativer Prozesse sind, dürfte den Autoren eigentlich klar sein. Anscheinend gibts aber durchaus Anwendungen der Memetik, und wissenschaftliche Modelle werden im Regelfall nach ihrer Beschreibungskraft beurteilt.

Ich weiß auch nicht, inwiefern der explizite Rückbezug auf die Physik in der dritten Rezension wirklich nötig ist. Ob Quantenmechanik und Relativitätstheorie wirklich relevant für einen Materialismus sind, wage ich zu bezweifeln. Naturalistisch wäre vielleicht das passende Wort gewesen.

Irratio.

Stadtknecht
25.05.2011, 15:24
Grundsätzlich ist die auf der Riemannschen Zahlenkugel darstellbare n-te Ableitung der Fibonacci-Folge geeignet, mittels komplexer Infinitesimale ein Akronym zur Fermat´schen Vermutung zu simulieren.
Das funktioniert jedoch nur wenn x größer als Null und Element von N ist.

Irratio
25.05.2011, 15:27
Grundsätzlich ist die auf der Riemannschen Zahlenkugel darstellbare n-te Ableitung der Fibonacci-Folge geeignet, mittels komplexer Infinitesimale ein Akronym zur Fermat´schen Vermutung zu simulieren.
Das funktioniert jedoch nur wenn x größer als Null und Element von N ist.
Das Wort "Akronym" gefällt mir in diesem Kontext sehr gut.

Irratio.

Stadtknecht
25.05.2011, 15:39
Gleiches gilt, wenn eine abrasive Resektion eines pervers elongierten Akronyms am kranialen Ganglion chirurgisch angezeigt ist.

r2d2
25.05.2011, 15:53
Rezensionen sehen ganz nett aus, wobei ich den Angriff auf die Memetik nicht ganz nachvollziehen kann. Dass "Meme" lediglich eine abstrakte Darstellung gewisser kommunikativer Prozesse sind, dürfte den Autoren eigentlich klar sein. Anscheinend gibts aber durchaus Anwendungen der Memetik, und wissenschaftliche Modelle werden im Regelfall nach ihrer Beschreibungskraft beurteilt.
Das sehe ich auch so.


Ich weiß auch nicht, inwiefern der explizite Rückbezug auf die Physik in der dritten Rezension wirklich nötig ist.
Explizit auf die Physik wohl nicht. Aber der Rückbezug auf die Naturwissenschaft ist für einen wissenschaftlichen ontologischen Materialismus unverzichtbar. Bunges und Mahners Ziel ist es ja nicht eine Ontologie zu entwerfen, die nicht mit der Naturwissenschaft übereinstimmt sondern mit naturwissenschaftliche Erkenntnissen kritisiert und korrigiert werden kann. Sie halten es es für sinnvoll "Die Natur der Dinge" gemäß ihrem naturwissenschaftlichen Kenntnisstand ontologisch zu ordnen, und als Philosophen Naturwissenschaftlern zur Verfügung zu stellen, als Inspirationgrundlage oder als Hilfe zur Gedankenordnung.


Ob Quantenmechanik und Relativitätstheorie wirklich relevant für einen Materialismus sind, wage ich zu bezweifeln. Naturalistisch wäre vielleicht das passende Wort gewesen.
Für einen allgemeinen Materialismus sicherlich nicht. Aber für die materialistische Ontologie Bunges und Mahners selbstverständlich. Sie muss auch mit Quantenphysik und Relativitätstheorie korrelieren, sonst taugt sie nichts.

Stadtknecht
25.05.2011, 16:04
Schade, daß es keinen User Valü mehr gibt, auf den der Affe einen Porsche schiebt, dessen Inhaber ein Instrument spielt und der mit goldenen Lawinenfangnetzen bestückt ist.

sisyphos
26.05.2011, 17:34
Ich würde eher sagen: Die Physik ist viel komplizierter als das simple Konstrukt, das wir ihr durch einige Millionen Jahre Evolution in unserer Wahrnehmung übergezogen haben. Die Physik gibt keinen Anlass für irgendetwas anderes als eine materialistische Anschauung der Welt. Dass die Quantenmechanik Resultate liefert, die unserer alltäglichen Vorstellung der Welt widerspricht liegt einfach daran, dass wir evolutionär keinen Anlass dazu hatten, quantenmechanische Effekte zu berücksichtigen, bzw. an der inhärenten nicht-beobachtbarkeit der eigentlichen Zustände.

Das, was wir so schön als "Geist" betiteln (ganz formal, was soll das überhaupt sein?) kann immer noch wunderbar als emergentes Verhalten dargestellt werden. Daran ändert sich weder mit der Quantenmechanik etwas, noch mit der Relativitätstheorie.

Rezensionen sehen ganz nett aus, wobei ich den Angriff auf die Memetik nicht ganz nachvollziehen kann. Dass "Meme" lediglich eine abstrakte Darstellung gewisser kommunikativer Prozesse sind, dürfte den Autoren eigentlich klar sein. Anscheinend gibts aber durchaus Anwendungen der Memetik, und wissenschaftliche Modelle werden im Regelfall nach ihrer Beschreibungskraft beurteilt.

Ich weiß auch nicht, inwiefern der explizite Rückbezug auf die Physik in der dritten Rezension wirklich nötig ist. Ob Quantenmechanik und Relativitätstheorie wirklich relevant für einen Materialismus sind, wage ich zu bezweifeln. Naturalistisch wäre vielleicht das passende Wort gewesen.

Irratio.

Was soll die distanzierte Antwort?

Ich denke, dass Materialismus und Idealität durchaus miteinander in Einklang zu bringen sind.

Was, wenn eine Seele, nur eine andere dimensionale Daseinsform der Materie ist?

Wenn ein Materialist soetwas wie die Seele oder ein Leben nach dem Tod wegkürzt, dann doch nur, weil seine Formel eindimensional davon ausgeht,
dass es nur so sein kann ... ein stückweit ist das aber eben auch Ideologie. Weil es ja MEHRdimensionalität im Kosmos geben könnte/ zu geben scheint.

r2d2
27.05.2011, 11:06
Was soll die distanzierte Antwort?

Ich denke, dass Materialismus und Idealität durchaus miteinander in Einklang zu bringen sind.

Was, wenn eine Seele, nur eine andere dimensionale Daseinsform der Materie ist?

Wenn ein Materialist soetwas wie die Seele oder ein Leben nach dem Tod wegkürzt, dann doch nur, weil seine Formel eindimensional davon ausgeht,
dass es nur so sein kann ... ein stückweit ist das aber eben auch Ideologie. Weil es ja MEHRdimensionalität im Kosmos geben könnte/ zu geben scheint.
Denkbar ist viel. Schließlich propagiert die katholische Kirche ja auch eine leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel, was auch immer im Detail darunter verstanden werden soll.
Dieses "Wegkürzen" des individuellen Lebens nach dem Tode habe ich bisher in jeder materialistischen Philosophie gefunden.

Das "Wegkürzen" der Seele geht natürlich nur, wenn man den Begriff durch Psyche ersetzt.

Wie sieht das Bunge und Mahner?
Der emergentistische psychoneurale Monismus ...
...
Aus dieser psychobiologischen Perspektive heraus ist schon der Ausdruck 'Leib-Seele-Problem' eine wissenschaftliche Anomalie, denn wir sprechen weder vom Körper-Bewegungs-Problem in der Mechanik noch vom Substanz-Reaktions-Problem in der Chemie noch vom Lungen-Atmungs-Problem in der Physiologie. ... Wir reifizieren keine Eigenschaften, Zustände und Prozesse - außer im Falle des Nervensystems. Bunge, Mahner, Springer 2000, Philosophische Grundlagen der Biologie. S. 198

Aus diesem Grunde müssen wir vor zwei grundlegenden Fehlern warnen, der Reifikation und der Ideaefikation.
Unter Reifikation (Verdinglichung) verstehen wir die inkorrekte Auffassung von Eigenschaften, Relationen oder Begriffen als Entitäten mit eigenständiger (autonomer) Existenz. Ein klassisches Beispiel ist die Idee, daß Krankheit eine Entität sei, die der Kranke mit sich trage und auf andere übertragen könne. (Was übertragen werden kann, sind allenfalls Pathogene, aber nicht Krankheit als Zustand eines Organismus.) Bunge, Mahner, Springer 2000, Philosophische Grundlagen der Biologie. S. 6

r2d2
27.05.2011, 11:24
Rezensionen sehen ganz nett aus, wobei ich den Angriff auf die Memetik nicht ganz nachvollziehen kann. Dass "Meme" lediglich eine abstrakte Darstellung gewisser kommunikativer Prozesse sind, dürfte den Autoren eigentlich klar sein.
Ich hab nachgelesen. (Nicht in der "Natur der Dinge" sondern in "Philosophische Grundlagen der Biologie".)
Genau das ist den Autoren klar und dort setzt ihre Kritik an.
Um Kommunikation zu verstehen, müssen wir uns klar werden, daß der Austausch von "Information" nicht etwa dem Austausch von Waren analog ist. Vielmehr besteht der vermeintliche Informationsaustausch darin, daß zwei Individuen direkt oder mittel Artefakten so interagieren, daß in jedem der beteiligten Gehirne bestimmte Lernprozesse ablaufen. Mit anderen Worten: Erfolgreiche Kommunikation besteht darin, daß in den Gehirnen der interagierenden Individuen ähnliche Prozesse konstruiert oder rekonstruiert werden. Sind diese Prozesse zu unterschiedlich, mißverstehen wir uns. ...
...
Im Lichte dieser Ausführungen wird deutlich, daß der Begriff des Mems, von Dawkins (1978) als Analogie zum Genbegriff eingeführt, nur eine Metapher ist sowie ein überflüssiges Synonym für 'Idee'.

Memetik wird also nicht unbedingt als falsch kritisiert, sondern anstatt des Begriffs 'Mem' kann man ihrer Ansicht nach genausogut einfach 'Idee' sagen.

Ergänzung:
Es ist natürlich zulässig aus didaktischen Gründen mit Analogien und Metaphern einen Sachverhalt zu erläutern, aber sobald man spezifische Ideen (Meme) in Analogie zu Viren setzt, wird die Aussage nicht nur fragwürdig, sondern falsch.

Eukalyptusbonbon
27.05.2011, 15:52
Den Materialismus als metaphysische Position hat es ja schon immer gegeben (Demokrit, Epikur z.B. in der Antike). Besonders plausibel fand ich ihn noch nie, halte aber letztlich alle metaphysischen Positionen für spekulativ.

Das Scheitern der KI-Forschung (hier ist der Optimismus, der noch vor wenigen Jahren bei einigen Spinnern herrschte, wohl verflogen) sowie die anscheinend grundsätzliche Problematik geistige Phänomene wie Sinnesqualitäten befiedigend in einem rein materialistischen Rahmen zu erklären, machen diese Position noch unattraktiver, als sie es ohnehin schon ist.

Für mich sind Anhänger eines ontologischen Materialismus Menschen, welche das Wunder des Lebens aus Ressentiment ablehnen und ein perverses Vergnügen darin finden, sich selbst als Maschine anzusehen.

Irratio
27.05.2011, 17:38
Ich hab nachgelesen. (Nicht in der "Natur der Dinge" sondern in "Philosophische Grundlagen der Biologie".)
Genau das ist den Autoren klar und dort setzt ihre Kritik an.
Um Kommunikation zu verstehen, müssen wir uns klar werden, daß der Austausch von "Information" nicht etwa dem Austausch von Waren analog ist. Vielmehr besteht der vermeintliche Informationsaustausch darin, daß zwei Individuen direkt oder mittel Artefakten so interagieren, daß in jedem der beteiligten Gehirne bestimmte Lernprozesse ablaufen. Mit anderen Worten: Erfolgreiche Kommunikation besteht darin, daß in den Gehirnen der interagierenden Individuen ähnliche Prozesse konstruiert oder rekonstruiert werden. Sind diese Prozesse zu unterschiedlich, mißverstehen wir uns. ...
...
Im Lichte dieser Ausführungen wird deutlich, daß der Begriff des Mems, von Dawkins (1978) als Analogie zum Genbegriff eingeführt, nur eine Metapher ist sowie ein überflüssiges Synonym für 'Idee'.

Memetik wird also nicht unbedingt als falsch kritisiert, sondern anstatt des Begriffs 'Mem' kann man ihrer Ansicht nach genausogut einfach 'Idee' sagen.

Ergänzung:
Es ist natürlich zulässig aus didaktischen Gründen mit Analogien und Metaphern einen Sachverhalt zu erläutern, aber sobald man spezifische Ideen (Meme) in Analogie zu Viren setzt, wird die Aussage nicht nur fragwürdig, sondern falsch.
Ich hatte immer das Gefühl, dass die Diskretisierung der Hauptunterschied zur "Idee" war. Zwecks Modellierung und Analogiebildung erscheint das auch recht sinnvoll, und hat anscheinend auch vereinzelt Anwendungen.


Den Materialismus als metaphysische Position hat es ja schon immer gegeben (Demokrit, Epikur z.B. in der Antike). Besonders plausibel fand ich ihn noch nie, halte aber letztlich alle metaphysischen Positionen für spekulativ.

Das Scheitern der KI-Forschung (hier ist der Optimismus, der noch vor wenigen Jahren bei einigen Spinnern herrschte, wohl verflogen) sowie die anscheinend grundsätzliche Problematik geistige Phänomene wie Sinnesqualitäten befiedigend in einem rein materialistischen Rahmen zu erklären, machen diese Position noch unattraktiver, als sie es ohnehin schon ist.

Für mich sind Anhänger eines ontologischen Materialismus Menschen, welche das Wunder des Lebens aus Ressentiment ablehnen und ein perverses Vergnügen darin finden, sich selbst als Maschine anzusehen.

Das Wunder des Lebens wird durch einen Materialismus erst gerade hervorgehoben. Die wunderschönen, emergenten Strukturen sind unvergleichlich viel schöner als ein willkürliches Postulat des Schönen.

Die Physik ist vollkommen mechanisch, aber denen, die sie studieren bereitet sie unwahrscheinliche Freude. Spiele haben Regeln, aber das mindert die Freude an ihnen nicht.

Die Frage der KI-Forschung ist ja vorrangig, was Intelligenz ist. Einzelne Verhaltensweisen zu modellieren ist oft nicht all zu schwer. Die Schönheit des Materialismus liegt im Minimalismus - wir nehmen nicht mehr an, als wir brauchen, und bekommen trotzdem, durch "wundersame" Verstrickungen, alles was wir erklären wollen.

Dass wir Sinneseindrücke nicht erklären können, liegt weniger daran, dass wirs nicht können, und mehr an deiner dualistischen Betrachtungsweise. Den Grund für Sinneseindrücke können wir rein evolutionär erfassen, und den Grund, warum wir Schönheit erkennen auch. Warum rot gerade rot ist, ist eine inhärent dualistische Frage, die Sinneseindrücken schon eigene Existenz jenseits des Materialistischen zuweist.

Für mich sind Gegner des Materialismus Menschen, die nicht wollen, dass es für alles eine Erklärung gibt, und sich auf kleinkindische Weise gegen den Versuch der Erklärung wehren.
Ich finde solche Sätze äußerst produktiv und diskussionsförderlich.

Irratio.

Eukalyptusbonbon
27.05.2011, 18:21
Das Wunder des Lebens wird durch einen Materialismus erst gerade hervorgehoben. Die wunderschönen, emergenten Strukturen sind unvergleichlich viel schöner als ein willkürliches Postulat des Schönen.

Na ja, das ist wahrscheinlich eine Geschmacksfrage, über die man ewig streiten kann. Ich finde, zur Schönheit gehört auch das Geheimnis.


Die Physik ist vollkommen mechanisch, aber denen, die sie studieren bereitet sie unwahrscheinliche Freude. Spiele haben Regeln, aber das mindert die Freude an ihnen nicht.

Meines Wissens betonen die führenden Physiker, dass gerade mit Heisenbergs Interpretation der Quantentheorie das mechanistische Weltbild überwunden ist. Aber das ist sicherlich auch eine Interpretationsfrage, zumal die Physiker wohl nur unzureichend zwischen Erkenntnistheorie und Ontologie unterscheiden.


Die Frage der KI-Forschung ist ja vorrangig, was Intelligenz ist. Einzelne Verhaltensweisen zu modellieren ist oft nicht all zu schwer. Die Schönheit des Materialismus liegt im Minimalismus - wir nehmen nicht mehr an, als wir brauchen, und bekommen trotzdem, durch "wundersame" Verstrickungen, alles was wir erklären wollen.

Tja, aber anscheinend hat es sich nicht so geklappt, wie man das ursprünglich vollmundig verkündet hatte, die menschliche Intelligenz zu "modellieren". Die Materialisten extrapolieren immer von einfachen Erklärungen einfacher natürlicher Vorgänge zu Erklärungen komplexer geistiger Phänomen. Das hat schon Demokrit mit lächerlich inadäquaten Erklärungsversuchen so gemacht.


Dass wir Sinneseindrücke nicht erklären können, liegt weniger daran, dass wirs nicht können, und mehr an deiner dualistischen Betrachtungsweise. Den Grund für Sinneseindrücke können wir rein evolutionär erfassen, und den Grund, warum wir Schönheit erkennen auch. Warum rot gerade rot ist, ist eine inhärent dualistische Frage, die Sinneseindrücken schon eigene Existenz jenseits des Materialistischen zuweist.

Nein, wir haben noch nicht einmal eine grundsätzliche Ahnung, wie Sinnesqualitäten entstehen können. Außerdem sehe ich nicht, wie Du mit Deiner Beschreibung nicht dem Dualisten Recht gibts. Und der Dualismus ist nun einmal unvereinbar mit dem Materialismus.



Für mich sind Gegner des Materialismus Menschen, die nicht wollen, dass es für alles eine Erklärung gibt, und sich auf kleinkindische Weise gegen den Versuch der Erklärung wehren.


Na ja, Polemik gegen Polemik.


Ich finde solche Sätze äußerst produktiv und diskussionsförderlich.

Sehe ich auch so.

MfG

Irratio
27.05.2011, 18:35
Meines Wissens betonen die führenden Physiker, dass gerade mit Heisenbergs Interpretation der Quantentheorie das mechanistische Weltbild überwunden ist. Aber das ist sicherlich auch eine Interpretationsfrage, zumal die Physiker wohl nur unzureichend zwischen Erkenntnistheorie und Ontologie unterscheiden.
Mechan(ist)isch wird die Physik niemals wiederlegen können, nur deterministisch.



Tja, aber anscheinend hat es sich nicht so geklappt, wie man das ursprünglich vollmundig verkündet hatte, die menschliche Intelligenz zu "modellieren". Die Materialisten extrapolieren immer von einfachen Erklärungen einfacher natürlicher Vorgänge zu Erklärungen komplexer geistiger Phänomen. Das hat schon Demokrit mit lächerlich inadäquaten Erklärungsversuchen so gemacht.
Nicht so schnell, wie erwartet. Es stellt sich halt auch die Frage, was "intelligenz" eigentlich ist. Rechnen können Rechner offensichtlich schneller, als es selbst ein Gauß jemals gekonnt hätte. Was ist eigentlich Kreativität, was ist Geist? Im materialistischen Bild sinds emergente Muster, deren Ursprung wir nur erfassen müssen. Vermutlich wurde gerade das unterschätzt.


Nein, wir haben noch nicht einmal eine grundsätzliche Ahnung, wie Sinnesqualitäten entstehen können. Außerdem sehe ich nicht, wie Du mit Deiner Beschreibung nicht dem Dualisten Recht gibts. Und der Dualismus ist nun einmal unvereinbar mit dem Materialismus.
Das Phänomen "Rot" funktioniert auf die Weise, in der es sinnvoll ist. Die Form der Wahrnehmung ist eine Folge der evolutonären Notwendigkeit. Die Tatsache, dass wir Impulstypen abstrahieren können sagt nichts über ihr Wesen aus, ebensowenig wie das adjektiv "schön" etwas über das Objekt aussagt. Gerade solche Punkte lassen sich wunderbar mit Kant'scher Erkenntnistheorie abhandeln.


Na ja, Polemik gegen Polemik.
Nur wenns sein muss.

Irratio.

r2d2
28.05.2011, 12:34
Ich hatte immer das Gefühl, dass die Diskretisierung der Hauptunterschied zur "Idee" war. Zwecks Modellierung und Analogiebildung erscheint das auch recht sinnvoll, und hat anscheinend auch vereinzelt Anwendungen.
Bunge und Mahner sehen auch in der Memetik die Gefahr der Reifikation. Meme werden ebensowenig übertragen wie Krankheiten. Aber Kommunikation findet statt (und zwar materialistisch).

Wenn Dennett behauptet, dass "Meme ... die Computerarchitektur des menschlichen Gehirns umwandeln können" oder Popper von "objektivem Wissen" spricht, entspricht dies nicht ihrer materialistischen Ontologie. Solche Aussagen betrachten sie ausgesprochen negativ kritisch. Möglicherweise tendieren sie auch dazu, solche "Meme, welche da auf sie übertragen werden", mißzuverstehen, was nun wenn Pathogene übertragen würden, nicht möglich wäre. ;)

Gawen
28.05.2011, 12:56
Meme werden ebensowenig übertragen wie Krankheiten. Aber Kommunikation findet statt (und zwar materialistisch).

Wenn Dennett behauptet, dass "Meme ... die Computerarchitektur des menschlichen Gehirns umwandeln können" oder Popper von "objektivem Wissen" spricht, entspricht dies nicht ihrer materialistischen Ontologie.

Wie werden Krankheiten denn kommunikativ übertragen? :D

Und fördert der Gedanke der "Notwendigkeit von Bildung" nicht reflexiv das Training von Denkapparaten, die sich wie ein Muskel ihrer Nutzung anpassen?

r2d2
28.05.2011, 13:56
Den Materialismus als metaphysische Position hat es ja schon immer gegeben (Demokrit, Epikur z.B. in der Antike). Besonders plausibel fand ich ihn noch nie, halte aber letztlich alle metaphysischen Positionen für spekulativ.
Gerhard Vollmer von dem das Geleitwort in dem Buch "Philosophische Grundlagen der Biologie" stammt, bezeichnet sich als hypothetischen Realisten, weil die objektive Realität für uns metaphysisch ist.

Bereits Kant erwähnt, dass das "Ding an sich" metaphysisch ist. In der Naturwissenschaft werden nun sinnliche und technische Methoden ergänzend mit theoretischen Überlegungen genutzt um sich ein Bild dieses "Dings an sich" zu erarbeiten, dessen Existenz a priori als gegeben vorausgesetzt wird. Eine Ontologie, die auf diesen Prämissen aufbaut, versucht nun die Grundstrukturen der Realität zu beschreiben. Eine Beschäftigung mit Ontologie führt damit auch zu einer Gedankenordnung. Falsifiziert werden kann eine solche Ontologie durch die angewandte Wissenschaft. Andererseits baut diese Ontologie auch auf den aktuellen Kenntnissen der angewandten Wissenschaften auf.

Üblicherweise wird daher Materialisten häufiger Reduktionismus unterstellt als reine Spekulation.

r2d2
28.05.2011, 14:38
Wie werden Krankheiten denn kommunikativ übertragen? :D
Und noch einer, der ein Mem mißverstanden hat, was beweist, dass es kein Ding ist, das übertragen wird. Krankheiten werden nicht übertragen, sondern sind ein Zustand eines Organismus. Krankheitserreger können übertragen werden. Auch Meme werden nicht übertragen. Es gibt aber Methoden, wie wir Menschen kommunizieren können (über materielle, aber veränderliche Dinge: es werden dazu Schallwellen, elktromagnetische Wellen oder Schriftstücke oder vernetzte Computer mit Forensoftware, ... benötigt. Zustände dieser materiellen Dinge können wir Menschen (vielleicht) interpretieren, möglicherweise auch falsch.


Und fördert der Gedanke der "Notwendigkeit von Bildung" nicht reflexiv das Training von Denkapparaten, die sich wie ein Muskel ihrer Nutzung anpassen?
Laut Bunge und Mahner ist diese Aussage metaphysisch mißkonzipiert, was nichts daran ändert, dass ich sie verstehen kann.

Gedanken sind Eigenschaften eines Denkapparats bzw. Zustände innerhalb eines Denkapparats, wenn sie uns Menschen auch als (fiktives oder abstraktes) Konstrukt davon losgelöst erscheinen. Es existiert keine reflexive, sondern eine psychoneuronale monistische Beziehung zwischen Gedanken und neuronalen Prozessen.

Wir nehmen die Welt nicht so wahr, wie sie ist, der naive Realismus ist falsch. Ohne Kenntnis der Relativitätstheorie gehen wir auch davon aus, dass Raum und Zeit unabhängig voneinander wären. Die Fähigkeit zur Reifikation einer Eigenschaft des Gehirns hat sich als evolutionärer Vorteil bei unserer Spezies entwickelt. Was für das Überleben einer Spezies nützlich ist, muss nicht den Tatsachen entsprechen. Pragmatisch gesehen ist es ja nützlich, sich in einer "Gedankenwelt" bewegen zu können. Ohne diese "Gedankenwelt" könnte auch kein Hirnforscher das Gehirn erforschen.

Ergänzung:
Die Bezeichnung "Denkapparat" für das Gehirn ist missverständlich. Das Gehirn ist das zentrale Steuerungsorgan das menschlichen Organismus und vieler anderer Organismen. Es ist kein reiner Denkapparat. Diese reduktionistische Bezeichnung ist irreführend.

Eukalyptusbonbon
28.05.2011, 15:32
Falsifiziert werden kann eine solche Ontologie durch die angewandte Wissenschaft. Andererseits baut diese Ontologie auch auf den aktuellen Kenntnissen der angewandten Wissenschaften auf.

Üblicherweise wird daher Materialisten häufiger Reduktionismus unterstellt als reine Spekulation.

Ich beschäftige mich mit der Philosophie nur in der Freizeit (besser: habe mich beschäftigt, ich bin mittlerweile nicht mehr vom Wert der Philosophie überzeugt), doch kann ich Deine Position nicht nachvollziehen. Idealismus und Materialismus sind beides abgeschlossens metaphysische Systeme, die man nicht verifizieren oder falsifizieren kann, da Idealist und Materialist die Sinneswahrnehmungen gemäß ihrer metaphysischen Positionen deuten. Es gab ja auch Naturwissenschaftlicher, die eher einer idealistischen Metaphysik anhingen, ohne dass sie damit im Wissenschaftsbetrieb groß aufgefallen wären.

Und weil uns die Sinneserfahrung und der ordnende Verstand nicht zu einer metaphysischen Position führen, halte ich alle kohärenten metaphysischen Positionen letztlich für spekulativ. In welchem Zeitalter mehrheitlich welche metaphysische Position vertreten wird (und es gibt immer Außenseiter), scheint mir eine Modeerscheinung zu sein.

Gawen
28.05.2011, 15:51
Gedanken sind Eigenschaften eines Denkapparats bzw. Zustände innerhalb eines Denkapparats, wenn sie uns Menschen auch als (fiktives oder abstraktes) Konstrukt davon losgelöst erscheinen. Es existiert keine reflexive, sondern eine psychoneuronale monistische Beziehung zwischen Gedanken und neuronalen Prozessen.

Erklär uns doch mal genau auf welchem Mechanismus diese postulierte psychoneuronale monistische Beziehung zwischen Gedanken und neuronalen Prozessen beruht. Wie sind die Gedanken an die Neuronen gebunden? Oder andersherum gefragt: Wie produzieren Neuronen Gedanken, also Teile dessen, was man Bewusstsein nennt?

Irratio
28.05.2011, 16:08
Erklär uns doch mal genau auf welchem Mechanismus diese postulierte psychoneuronale monistische Beziehung zwischen Gedanken und neuronalen Prozessen beruht. Wie sind die Gedanken an die Neuronen gebunden? Oder andersherum gefragt: Wie produzieren Neuronen Gedanken, also Teile dessen, was man Bewusstsein nennt?
Die adjektive "schön" und "abstrakt" haben kein physikalisches Äquivalent. Wieso muss es irgendeine Erklärung für die Art, wie wir durch den Dualismus geprägte und überhaupt erst postulierte Objekte erleben, geben?

Irratio.

Gawen
28.05.2011, 16:27
Die adjektive "schön" und "abstrakt" haben kein physikalisches Äquivalent. Wieso muss es irgendeine Erklärung für die Art, wie wir durch den Dualismus geprägte und überhaupt erst postulierte Objekte erleben, geben?

Menschen die ein rein materialistisches Weltbild öffentlich vertreten wollen, die sollten schon materialistisch erklären können wie dieser Wille materiell entsteht entsteht und funktioniert.

Das als materiell messbar postulierte sollte man halt ordentlich vermessen haben. Ich verlange von Materialisten tragfähige Messergebnisse.

Irratio
28.05.2011, 16:32
Menschen die ein rein materialistisches Weltbild öffentlich vertreten wollen, die sollten schon materialistisch erklären können wie dieser Wille materiell entsteht entsteht und funktioniert.

Das als materiell messbar postulierte sollte man halt ordentlich vermessen haben. Ich verlange von Materialisten tragfähige Messergebnisse.
Deine Frage ist trotzdem irreführend; unsere Empfindung von Gedanken als eigenständigen Objekten liegt ihr schon zugrunde. Sie sind lediglich "Erscheinungsformen", kategorisierte Wahrnehmung nach evolutionär gebildeten Schemata. Unsere Wahrnehmung von Gedanken als eigenständiges Objekt ist zwar zwecks Abstraktion sinnvoll, aber fehlerhaft.

Irratio.

Gawen
28.05.2011, 16:40
Deine Frage ist trotzdem irreführend; unsere Empfindung von Gedanken als eigenständigen Objekten liegt ihr schon zugrunde. Sie sind lediglich "Erscheinungsformen", kategorisierte Wahrnehmung nach evolutionär gebildeten Schemata.

Welche messbaren neuronalen Verschaltungsschemata, die Gedanken repräsentieren gibt es denn so und wie haben die sich angeblich evolutionär entwickelt?

Ich nehme zu diesem Thema immer gerne Links zu wissenschaftlichen Abhandlungen.

Irratio
28.05.2011, 16:42
Welche messbaren neuronalen Verschaltungsschemata, die Gedanken repräsentieren gibt es denn so und wie haben die sich angeblich evolutionär entwickelt?

Ich nehme zu diesem Thema immer gerne Links zu wissenschaftlichen Abhandlungen.
Du erkennst den inhärenten Fehler deiner Frage immer noch nicht - du trennst zwischen Gedanke und neuronaler Aktivität.

Irratio.

Gawen
28.05.2011, 16:47
Du erkennst den inhärenten Fehler deiner Frage immer noch nicht - du trennst zwischen Gedanke und neuronaler Aktivität.

Falsch, ich bin da völlig offen, fordere aber wissenschaftliche Belege für die Hypothese, dass neuronale Vorgänge Gedanken hervorbringen.

Kann doch nicht so schwierig sein diese zu liefern. :]


Ich habe eher den Verdacht den Materialisten fehlt da das notwendige Wissen, da ich nie konkrete Antworten auf meine Fragen bekomme.

Irratio
28.05.2011, 16:59
Falsch, ich bin da völlig offen, fordere aber wissenschaftliche Belege für die Hypothese, dass neuronale Vorgänge Gedanken hervorbringen.

Kann doch nicht so schwierig sein diese zu liefern. :]


Ich habe eher den Verdacht den Materialisten fehlt da das notwendige Wissen, da ich nie konkrete Antworten auf meine Fragen bekomme.
Ich bin kein Neurowissenschaftler, aber es ist letztlich irrelevant, weil deine Frage ganz strikt den abstrakten "Gedanken" von seinem neuronalen Pendant trennt. "Gedanken hervorbringen" macht nur Sinn, wenn man sie als eigenständige Entitäten betrachtet.
Wir abstrahieren, und setzen dann die Existenz des abstrahierten Objekts voraus. Oder, anders formuliert: Wenn du mir die Existenz von Gedanken nachweisen kannst, dann geb ich dir deine Erklärung.

Irratio.

Gawen
28.05.2011, 17:04
Ich bin kein Neurowissenschaftler, aber es ist letztlich irrelevant, weil deine Frage ganz strikt den abstrakten "Gedanken" von seinem neuronalen Pendant trennt. "Gedanken hervorbringen" macht nur Sinn, wenn man sie als eigenständige Entitäten betrachtet.
Wir abstrahieren, und setzen dann die Existenz des abstrahierten Objekts voraus. Oder, anders formuliert: Wenn du mir die Existenz von Gedanken nachweisen kannst, dann geb ich dir deine Erklärung.

Ich dreh Dir den Spiess um: Wenn Du beweist, dass Gedanke und neuronales Pendant eine Einheit sind, ein Gedanke also ein Verschaltungszustand von Neuronen ist, dann weise ich Dir nach, dass Gedanken eigenständige Entitäten sind. :)

Komm, trau Dich, beleg uns hier, dass Gedanken neuronale Verschaltungszustände sind!

Irratio
28.05.2011, 17:05
Ich dreh Dir den Spiess um: Wenn Du beweist, dass Gedanke und neuronales Pendant eine Einheit sind, ein Gedanke also ein Verschaltungszustand von Neuronen ist, dann weise ich Dir nach, dass Gedanken eigenständige Entitäten sind. :)

Komm, trau Dich, beleg uns hier, dass Gedanken neuronale Verschaltungszustände sind!
Was ist ein Gedanke?

Irratio.

Gawen
28.05.2011, 17:10
Was ist ein Gedanke?

Eine Informationseinheit, Ergebnis eines von seinem Mechanismus her unbekannten Verarbeitungsprozesses.

Irratio
28.05.2011, 17:17
Eine Informationseinheit, Ergebnis eines von seinem Mechanismus her unbekannten Verarbeitungsprozesses.
Bleiben wir lieber beim ersten Teil; der zweite postuliert, es gäbe einen Prozess, an dessen Ende ein Gedanke steht - zur Definition von Gedanken hilft das nicht wirklich weiter.

Wir postulieren hier jedenfalls die Existenz eines nicht-physischen Objekts. Wieso sollte es Gedanken als eigenständige Entitäten geben? Wir haben lediglich einen Wahrnehmungsapparat, für den eine entsprechende Betrachtungsweise förderlich ist.

Mal eine kurze Zwischenfrage, um deine Haltung besser zu verstehen: Würdest du deine Kritik am Materialismus auch dahingehend fortführen, dass wir Zorn oder Begehren nicht erklären können?

Irratio.

Gawen
28.05.2011, 17:27
Wieso sollte es Gedanken als eigenständige Entitäten geben? Wir haben lediglich einen Wahrnehmungsapparat, für den eine entsprechende Betrachtungsweise förderlich ist. [...]

Würdest du deine Kritik am Materialismus auch dahingehend fortführen, dass wir Zorn oder Begehren nicht erklären können?

Meine Kritik des Materialismus basiert auf der Unfähkeit der Materialisten ihre Materialismus physikalisch herzuleiten.

Du postulierst z.B. die Existenz eines beschränkten Wahrnehmungsapparates, für den irgendeine Betrachtungsweise förderlich sei, kannst aber nicht erklären, wie dieser tatsächlich physikalisch funktioniert und worin denn nun psysikalisch-materiell seine postulierten Beschränkungen liegen.

Wie kommt ein Materialist zu solchen Postulaten? Es müsste einem Materialisten doch ein Graus sein Postulate ohne materielles Wissen aufzustellen, oder?

Irratio
28.05.2011, 17:40
Meine Kritik des Materialismus basiert auf der Unfähkeit der Materialisten ihre Materialismus physikalisch herzuleiten.

Du postulierst z.B. die Existenz eines beschränkten Wahrnehmungsapparates, für den irgendeine Betrachtungsweise förderlich sei, kannst aber nicht erklären, wie dieser tatsächlich physikalisch funktioniert und worin denn nun psysikalisch-materiell seine postulierten Beschränkungen liegen.

Wie kommt ein Materialist zu solchen Postulaten? Es müsste einem Materialisten doch ein Graus sein Postulate ohne materielles Wissen aufzustellen, oder?
Die präzisen Mechanismen müssen mir nicht bekannt sein.

Was den Wahrnehmungsapparat angeht, so lässt sich seine Existenz und Genese als Folge evolutionärer Prozesse beschreiben. Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass Wahrheit irgendeinen Wert für dieses System hat, Überleben hingegen schon. Vielleicht hab ich mich falsch ausgedrückt: Ich wollte nicht behaupten, es gebe Beschränkungen. Die einfachste Erklärung für den Verstand ist nun mal die evolutionäre, und in diesem erfüllt er nur die Funktionen, die er muss.
Gleichzeitig ist es uns unmöglich, festzustellen wie beschränkt unser Verstand tatsächlich ist, da wir dafür genau diesen gebrauchen.

Ich werte "Gedanken" als physikalische Prozesse, deren Wahrnehmung nichts anderes ist als die Wahrnehmung irgendwelcher Objekte in meinem Blickfeld, also als reines "Phänomen".

(Das wars wohl für heute, meinerseits.)

Irratio.

Gawen
28.05.2011, 17:46
Die präzisen Mechanismen müssen mir nicht bekannt sein. [...] Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass Wahrheit irgendeinen Wert für dieses System hat [...] Gleichzeitig ist es uns unmöglich, festzustellen wie beschränkt unser Verstand tatsächlich ist, da wir dafür genau diesen gebrauchen.

Es macht eh keinen Sinn mit Unwissenden und zum Wissen Unwilligen zu debattieren.

Bleib bei Deiner grobgeschnitzten Sichtweise, wenn Du meinst, daß Dir das evolutionär nützlich ist, ich bleib bei meiner. :]

Irratio
29.05.2011, 06:41
Es macht eh keinen Sinn mit Unwissenden und zum Wissen Unwilligen zu debattieren.

Bleib bei Deiner grobgeschnitzten Sichtweise, wenn Du meinst, daß Dir das evolutionär nützlich ist, ich bleib bei meiner. :]
Deine herablassende Art, prinzipielle Einwände gegen die Axiomatik als simplistisch zu betrachten macht deine Frage keineswegs beachtenswerter.

Irratio.

r2d2
29.05.2011, 12:05
Eine Informationseinheit, Ergebnis eines von seinem Mechanismus her unbekannten Verarbeitungsprozesses.
Auch die Information, die in der DNA verschlüsselt ist, ist eine Eigenschaft der DNA und schwebt nicht immateriell über ihr.

Weiter mag die Hirnforschung bisher erst am Verständnis des Gehirns gekratzt haben, dieses Organ ist doch extrem komplex. Aber welche Energieübertragung soll denn eine Kausalbeziehung oder reflexive Beziehung zwischen einer materiellen und einer immateriellen Entität realisieren? Solche Energieformen findet man in der Esotherik aber nicht in der Wissenschaft.

Gawen
29.05.2011, 12:33
Aber welche Energieübertragung soll denn eine Kausalbeziehung oder reflexive Beziehung zwischen einer materiellen und einer immateriellen Entität realisieren? Solche Energieformen findet man in der Esotherik aber nicht in der Wissenschaft.

Gegenfrage: Ist das noch nicht gemessene, das Dir Unbekannte, für Dich nichtexistent? Existiert der Mond nur, wenn er gesehen wird?

r2d2
29.05.2011, 13:13
Meine Kritik des Materialismus basiert auf der Unfähkeit der Materialisten ihre Materialismus physikalisch herzuleiten.
Bunge und Mahner sind keine Physikalisten. Ihre Ontologie ist ein emergentistischer Systemismus. Auch die Eigenschaften von Atomen und Molekülen zu einer chemischen Reaktion fähig zu sein, kann derzeit nicht physikalisch hergeleitet werden, ist aber beobachtbares Fakt. Es ist eine emergente Eigenschaft von chemischen Systemen. (Das sollte nicht mit Holismus verwechselt werden.)


Du postulierst z.B. die Existenz eines beschränkten Wahrnehmungsapparates, für den irgendeine Betrachtungsweise förderlich sei, kannst aber nicht erklären, wie dieser tatsächlich physikalisch funktioniert und worin denn nun psysikalisch-materiell seine postulierten Beschränkungen liegen.
Dass unser Wahrnehmungsapparat beschränkt ist, ist kein Postulat, sondern ein Fakt. Über technische Geräte haben Wissenschaftler schon eine Vielzahl von Hilfsmitteln entwickelt, real Existierendes zu messen, das unser natürlicher Wahrnehmungsapparat nicht erkennt. Weiter nehmen "Normalsichtige" einen begrenzten Bruchteil von elektromagnetischen Wellen als Farbenkreis wahr, wobei die Geschlossenheit des Farbenkreises bei der Farbe Purpur physikalischer Unsinn ist. Da gehts in der einen Richtung mit Infrarot in der anderen mit Ultraviolett weiter.

Um das zu bemerken, benötigt es eigentlich keiner tiefgängigen Kenntnisse.


Wie kommt ein Materialist zu solchen Postulaten? Es müsste einem Materialisten doch ein Graus sein Postulate ohne materielles Wissen aufzustellen, oder?
Buchempfehlung: "Was können wir wissen?" Von Gerhard Vollmer.
In einem Internetforum können natürlich nicht alle Indizien für diese Ansicht aufgezählt werden.

Gawen
29.05.2011, 13:52
Bunge und Mahner sind keine Physikalisten. Ihre Ontologie ist ein emergentistischer Systemismus.

Bloß wie willst Du ein System korrekt beschreiben, wenn die Menge und Eigenschaften der wechselwirkenden Dinge nicht vollständig erfassbar sind?

r2d2
29.05.2011, 16:03
Gegenfrage: Ist das noch nicht gemessene, das Dir Unbekannte, für Dich nichtexistent? Existiert der Mond nur, wenn er gesehen wird?
Wenn man metaphysisch mißkonfigurierte Postulate aufstellt, ist das nicht Messbare deswegen nicht messbar, weil man falschen Vorstellungen anhängt.

Was diese "Gegenfrage" überhaupt in einem Themenstrang, der von Materialismus handelt, soll, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich beantworte sie daher nicht. Ich könnte hier bestenfalls rhetorisches Taktieren deinerseits vermuten, wenn du solche absurden Fragen stellst. Willst du die Diskussion zerreden? Die Alternative, die ich noch vermuten könnte, würde dir auch nicht zur Ehre gereichen.
Man kann auch Theorien verstehen, die der eigenen Ansicht nicht entsprechen. Da nach Bunge und Mahner auch Wissen ein Konstrukt ist, gehört ihrer Ansicht nach auch das Wissen von Theorien, die man für falsch hält, zum Wissen. Aber zumindest verstehen muss man sie.

r2d2
29.05.2011, 16:17
Bloß wie willst Du ein System korrekt beschreiben, wenn die Menge und Eigenschaften der wechselwirkenden Dinge nicht vollständig erfassbar sind?
Unser korrektes Wissen über die Wirklichkeit ist derzeit nicht vollständig. Die Fahreigenschaft eines Autos ist eine emergente Eigenschaft die ein Konstrukteur vollständig erfassen kann. Bei natürlichen Systemen können wir bisher bei manchen Systemen nur feststellen, dass sie emergente Eigenschaften aufweisen (durch ganz banale Beobachtung). Bei der Erklärung dieser hapert es aber noch.

Ergänzung:
Speziell bei der Hirnforschung besitzen wir derzeit nur ein korrektes Teilwissen. Vollständig ist es wohl noch lange nicht.

Gawen
29.05.2011, 16:24
Was diese "Gegenfrage" überhaupt in einem Themenstrang, der von Materialismus handelt, soll, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich beantworte sie daher nicht. Ich könnte hier bestenfalls rhetorisches Taktieren deinerseits vermuten, wenn du solche absurden Fragen stellst.

Entschuldige, aber was ist an der Frage absurd, wie in einem systemischen Materialismus mit dem noch Unbekannten umzugehen ist?

Da ist etwas mehr kritischer Realismus Deinerseits angesagt.

Gawen
29.05.2011, 16:28
Speziell bei der Hirnforschung besitzen wir derzeit nur ein korrektes Teilwissen. Vollständig ist es wohl noch lange nicht.

Und bei der Genforschung wissen wir auch noch nicht, wie man vom Gen zur Form kommt. Es kann einem auch keiner erklären, wie der immer gleiche Kopiermechanismus in die Gene kam, ohne den diese sich nicht kopieren können...

r2d2
29.05.2011, 17:39
Entschuldige, aber was ist an der Frage absurd, wie in einem systemischen Materialismus mit dem noch Unbekannten umzugehen ist?
Ob der Mond nicht existiert, wenn man ihn nicht sieht, ist aus materialistischer Sicht eine absurde Frage.
Weiter wird ja nicht behauptet, das ein menschlicher Organismus nicht die emergente Eigenschaft besäße, zu denken. Was ist denn das Unbekannte, das nicht existiert, weil man es nicht messen kann?

Es ist doch offensichtlich, dass, wenn die objektive Wirklichkeit zwar als materiell aber als metaphysisch angesehen wird, wir wohl erst Teilbereiche von ihr erfaßt haben dürften. Dennoch ist es ja wohl nicht verboten, zu versuchen zumindest die Grundstrukturen des Seienden zu ordnen.

Wenn eine solche Ontologie Fehler aufweist, sollten sie - nicht durch unbekanntes - aber durch angewandte Wissenschaft entlarvt werden können.

Selbstverständlich existiert auch Unbekanntes. Die Frage nach diesem Unbekannten war meines Erachtens im Kontext völlig unpassend gestellt, und zudem auf eine Art, die sogar elementare Postulate des Materialismus ignoriert, die nun wirklich nicht schwer zu begreifen sind.

Ergänzung:
Es handelt sich bei dieser Ontologie um eine Ontologie, die hinreichend präzise ist, dass sie Falsifikationskriterien enthält. So wird bei ihr mit dem Unbekannten umgegangen.

r2d2
29.05.2011, 18:38
Und bei der Genforschung wissen wir auch noch nicht, wie man vom Gen zur Form kommt. Es kann einem auch keiner erklären, wie der immer gleiche Kopiermechanismus in die Gene kam, ohne den diese sich nicht kopieren können...
Das dürfte mit ein Grund sein, wieso auch heute noch Genforschung betrieben wird, weil dies einigen Menschen noch nicht einleuchtet und es wohl bisher noch niemandem vollständig klar ist. Die Ideen sind eben nicht das Ding an sich, sondern Konstrukte. Reifikationen einer Eigenschaft des Gehirns.

Gawen
29.05.2011, 20:20
Was ist denn das Unbekannte, das nicht existiert, weil man es nicht messen kann?

Es ist doch offensichtlich, dass, wenn die objektive Wirklichkeit zwar als materiell aber als metaphysisch angesehen wird, wir wohl erst Teilbereiche von ihr erfaßt haben dürften. Dennoch ist es ja wohl nicht verboten, zu versuchen zumindest die Grundstrukturen des Seienden zu ordnen.

Verzeih die Mondverwirrung, ich dachte Du würdest diese scherzhaft vergleichende Äußerung von Einstein (an die Quantenphysiker) kennen.

Das Seiende... Ist Dunkle Materie oder ist sie nicht?


Es gibt noch so viel "Dunkle Information", dass ich menschengemachte Materialismen bisher für nicht lebensfähige Frühgeburten halte, für sich tarnenden Idealismus reinster Metaphysik, da alle diese Frühmaterialismen irgendwie zu offenkundig daran kranken auf den Krücken unzulässiger Simplifizierung zu humpeln.

r2d2
30.05.2011, 00:47
Verzeih die Mondverwirrung, ich dachte Du würdest diese scherzhaft vergleichende Äußerung von Einstein (an die Quantenphysiker) kennen.[(QUOTE]
Ich kannte diese Äußerung Einsteins tatsächlich noch nicht, wobei mir bekannt ist, dass Einstein selbst auch Quantenphysiker mit gewissen Aversionen gegen diese Theorie war. Er hielt die Quantenphysik zwar nicht für den "letzten Jakob" aber sein Nobelpreis bezüglich des photoelektrischen Effekts wurde ihm klar wegen der Beschreibung eines quantenphysikalischen Phänomens verliehen.


[QUOTE]Das Seiende... Ist Dunkle Materie oder ist sie nicht?

Es gibt noch so viel "Dunkle Information", dass ich menschengemachte Materialismen bisher für nicht lebensfähige Frühgeburten halte, für sich tarnenden Idealismus reinster Metaphysik, da alle diese Frühmaterialismen irgendwie zu offenkundig daran kranken auf den Krücken unzulässiger Simplifizierung zu humpeln.
Das dürfte nun ein prinzipielles weltanschauliches Problem aufzeigen, das Einstein zwar auch hatte, aber nicht dazu nutzte mit Argumenta ad ignorantium herumzuspielen. Sonst hätte er für die Entdeckung des photoelektrischen Effekts keinen Nobelpreis bekommen.

Das Postulat von der Existenz dunkler Materie ist - nach meiner persönlichen Beurteilung als Nichtphysiker - eine Ad-Hoc-Hilfshyptothese. Sie zu ignorieren, weil man sie nicht für den "letzten Jakob" hält, wäre aber sicherlich reine Ignoranz. Es gibt nämlich, so gut bin ich auch als Laie informiert, gute Gründe davon auszugehen, dass es da etwas gibt, was ohne dunkle Materie nicht mit den sonstigen Kenntnissen der objektiven Wirklichkeit, die wir haben, korreliert. Dunkle Materie gibt es sehr wahrscheinlich. Aber wie soll man sie ontologisch einordnen? Dadurch, dass man nicht die Materie zum Seienden erklärt sondern das Potential des menschlichen Organismus, das nur einen schwachen Abglanz des Seienden reifizieren kann? (Das ist nun auch eine scherzhaft vergleichende Anspielung an das Glaubensbekenntnis von Einstein. Sobald man emotionales ins Spiel bringt, kann auch ich "herumscherzen").

Dies hat allerdings nur bedingt mit der Ontologie Bunges und Mahners zu tun. Bei deinen Aussagen geht es eher um die persönliche weltanschauliche Einstellung, wie man damit umgeht, als Mensch nicht allwissend zu sein.

Ein pauschales unkonkretes "Herumhumpeln" kann mir wahrscheinlich immer unterstellt werden, sobald es zu sehr ins Detail geht. Die Metapher "Gott" (als Sinnbild des Allwissenden) taugt zumindest dazu, mir klarzuwerden, dass ich nicht allwissend bin.

Aber auch der Papst ist nicht unfehlbar, im Gegenteil, seine Äußerungen sind weitgehend metaphysisch mißkonfiguriert.

Und dieses Pseudodilemma ist in jeder materialistischen Theorie enthalten, dass sie nur ein Konstrukt ist.

Es ist aber kontraproduktiv mit Pauschalbezügen, auf der Beschränktheit der menschlichen Erkenntnisfähigkeit, Theorien als falsch zu diskreditieren.

Ich rezitiere:

Es gibt noch so viel "Dunkle Information", dass ich menschengemachte Materialismen bisher für nicht lebensfähige Frühgeburten halte,
Das werte ich als argumentum ad ignorantiam. Hier wird nichteinmal eine Theorie als ernstzunehmende Hypothese akzeptiert.

Gawen
30.05.2011, 01:16
Das werte ich als argumentum ad ignorantiam. Hier wird nichteinmal eine Theorie als ernstzunehmende Hypothese akzeptiert.

Reduktio ad absurdum. Materialismus setzt gefestigtes vollständiges Wissen über Mikro und Makrokosmos voraus, solches ist aber nicht vorhanden.

r2d2
30.05.2011, 10:08
Reduktio ad absurdum. Materialismus setzt gefestigtes vollständiges Wissen über Mikro und Makrokosmos voraus, solches ist aber nicht vorhanden.
Die Prämisse deines vermeintlichen Widerspruchbeweises ist ein Strohmann-Argument. Und nicht nur das. Es ist die Forderung von aus menschlicher Sicht Unmöglichem, damit du eine These ignorieren kannst, die dir nicht in den Kram passt.

Mit einem so scheinheiligen Pseudo-Reduktio-ad-absurdum kann man alles widerlegen. Es gibt dazu eine synonyme Aussage: Weil Menschen nicht allwissend sind, ist alles was Menschen behaupten falsch.

Schäbig.

Gawen
30.05.2011, 11:34
Mit einem so scheinheiligen Pseudo-Reduktio-ad-absurdum kann man alles widerlegen. Es gibt dazu eine synonyme Aussage: Weil Menschen nicht allwissend sind, ist alles was Menschen behaupten falsch.

Bullshit. Nicht alles was Menschen behautpten ist zwangsläufig falsch, aber ein umfassendes Projekt wie eine "materialistische Philosophie" ist angesichts der bekannten Wissenslücken heute noch nicht glaubhaft machbar.

Noch noch was ausser dieser hilflosen mutatio controversiae?

Leila
30.05.2011, 11:42
Um in mich diesem Strang sinnvoll äußern zu können: Welche Voraussetzungen müßte ich erfüllen?

Gawen
30.05.2011, 11:53
Um in mich diesem Strang sinnvoll äußern zu können: Welche Voraussetzungen müßte ich erfüllen?

Gesunder Menschenverstand dürfte genügen. :]

Leila
30.05.2011, 12:48
Gesunder Menschenverstand dürfte genügen. :]

Dann bleibe ich lieber draußen.

Gruß von Leila

sisyphos
30.05.2011, 14:31
Menschen die ein rein materialistisches Weltbild öffentlich vertreten wollen, die sollten schon materialistisch erklären können wie dieser Wille materiell entsteht entsteht und funktioniert.

Das als materiell messbar postulierte sollte man halt ordentlich vermessen haben. Ich verlange von Materialisten tragfähige Messergebnisse.

Das erforscht ja die Wissenschaft.

Wenn du kein Materialist bist, müsstest du aber ebenso genau agieren.

Bei Andersdenkenden genaueste Erkenntnisse zu fordern ( naja, die Wissenschaft vervollkommnet sich ja erst noch ),
geht nicht ... ohne das auch von sich selbst zu fordern.

sisyphos
30.05.2011, 14:36
Verzeih die Mondverwirrung, ich dachte Du würdest diese scherzhaft vergleichende Äußerung von Einstein (an die Quantenphysiker) kennen.

Das Seiende... Ist Dunkle Materie oder ist sie nicht?


Es gibt noch so viel "Dunkle Information", dass ich menschengemachte Materialismen bisher für nicht lebensfähige Frühgeburten halte, für sich tarnenden Idealismus reinster Metaphysik, da alle diese Frühmaterialismen irgendwie zu offenkundig daran kranken auf den Krücken unzulässiger Simplifizierung zu humpeln.

Es mag ja sein, dass der Materialismus "simplifiziert", aber wenigstens kann man darauf aufbauen. Auf der Metaphysik aufzubauen ist nicht ganz so leicht ...

sisyphos
30.05.2011, 14:40
Reduktio ad absurdum. Materialismus setzt gefestigtes vollständiges Wissen über Mikro und Makrokosmos voraus, solches ist aber nicht vorhanden.

Weshalb setzt das solches Wissen voraus? Um die biologischen Funktionen einer Biene zu erklären benötigt man kein vollständiges Wissen über den Micro-und Macrokosmos.

Gawen
30.05.2011, 15:53
Weshalb setzt das solches Wissen voraus? Um die biologischen Funktionen einer Biene zu erklären benötigt man kein vollständiges Wissen über den Micro-und Macrokosmos.

Menschen und ihr Verhalten sind ein klein wenig komplexer, oder? ;)

Gawen
30.05.2011, 15:53
Es mag ja sein, dass der Materialismus "simplifiziert", aber wenigstens kann man darauf aufbauen. Auf der Metaphysik aufzubauen ist nicht ganz so leicht ...

Simplifikation ist Metaphysik.

r2d2
30.05.2011, 16:26
Menschen und ihr Verhalten sind ein klein wenig komplexer, oder? ;)
Die Aussage ist wieder ein Appell ans Nichtwissen. Ein Argumentum ad ignorantiam. Gut geeignet eine Diskussion abzuwürgen, ansonsten heiße Luft.

r2d2
30.05.2011, 16:28
Simplifikation ist Metaphysik.
Jetzt ist dir also doch wieder bekannt, das eine Ontologie nicht die Wirklichkeit erklärt, das macht die angewandte Wissenschaft, sondern eine Theorie über die Grundstrukturen des Seienden ist.

Gawen
30.05.2011, 17:33
Jetzt ist dir also doch wieder bekannt, das eine Ontologie nicht die Wirklichkeit erklärt, das macht die angewandte Wissenschaft, sondern eine Theorie über die Grundstrukturen des Seienden ist.

Eine Theorie über die Grundstrukturen des Seienden, die Unbekannte willkürlich setzen muß um vollständig zu sein, die ist halt Metaphysik.

Garbage in / garbage out.

Gawen
30.05.2011, 17:40
Die Aussage ist wieder ein Appell ans Nichtwissen. Ein Argumentum ad ignorantiam. Gut geeignet eine Diskussion abzuwürgen, ansonsten heiße Luft.

Das war eine wahre Aussage: Menschen und ihr Verhalten sind ein klein wenig komplexer, als die biologischen Funktionen einer Biene.

Das Problem eines ontologischen Materialismus der Bienenvölker wäre, daß uns nicht einmal deren materielles Sein und ihre sozialen Zusammenhänge vollständig bekannt sind. Ersetzt man aber Unbekannte durch willkürliche Werte zwecks Vollständigkeit, dann degeneriert der Materialismus-Versuch schon wieder zu Metaphysik.

r2d2
30.05.2011, 19:58
Eine Theorie über die Grundstrukturen des Seienden, die Unbekannte willkürlich setzen muß um vollständig zu sein, die ist halt Metaphysik.

Garbage in / garbage out.
Dass das Gehrin das Zentrale Steuerungsorgan des menschlichen Körpers ist, und eine Korrelation zwischen neuronalen Prozessen und Gedanken existiert, davon gehen heutzutage die große Mehrheit der Hirnforscher aus. Der Materialismus, sagt nun, das hier keine Korrelation besteht, sondern, dass Gedanken als eine Eigenschaft des Gehirns begriffen werden sollten, nicht als "Ding". Auch die Lunge korreliert nicht mit der Atmung, sondern das Atmen ist eine Eigenschaft der Lunge. Die Atmung ist kein "Ding". Es gibt keine Unbekannte, schon gar keine, die willkürlich gesetzt ist.

Wenn es eine gibt, dann konkretisiere Bitte, was unbekannt ist. Erwarte aber nicht, dass ich in einem Themenstrang in einem Internetforum der eine Ontologie zur Diskussion stellt, eine Doktorarbeit über Psychatrie, Psychologie oder Hirnforschung schreibe.

r2d2
30.05.2011, 20:26
..., die ist halt Metaphysik.

Garbage in / garbage out.
Metaphysik ist eine Philosophie, die sich mit dem beschäftigt, was über das sinnlich Erfahrbare hinausgeht. Aus materialistischer Sicht geht die Materie über das sinnlich Erfahrbare hinaus, da wir durch sie nur indirekt affiziert werden. Die sinnliche Wahrnehmung ist eben nicht die Materie. Da diese Affizierung aber stattfindet, können wir Theorien über sie bilden, obwohl die Materie metaphysisch ist. Wir können auch noch einiges andere (zum Beispiel Unsinn verzapfen oder soziokulturelle Konstrukte entwickeln), aber Beschäftigung mit Materie ist Metaphysik.

Der Urknall ist nicht sinnlich erfahrbar.

sisyphos
31.05.2011, 20:14
Menschen und ihr Verhalten sind ein klein wenig komplexer, oder? ;)

Das ändert nichts daran, dass man die Funktionen einer Biene ( aus komplexeren Zusammenhängen herausgelöst ) nur materialistisch richtig beschreiben kann.
Nur weil man noch nicht alles materialistisch erklären kann ( oder überhaupt ) heißt das ja nicht, dass Metaphysik und immanente Wissenschaft einander gleichgestellt sind.
Zumal die Naturwissenschaften sich vorallendingen der immanenten Phänomenologie widmen, die materialistisch konzipiert ist.

Ein Fehler wäre es aber die Metaphysik auszuklammern.

Dennoch ist, was die sichere, vernünftige Erkenntnis angeht, ein materialistischer Standpunkt zwingend.

Gawen
31.05.2011, 22:26
Ein Fehler wäre es aber die Metaphysik auszuklammern.
Dennoch ist, was die sichere, vernünftige Erkenntnis angeht, ein materialistischer Standpunkt zwingend.

Letzten Endes ist das gesamte Universum materialistisch, es kommt nur darauf an, welche Materialien und Gesetze man anerkennt.

Und Vernunft setzt keinen Materialismus voraus, sie versorgt ihn nur mit weiteren Erkenntnis-Mosaiksteinen.

sisyphos
01.06.2011, 15:08
Letzten Endes ist das gesamte Universum materialistisch, es kommt nur darauf an, welche Materialien und Gesetze man anerkennt.

Und Vernunft setzt keinen Materialismus voraus, sie versorgt ihn nur mit weiteren Erkenntnis-Mosaiksteinen.

Anerkennt? Mitnichten ... welche wahrhaftig sind.

So recht das auch sein mag. Die spekulative Philosophie ist nicht fähig objektive Zusammenhänge immanent etwa so zu erklären,
wie das die Naturwissenschaften tun ... man sollte eben immer erst mal kleine Brötchen backen
bevor man irgendwelche sogenannten Wahrheiten verkündet.

Bellerophon
02.06.2011, 00:55
Wichtig für die vertikal eingefallenen Barbaren der westlichen Wohlstandgesellschaften ist nur, dass jeder Nomadenstamm mit Geburtendruck sie früher oder später wegradieren wird.

Heute wird das nur ohne Krieg arrangiert.

Also weiße Weiber dazu angehalten, sich von Fremdrassigen fick ... äh mit ihnen zu vermischen, die Selbstrassigen zu verstoßen bzw. ihre Frucht abzutreiben; ihre Kinder in Schulen und in der S-Bahn abziehen und zusammenschlagen zu lassen - der gewinnende Löwe tötet auch die Kinder des Vorgängers - er hat den stärkeren Samen. Und der alte Löwe - der teutsche Mann, hat ja auch nicht die Kraft seine Kinder zu schützen.

DU BIST HIER - IM GLOBALEN EXPERIMENT