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Vollständige Version anzeigen : Erich Kästner - Das letzte Kapitel



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06.09.2003, 19:39
Hallo!
Ich wollte mal fragen, was ihr zu Erich Kästners Gedicht "Das letzte Kapitel" denkt.


Erich Kästner: Das letzte Kapitel

Am 12. Juli des Jahres 2003
lief folgender Funkspruch rund um die Erde:
daß ein Bombengeschwader der Luftpolizei
die gesamte Menschheit ausrotten werde.
Die Weltregierung, so wurde erklärt, stelle fest,
daß der Plan, endgültig Frieden zu stiften,
sich gar nicht anders verwirklichen läßt,
als alle Beteiligten zu vergiften.

Zu fliehen, wurde erklärt, habe keinen Zweck.
Nicht eine Seele dürfe am Leben bleiben.
Das neue Giftgas krieche in jedes Versteck.
Man habe nicht einmal nötig, sich selbst zu entleiben.

Am 13. Juli flogen von Boston eintausend
mit Gas und Bazillen beladene Flugzeuge fort
und vollbrachten, rund um den Globus sausend,
den von der Weltregierung befohlenen Mord.

Die Menschen krochen winselnd unter die Betten.
Sie stürzten in ihre Keller und in den Wald.
Das Gift hing gelb wie Wolken über den Städten.
Milionen Leichen lagen auf dem Asphalt.

Jeder dachte, er könne dem Tod entgehen.
Keiner entging dem Tod, und die Welt wurde leer.
Das Gift war überall. Es schlich wie auf Zehen.
Es lief die Wüsten entlang. Und es schwamm übers Meer.

Die Menschen lagen gebündelt wie faulende Garben.
Andre hingen wie Puppen zum Fenster heraus.
Die Tiere im Zoo schrien schrecklich, bevor sie starben.
Und langsam löschten die großen Hochöfen aus.

Dampfer schwankten im Meer, beladen mit Toten.
Und weder Weinen noch Lachen war mehr auf der Welt.
Die Flugzeuge irrten, mit tausend toten Piloten,
unter dem Himmel und sanken brennend ins Feld.

Jetzt hatte die Menschheit endlich erreicht, was sie wollte.
Zwar war die Methode nicht ausgesprochen human.
Die Erde war aber endlich still und zufrieden und rollte,
völlig beruhigt, ihre bekannte elliptische Bahn.

Ich denke dass das Gedicht die Frage stellt, welche Meinungen man den eigenen Idealen entsprechend überhaupt haben "darf" (ohne dass sich die Ideale selber wiedersprechen).
Was kann man sich wünschen, oder auf was "darf" man hoffen, wenn das Ergebnis der eigenen Gedanken dem eigentlichen Wunsch genau entgegen stehen kann?

Klaus E. Daniel
07.09.2003, 14:40
Linkspfeil,


.....Ich denke dass das Gedicht die Frage stellt, welche Meinungen man den eigenen Idealen entsprechend überhaupt haben "darf" (ohne dass sich die Ideale selber wiedersprechen).
Was kann man sich wünschen, oder auf was "darf" man hoffen, wenn das Ergebnis der eigenen Gedanken dem eigentlichen Wunsch genau entgegen stehen kann?



Das ist öfters der Fall, als Sie glauben. Die Jugend tut das ihrige und errreicht weniges. Bis Sie älter werden und das alles hinter sich haben.

Glauben Sie mir - wenn Sie älter werden, haben Sie nur noch wenig Ideale und eine Menge Entäuschungen hinter sich. Und kaum einer wird sich zu Ihnen setzen, um Sie zu trösten.

Sie können Wünsche haben, hoffen - ein anderer wird entscheiden. Kästner ist es auch passiert und hat überall Abstand genommen.

KED