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Vollständige Version anzeigen : Warum droht der Tag der Arbeit (1.Mai) in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden?



Rutt
02.05.2012, 10:42
30. April 2012 um 17:13 Uhr

Ohne Frage fällt es den Gewerkschaften heute ausgesprochen schwer, zum Tag der Arbeit viele Menschen zu mobilisieren. 1. Mai Kundgebungen vor 40 Jahren und heute, das ist schon wie Tag und Nacht. Es wäre billig festzustellen, an diesem Niedergang seien die Gewerkschaften schuld. Ganz unschuldig sind sie nicht. Ich habe mir den Aufruf des DGB zum 1. Mai 2012 und ein aktuelles einblick-Interview mit Michael Sommer, dem DGB-Vorsitzenden, angeschaut. Dazu und ergänzend ein paar Anmerkungen. Vielleicht findet der/die eine oder andere Redner/in darin noch Anregungen zur kritischen Anreicherung seiner/ihrer Reden zum 1. Mai.

1.Der wichtigste Hebel zur Entmachtung der Arbeitnehmerschaft: die Ansammlung einer Reservearmee von Arbeitslosen.

Dazu das klassische Zitat, das jeder Gewerkschafter ständig zitieren müsste, um den eigenen Anhängern wenigstens zu erklären, warum ihre politischen Gegner die Beschäftigungspolitik vernachlässigt und geächtet haben:
Der ehemalige Notenbanker Sir Alan Budd – seine Biografie siehe hier – beschrieb die Geldpolitik der Bank of England unter Margret Thatcher so:


„Viele „haben nie (…) geglaubt, dass man mit Monetarismus die Inflation bekämpfen kann. Allerdings erkannten sie, dass [der Monetarismus] sehr hilfreich dabei sein kann, die Arbeitslosigkeit zu erhöhen. Und die Erhöhung der Arbeitslosigkeit war mehr als wünschenswert, um die Arbeiterklasse insgesamt zu schwächen. […] Hier wurde – in marxistischer Terminologie ausgedrückt – eine Krise des Kapitalismus herbeigeführt, die die industrielle Reservearmee wiederherstellte, und die es den Kapitalisten fortan erlaubte, hohe Profite zu realisieren.“ (The New Statesman, 13. Januar 2003, S. 21)
Hier die Originalquelle auf Englisch:
http://www.newstatesman.com/blogs/the-staggers/2010/07/class-war-budd-thatcher-cuts

In Deutschland kam dann noch der ständige Sozialabbau zu Zeiten der Regierung Kohl und der Ausbau des Niedriglohnsektors und der Leiharbeit durch Rot-Grün hinzu. Die Agenda 2010 und Harz IV waren wichtige weitere Bausteine zur Verunsicherung der Arbeitnehmerschaft und damit zur weiteren Entmachtung.

2.Viele Gewerkschafter haben die zentrale Bedeutung der Verweigerung einer aktiven Beschäftigungspolitik für die Schwächung der Arbeitnehmerschaft nicht erkannt. Manche haben diese Entmachtung gefördert, indem sie selbst den Unsinn nachgebetet haben, in den siebziger Jahren sei die aktive Beschäftigungspolitik nach den Methoden von Keynes gescheitert.

3.Es wäre aber wichtig, politisch Ross und Reiter zu nennen. Das geschieht nicht. Der DGB tut so, als sei die Sparpolitik in Europa und ihre Folgen für die Arbeitslosigkeit vom Himmel gefallen. Die Union wird geschont.(CDU)
Der DGB Vorsitzende spricht vom „gegenwärtigen europäischen Sparkurs“. Dieser ist doch nicht alleine in Brüssel erfunden worden. Die Originale sitzen in Berlin: Angela Merkel und Wolfgang Schäuble. Davon kein Wort in den Äußerungen. Stattdessen ein Angriff auf die FDP wegen ihrer Weigerung beim Mindestlohn.

4.Auch die SPD wird geschont. Dabei dürfte es sich sicher auch bis zum DGB-Haus herumgesprochen haben, dass sowohl beim Sparkurs als auch bei der Schuldenbremse die SPD Führung die Bundesregierung ermuntert und gedrängt hat.
Die SPD wird auch bei den Einlassungen zur sozialen Sicherheit geschont. Sommer spricht von der tickenden Zeitbombe der Altersarmut und im Aufruf ist immerhin erfreulicherweise die Rede davon, dass Beitragskürzungen abzulehnen sind, weil sie die Rentenkürzungen von morgen sind. Aber von den Gewerkschaften müsste man erwarten können, dass sie endlich die Forderung erheben, alle Mittel auf die gesetzliche Rentenversicherung zu konzentrieren und mit dem Ergebnis politischer Korruption, der Riester-Rente und der Rürup-Rente, Schluss zu machen.

5.Dahinter verbirgt sich eine fatale politische Bündnisstrategie der Gewerkschaften. Vom DGB-Vorsitzenden Sommer ist bekannt, dass er auf eine große Koalition aus ist. Wenn die große Koalition dann aus einer Union besteht, die auch durch die Schonung durch die Gewerkschaften ihren prozyklischen Spar-Absichts-Kurs bestätigt fühlen kann, und aus einer SPD mit eben dieser Grundhaltung und bei Ausschaltung der arbeitnehmerfreundlichen Teile der SPD, dann wird das eine fatale Koalition.

6.Die Gewerkschaften müssen auf ein politisch linkes Bündnis setzen. Alles andere führt zu einer weiteren Entwertung des 1. Mai und zu einer weiteren Schwächung der Gewerkschaften.
Quelle:http://www.nachdenkseiten.de/?p=13057


M. Sommer (SPD) einer der übelsten und verlogensten Gewerkschafter aller Zeiten.
M. Sommer (SPD) ist schlicht und einfach ein Arbeiterverräter!

Hätte Herr Sommer (SPD) keinen Tarifvertrag (7,80 Brutto) mit der Leiharbeitsbranche abgeschlossen,
würde in Deutschland "Gleiche Arbeit, gleicher Lohn gelten" so steht es im SGB.

Danke Herr Sommer (SPD), für 8 Millionen 400 Jobs, gut für die Lügenstatistik der BA
schlecht für die Menschen, wovon leben die eigentlich alle? Herr Sommer (SPD)!

Danke Herr Sommer (SPD) für fast 2 Millionen Leihsklaven, wovon leben die eigentlich Herr Sommer?
Von 7,80 Brutto kann man in einem Hochpreisland nicht leben!

Ach ja, Herr Sommer (SPD) die können ja ihren Lohn Aufstocken,
beim Amt für Schikane und Menschenverachtung, der Bundesagentur für Propaganda und Lügen.

Da sind sie (BA) ganz groß, im kujonieren (unwürdig behandeln, schikanieren, unnötig und bösartig bedrängen) von Menschen.

Der deutsche Arbeitsmarkt ist zum Selbstbedienungsladen (für Arbeitgeber) und Schweinestall verkommen, zur einer Art Billigdiscounter um sich möglichst billige Sklaven zu-zwingen zu lassen.

Danke, für mittlerweile 13,8 Millionen Menschen die in diesem Deutschland bereits arm gemacht wurden.

Der Sanktionsparagraph und die Zumutbarkeitsparagraph im SGB 2 lassen grüßen!
Da holt sich jeder Arbeitgeber einen drauf runter und lacht sich über den deutschen Arbeiter tot.

Merke, diese beiden Paragraphen entrechten nicht nur Erwerbslose sonder auch
und vor allem den Arbeitnehmer !


mfg
rutt

tommy3333
16.05.2012, 23:49
Andreas Thiel

Am 1. Mai

Wer im Steinhaus sitzt, soltte nicht mit Gläsern werfen.

Festredner: Genossinnen und Genossen! Der heutige Tag der Arbeit steht unter dem Motto: weniger Arbeit.

Zuschauer: Entschuldigen Sie, ich bin arbeitslos, und . . . 

Festredner: Aha! Da haben wir es. Irgend so ein Reicher, der zu viel arbeitet, nimmt Ihnen Ihre Arbeit weg.

Zuschauer: Äh, wer?

Festredner: Wenn alle weniger arbeiteten, würde Arbeit frei werden für solche, die gerne arbeiten möchten.

Zuschauer: Ich möchte aber eigentlich gar nicht arbeiten.

Festredner: Nein?

Zuschauer: Mein Nachbar hingegen möchte gerne arbeiten, darf aber nicht.

Festredner: Wieso nicht?

Zuschauer: Er ist Pole.

Festredner: Tja, die Arbeit reicht leider nicht für alle.

Zuschauer: Er würde sogar für ganz wenig Geld arbeiten.

Festredner: Dann sagen Sie ihm, er soll sofort wieder verschwinden von hier. Wir können in der Schweiz keinen brauchen, der bereit ist, für wenig Lohn zu arbeiten. Am Ende nimmt der Ihnen noch die Arbeit weg.

Zuschauer: Aber ich habe doch gar keine.

Festredner: Sehen Sie? Vermutlich hat Ihnen ein anderer Pole bereits die Arbeit weggenommen.

Zuschauer: Das glaube ich kaum. So schlecht bezahlte Arbeiten würde ich gar nicht erst annehmen. Deswegen bin ich ja auch arbeitslos.

Festredner: Weil Sie von Ihrer Arbeit nicht leben konnten?

Zuschauer: Ganz im Gegenteil, ich konnte sehr gut von meiner Arbeit leben.

Festredner: Was haben Sie denn gearbeitet?

Zuschauer: Ich war Investmentbanker.

Festredner: Äh. Und was machen Sie hier?

Zuschauer: Mir wurde gekündigt.

Festredner: Ah, dann ist es gut, dass Sie zu uns kommen. Wir kämpfen für mehr Arbeit für alle.

Zuschauer: Ich dachte, Sie kämpfen für weniger Arbeit?

Festredner: Ja, das auch, aber nur für diejenigen, die zu viel haben. Für die, welche zu wenig haben, fordern wir mehr.

Zuschauer: Mir wurde schon oft Arbeit angeboten. Aber keine war so gut bezahlt wie meine vorherige Arbeit.

Festredner: Wir kämpfen auch für mehr Lohn.

Zuschauer: Wie viel verdienen Sie denn?

Festredner: Ich, also, äh . . . 

Zuschauer: Können Sie gut davon leben?

Festredner: Die Gewerkschaft versucht natürlich, der Wirtschaft eine Leuchte zu sein und ist darum bemüht, grosszügige Gehälter auszuzahlen.

Zuschauer: Soll ich für Sie weiterreden?

Festredner: Wie bitte?

Zuschauer: Ich könnte doch Ihre Rede zu Ende halten. Dann müssten Sie weniger arbeiten, ich hätte wieder Arbeit, und wir könnten uns ihr Honorar teilen.

Festredner: Ich möchte meine Rede lieber alleine halten.

Zuschauer: Sie sind aber egoistisch.

Festredner: Meine Arbeit ist sehr anspruchsvoll, die kann nicht jeder . . . 

Zuschauer: Mein Nachbar, der Pole, ist auch ein hervorragender Redner.

Festredner: Hier rede ich!

Zuschauer: Ich dachte nur, weil Sie . . . oh! Ist die Fahne hinter Ihnen nicht mehr rechtzeitig fertig geworden?

Festredner: Wie bitte?

Zuschauer: Man hat vergessen, das weisse Kreuz auf die rote Fahne zu nähen.

Festredner: Äh, wie bitte?

Zuschauer: Machen Sie sich nichts draus. Sie haben ja dann noch bis zum 1. August Zeit, um die Fahne fertig zu nähen.

Festredner:Wir nähen die Fahnen doch nicht selber. Die haben wir aus China . . . 

Zuschauer: Aha.

Festredner: Was heisst hier «aha»?

Zuschauer: Nichts, ich sagte nur: Aha. Ich hatte früher in die chinesische Textilindustrie investiert, bis herauskam, wie die Arbeitsbedingungen dort sind.

Festredner: Ja, sehen Sie, und das ist genau das, was wir . . . 

Zuschauer: Wo sind eigentlich die Steine?

Festredner: Welche Steine?

Zuschauer: Die Steine für die Krawalle. Ich möchte unbedingt einen Stein gegen das Fenster meines ehemaligen Arbeitgebers werfen.

Festredner: Wieso?

Zuschauer: Er ist nicht gegen Krawallschäden versichert, und ich habe in Versicherungen investiert.

Andreas Thiel, Jahrgang 1971, ist Schriftsteller und Kabarettist.

http://www.weltwoche.ch/