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Vollständige Version anzeigen : GLOSSE über die Maut



Klaus E. Daniel
08.10.2003, 15:38
Erinnert sich noch jemand an Wilhelm Pällmann? Die nach ihm benannte Kommission ist gewissermaßen an allem schuld. Denn sie hat mit der Maut überhaupt erst angefangen und wahrscheinlich gedacht, der damalige Verkehrsminister Reinhard Klimmt meine das wirklich ernst, als er sie vor fast vier Jahren damit beauftragte, sich mal was einfallen zu lassen, egal, was; Hauptsache, es werde etwas für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung getan. Allein das Wort "Verkehrsinfrastrukturfinanzierung" hätte alle Beauftragten mißtrauisch machen müssen: Was sich so nennt, kann nicht ganz gut sein. Die "streckenbezogene Streckenbenutzungsgebühr", welche die Pällmann-Kommission zügig ins Rennen schickte, war natürlich auch nicht besser, aber im Vergleich zu der von der Pällmann-Kommission ebenfalls vorgeschlagenen, aber nicht gegründeten Bundesfernstraßenfinanzierungsgesellschaft geradezu griffig und bestimmt nicht schlechter als alles, was Rürup, Herzog und Hartz so einfällt. Als nächstes mußte einen der schiefe Starttermin stutzig machen: der 31. August - welchen Jahres, das ist nach wie vor offen. Auch der alternativ ins Auge gefaßte 2. November wäre nicht angenehmer gewesen. Inzwischen schließen führende CSU-Politiker mit SPD-Kollegen Wetten ab: Für jeden Namen eines Verkehrsministers aus der nun fünfjährigen rot-grünen Regierungszeit ein Bier; wer auch die Namen der Staatssekretäre am Schnürchen hat, bekommt jeweils einen Korn dazu. Also: Auf Klimmt folgte Bodewig und auf den natürlich Stolpe.

Aber wer war vor Klimmt? Es war Franz Müntefering! Eine merkwürdig gesichtslose, wenn auch nicht unsympathische Reihe ist das, aus welcher der ehemals neue "Preußenkönig" fast schon glamourös herausragt. Von entsprechenden Wetten über die Zahl und Nennung der Fehler im Mautsystem (sechsundachtzig) sieht man dagegen ab. Daß die Firma Toll Collect immer noch so tut, als ob nichts wäre, und schon an eine weitere Verwertung des so stümperhaft auf den Weg gebrachten Mautsystems denkt, mit dem man sicherlich auch im Ausland reüssieren könnte, paßt ins Bild. Wie wenig es aber in Wirklichkeit noch zu lachen gibt, beweist ein Vorschlag, der im Umfeld des in Wuppertal erscheinenden, kostenlos verteilten und mit Anzeigen der örtlichen Sparkasse versehenen Satire- und Witzhefts "Italien" laut wurde: Man solle Stolpe doch einfach von der Staatssicherheit bewachen lassen, dann bekomme man wenigstens halbwegs verläßliche Daten. Selbstreferenz ist immer eine heikle Sache; aber wenn Zeitungsredaktionen so arbeiten würden wie die Herren von Toll Collect, dann gute Nacht, Marie.

lux
11.10.2003, 23:43
ich finde die idee im prinzip nicht schlecht von den stinkenden dröhnenden 40tonnen schweren ungeheuer geld zu verlangen, schließlich ist es in anderen nachbarstaaten wie zb frankreich nicht anderes. soweit ich weiß hat deutschland das größte autobahn netz europas und das muss mehr oder weniger in stand gehalten werden, was schon so seine millonen kostet. Damit auch mehr Güter über die Schienen rollen und es hier zu einer entlastung der autobahnen kommt ist bestimmt auch ein schöner nebeneffekt, leider mangelt es an der organisation. War es nicht klar das Toll collect nicht rechtzeitig zur sache kommen würde? Wenns klappen würde fänd ichs toll :P

kettnhnd
13.10.2003, 11:32
der indirekt subventionierte güterverkehr hat dazu geführt, daß viele betriebe ihre lagerhaltung sozusagen auf die strasse verlegten.
stichwort: just-in-time produktion !

die transportkosten (durch maut) müssen erhöht werden, um den güterverkehr auf unseren strassen zu reduzieren.

bei einer errechneten zunahme von 60% des güterverkehrs droht uns verkehrstechnisch der kollaps.

und minister stolpe lächelt weiterhin doof in die kameras...

-

Klaus E. Daniel
13.10.2003, 13:45
Zustimmung, kettnhnd.

KED

pavement
13.10.2003, 14:07
auch sollte in nicht all zu ferner zukunft maut auch für pkws eingeführt werden; wir deutsche müssen schließlich in frankreich, österreich, italien, schweiz, etc. auch für die benutzung der autobahnen zahlen.

die für deutsche für die maut anfallenden kosten könnte man durch eine steuersenkung wieder ausgleichen.

Siran
13.10.2003, 14:40
Nach dem, was ich gehört habe, war eigentlich von Anfang an abzusehen, dass die von der Bundesregierung geforderten Termine für so ein System nicht einzuhalten waren. Genau deswegen gibt es auch keine Strafen wegen Terminüberschreitung, denn die Firmen hätten sonst den Vertrag überhaupt nicht unterschrieben.

Das wirklich Interessante in dem Bereich ist, dass man aufbauend auf diesem Termin bereits Steuereinnahmen mit in den Haushalt verrechnet hat, ohne vorher sicherzustellen, dass diese auch erbracht werden können.

Klaus E. Daniel
13.10.2003, 15:39
Siran,

es erhöht den Schuldenberg (von dem kein Mensch weiß. wie unsere Kinder und Kindeskinder ihn abbezalhen soll) *) und der Haushalt verstößt gegen das Grundgesetz (siehe investive Ausgaben).

Ich bin mal neugierig, wer die erste Klage einbringt.

* Es läuft auf einen Staatsbankerott hinaus. Wie ich schon die ganze Zeit zu sagen pflege, aber wer bin ich.

Gruß

Klaus E. Daniel

Reichsarbeitsdienst
23.10.2003, 13:31
156 Mio. € Einnahmeausfall pro Monat, wegen dem Mautausfall. Wer bezahlts? Wir!

Gruß RAD

pavement
23.10.2003, 13:58
angeblich soll toll collect strafen zahlen; aber wenn die in dieser höhe sein sollten, dann wars das wohl mit der firma toll collect.

VOODOO DOLLY
23.10.2003, 14:02
Original von Siran
Nach dem, was ich gehört habe, war eigentlich von Anfang an abzusehen, dass die von der Bundesregierung geforderten Termine für so ein System nicht einzuhalten waren. Genau deswegen gibt es auch keine Strafen wegen Terminüberschreitung, denn die Firmen hätten sonst den Vertrag überhaupt nicht unterschrieben.

Das wirklich Interessante in dem Bereich ist, dass man aufbauend auf diesem Termin bereits Steuereinnahmen mit in den Haushalt verrechnet hat, ohne vorher sicherzustellen, dass diese auch erbracht werden können.

Das Einhalten der Termine bei solchen komplexen Projekten dürfte wohl nie klappen.
Mir ist kein Mobilfunknetz bekannt, das auf Anhieb funktionierte. Nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch in der Abwicklung der Verträge.

Wäre hier nicht der Staat Auftraggeber gewesen, hätten die Träger von Toll Collect, Daimler Chrysler und Siemens, wohl in der Tat die Finger von der Sache gelassen, denn dann wären Vertragsstrafen fällig geworden, das den Vorständen Tränen in die Augen gestiegen wären.

Allerdings konnte man sich, als man die Namen der Träger des Konsortiums erfuhr, getrost zurücklehen, und der Posse harren die da kommt.

Ärgerlich an der ganzen Sache ist nur, das wir, falls es denn wirklich so kommt, diese Posse bezahlen müßen.

Und der Preis scheint mir für dieses Kabarett doch etwas zu hoch. :D

VOODOO DOLLY
23.10.2003, 14:06
Original von pavement
angeblich soll toll collect strafen zahlen; aber wenn die in dieser höhe sein sollten, dann wars das wohl mit der firma toll collect.

Diesen Betrag muß Toll Collect aber nur zahlen, wenn der Firma grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgeworfen werden kann.

Da Toll Collect (Daimler Chrysler + Siemens) das aber bis zum jüngsten Gericht bestreiten werden, kann man sich ausrechnen, wie lange ein Prozess dauert den die BRD gegen diese Firmen führen muß.

Die Anwälte wird es allerdings freuen.

Bei dem Streitwert durch alle Instanzen.............da kann man hinterher den Laden zumachen und muß nie wieder arbeiten, egal, ob man verliert, obsiegt oder einen Vergleich schließt.

pavement
23.10.2003, 14:10
da wirst du wohl recht haben.

opus111
23.10.2003, 15:29
Nach einigen Überlegungen komme ich zu dem kaum überraschenden Ergebnis:

"Nomen est Omen"

Wir glauben immer noch, "toll collect" bedeutete soviel wie "Gebühren sammeln", aber diese Auffassung muss ich revidieren.

Vermutlich ist bei der Namensgebung der Firma etwas schiefgelaufen. Der Übersetzer hat einfach vergessen, das Wörtchen "toll" zu übersetzen, weil er den Sinn des Ganzen ohnehin nicht verstanden hat. Also ist das deutsche Wort "toll" wie "Tollhaus" (veraltet für eine Anstalt, in welcher etwas Debile untergebracht werden) einfach so stehengeblieben.

Nun ergibt aber auch "tolle Gebühren" wenig Sinn. "Collect" kann, wie uns der große Pons (Deutsch-Englisch, Englisch-Deutsch) verrät, auch "Kirchengebet" oder sinngemäß verkürzt "Gebet" heißen. Vermutlich hätte die korrekte Übersetzung "crazy collect" oder besser "crazy prayer" heißen müssen. Damit kommen wir der Wahrheit am nächsten, denn bei "Toll Collect" muss ja täglich wie toll gebetet werden, dass das Maut-System endlich erfolgreich zustandekommt.

Anmerkung:

Ich möchte mit diesem kleinen Scherz niemand zu nahe treten. Denn ich weiß aus eigener Erfahrung, zu welchem Wirrwarr „politische“ Zeitvorgaben in Firmen führen können. Mit einer etwaigen Unfähigkeit der Ingenieure und Mitarbeiter hat dies gar nichts zu tun.

Traurig wenn aus diesem Desaster erneut Probleme des "Standortes Deutschland" abgeleitet würden. Daran hätte dann die Politik einen wesentlichen Anteil.

kettnhnd
24.10.2003, 11:02
wirklich ärgerlich in dieser sache ist, dass der unfähige "quoten-ossi" stolpe, nicht eine sekunde an rücktritt denkt.

Siran
24.10.2003, 11:32
Wen sollen sie denn als Verkehrsminister aufstellen? Ihnen sind die entlassenen Ministerpräsidenten ja schon eine Weile ausgegangen. Wer kann mir noch alle Verkehrsminister nennen, die die rot-grüne Regierung schon hatte?

l_osservatore_uno
24.10.2003, 11:46
... was man so hört, war das von Beginn an so gefingert, dass der Auftrag dort landen mußte, wo er jetzt ist.

So z.B. soll die angedrohte Konventionalstrafe bei nicht fristgerechter Erfüllung des Auftrages im Ausschreibungsverfahren so hart gewesen sein, dass viele der potentiell geeigneten Anbieter erst gar nicht mitgeboten haben. Im Wege der Auftragsvergabe sollen diese Bedingungen drastisch erleichtert worden sein.

Als potentiell geeigneten Anbieter würd' ich - ohne Siemensianer zu sein - Siemens sehen, ein Unternehmen, das im Thema Verkehrsleittechnik sicher über einen fast uneinholbaren Kenntnisstand verfügt - nehme ich mal an.

Ob Siemens überhaupt Interesse an diesem Auftrag bekundet hat, kann ich nicht sagen ... vielleicht weiß ja ein anderer hier mehr drüber.

Insgesamt - stinkt das Ding so derart gegen den Himmel, dass man sicher von Kumpanei zwischen Politik und den hier handelnden Konzernbetrieben sprechen kann.

An dieser Stelle würd' mich auch mal interessieren, wieviel Entwicklungs-, richtiger Subventionsknete in das Ding geflossen ist. Weiß jemand was darüber?

Gruß!

Enzo