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Vollständige Version anzeigen : Deutsche Sakralarchitektur der Zukunft



Arthas
14.11.2012, 20:46
Von den derzeitigen Kirchensträngen inspiriert, will ich mal einen Diskussionsstrang zur Zukunft deutscher Sakralarchitektur eröffnen. Religion spielt in jeder Gesellschaft eine zentrale Rolle und findet ihren Ausdruck in religiösen Kultstätten, die in ihrer architektonischen Gestaltung auch Auskunft über die religiöse Philosophie, wie auch Kultur und Geisteshaltung des jeweiligen Volkes geben. Dementsprechend ist die zunehmende Entartung der deutschen Sakralbaukunst (sofern man überhaupt noch von Baukunst sprechen kann) seit Kriegsende nicht verwunderlich. Mit der Überwindung der BRD und ihres unseligen Geistes wird auch eine religiöse Erneuerung vonstatten gehen, für die es einen neuen architektonischen Ausdruck zu finden gilt.

Da Kirchen als religiöse Kultstätten eine Zentrale Rolle in jeder Gesellschaft einnehmen, gilt es stets sie in einer repräsentativen Architektur zu errichten, welche nicht nur die Religion die in ihnen ausgeübt wird verkörpern, sondern auch die Gesellschaft, das Volk und seine Kultur als Ganzes. Dementsprechend wichtig ist es sich über Form und Gestaltung der Sakralarchitektur Gedanken zu machen.

Dieser Strang soll der Diskussion dieses wichtigen Themas dienen.

tabasco
14.11.2012, 21:25
Deutsche Sakralarchitektur der Zukunft ... man wird schon vom Glück sprechen können, wenn Deutschland die unter dem Denkmalschutz stehenden Kirchen wird aufrechterhalten können, ohne sie in die Moscheen umzufunktionieren.

Arthas
14.11.2012, 22:16
Deutsche Sakralarchitektur der Zukunft ... man wird schon vom Glück sprechen können, wenn Deutschland die unter dem Denkmalschutz stehenden Kirchen wird aufrechterhalten können, ohne sie in die Moscheen umzufunktionieren.

Deswegen ist ja auch von einer Überwindung der BRD die Rede. Erst dann stellt sich die oben genannte Frage. Und gelingt es nicht die BRD zu überwinden, kann uns das Thema natürlich egal sein. Da wir aber das Thema nun hier diskutieren wollen, gehen wir einfach mal davon aus, daß wir dies schaffen.

Arthas
14.11.2012, 22:17
Zum Thema: Gute Architektur kann nur auf Tradition aufbauen. Dies gilt auch für eine zukünftige Kirchenarchitektur. Im Falle Deutschlands kann man sich, um eine moderne repräsentative Sakralarchitektur definieren zu können, am ehesten an die expressionistische Backsteinarchitektur der 20er- und 30er-Jahre orientieren. Gute Beispiele dafür wären etwa:

Die Kreuzkirche Schmargendorf:

http://you-are-here.com/kirche/schmargendorf.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9e/Kreuzkirche_Turm_morgens.jpg/450px-Kreuzkirche_Turm_morgens.jpg

http://files2.structurae.de/files/photos/2055/p4040119.jpg

Oder die Kirche am Hohenzollernplatz:

http://files2.structurae.de/files/photos/wikipedia/Kirche_am_Hohenzollernplatz_2C_Berlin_Wilmersdorf. jpg

http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/23749764.jpg

Als moderne Fortsetzung der Deutschen Backsteingotik und letzter wirklich repräsentativer Kirchenbaustil wäre das Wiederaufgreifen dieses Stils und dessen weitere Verfeinerung in einer zukünftigen deutschen Sakralarchitektur nur folgerichtig.

Aber auch zeitgenössische Sakralbauten aus dem Ausland können bei der Findung eines modernen Kirchenbaustils für Deutschland von Interesse sein. Ein gutes Beispiel in puncto Sakralarchitektur stellen hier die Bauten der mormonischen Kirche dar, welche sich häufig am Stil des Art Deco und Neoklassizismus orientieren.

Tempel von Los Angeles:

http://wakingupnow.com/blog/wp-content/uploads/2012/09/temple-los-angeles.jpg

http://www.lds.org/bc/content/church/temples/los-angeles-california/images/los-angeles-california-808x480-CWD_d038c40e.jpg

Tempel von Oklahoma:

https://www.lds.org/bc/content/church/temples/oklahoma-city-oklahoma/images/oklahoma-city-oklahoma-808x480-CU031114-002.jpg

http://www.mormontemples.com/files/2010/05/mormon-temple-Oklahoma-City-Oklahoma.jpg

Tempel von Houston:

http://2.bp.blogspot.com/_838ynPbqDhY/TMGM2heCwrI/AAAAAAAADWs/ljBPLl3AatU/s1600/houston-mormon-temple.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/4b/Houston_Temple-a.png/622px-Houston_Temple-a.png

Feldmann
15.11.2012, 19:52
Die deutsche Kirchenarchitektur der Zukunft sollte sich wieder an der Vergangenheit orientieren, denn der passende Stil ist schon erfunden worden.

Deshalb sollte man sich auf das 19. Jahrhundert beziehen.

Neoromanik (St. Ludwig, München):

http://polpix.sueddeutsche.com/bild/1.41045.1350100843/860x860/kirchenaustritt-muenchen.jpg

http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.1230191.1323363485!/image/image.jpg_gen/derivatives/900x600/image.jpg

Neogotik (Marktkirche, Wiesbaden):

http://view.stern.de/de/picture/2049196/Architektur-Dom-Hessen-Kirchturm-Wiesbaden-Backsteinarchitektur-Illustration-510.jpg

http://www.urlaubsziele.com/bild/sehenswuerdigkeiten/635/marktkirche-100.jpg

Neorenaissance/Neobarock (Berliner Dom, Berlin):

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d9/Bundesarchiv_Bild_146-1998-013-29A,_Berliner_Dom.jpg

Arthas
17.11.2012, 01:28
Die deutsche Kirchenarchitektur der Zukunft sollte sich wieder an der Vergangenheit orientieren, denn der passende Stil ist schon erfunden worden.

Deshalb sollte man sich auf das 19. Jahrhundert beziehen.

Neoromanik (St. Ludwig, München):

http://polpix.sueddeutsche.com/bild/1.41045.1350100843/860x860/kirchenaustritt-muenchen.jpg

http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.1230191.1323363485!/image/image.jpg_gen/derivatives/900x600/image.jpg

Neogotik (Marktkirche, Wiesbaden):

http://view.stern.de/de/picture/2049196/Architektur-Dom-Hessen-Kirchturm-Wiesbaden-Backsteinarchitektur-Illustration-510.jpg

http://www.urlaubsziele.com/bild/sehenswuerdigkeiten/635/marktkirche-100.jpg

Neorenaissance/Neobarock (Berliner Dom, Berlin):

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d9/Bundesarchiv_Bild_146-1998-013-29A,_Berliner_Dom.jpg

Also zurück zum Historismus. Ich bin eher der Meinung, wir sollten einen eigenen Stil entwickeln der natürlich auf die vergangene Bautradition aufbaut, aber dennoch eine eigene Architektur für die heutige Zeit schafft. Anknüpfen können wir dabei, wie schon im Strang zum Neoklassizismus erwähnt, nur an das Jahr 1945. Das heißt an Neoklassizismus, Expressionismus und regional dem Heimatschutzstil. Vor allem aber an dem Backsteinexpressionismus, welcher sich ja als Fortführung der Backsteingotik auch an einer langen Tradition deutscher Sakralbaukunst orientiert. Hier noch einige Beispiele für Kirchbauten in diesem Stil:

Grundtvigskirche:

http://c0056906.cdn2.cloudfiles.rackspacecloud.com/50359.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/78/Grundtvigskirken-vest-2005-3.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/94/Grundtvigskirken-nord-2005.jpg

Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen-Ückendorf:

http://kulturreise-ideen.de/uploads/projects/image_1771.jpg

http://www.derwesten.de/img/incoming/origs2112633/8263734610-w552-h2700-/0025880059-0055281481.jpg

http://www.gelsenkirchener-geschichten.de/userpix/8/8_heilig_kreuz_ueckendorf_rueckansicht_1.jpg

Pallotinerkirche Sankt Marien in Limburg:

http://file.shotsharing.com/photo/411507540/mid/View-from-the-northwest,Pallotinerkirche-Sankt-Marien,-Limburg-an-der-Lahn.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/bb/Limburg_an_der_Lahn%2C_St._Marien%2C_S%C3%BCdseite %2C_Jan_Hubert_Pinand.jpg/800px-Limburg_an_der_Lahn%2C_St._Marien%2C_S%C3%BCdseite %2C_Jan_Hubert_Pinand.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/79/Limburg_an_der_Lahn%2C_St._Marien%2C_Jan_Hubert_Pi nand.jpg/542px-Limburg_an_der_Lahn%2C_St._Marien%2C_Jan_Hubert_Pi nand.jpg

Sankt Franziskuskirche in Hamburg:

http://www.st-franziskus-hamburg.de/img/st_franziskus.jpg

http://www.bildarchiv-hamburg.de/hamburg/kirchen/franziskus/1_franziskuskirche.jpg

Filialkirche Sankt Michael in Oberhausen:

http://www.st-marien-oberhausen.de/cms/images/content/st._michael/__Kirche_ganz_MICH_1_.jpg

http://www.glasmalerei-ev.de/pages/b901/b901_a.jpg

Martin-Luther-Kirche in Ulm:

http://www.reformationsgemeinde-ulm.de/images/malukirche.jpg

http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/12410334.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/09/Martin_Luther_Kirche_Turm_IMG_2652.JPG/450px-Martin_Luther_Kirche_Turm_IMG_2652.JPG

Und (zwar nicht aus Backstein, aber auch expressionistisch und erwähnenswert) die Hallgrimurkirche:

http://danny.oz.au/travel/iceland/p/3301-hallgrimskirkja.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/d/da/Hallgrimskirkja_3_RVG.JPG/450px-Hallgrimskirkja_3_RVG.JPG

http://danny.oz.au/travel/iceland/p/4190c-hallgrimskirkja.jpg

Feldmann
17.11.2012, 11:02
Also zurück zum Historismus.

Warum nicht? Wir sollten die alten Stile nicht schlecht machen und sie als abgeschlossen ansehen, sondern sie am Leben halten.

Schließlich sind meine Beispiele keine Kopien von schon bestehenden Gebäuden, sondern Neuschöpfungen, die halt in einem alten Stil gebaut wurden.

Ein Problem der modernen Kirchen ist ihre bewusste Abgrenzung von vorhergehenden Stilen und damit ihre Hässlichkeit.


Anknüpfen können wir dabei, wie schon im Strang zum Neoklassizismus erwähnt, nur an das Jahr 1945. Das heißt an Neoklassizismus, Expressionismus und regional dem Heimatschutzstil. Vor allem aber an dem Backsteinexpressionismus,

Das ist auch Historismus, mit dem Unterschied, dass du das frühe 20. Jhdt. als Vorbild hast.

Heifüsch
18.11.2012, 00:04
Diese Grundtvigskirche finde ich ja extrem abgefahren! Ebenso die Hallgrimurkirche. Vielleicht liegt´s daran, daß ich zur nordischen Götterwelt doch ein unverkrampfteres Verhältnis habe als zu diesen wüsten Wüstenreligionen :-)
Hätten die Wikinger einen größeren Einfluß auf die Architekturgeschichte gehabt, würde wohl schon längst überall so gebaut werden.

Aragorn
18.11.2012, 00:11
Religion ist für schwache, unmündige Menschen. Aber wenn schon eine Kirche, schlage ich folgendes vor:


31716

http://www.politikforen.net/asset.php?fid=28937&uid=119556&d=1351532059

Arthas
18.11.2012, 02:20
Warum nicht? Wir sollten die alten Stile nicht schlecht machen und sie als abgeschlossen ansehen, sondern sie am Leben halten.

Schließlich sind meine Beispiele keine Kopien von schon bestehenden Gebäuden, sondern Neuschöpfungen, die halt in einem alten Stil gebaut wurden.

Ein Problem der modernen Kirchen ist ihre bewusste Abgrenzung von vorhergehenden Stilen und damit ihre Hässlichkeit.

Es bedarf aber auch einer übergreifenden Ordnung, eines verbindlichen Formenkanons, um eine gesamtheitliche Ästhetik zu schaffen. Das Problem am Historismus war ja eben das Stilchaos, was letztendlich Stillosigkeit bedeutete. Man muß die vergangenen Stile nicht schlechtmachen, aber es sind die Stile vergangener Zeiten, und nicht die heutigen. Jede Zeit muß ihre eigenen architektonischen Ausdrücke finden. Hätten sich daran nicht auch die vergangenen Stilepochen gehalten, so gäbe es heute architektonisch kein Mittelalter, keine Renaissance usw. Auch unsere heutige Zeit muß sich ein eigenes Gesicht schaffen, will sie etwas darstellen und sich selbst überdauern. Man kann, wenn es sich anbietet, natürlich auf ältere Stile zurückgreifen und auch stets Stilelemente älterer Epochen in neuere Architektur einfließen lassen, aber die Städte mit Stilkopien vergangener Epochen ohne jeglichen Kontext zu verbauen führt jegliche Historie und Tradition ad absurdum. Und das bedeutet auch nicht, daß diese Stile komplett abgeschafft werden, sie leben in neueren Stilen wie eben dem Neoklassizismus und Backsteinexpressionismus weiter.


Das ist auch Historismus, mit dem Unterschied, dass du das frühe 20. Jhdt. als Vorbild hast.

Nein, in diesem Fall müßte man alle nichtmodernistischen Stile als historistisch ansehen. Wir können nur an das anknüpfen was zuletzt da war, wenn wir eine architektonische Kontinuität wiederherstellen wollen. Von da an müssen wir diese natürlich weiterentwickeln und so wieder neue Stile schaffen.

Arthas
18.11.2012, 02:44
Diese Grundtvigskirche finde ich ja extrem abgefahren! Ebenso die Hallgrimurkirche. Vielleicht liegt´s daran, daß ich zur nordischen Götterwelt doch ein unverkrampfteres Verhältnis habe als zu diesen wüsten Wüstenreligionen :-)

Nun sind das ja eigentlich christliche Kirchen und stilistisch auch mehr auf die nordische Gotik zurückzuführen.


Hätten die Wikinger einen größeren Einfluß auf die Architekturgeschichte gehabt, würde wohl schon längst überall so gebaut werden.

Was auch nicht unbedingt schön wäre. Der Reiz eines jeden Stils besteht in seiner regionalen Begrenzung, daß nicht überall so gebaut wird. Aber was ist Deine Meinung zum Thema? Wie sollte die deutsche Sakralarchitektur der Zukunft aussehen?

Heifüsch
18.11.2012, 02:58
Nun sind das ja eigentlich christliche Kirchen und stilistisch auch mehr auf die nordische Gotik zurückzuführen.



Was auch nicht unbedingt schön wäre. Der Reiz eines jeden Stils besteht in seiner regionalen Begrenzung, daß nicht überall so gebaut wird. Aber was ist Deine Meinung zum Thema? Wie sollte die deutsche Sakralarchitektur der Zukunft aussehen?

Jedenfalls sollte sie in nichts an Moscheen und Minarette erinnern! Ansonsten fällt es mir schwer, deiner Vision eines wiedererwachenden Christentums zu folgen. Absterbende Religionen lassen sich nun mal nicht reanimieren und das ist auch gut so, wie ich finde.
Das Christentum hatte seine Chance und hat nun mal kläglich versagt, als es plötzlich ohne die notwendige Drohkulisse dastand. Religion ohne Höllenangst ist eben wie ne Feuerversicherung für Iglu-Bewohner.

Aber man kann ja alternativ von anderen Versammlungshallen ausgehen, die einer Dorf- oder Stadtgemeinde als kultureller Treffpunkt dient. Mal sehen, was mir dazu einfällt. Für heute erst mal gute Nacht :-)

Feldmann
18.11.2012, 12:00
Es bedarf aber auch einer übergreifenden Ordnung, eines verbindlichen Formenkanons, um eine gesamtheitliche Ästhetik zu schaffen.

Wenn alles gleich aussähe, wo bliebe dann die Abwechslung?


Das Problem am Historismus war ja eben das Stilchaos, was letztendlich Stillosigkeit bedeutete.

"Stilchaos" klingt zu negativ, Stilvielfalt schon besser.

Gerade kärgliche moderne Kirchen zeichnen sich durch eine ziemliche Monotonie aus.

Bsp.: Sainte-Marie de la Tourette von Le Corbusier in Éveux (1956-60)

http://designwire.interiordesign.net/wp-content/uploads/2010/08/1953_Couvent-Sainte-Marie-de-la-Tourette-Eveux-France_IRS.jpg

http://farm2.staticflickr.com/1337/5147764162_7b9a0125e8_b.jpg


Man muß die vergangenen Stile nicht schlechtmachen, aber es sind die Stile vergangener Zeiten, und nicht die heutigen. Jede Zeit muß ihre eigenen architektonischen Ausdrücke finden. Hätten sich daran nicht auch die vergangenen Stilepochen gehalten, so gäbe es heute architektonisch kein Mittelalter, keine Renaissance usw.

Gerade in der Renaissance hat man ja die antike, römische Architektur zum Vorbild gehabt.

Früher hatte man auch zu wenig Kentnisse von vorhergehenden Stilepochen, um diese richtig wiederbeleben zu können.


Man kann, wenn es sich anbietet, natürlich auf ältere Stile zurückgreifen und auch stets Stilelemente älterer Epochen in neuere Architektur einfließen lassen, aber die Städte mit Stilkopien vergangener Epochen ohne jeglichen Kontext zu verbauen führt jegliche Historie und Tradition ad absurdum.

Wie schon gesagt geht es nicht um Kopien, sondern um Neuschöpfungen, die sich historischer Stile bedienen bzw. von ihnen inspiriert sind.

Im Gegensatz zur Moderne, sollten alte und moderne Stile nebeneinander existieren dürfen.

Arthas
19.11.2012, 09:11
Jedenfalls sollte sie in nichts an Moscheen und Minarette erinnern! Ansonsten fällt es mir schwer, deiner Vision eines wiedererwachenden Christentums zu folgen. Absterbende Religionen lassen sich nun mal nicht reanimieren und das ist auch gut so, wie ich finde.

Das stimmt allerdings. Aber es muß ja, wie bereits geschrieben, nicht das Christentum in dieser Form oder überhaupt sein. Wie es mit der deutschen Religiosität weitergehen könnte, habe ich in diesem Konzept (http://www.politikforen.net/showthread.php?111723-Der-Germanische-Katholizismus-%E2%80%93-So-k%C3%B6nnte-das-Deutsche-Reich-wieder-auferstehen&p=4714342&viewfull=1#post4714342) ja schon dargelegt. (Wozu ich auch demnächst mal einen Strang eröffnen werde.)


Das Christentum hatte seine Chance und hat nun mal kläglich versagt, als es plötzlich ohne die notwendige Drohkulisse dastand. Religion ohne Höllenangst ist eben wie ne Feuerversicherung für Iglu-Bewohner.

Eine solche Drohkulisse hat eigentlich jede Religion. Wenn es sie nicht gäbe, würde Religion auch wenig Sinn machen. Was dem Christentum das Genick gebrochen hat, ist die alles zerfressende linke Vernichtungsideologie, welche das Christentum von Innen heraus verrotten ließ. Allerdings stimmt es, daß das Christentum dafür zu großen Teilen selbst dran Schuld trägt und auch die Weichen für diese Entwicklung teilweise selbst gestellt hat. Für Deutschland kommt noch als zusätzlicher Faktor der Verrat der Kirche am Deutschen Volk hinzu, welche sich auf die Seite seiner Feinde gestellt hat. Dieses Thema sollte aber in einen anderen Strang diskutiert werden.


Aber man kann ja alternativ von anderen Versammlungshallen ausgehen, die einer Dorf- oder Stadtgemeinde als kultureller Treffpunkt dient. Mal sehen, was mir dazu einfällt. Für heute erst mal gute Nacht :-)

Arthas
19.11.2012, 10:15
Wenn alles gleich aussähe, wo bliebe dann die Abwechslung?



"Stilchaos" klingt zu negativ, Stilvielfalt schon besser.

Gerade kärgliche moderne Kirchen zeichnen sich durch eine ziemliche Monotonie aus.

Bsp.: Sainte-Marie de la Tourette von Le Corbusier in Éveux (1956-60)

http://designwire.interiordesign.net/wp-content/uploads/2010/08/1953_Couvent-Sainte-Marie-de-la-Tourette-Eveux-France_IRS.jpg

http://farm2.staticflickr.com/1337/5147764162_7b9a0125e8_b.jpg

Das ist nicht monoton, das ist entartet. Formvielfalt und stilistische Einheitlichkeit schließen sich ja nicht aus. Die romanischen und gotischen Kathedralen des Mittelalters, wie auch die vielen Paläste und Prachtbauten des Barock, entstanden ebenfalls unter dem Diktum eines einheitlichen Stils. Der Modernismus ist nicht wegen Stilvorgabe häßlich, sondern weil er es einfach sein will. Seine strikte Ablehnung von Ästhetik ist der Grund. Und das Gegenteil von Stilchaos muß ja nicht mal Stileinheitlichkeit sein. Auch mehrere Stile können nebeneinander exitieren, wenn sie sich gegenseitig ergänzen, aufeinander aufbauen statt inneinander einzuschneiden. Die theoretischen Überlegungen und Lehren Schinkels sagen das ja schon aus.


Gerade in der Renaissance hat man ja die antike, römische Architektur zum Vorbild gehabt.

Früher hatte man auch zu wenig Kentnisse von vorhergehenden Stilepochen, um diese richtig wiederbeleben zu können.

Sie hat sie sich zum Vorbild genommen, aber eben nicht eins zu eins nachgeahmt. Das hat man dann erst im Klassizismus. Aber eben auch als vorgegebene, einheitliche Stilrichtung und mit einer dennoch vorhandenen Eigenstilistik.


Wie schon gesagt geht es nicht um Kopien, sondern um Neuschöpfungen, die sich historischer Stile bedienen bzw. von ihnen inspiriert sind.

Sich von historischen Stilen inspirieren zu lassen ist ja auch in Ordnung und bei der Schöpfung neuer Stile stets der Fall, außer eben beim entarteten Modernismus. Wenn man allerdings eine gotische Kathedrale stilisrtisch eins zu eins nachbaut, ist das weder ein Zeugnis unserer Vergangenheit, noch ein Symbol unserer Zeit, sondern ein gebauter Anachronismus.

Ich empfehle zu diesem Thema auch die Schriften des Altmeisters Schultze-Naumburg und der Um-1800-Bewegung zu lesen. Insbesondere seine "Kulturarbeiten".


Im Gegensatz zur Moderne, sollten alte und moderne Stile nebeneinander existieren dürfen.

Gothaur
19.11.2012, 10:24
[B][I]------------Vollzitat----------------
Aus welcher Art ist es eigentlich geschlagen, wenn es schon entartet ist?
Und hat die Moderne die Pflicht das Alte zu übernehmen und wie weit darf Interpretation gehen?
Und wenn, entscheidet nicht die Zeit, was bleibt und was nicht? (Mal ganz davon abgesehen, daß ich Betonbauten die Dauerhaftigkeit gleich der alten Steinbauten, anzweifel und abspreche.)
Gruß

Arthas
19.11.2012, 11:14
Aus welcher Art ist es eigentlich geschlagen, wenn es schon entartet ist?

http://synonyme.woxikon.de/synonyme/entartet.php


Und hat die Moderne die Pflicht das Alte zu übernehmen und wie weit darf Interpretation gehen?

Sie hat die Pflicht auf dem Alten aufzubauen, es, wenn auch in neuer Form, weiterzuführen. Sie muß sich nahtlos an das Vergangene anfügen können, aus diesem herauswachsen.


Und wenn, entscheidet nicht die Zeit, was bleibt und was nicht? (Mal ganz davon abgesehen, daß ich Betonbauten die Dauerhaftigkeit gleich der alten Steinbauten, anzweifel und abspreche.)
Gruß

Es ist in erster Linie der Raum der über sich selbst entscheidet, die Zeit gibt ihm lediglich die Möglichkeit dazu. Doch das ist für die Frage nach Sinn und Berechtigung eines Stils für das Jetzt oder gar der Zukunft nicht von Belang. Der Modernismus wird die Zeit nicht überstehen. Weniger seines schnellen Verfalls wegen, als vielmehr des Raumes wergen, dem er gegenübersteht und der eine derartige Entartung, die doch nur an einen Wahn, einem Regime gekoppelt ist, nicht auf Dauer tolerieren wird.

Heifüsch
19.11.2012, 12:50
... Gerade kärgliche moderne Kirchen zeichnen sich durch eine ziemliche Monotonie aus.

Bsp.: Sainte-Marie de la Tourette von Le Corbusier in Éveux (1956-60)

http://designwire.interiordesign.net/wp-content/uploads/2010/08/1953_Couvent-Sainte-Marie-de-la-Tourette-Eveux-France_IRS.jpg



Bei solchen Machwerken würde selbst ich den verrufenen Begriff "entartet" gebrauchen und nicht mehr nur von Monotonie sprechen. Hier liegt wohl tatsächlich eine spezielle architektonische Manifestation des Tourette-Syndroms vor, wie schon der Name dieses Gottesbunkers treffenderweise nahelegt.

Ein bewährterTrick, solche Zumutungen noch einigermaßen erträglich rüberzubringen ist es ja, sie nicht gerade an einem grauen Novembertag zu fotografieren, sondern bei strahlendem Sonnenschein, umrahmt von sattgrünen Wiesen und Wäldern. Zufälligerweise habe ich mich gerade vorhin mit meinem Kollegen über das novemberliche Berlin unterhalten, wobei er feststellte, wieviel erträglicher dieses Wetter in seinem Vorstadthäuschen aus den 20er Jahren doch ist. Er gab aber auch zu, daß das Gebäude des Baujahrs 56, das ich bewohne, sowie der ganze umgebende Straßenzug auch bei grauem Nebelwetter seinen romantischen Reiz hat. 1856 wurde eben noch anders gebaut als 1956, daran liegt das wohl. Wir konstatierten jedenfalls, daß modernes Bauen eine reine Schönwetterarchitektur ist, ansonsten Depressionen erzeugt...:-(

Gothaur
19.11.2012, 15:14
http://synonyme.woxikon.de/synonyme/entartet.php
Rhetorik, auch meinerseits! :Grins:
[QUOTE=Arthas;5840544]
Sie hat die Pflicht auf dem Alten aufzubauen, es, wenn auch in neuer Form, weiterzuführen. Sie muß sich nahtlos an das Vergangene anfügen können, aus diesem herauswachsen.
Pflicht sehe ich da eigentlich nicht. Aufgabe vielleicht, allerdings in der Synergie diese Aufgabe auch hinsichtlich neuer Strömungen zu überprüfen, und diese mit einfließen zu lassen.
Der Übergang von der Romanik in die Gotik war ein ungeheuerlicher Akt, was Baumaterialien, Ausführung und Intention betraf. Vor allen letztere war auch an der theologischen Aussage gekoppelt, auf welche lichte Art und Weise es möglich wurde dem Herrn ein Haus auf Erden zu bauen, groß, mächtig und gleichzeitig nach außen, auch zum Himmel hin offen.
Weitere Interpretationen, in der Neuzeit sind demnach eigentlich die logische Konsequenz, vor allen einer, meines Erachtens lebendigen Kirche.
Und nicht vergessen, das Neue läßt sich eigentlich nur als neues erkennen, und verstehen, wenn das Alte gepflegt und behalten wird. Anders gehts nicht.


Es ist in erster Linie der Raum der über sich selbst entscheidet, die Zeit gibt ihm lediglich die Möglichkeit dazu. Doch das ist für die Frage nach Sinn und Berechtigung eines Stils für das Jetzt oder gar der Zukunft nicht von Belang. Der Modernismus wird die Zeit nicht überstehen. Weniger seines schnellen Verfalls wegen, als vielmehr des Raumes wergen, dem er gegenübersteht und der eine derartige Entartung, die doch nur an einen Wahn, einem Regime gekoppelt ist, nicht auf Dauer tolerieren wird.
Genau das wird die Zeit zeigen, wenn wiederum ein Geisteswandel, eine Weiterentwicklung entsteht, jede architektonische Phase ihren Bestand beibehält, oder halt auch nicht. Wenn dieses der Fall ist, würden wohl auch Mittel für die Restauration neuerer Kathedralen, den Materialien angepaßt, bereitgestellt. Nür würde ich dann allerdings auch nicht mehr von generationsübergreifende Bauhütten reden wollen.
Aber es ist ja auch wohl ein ganzes Stück deine höchstpesönliche Abneigung, bzw dieser Stil kotzt dich schlichtweg an. Ist okey, persönlich sehe ich es nicht so streng.
Das Eingangsbeispiel von Cobusier hatte ich allerdings nicht im ersten Moment als Kirche, moderne Kathedrale erkannt, oder wie auch immer. Mehr als eine moderne Giga-Beton-Alm für Massenwanderungen in den Bergen.
Aber es gibt auch interessante, spannende sakrale moderne Umsetzungen, die ich durchaus als sehr ansprechend finde.
(Wobei dieses meine absolute Vorliebe für Romanik (Speyer), und vor allen der Gotik gewiß nicht auch nur im geringsten Maße nahekommt.)
Allerdings, Wucht, und auch Monstranz kann dir auch in einer gotischen Wehrkathedrale begegnen, wenn man sich die Backsteinkathedrale von Albi anschaut. Nachgebaut, aus Beton gegossen, würde man sich fragen, ob die Anfänge aus dem 13. Jahrhundert, oder dem 20. Jahrhundert stammen.
http://s7.directupload.net/images/121119/bfguyyri.jpg (http://www.directupload.net)
Gruß

Leila
19.11.2012, 15:24
Etwas Spanisches: Am 20. Dezember im Kino: Sagrada (http://www.kino-zeit.de/filme/trailer/sagrada).

Mütterchen
19.11.2012, 18:50
Um mich mal zu Wort zu melden, mir fehlt bei den meisten modernen Kirchenbauten, die ich gesehen habe ( und das waren, zugegebenerweise, nicht sehr viele), diese Empfindung, die man bei älteren Kirchen oft direkt nach dem Eintritt in den Kirchenbau verspürt... dieses Gefühl, einen geweihten Ort betreten zu haben.
Inwieweit das schon an der Auswahl der Orte liegt, an denen man die Kirchen früher zu bauen beschloss ( sie wurden ja oft schon auf vormals heidnischen Kultstätten errichtet), ob es nur an dem Gespür liegt, das die damaligen Kirchenerbauer hatten, kann ich nicht beantworten.

Als Beispiel führe ich mal (wieder), den Kaiserdom zu Speyer an, den ich recht gut kenne, einfach, weil ich schon oft dort war. Und der mich ziemlich begeistert. wenn ich dort auf den Altar nähere, fällt es mir recht leicht, das Gefühl zu entwickeln, mich einem Ort zu nähern, an dem Gott wohnt.
http://s14.directupload.net/file/d/3079/4z4fbypd_jpg.htm


Was jetzt ein modernes Kirchengebäude betrifft - da finde ich den Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche von Eiermann ganz gut.
http://s7.directupload.net/file/d/3079/fgq9m6vt_jpg.htm

Heifüsch
19.11.2012, 19:36
[QUOTE=Arthas;5840544]
http://s7.directupload.net/images/121119/bfguyyri.jpg (http://www.directupload.net)
Gruß

Rattenscharf, dieser Bau! Da könnte ich glatt meinem Atheismus abschwören :-)
Aber wie unsensibel mit solchen Kunstwerken umgegangen wird! Ich würde da kein Auto näher als hundert Meter ranlassen :-(

Gothaur
19.11.2012, 20:43
Rattenscharf, dieser Bau! Da könnte ich glatt meinem Atheismus abschwören :-)
Aber wie unsensibel mit solchen Kunstwerken umgegangen wird! Ich würde da kein Auto näher als hundert Meter ranlassen :-(
Ein Markt wäre in der Tat authentischer. Aber wenn Du genau hinschaust, erkennst Du Schirme und Planen, und die Wagen, die da stehen, deuten auf einen Markt hin. Und das ist eigentlich die logische Fortführung, und historisch korrekt. Denn diese Kathedralen standen immer schon im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Geschehens. Draußen, wie im übrigen auch drinnen. Da ging es einst nicht so ruhig und getragen vor sich, wie wir das heute kennen. Diese Kathedralen waren das pure Leben, dort hielten sich die Menschen auf, dort wurde vieles abgesprochen, abgewickelt und in die Wege geleitet.
Gruß
Ps.: Diese Kathedrale wurde im übrigen nach der Niederschlagung der Katharer, die man auch Albigenser nannte, in ihrer Hauptmetropole als sog. Wehr-Kathedrale errichtet. Sie sollte nicht nur Gott dienen, sondern auch den neuen katholischen Herrschern als Wehranlage.

Heifüsch
19.11.2012, 22:18
Ein Markt wäre in der Tat authentischer. Aber wenn Du genau hinschaust, erkennst Du Schirme und Planen, und die Wagen, die da stehen, deuten auf einen Markt hin. Und das ist eigentlich die logische Fortführung, und historisch korrekt. Denn diese Kathedralen standen immer schon im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Geschehens. Draußen, wie im übrigen auch drinnen. Da ging es einst nicht so ruhig und getragen vor sich, wie wir das heute kennen. Diese Kathedralen waren das pure Leben, dort hielten sich die Menschen auf, dort wurde vieles abgesprochen, abgewickelt und in die Wege geleitet.
Gruß
Ps.: Diese Kathedrale wurde im übrigen nach der Niederschlagung der Katharer, die man auch Albigenser nannte, in ihrer Hauptmetropole als sog. Wehr-Kathedrale errichtet. Sie sollte nicht nur Gott dienen, sondern auch den neuen katholischen Herrschern als Wehranlage.

Mir geht´s um die Gesamtästhetik, nicht um irgendwelche pietistischen Aspekte :-) Habe zum Beispiel neulich meine eigene Straße nicht wiedererkannt, als dort wegen Filmaufnahmen alle Autos, auch die parkenden, verscheucht wurden. Wie ne Zeitreise war das und plötzlich passte alles harmonischst zusammen: Fassaden, Kopfsteinstraße, Bäume, Zäune und Hecken, alles aus einem Guß. Autos machen so viel kaputt, das glaubt man gar nicht. Eigentlich haben die Amish in dieser Beziehung vollkommen recht :-)

Gothaur
19.11.2012, 22:22
Mir geht´s um die Gesamtästhetik, nicht um irgendwelche pietistischen Aspekte :-) Habe zum Beispiel neulich meine eigene Straße nicht wiedererkannt, als dort wegen Filmaufnahmen alle Autos, auch die parkenden, verscheucht wurden. Wie ne Zeitreise war das und plötzlich passte alles harmonischst zusammen: Fassaden, Kopfsteinstraße, Bäume, Zäune und Hecken, alles aus einem Guß. Autos machen so viel kaputt, das glaubt man gar nicht. Eigentlich haben die Amish in dieser Beziehung vollkommen recht :-)
Und statt 'nen Rechner einen Abakus auf dem Schoß? :Grins:
Naja, ich weiß nicht. Aufs Auto möchte ich gewiß nicht verzichten. Streng genommen müßte ja neben der Kathedrale anstelle eines klassischen Pferdemarktes ohnehin ein Auto(Teile)verkauf hin, wie in Essen beispielsweise, am Autokino. Hehe
Gruß

Heifüsch
19.11.2012, 22:59
Und statt 'nen Rechner einen Abakus auf dem Schoß? :Grins:
Naja, ich weiß nicht. Aufs Auto möchte ich gewiß nicht verzichten. Streng genommen müßte ja neben der Kathedrale anstelle eines klassischen Pferdemarktes ohnehin ein Auto(Teile)verkauf hin, wie in Essen beispielsweise, am Autokino. Hehe
Gruß

Stimmt schon, ...:-) Trotzdem sollten bestimmte Altstädte und besondere Baudenkmäler etwas mehr von der heutigen Autoflut abgeschirmt werden. Lübeck fällt mir da gerade ein. Ein Sänftenservice im Altstadtbereich würde dort zudem Arbeitsplätze schaffen :-))

Hier das Heiliggeisthospital in Lübeck. Keine parkenden Autos! Ist das nicht schön? :-)

http://www.flensburg-online.de/blog/wp-content/uploads/2008/04/luebeck-heiligengeisthospital-460x309.jpg

Gothaur
20.11.2012, 08:24
Stimmt schon, ...:-) Trotzdem sollten bestimmte Altstädte und besondere Baudenkmäler etwas mehr von der heutigen Autoflut abgeschirmt werden. Lübeck fällt mir da gerade ein. Ein Sänftenservice im Altstadtbereich würde dort zudem Arbeitsplätze schaffen :-))

Hier das Heiliggeisthospital in Lübeck. Keine parkenden Autos! Ist das nicht schön? :-)

http://www.flensburg-online.de/blog/wp-content/uploads/2008/04/luebeck-heiligengeisthospital-460x309.jpg
Natürlich, schon aus Gründen des Bautenschutzes. Abgase und Erschütterungen bekommen den Kathedralen, aber auch der teilweise noch vorhandenen Profanarchitektur überhaupt nicht.
Gruß

Heifüsch
20.11.2012, 08:58
Natürlich, schon aus Gründen des Bautenschutzes. Abgase und Erschütterungen bekommen den Kathedralen, aber auch der teilweise noch vorhandenen Profanarchitektur überhaupt nicht.
Gruß

Noch ´n wichtiger Aspekt, stimmt! Aber auch eine Frage der Gesamtoptik. Keiner käme etwa auf die Idee, um ein Dürergemälde herum Colaflaschen und dergleichen zu drapieren.
Auch Gruß :-)

Gothaur
20.11.2012, 09:33
Noch ´n wichtiger Aspekt, stimmt! Aber auch eine Frage der Gesamtoptik. Keiner käme etwa auf die Idee, um ein Dürergemälde herum Colaflaschen und dergleichen zu drapieren.
Auch Gruß :-)
Hmmmmmmjjjjjaein. Würde ich jetzt nicht so absolut sehen. Ein Gemälde erfaßt eine Momentaufnahme, eine Szenerie, einen Ausschnitt eines Ganzen, und stellt diesen dar, aus den verschiedensten Gründen. Dieses wird auch durch die natürliche Zweidimmensionalität, und natürlich auch die Begrenzung des Bildes nicht nur eingefangen, sondern abgeschlossen.
Dagegen ist ein Bauwerk, schon gerade, wenn es auch eine zentrale Rolle im städtischen, gewachsenen Leben einnimmt, um dem herum Zeit vergeht und Generationen sich abwechseln, zwar in sich statisch, aber dennoch eben vom Wandel dieser Zeiten umgeben. Und somit diesem auch entsprechend ausgesetzt, integriert und lebhafter Bestandteil. Die jeweilige Moderne, sie unterliegt dem sog. Zeitgeist, und wandelt sich, und manchmal geschieht diese sogar mit dem Bau selber, vor allen, wenn er solange, ebenfalls über Generationen hinweg, gebaut wird.
Da kann es schon passieren, daß selbst die architektonische und künstlerische Ausgestaltung sich nicht am Ursprünglichen orientiert und festhält, sondern das es durchaus zu Stilvarianten, Wechseln innerhalb der Bauphasen kommen kann.
Das ist aber letztendlich auch nichts anderes als ein typisches Beispiel lebendiger, gewachsener Geschichte. Sie muß auch nicht durch und durch gefallen. Vielleicht liegt sogar darin der besondere Reiz, daß sie für viele was speziell bereit hält.
Genau deshalb verteufel ich auch nicht rundweg die Moderne und ihren architektonischen Beitrag zum Gesamten.
Das Schlüsselwort, wie mit dem Alten und dem Modernen lebendig umgegangen werden sollte, lautet eigentlich Synergie. Allerdings sind wir immer wieder, vor allen durch totalitäre Geschmacksorientierungen, gehemmt, bzw blockiert.
Schau dir mal folgende Googleseiten an.
Die erste:
https://www.google.de/search?q=Moderne+Kirchenbauten&hl=de&safe=off&prmd=imvns&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ei=tD6rUMPCEIXY4QShu4DYCQ&ved=0CAoQ_AUoAQ&biw=1280&bih=824
stellt moderne Kirchenbauten da, einige wurden hier ja schon vorgestellt.
Die zweite:
https://www.google.de/search?q=Moderne+Moscheen&hl=de&safe=off&prmd=imvns&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ei=0T6rUJziA8eO4gTbmIHwAg&ved=0CAoQ_AUoAQ&biw=1280&bih=824
stellt moderne Moscheen da, und man sieht, daß auch da architektonisch neue Wege durchaus gefragt sind.
Dann wirds im gesamten Überblick schon spannend.
Und im übrigen liegt nicht unbedingt der Reiz im Gigantischen. Klein ist oft auch sehr fein. :lächel:
Gruß

Feldmann
20.11.2012, 19:39
Die romanischen und gotischen Kathedralen des Mittelalters, wie auch die vielen Paläste und Prachtbauten des Barock, entstanden ebenfalls unter dem Diktum eines einheitlichen Stils.

Ganz so einfach ist das nicht. Man hat im damals gerade "modernen" Stil gebaut, ohne große Rücksicht auf den vorherigen Stil, da sich aber die Bauzeiten über teilweise sehr lange Zeiträume erstreckten, weisen gerade Kirchen mehrere Stile auf.

Bsp.: Stephansdom in Wien

Turm/Langhaus: gotisch

http://bc03.rp-online.de/polopoly_fs/b-platz-10-stephansdom-wien-b-1.516964.1318286876!/httpImage/3046313072.jpg_gen/derivatives/rpo_zoom1024/3046313072.jpg

Altäre: barock

http://www.euxus.eu/wien/a800/56010013-stephansdom-wien.jpg

Westfassade: romanisch/gotisch

http://www.austria-lexikon.at/attach/Wissenssammlungen/Symbole/Stephansdom/Westfassade_Stephansdom.jpg


Der Modernismus ist nicht wegen Stilvorgabe häßlich, sondern weil er es einfach sein will. Seine strikte Ablehnung von Ästhetik ist der Grund.

In diesem Punkt sind wir uns wohl (fast) alle einig.


Sie hat sie sich zum Vorbild genommen, aber eben nicht eins zu eins nachgeahmt. Das hat man dann erst im Klassizismus. Aber eben auch als vorgegebene, einheitliche Stilrichtung und mit einer dennoch vorhandenen Eigenstilistik.

Historismus eben.

Quo vadis
20.11.2012, 20:43
Sakralarchitektur hat in Deutschland keine Zukunft.

Arthas
20.11.2012, 20:51
Rhetorik, auch meinerseits! :Grins:

Pflicht sehe ich da eigentlich nicht. Aufgabe vielleicht, allerdings in der Synergie diese Aufgabe auch hinsichtlich neuer Strömungen zu überprüfen, und diese mit einfließen zu lassen.

Eine Aufgabe zu haben, bedeutet eine Pflicht zu besitzen. Insofern also kein Unterschied.


Der Übergang von der Romanik in die Gotik war ein ungeheuerlicher Akt, was Baumaterialien, Ausführung und Intention betraf. Vor allen letztere war auch an der theologischen Aussage gekoppelt, auf welche lichte Art und Weise es möglich wurde dem Herrn ein Haus auf Erden zu bauen, groß, mächtig und gleichzeitig nach außen, auch zum Himmel hin offen.
Weitere Interpretationen, in der Neuzeit sind demnach eigentlich die logische Konsequenz, vor allen einer, meines Erachtens lebendigen Kirche.

Dennoch basierte die Gotik letztendlich auf der Romanik, baute auf dieser auf. Ebenso bauten die nachfolgenden Stile auf den vorangegangenen auf. Das änderte sich dann mit der unseligen Architektur des Modernismus, welcher ja gerade jede Anknüpfung an Traditionen verweigert. Das ging ja dann auch gerade nicht mehr mit einer lebendigen, sondern absolut toten und von Innen verrottenden Kirche einher. Dementsprechend entartet und areligiös sehen ja auch modernistische Kirchbauten der heutigen Zeit aus. Da strahlt jede Hundehütte mehr Sakralität aus.


Und nicht vergessen, das Neue läßt sich eigentlich nur als neues erkennen, und verstehen, wenn das Alte gepflegt und behalten wird. Anders gehts nicht.

Richtig, dem hat auch niemand widersprochen. Das Neue läßt sich allerdings auch nur erkennen, wenn es sich vom Alten unterscheidet, um wieder aufs Thema zurückzukommen.


Genau das wird die Zeit zeigen, wenn wiederum ein Geisteswandel, eine Weiterentwicklung entsteht, jede architektonische Phase ihren Bestand beibehält, oder halt auch nicht. Wenn dieses der Fall ist, würden wohl auch Mittel für die Restauration neuerer Kathedralen, den Materialien angepaßt, bereitgestellt. Nür würde ich dann allerdings auch nicht mehr von generationsübergreifende Bauhütten reden wollen.
Aber es ist ja auch wohl ein ganzes Stück deine höchstpesönliche Abneigung, bzw dieser Stil kotzt dich schlichtweg an. Ist okey, persönlich sehe ich es nicht so streng.
Das Eingangsbeispiel von Cobusier hatte ich allerdings nicht im ersten Moment als Kirche, moderne Kathedrale erkannt, oder wie auch immer. Mehr als eine moderne Giga-Beton-Alm für Massenwanderungen in den Bergen.

Das hättest Du auch im zweiten oder Dritten Moment nicht erkannt, wenn es nicht dazugeschrieben worden wäre. (Eigentlich ist es auch ein Kloster. (Die armen Mönche.))


Aber es gibt auch interessante, spannende sakrale moderne Umsetzungen, die ich durchaus als sehr ansprechend finde.

Hier sollte man differenzieren. Moderne Architektur ist nicht gleich Modernismus. Alle Kirchen, die ich hier in einigen vorherigen Beiträgen gezeigt habe, sind moderne Sakralbauten. Der Modernismus ist ein eigener in sich geschlossener Stil, die entartete Moderne. Ausführlicher werde ich dazu vielleicht auch irgendwann mal in meinem geplanten Strang "Die drei Wege der Moderne" was schreiben.


(Wobei dieses meine absolute Vorliebe für Romanik (Speyer), und vor allen der Gotik gewiß nicht auch nur im geringsten Maße nahekommt.)
Allerdings, Wucht, und auch Monstranz kann dir auch in einer gotischen Wehrkathedrale begegnen, wenn man sich die Backsteinkathedrale von Albi anschaut. Nachgebaut, aus Beton gegossen, würde man sich fragen, ob die Anfänge aus dem 13. Jahrhundert, oder dem 20. Jahrhundert stammen.
http://s7.directupload.net/images/121119/bfguyyri.jpg (http://www.directupload.net)
Gruß

Genau davon schreibe ich. Das sollte nicht sein. Repräsentative Architektur sollte in der Regel durch ihren Stil eindeutig zuortbar sein, ihre Zeit repräsentieren. Von gewissen Ausnahmen mal abgesehen.

Gothaur
20.11.2012, 22:25
Eine Aufgabe zu haben, bedeutet eine Pflicht zu besitzen. Insofern also kein Unterschied.
Die Aufgabe stelle ich mir selber, aus der Verantwortung, und/oder Interesse raus. Die Pflicht wird mit durch Dritte, durch den Staat aufdoktriniert. Während ersteres die volle Bereitschaft bereits in sich trägt, kann man dieses von der zweiten Möglichkeit wohl kaum sagen.

Dennoch basierte die Gotik letztendlich auf der Romanik, baute auf dieser auf. Ebenso bauten die nachfolgenden Stile auf den vorangegangenen auf. Das änderte sich dann mit der unseligen Architektur des Modernismus, welcher ja gerade jede Anknüpfung an Traditionen verweigert. Das ging ja dann auch gerade nicht mehr mit einer lebendigen, sondern absolut toten und von Innen verrottenden Kirche einher. Dementsprechend entartet und areligiös sehen ja auch modernistische Kirchbauten der heutigen Zeit aus. Da strahlt jede Hundehütte mehr Sakralität aus.
Deine Meinung, deine totalitäre Sicht. Ich teile diese nicht, auch wenn ich schon unzweideutig klar gemacht habe, welchem Stil ich mich verbunden fühle.
Im übrigen war die Gotik der totale Bruch mit der Romanik, nicht nur was Baustil betraf, sondern gerade auch spirituelle Geisteshaltung und Gott, dessen Vertreter und die Welt.

Richtig, dem hat auch niemand widersprochen. Das Neue läßt sich allerdings auch nur erkennen, wenn es sich vom Alten unterscheidet, um wieder aufs Thema zurückzukommen.
Aber das macht es doch, und gerade deshalb wirds doch so vehement angegangen. Oder denkst Du an den nächsten Schritt, der sich wiederum vom gegenwärtigen Zeitgeist (inklusive der jüngeren Vergangenheit) wegbewegen soll und das (Vor)gestrige wieder aufgreifen soll?
Kennst Du eigentlich die Essener Stahlkirche von Otto Bartning, aus den frühen 30er Jahren, und deren Geschichte? Ein ungeheurer spannender sakraler Bau, eine Modernität, die im übrigen zwar an Bauhaus erinnerte und einer sog. industriellen Fertigarchitektur entsprungen war, aber, oder gerade deshalb auch der Modernen, nach dem Krieg vorweggegriffen hat.
http://s7.directupload.net/images/121120/4fb24bz4.jpg (http://www.directupload.net)
(man beachte die Größe der Fertigkirche!)

1919 veröffentlicht er die einflussreiche Schrift Vom neuen Kirchenbau. Darin fordert er ein “aufrichtiges” Bauen: Authentisch ist Kirchenarchitektur nur dann, wenn sie den sakralen Charakter des Baus würdigt, den “Religionstrieb” des Einzelnen mit räumlichen Mitteln in eine “Hochspannung” überführt und zugleich gemeindebildend wirkt, also auf eine kommende Gesellschaft jenseits der “Nationen, Rassen und Konfessionen” hinwirkt.
Man beachte auch seine Zeichnung der Sternkirche:
http://s7.directupload.net/images/121120/z7nkbpyl.jpg (http://www.directupload.net)


Das hättest Du auch im zweiten oder Dritten Moment nicht erkannt, wenn es nicht dazugeschrieben worden wäre. (Eigentlich ist es auch ein Kloster. (Die armen Mönche.))
Es gibt so einige moderne Klöster, die nicht als solche erkannt werden können, und da die Mönche frei mit entscheiden, in welchem Umfeld sie leben und wirken wollen, glaube ich nicht, daß sie bedauert werden müssen. :Grins:

Hier sollte man differenzieren. Moderne Architektur ist nicht gleich Modernismus. Alle Kirchen, die ich hier in einigen vorherigen Beiträgen gezeigt habe, sind moderne Sakralbauten. Der Modernismus ist ein eigener in sich geschlossener Stil, die entartete Moderne. Ausführlicher werde ich dazu vielleicht auch irgendwann mal in meinem geplanten Strang "Die drei Wege der Moderne" was schreiben.
Mach das. Differenzierung ist immer gut! Vor Jahren schon hatte ich mir schon moderne Kirchen angeschaut. So manche, so fremdartig sie vielleicht daherkommen, vor allen, wenn man sich auf derselben Tour dann auch berühmte Kathedralen wie in Reims, Rouen oder Le Mans anschaut, haben dennoch ihren eigenen, ganz persönlichen Reiz und Spannung, wenn man sich ihnen öffnet, vor allen ihr Inneres auf sich wirken läßt. Und dazu mußte nicht unbedingt ein gläubiger Christ sein.


Genau davon schreibe ich. Das sollte nicht sein. Repräsentative Architektur sollte in der Regel durch ihren Stil eindeutig zuortbar sein, ihre Zeit repräsentieren. Von gewissen Ausnahmen mal abgesehen.
Nicht das wir uns da mißverstehen. Mir ging es um den damaligen angewendeten Baustil, der ja gerade auch der Geschichte der Stadt Albi angepaßt wurde. Denn über lange Zeit war sich die Kirch, war sich Rom nicht sicher, ob es nicht wieder eine Renaissance der Albigenser geben könnte. So sollte die Kirche nicht nur dem Stil der Gotik entsprechend, sondern auch Schutz bieten, für den Fall der Fälle. Interessant fand ich es halt nur die Tatsache, daß Du heutzutage im gleichen Stil eine Kathedrale bauen könntest, natürlich mit modernen Baumaterialien und gewisse Veränderungen, wie z.B keine Seitenstreben mehr notwendig wären.
Damit habe ich im übrigen nicht gesagt, daß ich es so haben wollte.
Übrigens haben wir hier in Mülheim/Ruhr ein ungemein spannendes Kirchenensemble auf unserem Kirchenhügel, den gleichzeitig ein kleiner, übriggebliebener Altstadtteil umgibt.
Hier stehen sich quasi von Angesicht zu Angesicht die protestantische Petrikirche, deren Ursprünge bis ins 7. Jahrhundert zurückgehen (1555 schloß sich die Kirche der Reformation an.), und die 1928-29 erbaute katholische Marienkirche gegenüber.
Petrikirche:
http://s7.directupload.net/images/121120/cnded2ni.jpg (http://www.directupload.net)
Marienkirche:
http://s7.directupload.net/images/121120/e7q5flmo.jpg (http://www.directupload.net)
Zwischen den beiden Kirchen liegen gerade mal 100, 150 m. Und das macht eigentlich auch den besonderen Reiz aus.
Zusammen:
http://s1.directupload.net/images/121120/rk2djxx5.jpg (http://www.directupload.net)
Gruß

Feldmann
21.11.2012, 22:33
Repräsentative Architektur sollte in der Regel durch ihren Stil eindeutig zuortbar sein, ihre Zeit repräsentieren. Von gewissen Ausnahmen mal abgesehen.

Was hältst du denn hiervon?

http://images.korg.directserver.org/23/2208/3/30802561810099288863_300.jpg

http://www.franken-wiki.de/images/thumb/2/25/Kloster_Muensterschwarzach.jpg/400px-Kloster_Muensterschwarzach.jpg

Abtei Münsterschwarzach

Arthas
22.11.2012, 13:09
Ganz so einfach ist das nicht. Man hat im damals gerade "modernen" Stil gebaut, ohne große Rücksicht auf den vorherigen Stil, da sich aber die Bauzeiten über teilweise sehr lange Zeiträume erstreckten, weisen gerade Kirchen mehrere Stile auf.

Bsp.: Stephansdom in Wien

Turm/Langhaus: gotisch

http://bc03.rp-online.de/polopoly_fs/b-platz-10-stephansdom-wien-b-1.516964.1318286876!/httpImage/3046313072.jpg_gen/derivatives/rpo_zoom1024/3046313072.jpg

Altäre: barock

http://www.euxus.eu/wien/a800/56010013-stephansdom-wien.jpg

Westfassade: romanisch/gotisch

http://www.austria-lexikon.at/attach/Wissenssammlungen/Symbole/Stephansdom/Westfassade_Stephansdom.jpg

Genau, zeigt jedoch gerade, wie sehr auf das Diktum des einheitlichen Stils geachtet wurde. Selbst Bauten die ursprünglich in einem anderen Stil begonnen wurden, wurden im Stil der jeweiligen Epoche weitergebaut. (Wovon ich allerdings wenig halte.)


In diesem Punkt sind wir uns wohl (fast) alle einig.



Historismus eben.

Eigentlich ist der Historismus ja ein Begriff, um die Architektur von der Mitte des 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zu beschreiben. Daher auch sonst äußerst vage anwendbar. Aber genau hier sehen wir das Problem. Um die Architektur dieser Zeitspanne zu beschreiben, mußte man diesen Begriff anwenden, denn einen eigenen, fest definierbaren Stil dieser Zeit gab es nicht. Historismus ist das bunte Durcheinander- und Aneinanderbauen verschiedenster Epochen. Genau das ist es, was es zu vermeiden gilt. Es sollte ein übergreifendes Stilkonzept vorherrschen. Dann können auch ältere Architekturstile wiederbelebt werden.

Arthas
23.11.2012, 12:13
Die Aufgabe stelle ich mir selber, aus der Verantwortung, und/oder Interesse raus. Die Pflicht wird mit durch Dritte, durch den Staat aufdoktriniert. Während ersteres die volle Bereitschaft bereits in sich trägt, kann man dieses von der zweiten Möglichkeit wohl kaum sagen.

Das gleiche kann man auch von einer Aufgabe sagen. Allerdings kann sich Architektur sich selbst keine Aufgabe stellen, sie ist die Ausführung einer Aufgabe die gestellt wird.


Deine Meinung, deine totalitäre Sicht. Ich teile diese nicht, auch wenn ich schon unzweideutig klar gemacht habe, welchem Stil ich mich verbunden fühle.
Im übrigen war die Gotik der totale Bruch mit der Romanik, nicht nur was Baustil betraf, sondern gerade auch spirituelle Geisteshaltung und Gott, dessen Vertreter und die Welt.

Es gab einen philosophischen Wandel, anders hätte es ja auch keinen Stilwandel gegeben. Aber das ist kein Bruch mit dem Alten. Die Gotik entstand nichtsdestotrotz aus der Romanik heraus. Woraus auch sonst? Das ist auch Meinung, sondern eine allgemein bekannte Tatsache.


Aber das macht es doch, und gerade deshalb wirds doch so vehement angegangen. Oder denkst Du an den nächsten Schritt, der sich wiederum vom gegenwärtigen Zeitgeist (inklusive der jüngeren Vergangenheit) wegbewegen soll und das (Vor)gestrige wieder aufgreifen soll?

Ich bin ein Gegner des Historismus, aber auch des Modernismus. Der Modernismus wird deswegen so vehement angegangen, weil er häßlich, geradezu widerwärtig und entartet ist. Er lehnt bewußt jede Ästhetik ab, fügt sich weder in Landschaft noch historischem Stadtbild ein, sondern überwuchert diese wie ein Krebsgeschwür. Neue Architektur soll keine Kopie des Alten sein, aber, wie bereits geschrieben, sich nahtlos in dieses Einfügen. Passend und trotzdem anders.


Kennst Du eigentlich die Essener Stahlkirche von Otto Bartning, aus den frühen 30er Jahren, und deren Geschichte? Ein ungeheurer spannender sakraler Bau, eine Modernität, die im übrigen zwar an Bauhaus erinnerte und einer sog. industriellen Fertigarchitektur entsprungen war, aber, oder gerade deshalb auch der Modernen, nach dem Krieg vorweggegriffen hat.
http://s7.directupload.net/images/121120/4fb24bz4.jpg (http://www.directupload.net)
(man beachte die Größe der Fertigkirche!)

Ein eher häßlicher Bau, einer sakraen Aufgabe nicht würdig. Nach heutigem Vergleich zwar noch nicht ganz so schlimm, aber nicht wegweisend. Wie Du schon schreibst, Vorgriff hin zur Nachkriegsentartung. Auch industrielle Fertigarchitektur geht natürlich überhaupt nicht, außer im Spezialbereich. Architektur darf keine industrielle Massenware sein. Sie muß ortgebunden und individuell errichtet sein.


1919 veröffentlicht er die einflussreiche Schrift Vom neuen Kirchenbau. Darin fordert er ein “aufrichtiges” Bauen: Authentisch ist Kirchenarchitektur nur dann, wenn sie den sakralen Charakter des Baus würdigt, den “Religionstrieb” des Einzelnen mit räumlichen Mitteln in eine “Hochspannung” überführt und zugleich gemeindebildend wirkt, also auf eine kommende Gesellschaft jenseits der “Nationen, Rassen und Konfessionen” hinwirkt.

Hier sieht man schön, wie eng Modernismus mit linkem Denken verbunden ist. Nicht umsonst wurde das Bauhaus als kulturbolschewistisch bezeichnet.


Man beachte auch seine Zeichnung der Sternkirche:
http://s7.directupload.net/images/121120/z7nkbpyl.jpg (http://www.directupload.net)

Die ist sogar ganz interessant. Schade daß sie nicht verwirklicht wurde.


Es gibt so einige moderne Klöster, die nicht als solche erkannt werden können, und da die Mönche frei mit entscheiden, in welchem Umfeld sie leben und wirken wollen, glaube ich nicht, daß sie bedauert werden müssen. :Grins:

Mach das. Differenzierung ist immer gut! Vor Jahren schon hatte ich mir schon moderne Kirchen angeschaut. So manche, so fremdartig sie vielleicht daherkommen, vor allen, wenn man sich auf derselben Tour dann auch berühmte Kathedralen wie in Reims, Rouen oder Le Mans anschaut, haben dennoch ihren eigenen, ganz persönlichen Reiz und Spannung, wenn man sich ihnen öffnet, vor allen ihr Inneres auf sich wirken läßt. Und dazu mußte nicht unbedingt ein gläubiger Christ sein.

Nicht das wir uns da mißverstehen. Mir ging es um den damaligen angewendeten Baustil, der ja gerade auch der Geschichte der Stadt Albi angepaßt wurde. Denn über lange Zeit war sich die Kirch, war sich Rom nicht sicher, ob es nicht wieder eine Renaissance der Albigenser geben könnte. So sollte die Kirche nicht nur dem Stil der Gotik entsprechend, sondern auch Schutz bieten, für den Fall der Fälle. Interessant fand ich es halt nur die Tatsache, daß Du heutzutage im gleichen Stil eine Kathedrale bauen könntest, natürlich mit modernen Baumaterialien und gewisse Veränderungen, wie z.B keine Seitenstreben mehr notwendig wären.
Damit habe ich im übrigen nicht gesagt, daß ich es so haben wollte.
Übrigens haben wir hier in Mülheim/Ruhr ein ungemein spannendes Kirchenensemble auf unserem Kirchenhügel, den gleichzeitig ein kleiner, übriggebliebener Altstadtteil umgibt.
Hier stehen sich quasi von Angesicht zu Angesicht die protestantische Petrikirche, deren Ursprünge bis ins 7. Jahrhundert zurückgehen (1555 schloß sich die Kirche der Reformation an.), und die 1928-29 erbaute katholische Marienkirche gegenüber.
Petrikirche:
http://s7.directupload.net/images/121120/cnded2ni.jpg (http://www.directupload.net)
Marienkirche:
http://s7.directupload.net/images/121120/e7q5flmo.jpg (http://www.directupload.net)
Zwischen den beiden Kirchen liegen gerade mal 100, 150 m. Und das macht eigentlich auch den besonderen Reiz aus.
Zusammen:
http://s1.directupload.net/images/121120/rk2djxx5.jpg (http://www.directupload.net)
Gruß

Arthas
23.11.2012, 12:30
Was hältst du denn hiervon?

http://images.korg.directserver.org/23/2208/3/30802561810099288863_300.jpg

http://www.franken-wiki.de/images/thumb/2/25/Kloster_Muensterschwarzach.jpg/400px-Kloster_Muensterschwarzach.jpg

Abtei Münsterschwarzach

Eine neoromanische Kirche aus der NS-Zeit. Hier haben wir so ein Beispiel für einen wiederbelebten älteren Archritekturstil. Die Neoromanik war Teil des Baupolitischen Programms des Nationalsozialismus (http://www.politikforen.net/showthread.php?119196-Architektur-im-Nationalsozialismus). Man versuchte eine Neuinterpretation der Romanik nach Vorbild des Neoklassizismus für den ländlichen Raum zu erschaffen. Leider gibt es wenig diesem Stil, da er auch anders als der Neoklassizismus keine weite Verbreitung fand. Prinzipiell finde ich die Ansätze nicht schlecht. Ob daraus aber auch mehr werden kann, ob es sich durchsetzen wird und der richtige Weg ist, wird sich noch zeigen müssen. Historistisch ist das so jedenfalls nicht, da der Stil in ein Gesamtkonzept eingebunden war und auch durchaus eigenstilistik aufwies. Siehe dazu auch Beitrag #35.