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Vollständige Version anzeigen : Brief an eine ausgewanderte Freundin



Cleopatra
29.12.2012, 16:33
Meine unvergeßliche J.,

über vier Jahre ist es nun her, daß wir zuletzt in Kontakt standen. Eine lange Zeit, in der viel passiert ist, sich auch in meinem Empfinden vieles beruhigen konnte, anderes auch fortwirkt, in der aber vor allem die Gedanken sich geklärt haben.

Schon als wir noch zusammen zur Schule gingen, habe ich Dich gern gehabt. Dein charmantes Wesen, Dein stets eleganter Stil, Dein strahlendes Lächeln, Dein langes, dunkelblondes Haar und Deine wundervoll bewimperten, hellblauen Augen werden mir für immer ins Gedächtnis geschrieben sein. Als Fünfzehnjähriger hatte ich zeitweise eine Schwäche für die Welt der Ritter, für Ritterromantik, Minnesang und Ritterlichkeit, die als bleibende Folge hatte, daß ich mich in harten und schwierigen Situationen und vor sportlichen Anstrengungen immer gut motivieren konnte, indem ich mir sagte: “Tu’s für J.! Sie ist es wirklich wert!” Unter anderem deswegen wollte ich auch nicht zum Zivildienst gehen wie die meisten jungen Männer unserer Clique, sondern meiner Wehrpflicht nachkommen. In dieser Haltung weiß ich mich auch keineswegs allein; ich weiß von einigen, die sich für Dich in Stücke hätten hauen lassen. Daß Du bezüglich Freundschaften so zurückhaltend und teilweise abweisend warst, beförderte eine sehr produktive Rivalität zwischen uns Mitschülern.

Du warst niemandem egal, hast immer polarisiert; außer dieser Sorte gab es noch diejenigen, die Dich heftig ablehnten oder sich lustig machten. Über manche Themen konnte man wegen Deiner “Sturheit” (“Lernresistenz” laut Herrn W.) immer ganz schwierig mit Dir reden. Deine Absicht war, sich besonders zu verhalten, einen Unterschied zu machen; gerade nicht dem Mainstream oder dem Durchschnitt zu entsprechen. Auch dadurch übtest Du einerseits einen großen Reiz aus, andererseits hat es diejenigen abgeschreckt, die damit nichts anfangen wollten oder konnten.

Was uns einte, war eine skeptische bis ablehnende Haltung gegenüber dem bereits damals mächtig vorherrschenden linken, alles nivellierenden, Werte schleifenden Mainstream. Die Gründe dafür müssen allerdings bei mir und Dir komplett unterschiedliche gewesen sein. Doch die Tatsache, daß wir uns hin und wieder als “Außenstehende” verständigen konnten, sorgte dafür, daß ich so eine Art Schutzinstinkt für Dich entwickelte und versuchte, ein wenig auf Dich achtzugeben und auch Dein Ansehen zu verteidigen, wo nötig.
Weiter geht es hier, ist lang, aber sehr interessant


https://schwertasblog.wordpress.com/2012/12/25/brief-an-eine-ausgewanderte-freundin/