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Vollständige Version anzeigen : Von der Vielfalt (Gedankengänge)



Wolf
15.11.2013, 17:04
Hallo liebe UserInnen,

ich habe mir mal einige Gedanken zum Thema Vielfalt gemacht. Ich will hier auch nicht rumschwurbeln - hier mein Text. Kritik ist durchaus erwünscht.

Von der Vielfalt

Das wohl größte Problem unserer heutigen Epoche ist die völlig falsche Verwendung des Wortes „Vielfalt“ - bewusst oder unbewusst, sei einmal dahingestellt.
„Vielfalt“ - dabei kommen uns Angehörige verschiedenster Kulturen in den Sinn, die zusammen um einen Regenbogen tanzen.
Mit diesem Wort assoziieren viele Menschen auch multi-kulturelles Zusammenleben eben dieser Kulturen – dass dies aber ein Nebeneinander dieser Kulturen oder den Verlust von jenen Dingen ist, die Kulturen voneinander unterscheidet, wird dabei völlig ignoriert.

Linksliberale Medien & Interessengruppen sehen in dem Wort „Vielfalt“ aber auch das Recht auf das Verschwinden europäischer Identität, aber die gleichzeitige Unterstützung anti-europäischer Weltanschauungen.

Rein biologisch gesehen ist (Arten)vielfalt das Maß für die Vielfalt der biologischen Arten innerhalb eines Lebensraumes oder eines geographischen Gebietes. Bei dieser Definition lässt sich auch ableiten, dass sich bestimmte „Arten“ innerhalb eines Lebensraumes eben spezialisiert und manifestiert haben, wodurch dort natürlich immer ein Gleichgewicht existieren muss und ferner, dass jede Art seinen „Lebensraum“ besitzt.

Die Begriffe mögen falsch gewählt sein – erinnern „Art“ und „Lebensraum“ doch zu sehr an rassistische Strömungen Anfang des 20. Jahrhunderts, und dennoch ist die Definition von der „Artenvielfalt“ eine schöne Metapher für die kulturelle, multipolare Vielfalt, die sich durch historische und geographische Prozesse entwickelt hat.

Natürlich kann man die kulturellen Unterschiede zwischen Völkern nicht biologisch vergleichen, so wie man Tiger mit Löwen vergleicht.
Ersetzen wir jedoch mal das Wort „Art“ oben (da jeder Mensch von der Art „Mensch“ ist) durch „Kultur“, und „Lebensraum“ durch „autochthones Gebiet“.
So kommen wir zu dem Schluss, dass sich bestimmte Kulturen, Bevölkerungs-und Menschengruppen in ihren angestammten Gebieten über Jahrhunderte entwickelt, verwirklicht und, natürlich, auch bekämpft haben. All dies trug zur Bild regionaler, nationaler und kontinentaler Identitäten bei. So unterscheiden sich Friesen vielleicht tatsächlich von Sachsen oder Franken, z.B in Dialekt, Tradition und Weltanschauung, und dennoch vereint sie mehr als sie voneinander trennt.

Und selbstverständlich existierte bereits in den frühesten Epochen der menschlichen Geschichte ein reger Handel zwischen den verschiedensten Kulturen – selbst die Wikinger sollen schon orientalische Gewürze mit in den hohen Norden gebracht haben. Von der Aufgabe der Nationalstaaten, der Zerstörung des Einzigartigen und einer Monetarisierung aller Güter konnte damals aber eben keine Rede sein.

Denn bei eben diesen natürlichen, gesellschaftlichen Vorgängen wie dem kulturellen (oder kriegerischen) Auseinandersetzungen von einer „frühen Art der Globalisierung“ zu sprechen, wie man es uns heute versucht einzutrichtern und diese Form der Globalisierung mit dem heutigen Vernichtungskampf gegen Alles, was Kulturen Jahrhundertelang zusammenhielt zu vergleichen, halte ich für falsch. Selbstverständlich gab es auch damals Assimilationen – selbst von der autochthonen Bevölkerung (sofern bei Germanen – und Keltenstämmen davon sprechen kann),
die in großen Massen freiwillig zum Christentum konvertierten, um besseren Handel mit den römischen Provinzen treiben zu können.
Trotzdem haben wir es heute, im 21. Jahrhundert, mit einer komplett anderen Ausprägung von „Globalisierung“ zu tun,die, statt eines friedlichen, spirituellen Zueinanderfindens der Völker und Kulturen förderlich ist, eher einen beginnenden Kulturenkampf und Identitätsverlust fördert.

Auch wenn es nie ein Hauptfaktum der Globalisierung war, die Menschen „friedlich zu vereinen“, sondern vielmehr auf eine für die Finanzpolitik förderliche Liberalisierung der Weltmärkte abzielte, wurde dieser Effekt von Journalisten, Politikern und liberalen Bewegungen immer wieder durch das „Zusammenwachsen“ der Kulturen besetzt

Aber ob man wirklich von einem „Zusammenwachsen“ sprechen kann, wenn islamistische Minderheiten europaweit auf „Scharia-Patroullie“ ¹ (was sie durchaus gewohnt sein könnten, ist es doch möglicher Teil ihr Kultur bzw. eher ihrer Identität) gehen, friedlebende Muslime oder andere Glaubenssysteme bekämpft werden oder gar fordern, dass sich Europäer an die Gesetze des Islam anpassen?

Vielmehr haben wir es mit einer autoritären, aber unbewussten, negativen Symbiose der Welt zu tun, in der jede Kultur, jede Nation und jeder Stamm seine Idiosynkrasie, also das Sammelsurium aller Eigenheiten einer Kultur, sei es Sprache, Glaube, Werte, Tradition, Bräuche, Lebensauffassung, Architektur, einheimische Nahrungsmittel oder Musik, verliert oder es aufgrund der öffentlichen Meinung nicht förderlich ist, wenn man als Individuum an an diesen Synkrasien festhalten möchte.

Auf der einen Seite ist es also, so abwegig es im ersten Augenblick klingen mag, aus ethnopluralistischer Sicht doch recht unsinnig, Einwanderern, die nach Europa kommen, ihre Identität, ihre Kultur, Glaube, Werte, Gedankensysteme, also deren gesamte Idiosynkrasie abzuverlangen, um sich an „westliche Werte“ anzupassen.
Logischerweise fördert gerade das keine friedliche Assimilation, wie sie auch stattfindet, sondern das Entstehen abgeschotteter Parallelgesellschaften – dabei spielt die Herkunft der Einwanderer auch keine Rolle, da es ein allgemeingültiges Prinzip ist. Man denke nur an die zahlreichen „Chinatowns“ oder „Little Italys“ in amerikanischen Großstädten.

Auf der anderen Seite müsste man also verlangen, dass sich Einwanderer sprachlich, juristisch und weitesgehend auch kulturell an westliche Gesellschaften anpassen. Das würde aber voraussetzen, dass westliche Gesellschaften überhaupt noch eine eigene Kultur & Identität haben, was weitesgehend eben nicht der Fall ist. Fastfoodketten, iPhones & Weihnachten im Kaufhaus sind ebenso wenig über lange Zeiträume gewachsene Identitäten und kulturelle Errungenschaften wie das Recht bis zu einem gewissen Maße Drogen mitzuführen oder sich bei H&M einzukleiden. Traditionelle Feiertage, kommunale, regionale und landestypische Feste & Dialekte, ein gewisses Werteverständnis a la „Ritterlichkeit“ (neudeutsch: Gentlemanlike) oder die permanente Empfindsamkeit gegenüber kulturellen und sprachlichen Idiosynkrasien schon eher.
Wie wir alle wissen, ist all das im Zuge der Industrialisierung (Kollektivierung des Individuums als Folge einer umweltzerstörerischen & unnatürlichen Massenproduktion) sowie einer entmenschlichenden, wirtschaftsorientierten und konsumorientierten Globalisierung verloren gegangen.

Jede Kritik an dieser durch Politik, Massenmedien, aber selbstverständlich auch durch natürliche Vorgänge, Universalisierung & McDonaldisierung der Welt wird im Keim erstickt – man möge doch bitte die Vielfalt achten und in einer bunten, toleranten & weltoffenen Welt leben.

Bei solchen Sätzen wird die Vernunft ad absurdum geführt - dieser Gedanke ist in sich so verquert, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, solch geistige Irrungen zu entwirren.
Vielfalt erreicht man nicht, indem man alle Kulturen lustig durchmischt und auch nicht, indem man brasilianische, indigene Stämme gewaltsam aus ihren Wäldern am Amazonas reißt, um sie dann „umzusiedeln“ und zu „globalisieren“. ²
Vielmehr bedeutet eine Welt der vielen Kulturen, Nationen & Stämmen eine Welt der Vielfalt, oder etwa nicht? Wie erreicht man Vielfalt, wenn man zwangsweise versucht, eine universalistische Ideologie durchzusetzen und das einstige Multiversum auf der Erde durch ein Universum zu ersetzen? Wie erreicht man Vielfalt, wenn alle das Gleiche fressen, trinken und konsumieren? Wie erreicht man Vielfalt, wenn alle Menschen die gleiche Sprache sprechen, einheimische Traditionen und Bräuchte zwangsweise vernichtet werden müssen, nur um „tolerant“ & „weltoffen zu sein“?
Genau: Gar nicht.

Und hier ist auch der wesentliche Unterschied zwischen einem normalen, friedlichem Austausch der Kulturen und einer erzwungenen Vereinigung der Welt, in der die Eigenheiten, also die Idiosynkrasie aller Völker zerstört werden. Denn Vielfalt bedeutet nicht die Wahl zwischen „Coca Cola &“ Pepsi oder „McDonalds und BurgerKing“, sondern Vielfalt bedeutet ein Multiversum, also eine multipolare Erde, gleichberechtigter, in sich (relativ) homogener Kulturen & Völker.

Somit steht der multipolare Idiosynkrasismus also im wesentlichen Gegensatz zu den universalistischen Ideologien, die Mehrheitsanspruch auf die ganze Welt erheben und auf die Vereinheitlichung nach ihrem Bilde und Auflösung der wahren Vielfalt der Welt abzielen. Dazu zählen 2 Systeme, die schon versagt haben: Der Kommunismus & der Faschismus. Der Liberalismus geht gerade unter, bedenkt man doch den weltweiten Widerstand gegen ihn, wobei sich sogar Muslime im nahen Osten gegen eine „Verwestlichung“ ihrer Kultur auflehnen.
„Die Globalisierung beruht, wie früher der Kolonialismus, auf einer ungeheuren Gewalt. Die Globalisierung schafft mehr Opfer als Nutznießer, auch wenn die "westliche" Welt mehrheitlich davon profitiert.“ (Jean Baudrillard)

Wir haben also 2 Seiten der (einst goldenen) Medaille : Der ethnopluralistische Gedanke und der nachvollziehbare Grund, dass auch Einwanderer ihre Identität und Idiosynkrasie erhalten wollen, womit das Assimiliationsmodell nichtig wird, konträr dazu aber auch die drausfolgenden Probleme wie das Entstehen von Parallelgesellschaften und einer multi-kulturellen Gesellschaft (im wahrste Sinne des Wortes), in der die Menschen nebeneinander, aber nicht miteinander, leben.

Also: Was tun, wenn Einwanderer ihre Idiosynkrasie nicht aufgeben wollen, sich aber die Einwanderer, die sich eben assimilieren wollen, einfach keinerlei Orientierung haben, wenn der Westen seine idiosynkrasischen Normen durch Eigenverschulden verlor?

Mag es am technischen Fortschritt, der sinnfreien Konsumkultur oder auch das veränderte Familienmodell liegen: Es geht etwas sehr beunruhigendes vor sich, was ich gerne die „Verfärbung gesellschaftlicher Prozesse“ nenne. Es geht darum, dass, insbesondere Europa, sämtliche Faktoren der Idiosynkrasie (Sprache, Glaube, Werte – und Gedankensysteme, Sitten & Gebräuche, Geschichte, Traditionen, Identitäten etc.) aufgegeben hat. Da dies aber auch in vielen anderen Kulturen geschieht, und die Menschheit also eben ohne jeweiligen Idiosynkrasien „zusammenwächst“, können Kulturen eben nicht voneinander lernen.
Dann können verschiedene Kulturen eben nicht voneinander lernen, profitieren oder wie auch immer man es nennen mag. DAS ist der entscheidende Denkfehler linksliberaler Positionen, welche behaupten, die Menschheit würde zusammenwachsen.
Wie aber kann etwas ohne Wurzeln wachsen? Es mag bis vor einigen Zeiten, im „alten Europa“ (für mich das Europa bevor es sich aufgrund nationalistischen Gedankenabfalls ins Chaos stürzte, also 1914) mag dies durchaus der Fall gewesen sein, dass man von Reisenden viel lernte & durchaus auch Interessantes aus dem Orient, egal ob Gewürze oder Gedanken, mitbrachte. Heute ist dies aber bei weitem nicht mehr der Fall.
Ich benutze den Begriff „Verfärbung“ dabei nicht im menschlichen Artendenken, wie es nun einige Braunhemden zu hoffen vermögen, sondern im eigentlichen Sinne: Farben.

Stellen wir uns einen Tuschkasten vor – hoffentlich einen ohne Giftstoffe. Dort haben wir logischerweise mehrere Farben bzw. , je nach Tuschkasten, ein gewisses Farbspektrum. Vermischt man diese Farben ähnlich eines Spektrums – also Farbe an Farbe wo die Übergänge passen, haben wir ein buntes, wunderbares Farbspektrum wie in den RGB-Tabellen von Paint. Vermischt man jedoch alle Farben eines Tuschkastens mit einem großen, ausgefransten 68er-Pinsel, so bleibt eine graue, fahle Einheitsfarbe übrig.

Verfäbrung - Sinne eines Vorganges, der zu einem dauerhaften Resultat führt. Dieser Vorgang ist nicht umkehrbar.

Der Satz „...man möge doch bitte die Vielfalt achten und in einer bunten, toleranten & weltoffenen Welt leben“ hat also keinerlei Bedeutung – jedenfalls nicht so, wie ihn linksliberale Intelektuelle oder Fernsehproduzenten propagieren.

ahre Vielfalt erreicht man nicht durch stures Festhalten an Traditionen oder idiosynkrasischen Werten, wie es Nationalisten oder vielleicht auch Neo-Nazis mit ihren „Pseudotraditionen“ (also den erfundenen okkulten Ritualen im 3.Reich) gedenken zu tun.
Man erreicht „Vielfalt“ auch nicht durch die Auflösung eben dieser Werte. Diese „bunte“ Welt erreicht man mit einem Mittelweg; in einer Welt, in der die Kulturen voneinander lernen und nicht die Werte- und Gedankensysteme der anderen bekämpfen, sondern die linksliberale Vormachtstellung im öffentlichen Denken, die eben diese Kultursysteme zerstört.

Insbesondere Europa hätte nach dem 2.Weltkrieg die Chance gehabt, seine jahrhundertelange „Tradition“ des Krieges endlich zu beenden und die Identitäten der anderen mit entspanntem Rückblick, frei von Nationalismus und Rassismus, auf die eigenen Wurzeln und Identität zu respektieren (Oder wie George Bernard Shaw sagte „Tradition ist eine Laterne, der Dumme hält sich an ihr fest, dem Klugen leuchtet sie den Weg.“ ) – stattdessen wurden diese Systeme aufgelöst. Dieses alte Europa, von dem in konservativen Kreisen permanent die Rede ist, ist ein sehr umfassender Begriff und eben nicht schwammig. Beschreibt dieser Begriff doch den Zeitraum von der Antike bis zur Romantik.
Konzentrieren wir uns doch erst einmal auf das „alte Deutschland“ und einem markanten Ereignis, das für immer alles verändern sollte. Der Schritt von Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ und Eichendorffs „Taugenichts“ zu den Kraftwerken der Industrialisierung (Kollektiv statt Identität und Individuum) und deren Fabriken.

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