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Sjard
10.08.2014, 15:04
Einem Sommer

Sommer eh´du nun entwandelst
Über sonnenrote Höhn,
Soll dir meine Seele sagen
Wie du mir vor allen schön !

Wähne nicht, das meinem Herzen
Sommer so wie Sommer sei;
Seltsam wie der Wolken Wandel
Ziehn die Zeiten ihm vorbei.

Und wie du hervorgetreten
Aus der Zukunft ernstem Tor,
Atmete aus dumpfen Qualen,
Atmete dies Herz empor...

Dankbar will ich das nun singen:
Wie die Wiese lag im Glanz
Und du gingst am Rand im Schatten
Und dein Gehen war Klang und Tanz -

Wie auf Wolken du gefahren,
Deren Weg dein Hauch gebeut
Wie du in den hohen Himmel,
Weiße Rosen hingestreut -

Wie du aus des Nussbaums Wipfel
Durch Gezweige sahst herab
Wie du rote Blüte gossest
über ein versunknes Grab -

Wie im Wald am schwarzen Stamme
Stumm du standest, schwertbereit,
Als ein sonnenblanker Ritter
Aus verklungener Heldenzeit -

Wie du alle Glocken schwängest
Zum beglühten Turm des Doms -
Wie du rötlich hingewandelt
Auf der Wellenflur des Stroms,

Oder wie du braun von Wangen
Westlich schrittest durch das Feld
Und mit einer Amsel Tönen
Leis erweckt die Sternenwelt...

Hoher, eh du nun entwandelst
In den Saal " Vergangenheit"
Nimm mit dir wie den Hauch der Felder
Diesen Hauch der Dankbarkeit !

Wo gestorbne Sommer wandeln
Hinter nachtumraunten Höhn,
Wo nur Schatten dich umschweigen,
Soll er singend mit dir gehn.

Otto Ernst ( 1862 - 1926 )

Das Gedicht wurde 1908 verfasst.

Sjard
10.08.2014, 15:22
Lied der Freiheit

Es lebe, was auf Erden
nach Freiheit strebt und wirbt
von Freiheit singt und saget,
für Freiheit lebt und stirbt

Die Welt mit ihren Freuden
ist ohne Freiheit nichts
die Freiheit ist die Quelle
der Tugend und des Lichts

Es kann was lebt und webet
in Freiheit nur gedeihn
das Ebenbild des Schöpfers
kann nur der Freie sein

Frei will ich sein und singen
so wie der Vogel lebt
der auf Palast und Kerker
sein Frühlingslied erhebt

Die Freiheit ist mein Leben
und bleibt es immerfort
mein Sehnen, mein Gedanke,,
mein Traum, mein Lied und Wort

Es lebe was auf Erden
nach Freiheit strebt und wirbt
von Freiheit singt und saget
für Freiheit lebt und stirbt

Fluch sing ich allen Zwingherrn,
Fluch aller Dienstbarkeit
Die Freiheit ist mein Leben
und bleibt es allezeit.

​Hoffmann von Fallersleben ( 1798 - 1874 )

Sjard
10.08.2014, 16:12
O laß sie blühn, die sanften Tage

O laß sie blühn, die sanften Tage -
So mild erhellt, so morgenschön!
Wie einer Jugend ew´ge Sage,
Wie einer Glücke leis Getön.
O laß sie rein, die klare Quelle -
An diesem Frieden rühre nicht!
Mir ist so wohl in milder Helle,
Die aus dem Aug der Liebe spricht.

O laß sie blühn die sanften Tage -
und rüttle nicht an altem Leid!
Versunken liegst im Sarkophage,
den wir begruben seine Zeit.
Und nun ? o lehr´dein Herz verstehen
Der sel´gen Stunden Wonneschaum
Es trägt der Mensch so kurz zu Legen
des Erdendaseins Blütentraum.

O laß sie blühn die sanften Tage!
Es kommt der Sturm, eh´du´s gedacht;
Es kommt die Not, des Lebens Plage,
Und das Verhängnis über Nacht;
Drum laß si blühn ! genießen lerne
Das stille Glück, das dich umgibt.
Wie bald verschwimmt´s in ew´ge Ferne,
Sein Segen bleibt - wenn du´s geliebt.

Hugo Oelbermann ( 1832 - 1888 )

Sjard
10.08.2014, 16:50
Wenn ich einmal frei sein werde

Wenn ich einmal frei sein werde
frage ich mich, wie wird das sein ?
Ich grab tief in Deine Erde,
mein Heimatland, die Hände ein.

Ich geh einsam durch die Straßen,
ganz still als wie im Traum;
ich kann die Freiheit nicht erfassen,
mein Kopf lehnt still an einem Baum.

Und wenn mich jemand fragen sollte,
wo ich solang gewesen bin -
so werde ich verhalten sagen:
"Ich war in Gottes Mühlen drin."

Ich sah die Müller Spuren malen
den Menschen tief in´s Angesicht
und mußte mit dem Herzblut zahlen,
wie sonst in meinem Leben nicht.

Wenn ich einmal frei sein werde,
frag ich mich, was mir noch blieb?
Dich, meine deutsche Heimaterde,
Dich habe ich von Herzen lieb!

Heinrich George ( 1893 -1946 )

-jmw-
11.08.2014, 17:55
Heerbannlied

Ernst ist mein Sinn und schlicht und recht,
Mein Bart ist gleich dem Flachse.
In Dün' und Wald blüht mein Geschlecht,
Daß übers Meer es wachse –
Ich bin der Sachse.

Mein Bart ist rot, der Berg mein Schloß,
Mir blüht des Liedes Gabe;
Die Sturmfahn' schwing' ich; Schwert und Roß
Sie gehn mit mir zu Grabe –
Ich bin der Schwabe.

Mein Mark ist stark, ist Löwenmark,
Kein andrer Stamm ist freier;
Kommt her! Kein Teufel ist so stark,
Und schlägt ein Herz getreuer? –
Ich bin der Bayer.

Ein blanker Stahl ist meine Brust,
Doch fröhlich mein Gedanke;
Am Reigen hab' ich meine Lust
Und einem firnen Tranke –
Ich bin der Franke.

Nach Süd, Ost, West, Nord stehn wir Vier
Zum Schutz der deutschen Eiche,
Und rauscht Sankt Michaels Panier,
Sind unsre Schwerterstreiche
Ein Hort dem Reiche.

Die Feinde schicken wir nach Haus,
Bedeckt mit Blut und Schrammen,
Und kommt die Hölle selbst zum Strauß,
Wir lachen ihrer Flammen
Und stehn zusammen.

(Hermann von Lingg, 1820 - 1905)

kotzfisch
11.08.2014, 18:37
Königsberger Klopse- ach Gedichte.

Sjard
14.08.2014, 11:57
Des Sängers Fluch

Es stand in alten Zeiten ein Schloß so hoch und hehr,
Weit glänzt´es über die Lande bis an das blaue Meer,
Und rings von duft´gen Gärten ein blütenreicher Kranz,
D´rin sprangen frische Brunnen in Regenbogenglanz.

Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich.
Er saß auf seinem Throne so finster und so bleich;
Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut,
Und was er spricht, ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut.

Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar:
Der ein´in goldnen Locken, der andre grau von Haar;
Der Alte mit der Harfe, der saß auf schmuckem Roß,
Es schritt ihm frisch zur Seite der blühende Genoß.

Der Alte sprach zum Jungen: " Nun sei bereit, mein Sohn!
Denk´unsrer tiefsten Lieder, stimm´an den vollsten Ton,
Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz;
Es gilt uns heut´zu rühren des Königs steinern Herz."

Schon stehen die beiden Sänger im hohen Säulensaal,
Und auf dem Throne sitzen der König und sein Gemahl;
Der König furchtbar prächtig, wie blut´ger Nordlichtschein,
Die Königin süß und milde, als blickte Vollmond drein.

Da schlug der Greis die Seiten, er schlug sie wundervoll,
Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll.
Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor,
Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor.

Sie singen von Lenz und Liebe, von sel´ger goldner Zeit,
Von Freiheit, Männerwürde, von Treu´und Heiligkeit;
Sie singen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt,
Sie singen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt.

Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott,
Des Königs trotz´ge Krieger, sie beugen sich vor Gott,
Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust,
Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust.

"Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?"
Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib.
Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,
Draus, statt der goldnen Lieder , ein Blutstrahl hoch aufspringt.

Und wie von Sturm zerstoben ist all´der Hörer Schwarm;
Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm,
Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Roß,
Er bind´t ihn aufrecht feste, verlässt mit ihm das Schloß.

Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis,
Da faßt er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis,
An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt,
Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt:

"Weh´euch ihr stolzen Hallen! Nie töne süßer Klang
Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang,
Nein, Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,
Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!

"Weh´euch ihr duft´gen Gärten im holden Maienlicht!
Euch zeig ich dieses Toten entstelltes Angesicht,
Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell verseicht,
Daß ihr in künft´gen Tagen versteint, verödet liegt.

"Weh´dir verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums!
Umsonst sei all´dein Ringen nach Kränzen blut´gen Ruhms;
Dein Name sei vergessen, in ew´ge Nacht getaucht,
Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!"

Der Alte hat´s gerufen, der Himmel hat´s gehört;
Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört,
Noch eine hohe Säule zeugt von verschwind´ner Pracht,
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.

Und rings, statt ruft´ger Gärten, ein ödes Heideland:
Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand;
Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch:
Versunken und vergessen! - das ist des Sängers Fluch.

Ludwig Uhland ( 1787 - 1862 )

-jmw-
14.08.2014, 18:56
Dû bist mîn, ich bin dîn.
des solt dû gewis sîn.
dû bist beslozzen
in mînem herzen,
verlorn ist das sluzzelîn:
dû muost ouch immêr darinne sîn.

(unbekannt, Ende 12. Jh.)

Graf Zahl
14.08.2014, 19:22
Zu Deutschland kann ich sagen:

- KEIN SCHÖNER LAND IN DIESER ZEIT .......

Nationalix
14.08.2014, 21:38
Pidder Lüng (Detlev von Liliencron)

„Frii es de Feskfang,
Frii es de Jaght,
Frii es de Strönthgang,
Frii es de Naght,
Frii es de See, de wilde See
En de Hörnemmer Rhee.“

Der Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch,
Schlägt mit der Faust auf den Eichentisch:
Heut fahr ich selbst hinüber nach Sylt,
Und hol mir mit eigner Hand Zins und Gült.
Und kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen,
Sollen sie Nasen und Ohren lassen,
Und ich höhn ihrem Wort:
Lewwer duad üs Slaav.

Im Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt,
Stützt sich finster auf sein langes Schwert.
Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit,
Steht Jürgen, der Priester, beflissen, bereit.
Er reibt sich die Hände, er bückt den Nacken.
Der Obrigkeit helf ich, die Frevler packen,
In den Pfuhl das Wort:
Lewwer duad üs Slaav.

Gen Hörnum hat die Prunkbarke den Schnabel gewetzt,
Ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt.
Und es knirschen die Kiele auf den Sand,
Und der Ritter, der Priester springen ans Land,
Und waffenrasselnd hinter den beiden.
Entreißen die Söldner die Klingen den Scheiden.
Nun gilt es, Friesen:
Lewwer duad üs Slaav!

Die Knechte umzingeln das erste Haus,
Pidder Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus.
Der Ritter, der Priester treten allein
Über die ärmliche Schwelle hinein.
Des langen Peters starkzählige Sippe
Sitzt grad an der kargen Mittagskrippe.
Jetzt zeige dich, Pidder:
Lewwer duad üs Slaav!

Der Ritter verneigt sich mit hämischem Hohn,
Der Priester will anheben seinen Sermon.
Der Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
Und verbeugt sich noch einmal: Ihr erlaubt,
Daß wir euch stören bei euerm Essen,
Bringt hurtig den Zehnten, den ihr vergessen,
Und euer Spruch ist ein Dreck:
Lewwer duad üs Slaav.

Da reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
Henning Pogwisch, halt deine Reden im Zaum.
Wir waren der Steuern von jeher frei,
Und ob du sie wünschst, ist uns einerlei.
Zieh ab mit deinen Hungergesellen,
Hörst du meine Hunde bellen?
Und das Wort bleibt stehn:
Lewwer duad üs Slaav!

Bettelpack, fährt ihn der Amtmann an,
Und die Stirnader schwillt dem geschienten Mann:
Du frißt deinen Grünkohl nicht eher auf,
Als bis dein Geld hier liegt zu Hauf.
Der Priester zischelt von Trotzkopf und Bücken,
Und verkriegt sich hinter des Eisernen Rücken.
O Wort, geh nicht unter:
Lewwer duad üs Slaav!

Pidder Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an,
Immer heftiger in Wut gerät der Tyrann,
Und er speit in den dampfenden Kohl hinein:
Nun geh an deinen Trog, du Schwein.
Und er will, um die peinliche Stunde zu enden,
Zu seinen Leuten nach draußen sich wenden.
Dumpf dröhnts von drinnen:
Lewwer duad üs Slaav!

Einen einzigen Sprung hat Pidder gethan,
Er schleppt an den Napf den Amtmann heran,
Und taucht ihm den Kopf ein, und läßt ihn nicht frei,
Bis der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei,
Die Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern,
Brüllt er, die Thüren und Wände zittern,
Das stolzeste Wort:
Lewwer duad üs Slaav!

Der Priester liegt ohnmächtig ihm am Fuß,
Die Häscher stürmen mit höllischem Gruß,
Durchbohren den Fischer und zerren ihn fort,
In den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord.
Pidder Lüng doch, ehe sie ganz ihn verderben,
Ruft noch einmal im Leben, im Sterben
Sein Herrenwort:
Lewwer duad üs Slaav !

Nationalix
14.08.2014, 21:42
Das Lied der Deutschen (Heinrich Hoffmann von Fallersleben)

Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält,
Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt –
Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt!

Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang –
Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang!

Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
Brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unterpfand –
Blüh im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Vaterland!

Sjard
15.08.2014, 13:19
Tristan

Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,
Ist dem Tode schon anheimgegeben,
Wird für keinen Dienst auf Erden taugen,
Und doch wird er vor dem Tode beben,
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen!

Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe,
Denn ein Tor nur kann auf Erden hoffen,
Zu genügen einem solchen Triebe:
Wen der Pfeil des Schönen je getroffen,
Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe!

Ach, er möchte wie ein Quell versiechen,
Jedem Hauch der Luft ein Gift entsaugen,
Und den Tod aus jeder Blume riechen:
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,
Ach, er möchte wie ein Quell versiechen.

August von Platen (1769 - 1835 )

Sjard
26.08.2014, 09:00
Schieferkreuze

Der Wald, das Schweigen, unser Schweigen.
Der Lärm erlosch, der Krieg ist aus.
Die Stille ist der Seele eigen.
Wir sind beglückt. Wir sind zu Haus.

Die Heimat kam, die lang ersehnte:
die Dämmerung, das Moos, der Tann.
Wir ruhen warm wie weit verdehnte
Pilzfäden, heimlich, Mann an Mann.

Die grauen Schieferkreuze sinken
mit jedem Jahr hinab, hinab.
Die starken braunen Wurzeln trinken
wohl Jahr um Jahr aus unserm Grab.

Die Wipfel raunen manchmal leise
was uns das stumme Herz erfüllt.
Uralt und traurig klingt die Weise,
von stolzem Brausen jäh umhüllt.

Der Wald, das Schweigen, unser Schweigen.
Die Dämmerung sinkt. Der Krieg ist aus.
Seht ihr, wie wir zum Traum uns neigen,
zum tiefen Traum. Wir sind zu Haus.
Seht ihr, wie wir zum Traum uns neigen,
zum tiefen Traum. Wir sind zu Haus.

Hans Gstettner

Sjard
03.09.2014, 19:54
Vorfrühling im Ostland

Das ist Erde, dunkle Erde,
Nicht mehr Eis.
Wie die Meise singt die erste
Liebe leis.

Erste Liebe zu der Erde,
Die uns Leid gebracht.
Meisenleise zirpt sie selig
Wie aus Grabesnacht.

Nahe war ich dir, du Harte,
Letzter Ruh in deinem Schoß.
Nahmst sie, die um dich geblutet,
Mutterzart und muttergroß.

Und nun wirst du wieder grünen,
Wirst, o Wunder, blühn.
Und ich darf, im Lichte wandelnd,
Deiner Schönheit glühn.

Blutgetränkte, dunkle Erde,
Dir sei Preis !
Wie die Meise probt die Liebe
Ihre Stimme leis.

verfasst 1944.

Hans Gstettner

MindoverMatter
03.09.2014, 19:57
Sehr schön! Grün geht gerade nicht.

ABAS
13.11.2014, 15:09
Internetfunde: Gedichte ueber Nacktmulle :D


Der Nacktmull

Der Nacktmull gilt als besonders reinlich,
weil, dreckig ist ihm Nacktsein peinlich.
Immer, wenn ihn die Feinde erschrecken,
muss er unterirdisch sich verstecken,
wobei er sich komplett verschmutzt -
es dauert Stunden, bis er geputzt.

Die ganze Tierwelt scheint versessen,
ihn ohne Haar und mit Haut zu fressen.
Dem possierlichen Burschen ist das egal,
nur nicht, dass er überall kahl.
Er hätte gerne vom Kater das Fell,
dazu vom Hund das laute Gebell.
Schenkte ihm jemand des Hirschen Geweih,
so wär es mit seiner Feigheit vorbei.

Er würde es ihnen allen zeigen
und Sie mal unter die Erde treiben.
Dann würden sie wissen,
Jawoll! und jawull,
wie er sich fühlt,
der nackte Mull.


Ein Nacktmull auf Reisen

Ein Nacktmull geht auf Wanderschaft
will von der Welt was sehen
er stärkt sich erst mit Nacktmullsaft
und fängt dann an zu gehen

Sein Weg führt ihn in eine Stadt
er freut sich jetzt schon sehr
dort will er ein paar Freunde finden
doch sind die Straßen leer

Er glaubt, das wäre ganz normal
weil er nur Nacktmull-Höhlen kennt
doch ist der Glaube sehr fatal
denn dieser stammt von einem Wal
den kaum ein Haar vom Wahnsinn trennt

Hat keinen Plan, vom dem, was kommt
steht einfach da und wartet
ein Mann kommt her, hält plötzlich an
baut ganz schnell auf und startet

die Mondrakete, die schnell fliegt
zum Mond und zu den Sternen
Der Nackmull ist da mit dabei
will von den Aliens lernen

Die Landung ist mehr schlecht als recht
doch brechen keine Knochen
begrüßt wird er von einem Hecht
der sagt, er sei ein Rochen

Der Fisch führt ihn zu einer Bar
für Nacktmull-Astronauten
er sei der allererste Gast
das lässt der Wirt verlauten

Da geht dem Nacktmull langsam auf:
er ist noch auf der Erde
Er war niemals im Weltenraum
schreit laut und wütend: merde!

Denn die Franzosen, das ist klar
sind schuld an seinem scheitern
beim Flug über das Frankenreich
da streifte er zwei Leitern

Die standen dort, um seinen Flug
zu Nacktmull-sabotieren
denn Mulle sind, wie jeder weiß
ständig am erfrieren

Wenn man jetzt eins und eins addiert
dann wird ein jeder wissen
der Mull, der ist ein Tunneltier
wurd’ um sein Lohn beschissen

Denn Astronauten kriegen Kohle
und das nicht zu knapp
der Mull hingegen wühlt jetzt wieder
sich in die Erd’ hinab

Dort träumt er dann vom Weltenraum
und Schwerelosigkeit
die nächste Chance kommt bestimmt
und dann ist er bereit.

jochen53
13.11.2014, 16:03
Gülden geht die Sonne auf.
Silberwölkchen fliegen,
frisch gebumst steht Mama auf,
Papa bleibt noch liegen.

Zinsendorf
17.02.2015, 12:54
Jede Zeit hat auch so ihre speziellen Gedichte...
Ein besonders schönes Beispiel (von "Volkspoesie") habe ich seinerzeit beim Entsorgen ehem. VEB-Unterlagen (Brigadetagebücher, Schriftverkehr von Patenbrigaden, Tagebücher von Betriebsferienlager...) gefunden, das ich der Nachwelt keinesfalls vorenthalten möchte.
Der oder die "Dichter" sind mir nicht bekannt, es liegt mir nur die Kopie der handschriftlichen "Danksagung" vor.



Gruß und Dank

Gruß und Dank gilt dir, Partei,
von uns Thälmann-Pionieren.
Niemals ist´s dir einerlei,
ob wir schreiben Einsen oder Vieren.
Alles, was wir schon geschafft,
ist ein Ausdruck deiner Kraft.

Und im Kampf um unser Glück
gehst du keinen Schritt zurück.
Dafür wir die stets versprechen,
unser Gelöbnis nie zu brechen.
In deinem Kampf stehen wir dier bei
als jüngste Helfer der Partei.


Um eventuellen Verwechslungen vorzubeugen, möchte ich ergänzen, dass es sich hier bei "Partei" um die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands der Deutschen Demokratischen Republik handelt.:))

reflecthofgeismar
17.02.2015, 13:11
Eine Hand voll Landser - Feind greift an -
Sind völlig unterlegen
Doch grinsen sie verächtlich, statt sich kampflos zu ergeben
Die Angreifer erstaunen, warum die Männer lachen
Hört man plötzlich Ketten quietschen und splittern, Bäume krachen
Und aus dem Unterholz bricht
Ihren Blick vergisst man nie
Eine Kampfgruppe von Tigern mit aufgesessener Infanterie! :cool:

Rolf1973
17.02.2015, 13:24
Wenn Winde
Über Würste streichen
Geschwinde
Aus dem Arsch entweichen

Feuchter Furz
Mit üblen Düften
Und nun kurz
Das Zimmer lüften

.............................................

Finstre Ahnen
Wilde Bahnen
Nächtens um die Türme zieh'n
Droh'n Skeletten,
Die in Ketten
Vor der Weißen Dame flieh'n
Dunkel lacht
Einsam wacht
Der alte Doktor Frankenstein
Im Verlies
Kalt und fies
Über lebend' Totenbein

-Peer Versling (08/15-4711), ein zu Recht vergessener Dichter.

Zinsendorf
19.02.2015, 12:21
Ich möchte an dieser Stelle zwei Gedichte von Arthur Schramm vorstellen, das erste ist von 1941, das zweite von 1951!
Und da sage noch jemand, Menschen sind nicht lernfähig!:))


Marsch nach Rußland

Gen Osten hallt jetzt unser Schritt,
Allwo wir einst schon stritten,
Und du Kamerad und du kämpfst mit;
Wo wir im Weltkrieg litten

Wir gehen vor mit Todesmut
bis in des Reiches Mitte.
und kämpfen tot mit unserem Blut
Verräterische Sippe.-

Gen Ostland richtet sich der Blick
Wo Deutschlands Wehrmacht säubert
das Russenreich von Mißgeschick;
Daß keiner mehr noch räubert.--

Hinein geht ers in kühnen Lauf,
Die Roten zu vernichten.-
Die Zeitenwende zieht herauf,
Europa zu aufzurichten!-

.... ......!
________________________________________

Hymnus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft

Wir habens Freunde wahrgemacht:
"Wir wollen immer Freunde sein!"
Ihr deutschen Menschen aufgewacht!
In uns´re Reihen tretet ein!
Ein festes Band, der Freundschaft Kleid,
umschließe uns für alle Zeit!

In uns der neue Morgen tagt.
das Sowjetvolk es ehrlich meint.-
Wir können schaffen unverzagt.-
Ein Ziel, der Frieden, uns vereint.
Ein festes Band, der Freundschaft Kleid,
umschließe uns für alle Zeit!

Da wir die Friedensmacht erkannt
studieren wir das Volk, das Land
Der Frieden sei uns Unterpfand,
so geh´n wir mit euch Hand in Hand!-
Ein festes Band, der Freundschaft Kleid,
umschließe uns für alle Zeit!

Patriotistin
19.02.2015, 12:23
Heimat, du bist unsere Mutter.

Heimat, wir sind ein Teil von dir, wie wir ein Teil von Vater und Mutter und
von den Ahnen sind. Du schenktest uns das Leben. Aus dir wurden wir groß.
Du gibst uns das Brot und das Haus, den Grund und die Kraft. Du bist unser
Glück oder Elend, unser Segen oder Fluch. Aus dir blüht unser Traum, reift unsere Tat.
Du bist unser Weg und unser Ziel. Ohne dich könnten wir nicht leben, und wir opfern dir
gerne das Leben, das du uns gabst. Heimat, du bist die Erde, die uns trägt und nährt,
du Land mit dem ernsten Antlitz der Berge und den leuchtenden Augen der Seen,
mit den werkenden Händen und dem schaffenden Geist deiner Dörfer und Städte
nd den brausenden Adern der Ströme und Straßen, Land der fruchttragenden Äcker
und der rauschenden Wälder, der weingesegneten Hänge und Hügel, der gärtenprangenden
Täler und Mulden.
Du sollst diese Heimat umwerben und lieben,
sie erleben und erfahren, sollst sie erobern und umwandern in allen ihren Grenzen,
sie ganz kennen lernen im Geruch ihrer Erde und im Atem ihrer Wälder, im Glanz ihrer
Sommer und im Zauber ihrer Winter.

Rockatansky
05.04.2015, 16:20
Körner aktualisiert:


Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen und verlogenen Gestalten,
doch bald wird wieder Gerechtigkeit walten!
Dann richtet das abendländische Volk und dann gnade Euch Gott!
Und dann geht es bald für Euch zum Schafott!






:)

Makkabäus
05.04.2015, 17:12
"....So ziehen wir aus zur Hermannsschlacht
Und wollen Rache haben.
Lasst brausen, was nur brausen kann,
in hellen, lichten Flammen!
Ihr Deutsche alle Mann für Mann,
zum heil’gen Krieg zusammen!
Und hebt die Herzen himmelan
Und himmelan die Hände,
und rufet alle Mann für Mann:
Die Knechtschaft hat ein Ende.
Lasst wehen, was nur wehen kann,
Standarten weh’n und Fahnen,
wir wollen heut uns Mann für Mann
zum Heldentod ermahnen.
Auf! Fliege hohes Siegspanier,
voran den kühnen Reihen!
Wir siegen oder sterben hier
Den süßen Tod der freien"

Ernst Moritz Arndt "Der Gott, der Eisen wachsen ließ"

Leseratte
05.04.2015, 17:51
„Vierte Strophe“

Während der sogenannten Weimarer Republik (http://de.metapedia.org/wiki/Weimarer_Republik) wurde von Albert Matthai (http://de.metapedia.org/wiki/Albert_Matthai) eine vierte Strophe hinzugeschrieben, die auf Deutschlands Schmach durch das Versailler Diktat (http://de.metapedia.org/wiki/Versailler_Diktat) anspielte und betonte, daß nun Deutschland über allen anderen Sachen des Lebens stehen sollte:

Deutschland, Deutschland über alles
Und im Unglück nun erst recht.
Nur im Unglück kann die Liebe
Zeigen ob sie stark und echt.
Und so soll es weiterklingen
Von Geschlechte zu Geschlecht:
Deutschland, Deutschland über alles
Und im Unglück nun erst recht.

Eine Textvariante dazu lautet:

Deutschland, Deutschland über alles,
Und im Unglück nun erst recht,
denn im Unglück kann sich zeigen,
ob die Liebe treu und echt,
und so soll es weiter schallen,
von Geschlechte zu Geschlecht.
Deutschland, Deutschland über alles,
Und im Unglück nun erst recht.

„Fünfte Strophe“

Eine weitere (wohl ebenso nach dem Ersten Weltkrieg (http://de.metapedia.org/wiki/Ersten_Weltkrieg) verfaßte) Zusatzstrophe lautet:

Deutschland, Deutschland, über alles
trotz des Unglücks, trotz der Not!
Deutschland, du geliebte Heimat,
dir gehör ich bis zum Tod.
Ob du wachest, ob du welkest,
ob das Todeslos dir fällt:
Deutschland, Deutschland, über alles,
über alles in der Welt!

„Sechste Strophe“

Nach dem Zweiten Weltkrieg (http://de.metapedia.org/wiki/Zweiter_Weltkrieg) entstand eine weitere Zusatzstrophe, die die Teilung Deutschlands in verschiedene Zonen und Länder anprangert, deren Urheber jedoch nicht festgestellt werden kann:

Über Länder, Grenzen, Zonen
hallt ein Ruf, ein Wille nur;
überall, wo Deutsche wohnen,
zu den Sternen dringt der Schwur:
Niemals werden wir uns beugen,
nie Gewalt für Recht anseh'n,
Deutschland, Deutschland über alles
und das Reich wird neu ersteh'n!





http://de.metapedia.org/wiki/Deutschlandlied#.E2.80.9EVierte_Strophe.E2.80.9C

Sjard
06.06.2015, 16:38
Abend in der Heimat

Das dunkle Wasser schwankt und blinkt.
Der Tag versinkt.
Das schwere Rad
Der Mühle dreht im Finstern sich.
Der weiße Schaum,
Der einst entwich,
O Traum,
Er strudelt fort und fort.
Am Mühlenwehr mein Heimatort,
Er steht wie einst.
Der Tag versinkt.
Die Schwalbe jagt.
Im Wasser schwingt
Und winkt des Mondes
Mildes Gold.
Ihr Toten lebt
Und seid mir hold !

Hans Gstettner

verfasst 1944.

Lilly
06.06.2015, 16:45
Theodor Fontane

John Maynard

John Maynard!
"Wer ist John Maynard?"
"John Maynard war unser Steuermann,
aushielt er, bis er das Ufer gewann,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."

Die "Schwalbe" fliegt über den Erie-See,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee;
von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
die Herzen aber sind frei und froh,
und die Passagiere mit Kindern und Fraun
im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
und plaudernd an John Maynard heran
tritt alles: "Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
"Noch dreißig Minuten ... Halbe Stund."

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -
da klingt's aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
"Feuer!" war es, was da klang,
ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.

Und die Passagiere, bunt gemengt,
am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
am Steuer aber lagert sich´s dicht,
und ein Jammern wird laut: "Wo sind wir? wo?"
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. -

Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
der Kapitän nach dem Steuer späht,
er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
aber durchs Sprachrohr fragt er an:
"Noch da, John Maynard?"
"Ja,Herr. Ich bin."

"Auf den Strand! In die Brandung!"
"Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: "Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo. - -

"Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
mit ersterbender Stimme: "Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
jagt er die "Schwalbe" mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo!

Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!

Alle Glocken gehn; ihre Töne schwell'n
himmelan aus Kirchen und Kapell'n,
ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
und kein Aug' im Zuge, das tränenleer.

Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
mit Blumen schließen sie das Grab,
und mit goldner Schrift in den Marmorstein
schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:

"Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
hielt er das Steuer fest in der Hand,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."

laurin
19.07.2015, 11:46
Ein schöner Faden!

"Stufen" von Hermann Hesse:


Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

laurin
19.07.2015, 11:49
Erich Fried - Was es ist:

Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht

Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung

Es ist was es ist
sagt die Liebe

http://www.erichfried.de/Was%20es%20ist.htm

Makkabäus
21.07.2015, 12:47
Ich hoffe deutsch bezieht sich im Strangtitel auf die Sprache des Gedichtes und nicht auf die Ethnie.

Immer wieder gern !!! "Kluge Sterne" von Heinrich Heine

Die Blumen erreicht der Fuß so leicht,
Auch werden zertreten die meisten;
Man geht vorbei und tritt entzwei
Die blöden wie die dreisten.

Die Perlen ruhn in Meerestruh’n,
Doch weiß man sie aufzuspüren;
Man bohrt ein Loch und spannt sie in’s Joch,
In’s Joch von seidenen Schnüren.

Die Sterne sind klug, sie halten mit Fug
Von unserer Erde sich ferne;
Am Himmelszelt, als Lichter der Welt,
Stehn ewig sicher die Sterne.

http://i.imgur.com/N6ugB7y.jpg

Wolff
12.12.2015, 21:35
Bleibe treu




Deiner Sprache, deiner Sitte, deinen Toten bleibe treu!


Steh in deines Volkes Mitte, was dein Schicksal immer sei!


Wie die Not auch dräng und zwinge, hier ist Kraft sie zu bestehen,


trittst du aus dem heilgen Ringe, wirst du ehrlos untergehn.


Bleibe treu, bleibe treu!





Wie die Welt auch um dich werbe, deine Brüder lasse nicht,


deiner Väter treues Erbe zu behüten sei dir Pflicht.


Gleich der Welle in dem Strome füge in dein Volk dich ein,


stürzen kann die Mauer im Dome, wenn sich losgelöst der Stein.


Bleibe treu, bleibe treu!





Wahre deines Volkes Ehre, nie sei dir sein Name feil,


stehe fest in seiner Wehre, fühle dich als seinen Teil.


In des Lebens Leid und Wonne bleibe treu auf guter Wacht,


lieb dein Volk im Glanz der Sonne, in des Sturmes dunkler Nacht.


Bleibe treu, bleibe treu!

Michael Albert

Wolff
19.12.2015, 12:47
Deine Seele ist ein Vogel

Deine Seele ist ein Vogel,
stutze ihm die Flügel nicht,
denn er will sich doch erheben
aus der Nacht ins Morgenlicht.

Deine Seele ist ein Vogel,
stopf nicht alles in ihn rein.
Er wird zahm und satt und träge,
stirbt den Tod am Brot allein.

Deine Seele ist ein Vogel,
schütze ihn nicht vor dem Wind.
Erst im Sturm kann er dir zeigen,
wie stark seine Flügel sind.

Deine Seele ist ein Vogel,
und er trägt in sich ein Ziel.
Doch wird er zu oft geblendet,
weiß er nicht mehr,was er will.

Deine Seele ist ein Vogel.
Hörst du ihn vor Sehnsucht schrein,
darfst den Schrei du nicht ersticken,
bleibt er stumm,wirst du zu Stein.

Deine Seele ist ein Vogel,
stutze ihm die Flügel nicht,
denn er will sich doch erheben
aus der Nacht ins Morgenlicht.

Gerhard Schöne

Wolff
19.12.2015, 14:33
Weihnachten auf dem Friedhof

von Michael Albert

Wenn tief im Tal erloschen sind
am Weihnachtsbaum die Kerzen
und noch im Traum so manchem Kind
die Freude pocht im Herzen:

Dann tönt voll Ernst, dann tönt voll Macht
vom Berg die Glocke droben,
um in der stillen, heiligen Nacht
den Herrn, den Herrn zu loben.

Sie braust ihr Lied so voll, so tief
auf hoher Friedensstätte,
wo schon so lang, so lange schlief
manch´ Herz im Hügelbette;

Sie braust ihr Lied den Toten dort
in weiter, weiter Runde:
"Auch oben an dem stillen Ort
ist´s Weihnacht", tönt die Kunde.

Ach Weihnacht, Weihnacht ! -
wer ein Kind, ein liebes, dort begraben,
trug Tannenäste, treu gesinnt,
ihm als Erinnerungsgaben.

Er legte sie bei Tage sacht
aufs Bett ihm als Geschenke,
zu zeigen, das er sein gedacht
und seiner fort gedenke.

Und wessen Vater droben ruht,
gedeckt von Schnee und Eise,
und wer die Gattin, lieb und gut
vermist in seinem Kreise:

In ruft der Glocke Weiheklang
ins Reich der Stillen oben;
er fühlt auch seiner Liebe Drang
in ihren Klang verwoben

Wolff
11.01.2016, 19:01
Blühende Landschaften

Auf dem blauen Industriegebäudedach,
sitzt ein Rabe und macht krach.
Einst waren viele Menschen dort,
doch Konjunktur nahm sie mit fort.
Blühende Landschaften nehmen jetzt überhand,
seit der Investor mit der Kohle verschwand.

Jörg Schwedler

Wolff
14.01.2016, 15:55
Das Wassertröpflein

Tröpflein muß zur Erde fallen,
muß das zarte Blümchen netzen,
muß mit Quellen weiter wallen,
muß das Fischlein auch ergötzen,
muß im Bach die Mühle schlagen,
muß im Strom die Schiffe tragen.
Und wo wären denn die Meere,
wenn nicht erst das Tröpflein wäre.

Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832

Wolff
17.01.2016, 10:39
Der Szekler Landtag

Adelbert von Chamisso

Ich will mich für das Faktum nicht verbürgen,
Ich trag' es vor, wie ich's geschrieben fand;
Schlagt die Geschichte nach von Siebenbürgen.
Als einst der Sichel reif der Weizen stand
In der Gespannschaft Szekl, kam ein Regen,
Wovor des Landmanns schönste Hoffnung schwand.
Es wollte nicht der böse West sich legen,
Es regnete der Regen alle Tage,
Und auf dem Feld verdarb des Gottessegen.
Erhört des Volkes laut erhob'ne Klage,
Gefiel es, einen Landtag auszuschreiben,
Um Rat zu halten über diese Plage.
Die Landesboten ließen sich nicht treiben,
Sie kamen gern, entschlossen gut zu tagen
Und Satzungen und Bräuchen treu zu bleiben.
Da wurde denn, nach bräuchlichen Gelagen,
Der Tag eröffnet, und mit Ernst und Kraft
Der Fall vom Landesmarschall vorgetragen:
"Und nun hochmögende Genossenschaft,
Weiß Einer Rat? Wer ist es, der zur Stunde
Die Ernte trocken in die Scheune schafft?"
Es herrschte tiefes Schweigen in der Runde;
Doch nahm zuletzt das Wort ein würd'ger Greise
Und sprach gewichtig mit beredtem Munde:
"Der Fall ist ernst, mit nichten wär' es weise,
Mit übereiltem Ratschluß einzugreifen;
Wir handeln nicht unüberlegter Weise.
Drum ist mein Antrag, ohne weit zu schweifen,
Laßt uns auf nächsten Samstag uns vertagen;
Die Zeit bringt Rat, sie wird die Sache reifen."
Beschlossen ward, worauf er angetragen.
Die Frist verstrich bei ew'gen Regenschauern,
Hinbrüten drauf und bräuchlichen Gelagen;
Der Samstag kam und sah dieselben Mauern
Umfassen noch des Landes Rat und Hort,
Und sah den leid'gen Regen ewig dauern.
Der Landesmarschall sprach ein ernstes Wort:
"Hochmögende, nun tut nach eurer Pflicht,
Ihr seht, der Regen regnet ewig fort.
Wer ist es, der das Wort der Weisheit spricht?
Wer bringt in unsres Sinnes düstre Nacht
Das lang erwartete, begehrte Licht?
Zur Tat! Ihr habt erwogen und bedacht.
Ich wende mich zuerst an diesen Alten,
Dess' Scharfsinn einmal schon uns Trost gebracht:
Ehrwürd'ger Greis, laß deine Weisheit walten!"
Der stand und sprach:"Ich bin ein alter Mann,
Ich will euch meinen Rat nicht vorenthalten:
Wir sehn es vierzehn Tage noch mit an,
Und hat der Regen dann nicht aufgehört,
Gut! regn' es dann, so lang' es will und kann."
Er schwieg, es schwiegen, die das Wort gehört,
Noch eine Weile staunend, dann erscholl
Des Beifalls Jubel-Nachklang ungestört.
Einstimmig ward der Ratbeschluß angenommen,
Der nun Gesetzeskraft behalten soll. -
So schloß ein Szekler Landtag, der zum Frommen
Des Landes Weiseres vielleicht geraten,
Als mancher, dessen Preis auf uns gekommen.
So wie die Väter, stolz auf ihre Taten,
Nach bräuchlichen Gelagen heimgekehrt,
Erschien die Sonne, trockneten die Saaten,
Und schwankten heim die Wagen goldbeschwert

Wolff
17.01.2016, 20:57
Siebenbürgische Elegie


Anders rauschen die Brunnen, anders rinnt hier die Zeit.

Früh faßt den staunenden Knaben Schauder der Ewigkeit.

Wohlvermauert in Grüften modert der Väter Gebein,

Zögernd nur schlagen die Uhren, zögernd bröckelt der Stein.

Siehst du das Wappen am Tore? Längst verwelkte die Hand.

Völker kamen und gingen, selbst ihr Namen entschwand.

Aber der fromme Bauer sät in den Totenschrein,

Schneidet aus ihm sein Korn, keltert aus ihm seinen Wein.

Anders schmeckt hier der Märzenwind, anders der Duft von Heu,

Anders klingt hier das Wort von Liebe und ewiger Treu.

Roter Mond, vieler Nächte einzig geliebter Freund,

Bleichte die Stirne dem Jüngling, die der Mittag gebräunt,

Reifte ihn wie der gewaltige Tod mit betäubendem Ruch,

Wie in grünlichem Dämmer Eichbaum mit weisem Spruch.

Ehern, wie die Gestirne, zogen die Jahre herauf,

Ach, schon ist es September. Langsam neigt sich ihr Lauf.



Adolf Meschendörfer, 1927
Kronstadt, * 8.5.1877, † 4.7.1963

Wolff
20.01.2016, 16:02
Die Repser Burg von Michael Albert

Aus Gartengrün und Ährengarben
in hoher,trotziger Gestalt
erhebt der Berg,gefurcht mit Narben,
die Felsenstirne von Basalt.

Drauf ruht,dereinst dem Feind zum Hohne,
und blickt ins Land so kühn,so weit
die turmgeschmückte Mauerkrone,
Burgtrümmer aus vergang‘ner Zeit.

Es liegt ein traurig tiefes Schweigen
hier ums verwitterte Gestein;
nur dunkle Wolkenschatten steigen
hoch über Wall und Turm herein.

Wie Geister aus den Heldentagen
ziehn riesengroß sie ein und aus,
wo pfeilgetroffen,schwertgeschlagen,
der Feind gestürzt im Sturmgebraus.

Jetzt tobt hier um die Felsenspitzen
der Wind nur statt der lauten Schlacht
und jagt aus tiefen Mauerritzen
den flücht‘gen Vogel in die Nacht.

O Felsenburg, mit ernstem Mahnen
zeigst du in die Vergangenheit,
ein Grabesdenkmal unsrer Ahnen-
doch sei kein Bild der künft‘gen Zeit!

Weh,wenn wir diesen Mauern gleichen,
so trüb erhellt vom Abendschein,
ein öder Bau voll Trümmerleichen,
ein still zerfallendes Gestein!

Dann steig aus deiner Felsenhalle,
o Burggeist,auf in wildem Zorn,
und stoße du zu weitem Schalle
den Weckruf in dein Geisterhorn:

Daß denen,die im Tale schlafen,
Entsetzen das Gebein erfüllt.
Dann zeige du, das Volk zu strafen,
in seinen Burgen ihm sein Bild!

Wolff
08.08.2017, 21:06
Der Birnenbaum

von Michael Albert

Von einem alten Birnenbaum
berichtet uns die Sage
er steht allein in Feldes Raum
ein Denkbild alter Tage.

Ihn pflanzten unsere Väter noch
wie sie ins Land gezogen
dann war der Baum so stark und hoch
der Wipfel breit gebogen.

Berührte Ihn des Lenzes Hauch
hat er sein Laub getrieben
und kam der Herbst so ist er auch
nie ohne Frucht geblieben.

Und seine Frucht war süß und gut
so alt der Baum geworden
so oft ihn auch des Sturmes Wut
berauscht von Süd und Norden.

Sie haben oft den Feuer´s Brand
an seinen Stamm gehalten
sie nahmen oft die Axt zur Hand
den Baum entzwei zu spalten.

Umsonst! Er stand doch frisch belaubt
beschattete die Heide
und wenn sie seine Frucht geraubt
trug andere er mit Freuden.

Ob mancher Zweig noch heut verdirbt
er treibt stets neue Glieder
Für wen der Baum von innen stirbt
dann grünt er nimmer wieder.

Jodlerkönig
24.09.2017, 02:53
https://ortenau.afd-bw.de/website/var/tmp/image-thumbnails/0/3590/thumb__home-news-list-image/afd_landzuruecknostripe@2x.jpeg
Hand aufs Herz!

Ansuz
02.04.2018, 20:29
O könnt ich mich niederlegen
Weit in den tiefsten Wald
Zu Häupten den guten Degen,
Der noch von den Vätern alt,


Und dürft von allem nichts spüren
In dieser dummen Zeit,
Was sie da unten hantieren,
Von Gott verlassen, zerstreut;


Von fürstlichen Taten und Werken,
Von alter Ehre und Pracht,
Und was die Seele mag stärken,
Verträumend die lange Nacht!


Denn eine Zeit wird kommen,
Da macht der Herr ein End,
Da wird den Falschen genommen
Ihr unechtes Regiment.


Denn wie die Erze vom Hammer,
So wird das lockre Geschlecht
Gehaun sein von Not und Jammer
Zu festem Eisen recht.


Da wird Aurora tagen
Hoch über den Wald hinauf,
Da gibt's was zu singen und schlagen,
Da wacht, ihr Getreuen, auf.

Joseph von Eichendorff

Lilly
04.04.2018, 10:34
Von meiner Lieblingsdichterin Emerenz Meier (1874 bis 1928):

Stoßseufzer

Hätte Goethe Suppen schmalzen,
Klöße salzen,
Schiller Pfannen waschen müssen,
Heine nähn, was er verrissen,
Stuben scheuern, Wanzen morden,
Ach die Herren,
Alle wären
Keine großen Dichter worden.

---


Die gereifte Eva

Im weiten Gebiet der Liebe
Blüht auch ein Wunderbaum,
Darunter die Eva träumet
Den wonnigsten Lebenstraum.

Dem Gatten, den Kindern ferne,
Nicht jung, doch schöner denn je,
Hat sie einen Knaben gerne,
Entsandt ihr aus Himmelshöh'.

Die köstlichste Unschuldsblüte,
Das süßeste Maienlicht, -
Sie beuget sich zu ihm nieder
Und zieht ihn ans Herz und spricht:

»Was war mir die erste Liebe!
Was war mir der reife Mann!
Was sind mir tausend Männer,
Mit Tigerfellen umtan! -

Dich liebe ich, holde Knospe,
So zitternd und so zart,
Für dich sterb' ich tausend Tode,
Du bist mir die rechte Art.«

Und Eva selig vergessend
Den ersten Sündenfall,
Sie sündigt nach Gottes Ratschluß
Zum zweiten- und schönstenmal.

---
Weh über die Führer der Nationen

Weh über die Führer der Nationen,
Die Henker im Frack, die Mörder auf Thronen!
Sie machen Geschichte, sie spinnen Netze,
Mit Hilfe der Presse, der feilen Metze.

Wenn faul Republiken und Monarchien,
Nach Freiheit und Aufklärung wird geschrien,
Dann heißt einen schneidigen Krieg erzeugen,
Der Revolution noch schnell vorzubeugen.

Dann treiben die Hirten die Herden zur Weide,
Zum Kampffeld hinaus, rum tollt euch im Streite!
Kühlt euer Mütchen, ein Volk am andern,
Uns aber laßt den Herrenpfad wandern!

Das tötet und würgt uns und wird getötet,
Die ganze Welt ist von Blut schon gerötet,
Sie kämpfen verzweifelt, Mann gegen Mann,
Hat keiner was dem andern getan.

Was hat euch, ihr Völker, mit Blindheit geschlagen,
Wann wird es in euren Gehirnen tagen,
Wann dringt in eure Seelen das Licht
Der echten Freiheit, die liebt, nicht ficht?

Ansuz
10.04.2018, 18:43
Mondnacht
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

(von Joseph von Eichendorff, einer von wenigen Dichtern, deren unausgereiftes Jugendwerk ich gleichsam schätze )

Ansuz
19.04.2018, 20:37
(Karl) Theodor Körner
Am Morgen des Gefechts bei Dannenberg.(12. Mai 1813)

Ahnungsgrauend, todesmutig
bricht der große Morgen an
und die Sonne, kalt und blutig
leuchtet unsrer blutgen Bahn
In der nächsten Stunden Schoße
liegt das Schicksal einer Welt
und es zittern schon die Lose
und der ehrne Würfel fällt
Brüder, euch mahne die dämmernde Stunde
mahne euch ernst zu dem heiligsten Bunde
treu so zum Tod, wie zum Leben gesellt

Hinter uns, im Graun der Nächte
liegt die Schande, liegt die Schmach
liegt der Frevel fremder Knechte
der die deutsche Eiche (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/eiche/) brach
Unsre Sprache ward geschändet
unsre Tempel stürzten ein
unsre Ehre ist verpfändet
deutsche Brüder, löst sie ein
Brüder, die Rache flammt. Reicht euch die Hände
daß sich der Fluch der Himmlischen wende
Löst das verlorne Palladium ein

Vor uns liegt ein glücklich Hoffen
liegt der Zukunft goldne Zeit
steht ein ganzer Himmel offen
blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/deutsche-lieder/)
Frauenhuld und Liebesglück
alles Große kommt uns wieder
alles Schöne kehrt zurück
Aber noch gilt es ein gräßliches Wagen
Leben und Blut in die Schanze zu schlagen
nur in dem Opfertod reift uns das Glück (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/glueck/)

Nun, mit Gott, wir wollen wagen
fest vereint dem Schicksal stehn
unser Herz zum Altar tragen
und dem Tod entgegen gehn.
Vaterland, dir wolln wir sterben
wie dein großes Wort gebeut
Unsre Lieben mögen´s erben
was wir mit dem Blut befreit
Wachse, du Freiheit der deutschen Eichen
wachse empor über unsere Leichen!
Vaterland, höre den heiligen Eid

Und nun wendet eure Blicke
noch einmal der Liebe nach
scheidet von dem Bütenglücke
das der giftge Süden brach
Wird euch auch das Auge trüber
keine Träne bringt euch Spott
werft den letzten Kuß hinüber
dann befehlt sie eurem Gott
Alle die Lippen, die für uns beten
alle die Herzen, die wir zertreten
tröste und schütze sie, ewiger Gott

Und nun frisch zur Schlacht gewendet
Aug und Herz zum Licht hinauf
Alles Irdsche ist vollendet
und das Himmlische geht auf
Faßt euch an, ihr deutschen Brüder
jeder Nerve sei ein Held
Treue Herzen sehn sich wieder
Lebewohl für diese Welt
Hört ihr´s, schon jauchzt es uns donnernd entgegen
Brüder, hinein in den blitzenden Regen
Wiedersehn in der besseren Welt

https://www.volksliederarchiv.de/ahnungsgrauend-bundeslied-vor-der-schlacht/

Sjard
26.04.2018, 14:00
Auf dem Morgengange

Laß uns verweilen, du Liebste mein,
schau in den tiefen Wald hinein !
spärlich nur durch die Tannen dicht
Irrt hernieder das Sonnenlicht;
Nur einen kleinen stillen Raum
Hüllt es in einen goldnen Traum.
Vier der Stämme ragen empor,
die sich allein das Licht erkor;
Aber sie flimmern in hellem Glast
Wie ein lichter Zauberpalast.
Durch die Kronen huscht mit Geflimmer
Flink und Behende der Morgenschimmer
Fliegt und zittert hinauf, hinab,
bis er alles mit Gold umgab.
Zwischen den Stämmen in der Schwebe
Hängt der Spinne silbern Gewebe;
Käfer im Goldrock, flink und munter,
Hasten die Stämme hinauf, hinunter,
Und ihr Schwirren und Summen leis
Einziger Laut im weiten Kreis ! -

Also fiel auch in unsere Brust
Golden das Licht der Liebeslust,
Und inmitten der düstern Welt,
Die uns mit Sturm und Frost umstellt,
fanden wir strahlende Einsamkeit,
Frieden und tiefe Seligkeit.

Eine stille Sommerpracht,
uns im Herzen die Liebe lacht.
Sonne trank nun allen Schmerz.
Ahnend zittern durch unser Herz,
Wie das Licht um die hohen Bäume,
Einsame Wünsche, schweigende Träume! -


Otto Ernst ( 1862 - 1926 )

Anne Bonny
26.04.2018, 14:41
Hier ein Gedicht von meinem Lieblingsanarchisten Erich Mühsam

Der Revoluzzer

War einmal ein Revoluzzer,
Im Zivilstand Lampenputzer;
Ging im Revoluzzerschritt
Mit den Revoluzzern mit

Und er schrie: „Ich revolüzze!“
Und die Revoluzzermütze
Schob er auf das linke Ohr,
Kam sich höchst gefährlich vor

Doch die Revoluzzer schritten
Mitten in der Straßen Mitten,
Wo er sonsten unverdrutzt
Alle Gaslaternen putzt

Sie vom Boden zu entfernen,
rupfte man die Gaslaternen
Aus dem Straßenpflaster aus,
Zwecks des Barrikadenbaus

Aber unser Revoluzzer
Schrie: „Ich bin der Lampenputzer
Dieses guten Leuchtelichts.
Bitte, bitte, tut ihm nichts!
Wenn wir ihn’ das Licht ausdrehen,
Kann kein Bürger nichts mehr sehen,
Laßt die Lampen stehn, ich bitt!
Denn sonst spiel’ ich nicht mehr mit!“
Doch die Revoluzzer lachten,
Und die Gaslaternen krachten,
Und der Lampenputzer schlich
Fort und weinte bitterlich

Dann ist er zuhaus geblieben
Und hat dort ein Buch geschrieben:
Nämlich, wie man revoluzzt
Und dabei doch Lampen putzt


Der Revoluzzer ist ein politisches Chanson (https://de.wikipedia.org/wiki/Chanson) von Erich Mühsam (https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Mühsam) aus dem Jahr 1907. Mühsam weist mit seinen Chansons auf Vorgänge seiner Zeit hin. Der Untertitel „Der deutschen Sozialdemokratie gewidmet“ zeigt seine Kritik an der damaligen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialdemokratische_Partei_Deutschlands). (wiki)

:D

Trantor
26.04.2018, 15:31
Der Mensch

Empfangen und genähret
Vom Weibe wunderbar
Kömmt er und sieht und höret
Und nimmt des Trugs nicht wahr,
Gelüstet und begehret
Und bringt sein Tränlein dar,
Verachtet und verehret,
Hat Freude und Gefahr,
Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret,
Hält nichts und alles wahr,
Erbauet und zerstöret
Und quält sich immerdar,
Schläft, wachet, wächst und zehret
Trägt braun und graues Haar.
Und alles dieses währet,
Wenn's hoch kommt, achtzig Jahr.
Denn legt er sich zu seinen Vätern nieder,
Und er kömmt nimmer wieder.

Matthias Claudius

Trantor
26.04.2018, 15:32
Nicht alle Frauen sind Engel
(Haben Männer doch auch ihre Mängel!);
Und solche Frauen durch Vernunft zu zwingen
Wird nicht dem Weisesten gelingen:
Sie lassen lieber schmeichelnd sich betören,
Als auf die Stimme der Vernunft zu hören.

Friedrich Martin von Bodenstedt

:D

Nathan
26.04.2018, 16:16
Und der Haifisch, der hat Zähne
und die trägt er im Gesicht
und Macheath, der hat ein Messer
doch das Messer sieht man nicht.

Ach, es sind des Haifischs Flossen
rot, wenn dieser Blut vergießt.
Mackie Messer trägt 'nen Handschuh
drauf man keine Untat liest.

An 'nem schönen blauen Sonntag
liegt ein toter Mann am Strand
und ein Mensch geht um die Ecke
den man Mackie Messer nennt.

Und Schmul Meier bleibt verschwunden
und so mancher reiche Mann
und sein Geld hat Mackie Messer
dem man nichts beweisen kann.

Jenny Towler ward gefunden
mit 'nem Messer in der Brust
und am Kai geht Mackie Messer
der von allem nichts gewußt.

Und das große Feuer in Soho
sieben Kinder und ein Greis -
in der Menge Mackie Messer, den
man nicht fragt und der nichts weiß.

Und die minderjährige Witwe
deren Namen jeder weiß
wachte auf und war geschändet -
Mackie, welches war dein Preis?
Wachte auf und war geschändet -
Mackie, welches war dein Preis?

BB

Schlummifix
26.04.2018, 16:23
Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
er trifft des Türken Pferd so gut,
er haut ihm ab mit einem Streich
die beiden Vorderfüß' zugleich.

Als er das Tier zu Fall gebracht,
da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
er schwingt es auf des Reiters Kopf,
haut durch bis auf den Sattelknopf,

haut auch den Sattel noch zu Stücken
und tief noch in des Pferdes Rücken;
zur Rechten sieht man wie zur Linken,
einen halben Türken heruntersinken.

FranzKonz
26.04.2018, 16:30
Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
er trifft des Türken Pferd so gut,
er haut ihm ab mit einem Streich
die beiden Vorderfüß' zugleich.

Als er das Tier zu Fall gebracht,
da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
er schwingt es auf des Reiters Kopf,
haut durch bis auf den Sattelknopf,

haut auch den Sattel noch zu Stücken
und tief noch in des Pferdes Rücken;
zur Rechten sieht man wie zur Linken,
einen halben Türken heruntersinken.

Uhlands Schwabenstreiche. Zu schön. :)

FranzKonz
26.04.2018, 16:33
Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte
der Feuerzunder still gehäuft,
das Volk, zerreißend seine Kette,
zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocke Strängen
der Aufruhr, daß sie heulend schallt,
und, nur geweiht zu Friedensklängen,
die Losung anstimmt zur Gewalt.
"Freiheit und Gleichheit!" hört man schallen;
der ruh'ge Bürger greift zur Wehr,
die Straßen füllen sich, die Hallen,
und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Weiber zu Hyänen
und treiben mit Entsetzen Scherz;
noch zuckend, mit des Panthers Zähnen
zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
sich alle Bande frommer Scheu;
der Gute räumt den Platz dem Bösen,
und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
verderblich ist des Tigers Zahn;
jedoch der schrecklichste der Schrecken,
das ist der Mensch in seinem Wahn.

Ansuz
19.05.2018, 21:40
Baltische Jugend von Gertrud von den Brincken



Wer bang berechnet Sinn und Zweck und Kosten,
errechnet nie, was Herz und Fahnen kund:
Wir aber stehen auf umstürmtem Posten
so selbstverständlich wie auf eignem Grund.

Nicht kann die Undurchdringlichkeit der Ferne,
nicht grauer Frage Donnergroll uns fälln.
Wir haben Nacht um uns. Vielleicht auch Sterne.
Nicht wägen gilt's, nicht zählen, -- nur: sich stelln!

Ansuz
25.05.2018, 21:23
Die Baltenfahne

Die Grenzwacht hielt im Osten dem Feinde lange stand
Heut kehrt ihr letzter Posten zurück ins Vaterland

Erschöpft und aufgerieben in treuer Ritterschaft
Die Besten sind geblieben, uns andern brach die Kraft

Doch bringen wir die Fahne, die wehend vor uns stritt
Von Rigas blutgen Planen in allen Ehren mit

Die sturmbewährt sich nimmer vor einem Feind geneigt
Und heute noch und immer den Weg nach Osten zeigt

Es rauscht dort hin zu mahnen, zu ihr der Väter Geist
Trotz aller Not ein Ahnen, das deutsche Zukunft heißt

Sind wir auch fremd geworden euch Brüdern aus dem Reich
Aus West und Süd und Norden, das Banner blieb sich gleich

Ob wir auch hier verderben, das kümmere euch nicht
Die Fahne zu vererben ist unsere letzte Pflicht

Ich darf nicht länger zagen, bald zwingt sie euren Sinn
Nach Ostland sie zu tragen, sie will, sie muß dort hin

Hulasebdender
25.05.2018, 21:36
Ernst Jandl:

zweierlei handzeichen

ich bekreuzige mich
vor jeder kirche
ich bezwetschkige mich
vor jedem obstgarten

wie ich ersteres tue
weiß jeder katholik
wie ich letzteres tue
ich allein

Ansuz
30.05.2018, 21:40
Wenn auf düstrem Bergeskamme
Aufbrennt unsrer Sehnsucht Licht,
Und die heilge Glut der Flamme
Lodernd in die Weltnacht bricht,
Stehn wir ernst geschart im Kreise,
Starren in lebendige Glut,
Spüren stark die wilde heiße Deutsche Stimme uns im Blut.

Brennen über uns die Sterne,
Brennt in uns das Herz voll Not,
Brennt der Ruf in alle Ferne!
Flammt, ein einziges Gebot.
Sonnwendfeuer, Notwendfeuer,
Endzeit du und Zeit der Wende!
Übergroß und ungeheuer
Zwingt es Hände nun in Hände.

Gerhard Schumann

Hulasebdender
31.05.2018, 16:31
Heinz Erhardt:

Noch'n Gedicht

Die Gans erwacht im grauen Forst
erstaunt in einem Adlerhorst.
Sie blickt sich um und denkt betroffen:
Mein lieber Schwan, war ich besoffen!

autochthon
31.05.2018, 16:33
Heinz Erhardt:

Noch'n Gedicht

Die Gans erwacht im grauen Forst
erstaunt in einem Adlerhorst.
Sie blickt sich um und denkt betroffen:
Mein lieber Schwan, war ich besoffen!

Noch ein Erhardt (Der heisst Heinz)

Ich würgte eine Klapperschlang
bis ihre Klapper schlapper klang.

Hulasebdender
31.05.2018, 16:39
Ich bin übrigens nicht ganz zufrieden mit der Fassung von Heinz Erhardt. Ein guter Freund hat eine leicht varrierte Fassung geschrieben, die meiner Meinung nach die tiefe Ruhe und Erhabenheit des morgendlichen Waldes noch fühlbarer macht:


Der Nebel steigt im grauen Forst.
Die Gans erwacht im Adlerhorst.
Sie blickt sich um und denkt betroffen:
Mein lieber Schwan, war ich besoffen!

herberger
14.07.2018, 10:10
Heinrich Heine: Gedichte 1853 und 1854

Himmelfahrt
Der Leib lag auf der Totenbahr,
Jedoch die arme Seele war,
Entrissen irdischem Getümmel,
Schon auf dem Wege nach dem Himmel.
Dort klopft' sie an die hohe Pforte,
Und seufzte tief und sprach die Worte:
Sankt Peter, komm und schließe auf!
Ich bin so müde vom Lebenslauf -
Ausruhen möcht ich auf seidnen Pfühlen
Im Himmelreich, ich möchte spielen
Mit lieben Englein Blindekuh
Und endlich genießen Glück und Ruh!
Man hört Pantoffelgeschlappe jetzund,
Auch klirrt es wie ein Schlüsselbund,
Und aus einem Gitterfenster am Tor
Sankt Peters Antlitz schaut hervor.
Er spricht: »Es kommen die Vagabunde,
Zigeuner, Polacken und Lumpenhunde,
Die Tagediebe, die Hottentotten -
Sie kommen einzeln und in Rotten,
Und wollen in den Himmel hinein
Und Engel werden und selig sein.
Holla! Holla! Für Galgengesichter
Von eurer Art, für solches Gelichter
Sind nicht erbaut die himmlischen Hallen -
Ihr seid dem leidigen Satan verfallen.
Fort, fort von hier! und trollt euch schnelle
Zum schwarzen Pfuhle der ewigen Hölle.«
So brummt der Alte, doch kann er nicht
Im Polterton verharren, er spricht
Gutmütig am Ende die tröstenden Worte:
»Du arme Seele, zu jener Sorte
Halunken scheinst du nicht zu gehören -
Nu! Nu! Ich will deinen Wunsch gewähren,
Weil heute mein Geburtstag just
Und mich erweicht barmherzige Lust -
Nenn mir daher die Stadt und das Reich,
Woher du bist; sag mir zugleich,
Ob du vermählt warst? - Ehliches Dulden
Sühnt oft des Menschen ärgste Schulden;
Ein Ehmann braucht nicht in der Hölle zu schmorn,
Ihn läßt man nicht warten vor Himmelstoren.«
Die Seele antwortet: Ich bin aus Preußen,
Die Vaterstadt ist Berlin geheißen.
Dort rieselt die Spree, und in ihr Bette
Pflegen zu wässern die jungen Kadette;
Sie fließt gemütlich über, wenns regent -
Berlin ist auch eine schöne Gegend!
Dort bin ich Privatdozent gewesen,
Und hab über Philosophie gelesen -
Mit einem Stiftsfräulein war ich vermählt,
Doch hat sie oft entsetzlich krakeelt,
Besonders wenn im Haus kein Brot -
Drauf bin ich gestorben und bin jetzt tot.
Sankt Peter rief: »O weh! o weh!
Die Philosophie ist ein schlechtes Metier.
Wahrhaftig, ich begreife nie,
Warum man treibt Philosophie.
Sie ist langweihg und bringt nichts ein,
Und gottlos ist sie obendrein;
Da lebt man nur in Hunger und Zweifel,
Und endlich wird man geholt vom Teufel.
Gejammert hat wohl deine Xantuppe
Oft über die magre Wassersuppe,
Woraus niemals ein Auge von Fett
Sie tröstend angelächelt hätt -
Nun sei getrost, du arme Seele!
Ich habe zwar die strengsten Befehle,
Jedweden, der sich je im Leben
Mit Philosophie hat abgegeben,
Zumalen mit der gottlos deutschen,
Ich soll ihn schimpflich von hinnen peitschen -
Doch mein Geburtstag, wie gesagt,
Ist eben heut, und fortgejagt
Sollst du nicht werden, ich schließe dir auf
Das Himmelstor, und jetzo lauf
Geschwind herein -
Jetzt bist du geborgen!
Den ganzen Tag, vom frühen Morgen
Bis abends spät, kannst du spazieren
Im Himmel herum und träumend flanieren
Auf edelsteingepflasterten Gassen.
Doch wisse, hier darfst du dich nie befassen
Mit Philosophie; du würdest mich
Kompromittieren fürchterlich -
Hörst du die Engel singen, so schneide
Ein schiefes Gesicht verklärter Freude, -
Hat aber gar ein Erzengel gesungen,
Sei gänzlich von Begeistrung durchdrungen,
Und sag ihm, daß die Malibran
Niemals besessen solchen Sopran -
Auch applaudiere immer die Stimm
Der Cherubim und der Seraphim,
Vergleiche sie mit Signor Rubini,
Mit Mario und Tamburini -
Gib ihnen den Titel von Exzellenzen
Und knickre nicht mit Reverenzen.
Die Sänger, im Himmel wie auf Erden,
Sie wollen alle geschmeichelt werden -
Der Weltkapellenmeister hier oben,
Er selbst sogar, hört gerne loben
Gleichfalls seine Werke, er hört es gern,
Wenn man lobsinget Gott dem Herrn
Und seinem Preis und Ruhm ein Psalm
Erklingt im dicksten Weihrauchqualm.
Vergiß mich nicht. Wenn dir die Pracht
Des Himmels einmal Langweile macht,
So komm zu mir; dann spielen wir Karten.
Ich kenne Spiele von allen Arten,
Vom Lanzknecht bis zum König Pharo.
Wir trinken auch - Doch apropos!
Begegnet dir von ungefähr
Der liebe Gott, und fragt dich: woher
Du seiest? so sage nicht aus Berlin,
Sag lieber aus München oder aus Wien.«

herberger
14.07.2018, 10:13
Auszug aus Heines Himmelfahrt

Auch klirrt es wie ein Schlüsselbund,
Und aus einem Gitterfenster am Tor
Sankt Peters Antlitz schaut hervor.
Er spricht: »Es kommen die Vagabunde,
Zigeuner, Polacken und Lumpenhunde,
Die Tagediebe, die Hottentotten -
Sie kommen einzeln und in Rotten,
Und wollen in den Himmel hinein
Und Engel werden und selig sein.
Holla! Holla! Für Galgengesichter
Von eurer Art, für solches Gelichter
Sind nicht erbaut die himmlischen Hallen -
Ihr seid dem leidigen Satan verfallen.
Fort, fort von hier! und trollt euch schnelle
Zum schwarzen Pfuhle der ewigen Hölle.«

Ansuz
14.07.2018, 21:20
Matthias Claudius, Abendlied eines Bauersmanns


Das schöne große Tag-Gestirne
Vollendet seinen Lauf;
Komm wisch den Schweiß mir von der Stirne,
Lieb Weib, und denn tisch auf!

Kannst hier nur auf der Erde decken,
Hier unterm Apfelbaum;
Da pflegt es abends gut zu schmecken,
Und ist am besten Raum.

Und rufe flugs die kleinen Gäste,
Denn hör, mich hungert’s sehr;
Bring auch den kleinen aus dem Neste
Wenn er nicht schläft, mit her.

Dem König bringt man viel zu Tische;
Er, wie die Rede geht,
Hat alle Tage Fleisch und Fische
Und Panzen und Pastet;

Und ist ein eigner Mann erlesen,
Von andrer Arbeit frei,
Der ordert ihm sein Tafelwesen
Und präsidiert dabei.

Gott lass ihm alles wohl gedeihen!
Er hat auch viel zu tun,
Und muss sich Tag und Nacht kasteien,
Dass wir in Frieden ruhn.

Und haben wir nicht Herrenfutter;
So haben wir doch Brot,
Und schöne, frische, reine Butter,
Und Milch, was denn für Not?

Das ist genug für Bauersleute,
Wir danken Gott dafür,
Und halten offne Tafel heute
Vor allen Sternen hier.

Es präsidiert bei unserm Mahle
Der Mond, so silberrein!
Und kuckt von oben in die Schale
Und tut den Segen 'nein.

Nun Kinder esset, esst mit Freuden,
Und Gott gesegn es euch!
Sieh, Mond! ich bin wohl zu beneiden,
Bin glücklich und bin reich!

Ansuz
24.07.2018, 23:18
Christian Morgenstern

Draußen im weiten Krieg
ist blieben mein armer Schatz,
draußen im fremden Land,
da liegt er kalt und blass.

Lag ich doch bei ihm im Grab
in der fremden Erd!
Was tu ich hier allein
am einsamen Herd?
Stiller Mond,der in mein Fenster scheint,
hat schon jemand so
um seinen Schatz geweint?

Ansuz
31.07.2018, 22:12
Hans Baumann, Der helle Tag, Lied Nr.42

Tapferes Baltenland, deine leuchtenden Felder schweigen,
stumm ist der heiße Sand, über den sich die Birken neigen.
Doch wir wissen die Feuer noch, die weit über Kurland verlohten,
sie schlagen in unseren Herzen hoch und fordern dies Land für die Toten.

Tapferes Baltenland, deine Wälder im Sturme singen,
wenn an den weißen Strand die brausenden Wellen springen.
Doch wir wissen die Feuer noch ...

Tapferes Baltenland, Rigas Türme zum Himmel ragen,
Herrgott, heb deine Hand, daß sie bald unsre Feuer tragen.
Denn wir wissen die Feuer noch ...

Heifüsch
02.08.2018, 14:55
Theobald Tiger

Rechts sind Bäume, links sind Bäume,
und dazwischen Zwischenräume.
In der Mitte fließt ein Bach!
Ach!

Nein, kein Bach, es ist ein Graben,
der die Recht- und Linken trennt.

Weiße Tauben, schwarze Raben.
Zitternd das Establishment... >ß´)

(Johann Wolfgang von Kroethe)

Arndt
02.08.2018, 15:16
Die Winde des Herrn von Prunzelschütz




1. Das war der Herr von Prunzelschütz
Der saß auf seinem Rittersitz
mit Mannen und Gesinde
in mitten seiner Winde.

2. Die strichen, wo er ging und stand,
vom Hosenleder übers Land
und tönten wie Gewitter.
So konnte es der Ritter !

3. Zu Augsburg einst, auf demTurnier,
bestieg er umgekehrt sein Tier,
den Kopf zum Pferdeschwanze,
und stürmte ohne Lanze.

4. Doch kurz vor dem Zusammenprall
-ein Donnerschlag - ein dumpfer Fall
Herr Prunz mit einem Furze
den Gegner bracht zum Sturze.

5. Da brach der Jubel von der Schanz.
Herr Prunzelschütz erhielt der Kranz.
Der Kaiser grüßte lachendund
und rief: „Epochemachend !“

6. Ein Jahr darauf Herr Prunzelschütz
saß froh auf seinem Rittersitz
mit Mannen und Gesinde
inmitten seiner Winde.
7. Da kam ein Bote kreidebleich,
und meldete: „Der Feind im Reich !
Das Heer läuft um sein Leben.
Wir müssen uns ergeben.“

8. Flugs ritt Herr Prunzelschütz heran,
lupft seinen Harnisch hinten an
und lässt aus der Retorte
der Winde schlimmster Sorte.

9. Das dröhnte, donnerte und pfiff,
so dass der Feind die Flucht ergriff.
Da schrie das Volk und wollte,
dass er regieren sollte.

10. Herr Prunz indessen todesmatt,
sprach: „Gott, der uns geholfen hat,
der möge mich bewahren.“
Und ließ noch einen fahren.

11. Der letzte war’s, der schwach entfloh.
Drauf schloss für immer den Popo
Herr Prunz, der frumbe Ritter,
und alle fanden’s bitter.

12. Er ward begraben und verdarb.
Die Burg zerfiel. Doch wo er starb,
steht heute eine Linde.
Da raunen noch die Winde.


Fritz Grasshoff

Ansuz
02.08.2018, 17:53
Gertrud von den Brincken - Meine Heimat könnt ihr nicht zerstören



Meine Heimat könnt ihr nicht zerstören,
meine Heimat findet ihr nicht auf;
nicht die Birken, die nur mir gehören
an des Wiesenbaches Schlängellauf.

Nicht den Feldweg zwischen Roggenhalmen,
zwischen Himmels- und Kornblumenblau;
nicht der Kaddickfeuer braunes Qualmen
überm Brachland im Oktobergrau.

Nicht das langgezogne Lied der Flößer,
das im Dunkel immer weiter währt ...
Immer tiefer wird und immer größer
jede Liebe, die von Leid sich nährt.

Meine Heimat könnt ihr nicht entreißen,
denn sie wuchs so ganz in mich hinein,
sang und segnete mit ihrer weißen
Winterschwermut meine Seele ein.

Heimat ist nicht Hülle und Gewandung,
die man wechselt, die ein Wind zerstört --
Heimat ist ein Schicksal, -- Grund und Landung,
was uns tiefst und ohne Tod gehört.

Sjard
12.08.2018, 10:55
Gertrud von den Brincken - Meine Heimat könnt ihr nicht zerstören



Meine Heimat könnt ihr nicht zerstören,
meine Heimat findet ihr nicht auf;
nicht die Birken, die nur mir gehören
an des Wiesenbaches Schlängellauf.

Nicht den Feldweg zwischen Roggenhalmen,
zwischen Himmels- und Kornblumenblau;
nicht der Kaddickfeuer braunes Qualmen
überm Brachland im Oktobergrau.

Nicht das langgezogne Lied der Flößer,
das im Dunkel immer weiter währt ...
Immer tiefer wird und immer größer
jede Liebe, die von Leid sich nährt.

Meine Heimat könnt ihr nicht entreißen,
denn sie wuchs so ganz in mich hinein,
sang und segnete mit ihrer weißen
Winterschwermut meine Seele ein.

Heimat ist nicht Hülle und Gewandung,
die man wechselt, die ein Wind zerstört --
Heimat ist ein Schicksal, -- Grund und Landung,
was uns tiefst und ohne Tod gehört.





Sehr schönes Gedicht. Grün geht leider gerade nicht.

tabasco
12.08.2018, 12:31
Nachträglicher Abschied ...

Auf einmal und ganz unvermittelt
bleibt man stehn.
Und horcht.
Da war etwas.
Etwas ist vergangen.


(Wir sehen uns bald,
wir werden reden,
wir werden auch zusammen essen gehn.)


Es wäre Zeit gewesen,
zu hören und zu sehn.
Ich wusste, ungenau,
und hatte viel zu tun.


Elisabeth Borchers

Ansuz
22.08.2018, 02:08
Gertrud von den Brincken, Herrentod 1919



Acht Knechte trieben ihren Herrn zum Sterben.
Glanzlos am Galgenberg verglomm ein Stern.
Und Schnee fiel gläsern über Schnee gleich Scherben.
Die trunknen Knechte johlten um den Herrn.

Straff schritt er in zerschlißner Sträflingsjacke,
unwandelbaren Hochmut im Gesicht.
Die Schultern trugen schwere Eisenhacke,
und seine Augen unverhülltes Licht.

Wozu die Hacke? -- -- -- Um mein Grab zu graben.
Wozu das Leuchten, Mord-umbrüllter Mann?
-- -- -- Es ist ein Dank, -- ich will ihn bei mir haben,
damit ich, -- wenn's so weit ist, -- lächeln kann ...

Mir ist von Wolken über meinem Parke
seit Kindheitsfrühen sehr viel Glück geschehn ...
Und sprich: wozu, trotz Fluch und Tod, der starke
Hochmut in dir? -- -- -- Zum Wiederauferstehn!

BrüggeGent
23.08.2018, 13:24
Gertrud von den Brincken, Herrentod 1919



Acht Knechte trieben ihren Herrn zum Sterben.
Glanzlos am Galgenberg verglomm ein Stern.
Und Schnee fiel gläsern über Schnee gleich Scherben.
Die trunknen Knechte johlten um den Herrn.

Straff schritt er in zerschlißner Sträflingsjacke,
unwandelbaren Hochmut im Gesicht.
Die Schultern trugen schwere Eisenhacke,
und seine Augen unverhülltes Licht.

Wozu die Hacke? -- -- -- Um mein Grab zu graben.
Wozu das Leuchten, Mord-umbrüllter Mann?
-- -- -- Es ist ein Dank, -- ich will ihn bei mir haben,
damit ich, -- wenn's so weit ist, -- lächeln kann ...

Mir ist von Wolken über meinem Parke
seit Kindheitsfrühen sehr viel Glück geschehn ...
Und sprich: wozu, trotz Fluch und Tod, der starke
Hochmut in dir? -- -- -- Zum Wiederauferstehn!





Top!!!!

Ansuz
25.08.2018, 16:32
Peter Zoege von Manteuffel, Die baltischen Junker




Die baltischen Junker aus deutschem Geschlecht,
oft waren es wilde Gesellen,
hochmütig und ehrlich und selbstgerecht,
unfähig, sich schlau zu verstellen.

Sie lernten zu wenig und jagten zuviel,
sie lebten zu ungebunden
und saßen so gerne beim Kartenspiel.
bis tief in die Abendstunden.

Und wußten im Stalle besser Bescheid
als unter Schreibern und Knechten
und waren in allen Gefahren bereit,
in erster Reihe zu fechten.

Und wenn von bolschewistischem Hund
geleitet zum Richtplatz sie gingen,
dann zog es spöttisch um ihren Mund,
Bevor sie die Kugel empfingen.

Sie lernten zu wenig, sie lebten zu treu
als ihrer Vorfahren Erben,
doch flüsterte selbst ihr Henker scheu:
Sie wissen aufrecht zu sterben!

MorganLeFay
25.08.2018, 16:36
Das Gedicht spielt eine besondere Rolle in meinem Leben.


Theodor Fontane

Die Brücke am Tay

"Wann treffen wir drei wieder zusamm'?"
"Um die siebente Stund', am Brückendamm."
"Am Mittelpfeiler."
"Ich lösch die Flamm'."
"Ich mit."
"Ich komme vom Norden her."
"Und ich vom Süden."
"Und ich vom Meer."

"Hei, das gibt ein Ringelreihn,
und die Brücke muß in den Grund hinein."
"Und der Zug, der in die Brücke tritt
um die siebente Stund'?"
"Ei, der muß mit."
"Muß mit."
"Tand, Tand
ist das Gebild von Menschenhand."

Auf der Norderseite, das Brückenhaus -
alle Fenster sehen nach Süden aus,
und die Brücknersleut', ohne Rast und Ruh
und in Bangen sehen nach Süden zu,
sehen und warten, ob nicht ein Licht
übers Wasser hin "ich komme" spricht,
"ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,
ich, der Edinburger Zug."

Und der Brückner jetzt: "Ich seh einen Schein
am andern Ufer. Das muß er sein.
Nun, Mutter, weg mit dem bangen Traum,
unser Johnie kommt und will seinen Baum,
und was noch am Baume von Lichtern ist,
zünd alles an wie zum heiligen Christ,
der will heuer zweimal mit uns sein, -
und in elf Minuten ist er herein."

Und es war der Zug. Am Süderturm
keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm,
und Johnie spricht: "Die Brücke noch!
Aber was tut es, wir zwingen es doch.
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
die bleiben Sieger in solchem Kampf,
und wie's auch rast und ringt und rennt,
wir kriegen es unter: das Element.

Und unser Stolz ist unsre Brück';
ich lache, denk ich an früher zurück,
an all den Jammer und all die Not
mit dem elend alten Schifferboot;
wie manche liebe Christfestnacht
hab ich im Fährhaus zugebracht
und sah unsrer Fenster lichten Schein
und zählte und konnte nicht drüben sein."

Auf der Norderseite, das Brückenhaus -
alle Fenster sehen nach Süden aus,
und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh
und in Bangen sehen nach Süden zu;
denn wütender wurde der Winde Spiel,
und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel,
erglüht es in niederschießender Pracht
überm Wasser unten... Und wieder ist Nacht.

"Wann treffen wir drei wieder zusamm'?"
"Um Mitternacht, am Bergeskamm."
"Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm."
"Ich komme."
"Ich mit."
"Ich nenn euch die Zahl."
"Und ich die Namen."
"Und ich die Qual."
"Hei!
Wie Splitter brach das Gebälk entzwei."
"Tand, Tand
ist das Gebilde von Menschenhand"

Ansuz
26.08.2018, 14:20
Gertrud von den Brincken, Gutshof in Kurland




Hier war der Fußweg, der zum Wäldchen ging,
aus dem im Sommer die Zigeuner kamen,
ein Windenduft um alle Hecken hing
wie ein verwehtes Märchen ohne Namen...

Hier lag der Feldstein immer sonnenheiß
am Gartenende, wo wir wartend saßen,
eh Gäste kamen; schmal und flimmerweiß
sahn wir sich kreuzen fern im Tal die Straßen.

Von hier aus hab' ich oft, wer weiß wie lang,
ins Land geschaut, wenn's blau und blauer blaßte,
und Gott gesehn auf seinem Abendgang;
wie er das Land in seine Arme faßte.

Noch beugt die alte Birke sich, als wär
sie Wächterin vor unsres Gartens Graben;
durch ihre Zweige wird der große Bär
den ersten Blick in die Veranda haben.

Das Flüßchen kichert mit gedämpftem Laut
im Wiesengrund, dem schwalbenaugen-bunten,
nur daß sich keiner heute selig schaut
an diesem Stückchen Himmelreich hier unten.

Noch harft durchs Gitterwerk am Stall der Wind,
noch ziehen heim am Rain entlang die Herden,
nur daß seitdem die Zäune nicht mehr sind,
am Hang die Veilchen totgetreten werden ...

Im Nebel stehen die Weiden Hand in Hand
am Weg, den bahnwärts unser Wagen rollte,
die Räder knirschen durch den grauen Sand -- ...
Ach, daß heut keine Seele dieses Land
als Seele liebt, wie Land geliebt sein sollte!

Smultronstället II.
05.09.2018, 00:47
https://www.youtube.com/watch?v=qVaktvI0anU

Wenn einst dies geschlecht sich gereinigt von schande
Vom nacken geschleudert die fessel des fröners
Nur spürt im geweide den hunger nach ehre:
Dann wird auf der walstatt voll endloser gräber
Aufzucken der blutschein .. dann jagen auf wolken
Lautdröhnende heere dann braust durchs gefilde
Der schrecklichste schrecken der dritte der stürme:
Der toten zurückkunft!

Wenn je dieses volk sich aus feigem erschlaffen
Sein selber erinnert der kür und der sende:
Wird sich ihm eröffnen die göttliche deutung
Unsagbaren grauens .. dann heben sich hände
Und münder ertönen zum preise der würde
Dann flattert im frühwind mit wahrhaftem zeichen
Die königsstandarte und grüsst sich verneigend
Die Hehren · die Helden!

- Stefan George

BrüggeGent
05.09.2018, 17:29
https://www.youtube.com/watch?v=qVaktvI0anU

Wenn einst dies geschlecht sich gereinigt von schande
Vom nacken geschleudert die fessel des fröners
Nur spürt im geweide den hunger nach ehre:
Dann wird auf der walstatt voll endloser gräber
Aufzucken der blutschein .. dann jagen auf wolken
Lautdröhnende heere dann braust durchs gefilde
Der schrecklichste schrecken der dritte der stürme:
Der toten zurückkunft!

Wenn je dieses volk sich aus feigem erschlaffen
Sein selber erinnert der kür und der sende:
Wird sich ihm eröffnen die göttliche deutung
Unsagbaren grauens .. dann heben sich hände
Und münder ertönen zum preise der würde
Dann flattert im frühwind mit wahrhaftem zeichen
Die königsstandarte und grüsst sich verneigend
Die Hehren · die Helden!

- Stefan George

Schon sehr viel Pathos aufeinmal.

Ansuz
15.09.2018, 20:50
Baltensang (1905) - Gustav von Hirschheydt




Wir sehen haßerfüllte Mienen
und sind bedroht von Mörderhand.
Die Stätten werden zu Ruinen,
wo unsrer Väter Wiege stand.

Wir werden Fremdlinge gescholten,
es höhnt uns jeder feile Knecht,
Mit Mord und Brand wird uns vergolten
der Sinn für Ordnung und für Recht.

Nicht eine Spur soll übrigbleiben
von allem, was wir treu gehegt.
Man will uns von der Scholle treiben,
der wir die Züge aufgeprägt.

Wir aber wollen es beweisen,
der Väter echtes, deutsches Blut;
Wir sind noch nicht das alte Eisen,
das nur noch zum Verrosten gut.

Was aus Jahrhunderten geboren,
das fällt noch nicht auf einen Hieb.
Gewiß, wir haben viel verloren,
und doch — wir wissen, was uns blieb!

Es ist die Kraft, sich aufzuraffen,
von alters unser Ehrenschild;
sie wird auch heute nicht erschlaffen,
wo es das Sein der Heimat gilt.



Schon oftmals zogen schwer geladen
die Wetter über unser Haupt,
doch konnten sie uns dauernd schaden,
solange wir an uns geglaubt?

Desinfizierer
24.09.2018, 14:13
Kein schöner Text

Bewege deinen Arsch

in Richtung der Bagage

richte deine Augen

auf ihren Zeitgeistglauben

bewege deinen Mund

wie ein dressierter Hund

geschieht dann das Malheur

grüß sie als Deserteur
---------------------------------

Desinfizierer 2018

Nathan
24.09.2018, 14:14
Kein schöner Text

Bewege deinen Arsch

in Richtung der Bagage

richte deine Augen

auf ihren Zeitgeistglauben

bewege deinen Mund

wie ein dressierter Hund

geschieht dann das Malheur

grüß sie als Deserteur
---------------------------------

Desinfizierer 2018
Passt perfekt auf die Nordseeinsulaner!

Nathan
24.09.2018, 14:29
Schon sehr viel Pathos aufeinmal.
Nicht nur das... Herr George eignet sich gleich aus mehreren Gründen überhaupt nicht dafür, von bekennenden Rechtsrechten zitiert zu werden.

Zum einen war er ein besessener homosexueller Pädophiler und wie wir wissen, sind die ganz Rechten auf diesen Personenkreis ganz besonders schlecht zu sprechen.

Zum anderen war er auch ein Pazifist, Kriegsgegner und Freund der Weimarer Republik und erklärter Gegner des späteren Nationalsozialismus und wie wir wissen, sind die ganz Rechten auf diesen Personenkreis ganz besonders schlecht zu sprechen. Unser junger Stauffenberg gehörte übrigens zu seinen Bewunderern...

Alles Geschehen ist immer auf besondere Weise ineinander verwoben. Das sollte man stets bedenken... *smile*

Nathan
24.09.2018, 14:40
An die Nachgeborenen

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschliesst!
Der dort ruhig über die Strasse geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde.
Die in Not sind?
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder
wechselnd.
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.
Dabei wissen wir doch:
Auch der Hass gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.

[Bertold Brecht]

BrüggeGent
24.09.2018, 15:02
Baltensang (1905) - Gustav von Hirschheydt




Wir sehen haßerfüllte Mienen
und sind bedroht von Mörderhand.
Die Stätten werden zu Ruinen,
wo unsrer Väter Wiege stand.

Wir werden Fremdlinge gescholten,
es höhnt uns jeder feile Knecht,
Mit Mord und Brand wird uns vergolten
der Sinn für Ordnung und für Recht.

Nicht eine Spur soll übrigbleiben
von allem, was wir treu gehegt.
Man will uns von der Scholle treiben,
der wir die Züge aufgeprägt.

Wir aber wollen es beweisen,
der Väter echtes, deutsches Blut;
Wir sind noch nicht das alte Eisen,
das nur noch zum Verrosten gut.

Was aus Jahrhunderten geboren,
das fällt noch nicht auf einen Hieb.
Gewiß, wir haben viel verloren,
und doch — wir wissen, was uns blieb!

Es ist die Kraft, sich aufzuraffen,
von alters unser Ehrenschild;
sie wird auch heute nicht erschlaffen,
wo es das Sein der Heimat gilt.



Schon oftmals zogen schwer geladen
die Wetter über unser Haupt,
doch konnten sie uns dauernd schaden,
solange wir an uns geglaubt?

Wer Reval-Zigaretten rauchte, machte gute PR für Tallinn.:estland:

Kaktus
24.09.2018, 17:03
Sehr schönes Gedicht. Grün geht leider gerade nicht.
Von mir auch grün, geht auch gerade nicht

Fortuna
24.09.2018, 17:12
An die Nachgeborenen

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschliesst!
Der dort ruhig über die Strasse geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde.
Die in Not sind?
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder
wechselnd.
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.
Dabei wissen wir doch:
Auch der Hass gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.

[Bertold Brecht]


Das habe ich lange Zeit als Entschuldigung für das was mir schon früh an den Guten übel aufstieß gelten lassen.

Dann habe ich erkannt, es ist nicht "der Haß gegen die Niedrigkeit", der viele dieser Leute niedrig erscheinen und niedrig handeln läßt. Die sind einfach nur niedrig.

Heute habe ich "null Glauben" an die Anständigkeit der Guten und null Vertrauen zu denen mehr. Egal was jetzt noch geschieht. Ich werde immer "rechts" denken, handeln und wählen.

Kaktus
24.09.2018, 17:12
Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte
der Feuerzunder still gehäuft,
das Volk, zerreißend seine Kette,
zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocke Strängen
der Aufruhr, daß sie heulend schallt,
und, nur geweiht zu Friedensklängen,
die Losung anstimmt zur Gewalt.
"Freiheit und Gleichheit!" hört man schallen;
der ruh'ge Bürger greift zur Wehr,
die Straßen füllen sich, die Hallen,
und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Weiber zu Hyänen
und treiben mit Entsetzen Scherz;
noch zuckend, mit des Panthers Zähnen
zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
sich alle Bande frommer Scheu;
der Gute räumt den Platz dem Bösen,
und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
verderblich ist des Tigers Zahn;
jedoch der schrecklichste der Schrecken,
das ist der Mensch in seinem Wahn.
Man sollte öfter mal in alten Gedichten stöbern, so wie in diesem Fall in Schillers "Die Glocke"

Kaktus
24.09.2018, 17:18
Mondnacht
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

(von Joseph von Eichendorff, einer von wenigen Dichtern, deren unausgereiftes Jugendwerk ich gleichsam schätze )
Diese letzte Strophe steht auf dem Grabstein meines Lebenspartners - R.I.P.

BrüggeGent
24.09.2018, 17:32
An die Nachgeborenen

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschliesst!
Der dort ruhig über die Strasse geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde.
Die in Not sind?
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder
wechselnd.
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.
Dabei wissen wir doch:
Auch der Hass gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.

[Bertold Brecht]

Die AfD hat schon mit dem Spruch:"Strauß würde heute AfD wählen" plakatiert.Ließe sich Brecht auch auf einem AfD-Plakat verwenden?:haha:

Kaktus
24.09.2018, 17:57
Wildgänse rauschen durch die Nacht
Mit schrillem Schrei nach Norden –
Unstete Fahrt! Habt acht, habt acht!
Die Welt ist voller Morden.
Fahrt durch die nachtdurchwogte Welt,
Graureisige Geschwader!
Fahlhelle zuckt, und Schlachtruf gellt,
Weit wallt und wogt der Hader.
Rausch’ zu, fahr’ zu, du graues Heer!
Rauscht zu, fahrt zu nach Norden!
Fahrt ihr nach Süden übers Meer –
Was ist aus uns geworden!
Wir sind wie ihr ein graues Heer
Und fahr’n in Kaisers Namen,
Und fahr’n wir ohne Wiederkehr,
Rauscht uns im Herbst ein Amen!

Von Walter Flex, ca. 1916

Daggu
24.09.2018, 18:05
An meinen Lehrer:

"Ich war nicht einer deiner guten Jungen.
An meinem Jugendtrotz ist mancher Rat
Und manches wohlgedachte Wort zersprungen.
Nun sieht der Mann, was einst der Knabe tat.

Doch hast du, alter Meister, nicht vergebens
An meinem Bau geformt und dich gemüht.
Du hast die besten Werte meines Lebens
Mit heißen Worten mir ins Herz geglüht.

Verzeih, wenn ich das Alte nicht bereue.
Ich will mich heute wie einst vor dir nicht bücken.
Doch möcht ich dir für deine Lehrertreue
Nur einmal dankbar, stumm die Hände drücken."
(Ringelnatz)

Daggu
24.09.2018, 18:06
Wildgänse rauschen durch die Nacht
Mit schrillem Schrei nach Norden –
Unstete Fahrt! Habt acht, habt acht!
Die Welt ist voller Morden.
Fahrt durch die nachtdurchwogte Welt,
Graureisige Geschwader!
Fahlhelle zuckt, und Schlachtruf gellt,
Weit wallt und wogt der Hader.
Rausch’ zu, fahr’ zu, du graues Heer!
Rauscht zu, fahrt zu nach Norden!
Fahrt ihr nach Süden übers Meer –
Was ist aus uns geworden!
Wir sind wie ihr ein graues Heer
Und fahr’n in Kaisers Namen,
Und fahr’n wir ohne Wiederkehr,
Rauscht uns im Herbst ein Amen!

Von Walter Flex, ca. 1916

Warm hast du den "Panther" gelöscht? Ich mag Rilke nicht, aber trotzdem ist das eines der schönsten Gedichte in deutscher Sprache, für mich jendenfalls.

Daggu
24.09.2018, 18:11
Dann holde ich das, für dich, nach:

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf — Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille —
und hört im Herzen auf zu sein.
(Rilke, September 1903)

Desmodrom
24.09.2018, 18:15
Warm hast du den "Panther" gelöscht? Ich mag Rilke nicht, aber trotzdem ist das eines der schönsten Gedichte in deutscher Sprache, für mich jendenfalls.

Du magst Rilke nicht? Der "Panther" ist sicher ein Meisterwerk, aber es gibt noch diverse andere.


Das ist mein Streit:
Sehnsuchtgeweiht durch alle Tage schweifen.
Dann, stark und breit, mit tausend Wurzelstreifen
tief in's Leben greifen
und durch das Leid weit aus dem Leben reifen,
weit aus der Zeit!

Daggu
24.09.2018, 18:18
Du magst Rilke nicht? Der "Panther" ist sicher ein Meisterwerk, aber es gibt noch diverse andere.

Ich weiß nicht warum, das mögen und nichtmögen ist bei mir immer ein Art von Bauchgefühl. Hat mir schon manche Enttäuschung erspart und so manch Heller und Pfennig.

Kaktus
24.09.2018, 18:19
Will dir den Frühling zeigenWill Dir den Frühling zeigen
Der hundert Wunder hat.
Der Frühling ist waldeigen
Und kommt nicht in die Stadt.

Nur die weit aus den kalten
Gassen zu Zweien gehn
Und sich bei den Händen halten –
Dürfen ihn einmal sehn

Rainer Maria Rilke

Daggu
24.09.2018, 18:24
Danke! Der Panther ist mein Lieblingsgedicht

Traumvisionen von allerhöchsten Gnaden, das! Beklemmend, das Leid der Kreatur auf die höchste Stufe gehoben.
Grün ist leider allealle, aber dafür haben wir den Panther jetzt doppelt im HPF verewigt.

Dafür sei dann noch etwas humoriges von Lessing angehängt:

Die Türken haben schöne Töchter,
Und diese scharfe Keuschheitswächter;
Wer will kann mehr als eine frein:
Ich möchte schon ein Türke sein.

Wie wollt ich mich der Lieb ergeben!
Wie wollt ich liebend ruhig leben,
Und — — doch sie trinken keinen Wein;
Nein, nein, ich mag kein Türke sein.

Desmodrom
24.09.2018, 18:25
Ich weiß nicht warum, das mögen und nichtmögen ist bei mir immer ein Art von Bauchgefühl. Hat mir schon manche Enttäuschung erspart und so manch Heller und Pfennig.

Eine jede Kunst erschließt sich zuerst über das Bauchgefühl, wenn das nicht passt, so ist es so und auch gut.

Kaktus
24.09.2018, 18:27
Traumvisionen von allerhöchsten Gnaden, das! Beklemmend, das Leid der Kreatur auf die höchste Stufe gehoben.
Grün ist leider allealle, aber dafür haben wir den Panther jetzt doppelt im HPF verewigt.

Dafür sei dann noch etwas humoriges von Lessing angehängt:

Die Türken haben schöne Töchter,
Und diese scharfe Keuschheitswächter;
Wer will kann mehr als eine frein:
Ich möchte schon ein Türke sein.

Wie wollt ich mich der Lieb ergeben!
Wie wollt ich liebend ruhig leben,
Und — — doch sie trinken keinen Wein;
Nein, nein, ich mag kein Türke sein.
Gefällt mir, dein Türkengedicht. Das Doppel habe ich inzwischen gelöscht und ein anderes schönes Rilkegedicht eingestellt

Daggu
24.09.2018, 18:33
Gefällt mir, dein Türkengedicht. Das Doppel habe ich inzwischen gelöscht und ein anderes schönes Rilkegedicht eingestellt

Das Gedicht ist von G. E. Lessing, dem großen Aufklärer, eines seiner großen Dramen war der Namensgeber für den User Nathan, leider, leider ist dieser User nicht so weise, wie Lessings Dramenfigur.

Danke noch einmal für den Rilke, vielleicht schaue ich am Abend noch einmal rein, ich habe die Werkausgabe vom Insel Verlag, Dünndruck. Ich mag Dünndruck.

Nathan
24.09.2018, 22:44
Die AfD hat schon mit dem Spruch:"Strauß würde heute AfD wählen" plakatiert.Ließe sich Brecht auch auf einem AfD-Plakat verwenden?:haha:
Ne, aber Papst Leo XIII... („Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht, Gehorsam aber Verbrechen!“ ), oftmals Bert Brecht zugeschrieben, aber stammt definitiv nicht von ihm, wird im HPF gerne gegen den eigentlichen Sinn verwendet.

ABAS
24.09.2018, 22:58
Samaritanisch

" Dies hoerte ich sagen:
wer gegen den Baum rennt
und hat kein Beil
ihn zu faellen
der straucht immer wieder
gegen den Baum.
Wer seine Kiefer
zahnlos bewegt
bricht auch am haertesten Elend
keinen Zahn sich mehr aus
und wer faellt unter die Raeuber
und sie lassen ihn liegen
weil er nichts anhat
der tut mir leid. "

(Albert Vigoleis Thelen)



Quelle:

http://www.muschelhaufen.de/thelen/eieruhr.html

Nathan
24.09.2018, 23:10
Mein Lieblingsgedicht der ANTIFA, eine lyrische Bedrohung... hrhrhr

Ueber allen Gipfeln
Ist Ruh',
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest du auch.

Knallhart und kompromisslos, ein Kampflied wider den tierischen Ernst!

Merkelraute
25.09.2018, 01:58
Fröhlicher Regen von Clemens Brentano

Wie der Regen tropft,
An die Scheiben klopft,
Jeder Strauch ist naß bezopft.

Wie der Regen springt!
In den Blättern singt
Eine Silberuhr.
Durch das Gras hin läuft,
Wie eine Schneckenspur,
Ein Streifen weiß beträuft.

Das stürmische Wasser schießt
In die Regentonne,
Daß die überfließt,
Und in breitem Schwall
Auf den Weg bekiest
Stürzt Fall um Fall.

Und der Regenriese,
Der Blauhimmelhasser,
Silbertropfenprasser,
Niesend faßt er in der Bäume Mähnen,
Lustvoll schnaubend in dem herrlich vielen Wasser.

Und er lacht mit fröhlich weißen Zähnen
Und mit kugelrunden, nassen Freudentränen.

Arend
25.09.2018, 07:57
Der goldene Ball


Was auch an Liebe mir vom Vater ward,
ich hab's ihm nicht vergolten,

denn ich habe als Kind noch nicht gekannt
den Wert der Gabe und ward als Mann
dem Manne gleich und hart.

Nun wächst ein Sohn mir auf,
so heiß geliebt wie keiner,
daran ein Vaterherz gehangen,

und ich vergelte, was ich einst empfangen,
an dem, der mir's nicht gab - und wiedergibt.

Denn wenn er Mann ist und wie Männer denkt,
wird er wie ich die eignen Wege gehen,
sehnsüchtig werde ich, doch neidlos sehen,
wenn er, was mir gebührt, dem Enkel schenkt.

Weithin im Saal der Zeiten
sieht mein Blick dem Spiel des Lebens zu,
gefasst und heiter,

den goldnen Ball wirft jeder lächelnd weiter, -
und keiner gab den goldnen Ball zurück!


Börries von Münchhausen

Daggu
25.09.2018, 08:12
Mein Lieblingsgedicht der ANTIFA, eine lyrische Bedrohung... hrhrhr

Ueber allen Gipfeln
Ist Ruh',
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest du auch.

Knallhart und kompromisslos, ein Kampflied wider den tierischen Ernst!

Wirklich, er war unentbehrlich...

Wirklich, er war unentbehrlich!
Überall, wo was geschah,
Zu dem Wohle der Gemeinde,
Er war tätig, er war da.

Schützenfest, Kasinobälle,
Pferderennen, Preisgericht,
Liedertafel, Spritzenprobe,
Ohne ihn, da ging es nicht.

Ohne ihn war nichts zu machen,
Keine Stunde hatt' er frei.
Gestern, als sie ihn begruben,
War er richtig auch dabei.
(W. B.)

Daggu
25.09.2018, 08:19
Lösung des Henne-Ei-Problems

Auf ein Ei geschrieben

Ostern ist zwar schon vorbei,
Also dies kein Osterei;
Doch wer sagt, es sei kein Segen,
Wenn im Mai die Hasen legen?
Aus der Pfanne, aus dem Schmalz
Schmeckt ein Eilein jedenfalls,
Und kurzum, mich tät’s gaudieren,
Dir dies Ei zu präsentieren,
Und zugleich tät es mich kitzeln,
Dir ein Rätsel drauf zu kritzeln.

Die Sophisten und die Pfaffen
Stritten sich mit viel Geschrei:
Was hat Gott zuerst erschaffen,
Wohl die Henne? wohl das Ei?

Wäre das so schwer zu lösen?
Erstlich ward ein Ei erdacht:
Doch weil noch kein Huhn gewesen,
Schatz, so hat’s der Has gebracht.
(E. Morike)

Kaktus
25.09.2018, 08:21
Der Abend kommt von weit gegangenDer Abend kommt von weit gegangen
durch den verschneiten, leisen Tann.
Dann presst er seine Winterwangen
an alle Fenster lauschend an.

Und stille wird ein jedes Haus;
die Alten in den Sesseln sinnen,
die Mütter sind wie Königinnen,
die Kinder wollen nicht beginnen
mit ihrem Spiel. Die Mägde spinnen
nicht mehr. Der Abend horcht nach innen,
und innen horchen sie hinaus.
(Rainer Maria Rilke)

Daggu
25.09.2018, 08:32
EIne kleine Auswahl - Altmeister Gernhart:

Ich sprach

Ich sprach nachts: Es werde Licht!

Aber heller wurd' es nicht.
Ich sprach: Wasser werde Wein! Doch das Wasser ließ das sein. Ich sprach: Lahmer, Du kannst gehen!
Doch er blieb auf Krücken stehen.
Da ward auch dem Dümmsten klar,
daß ich nicht der Heiland war.

Ich selbst

Ich mach mir nichts aus Marschmusik,

ich mach mir nichts aus Schach.
Die Marschmusik macht mir zuviel, das Schach zuwenig Krach.

Kleine Erlebnisse großer Männer: Kant

Eines Tages geschah es Kant,

daß er keine Worte fand.
Stundenlang hielt er den Mund
und er schwieg nicht ohne Grund.
Ihm fiel absolut nichts ein,
drum ließ er das Sprechen sein.

Erst als man ihn zum Essen rief, wurd' er wieder kreativ,
und sprach die schönen Worte: "Gibt es hinterher auch Torte?"

Nathan
25.09.2018, 08:52
Vom Seemann Kuttel Daddeldu

Eine Bark lief ein in Le Haver,
Von Sidnee kommend, nachts elf Uhr drei.
Es roch nach Himbeeressig am Kai,
Und nach Hundekadaver.
Kuttel Daddeldu ging an Land.
Die Rü Albani war ihm bekannt.
Er kannte nahezu alle Hafenplätze.
Weil vor dem ersten Hause ein Mädchen stand,
Holte er sich im ersten Haus von dem Mädchen die Krätze.
Weil er das aber natürlich nicht gleich empfand,
Ging er weiter, – kreuzte topplastig auf wilder Fahrt.
Achtzehn Monate Heuer hatte er sich zusammengespart.
In Nr. 6 traktierte er Eiwie und Kätchen,
In 8 besoff ihn ein neues straff lederbusiges Weib.
Nebenan bei Pierre sind allein sieben gediegene Mädchen,
Ohne die mit dem Celluloid-Unterleib.
Daddeldu, the old Seelerbeu Kuttel,
Verschenkte den Albatrosknochen,
Das Haifischrückgrat, die Schals,
Den Elefanten und die Saragossabuttel.
Das hatte er eigentlich alles der Mary versprochen,
Der anderen Mary; das war seine feste Braut.
Daddeldu – Hallo! Daddeldu,
Daddeldu wurde fröhlich und laut.
Er wollte mit höchster Verzerrung seines Gesichts
Partu einen Niggersong singen
Und »Blu beus blu«.
Aber es entrang sich ihm nichts.

Daddeldu war nicht auf die Wache zu bringen.
Daddeldu Duddel Kuttelmuttel, Katteldu
Erwachte erstaunt und singend morgens um vier
Zwischen Nasenbluten und Pomm de Schwall auf der Pier.
Daddeldu bedrohte zwecks Vorschuß den Steuermann,
Schwitzte den Spiritus aus. Und wusch sich dann.
Daddeldu ging nachmittags wieder an Land,
Wo er ein Renntiergeweih, eine Schlangenhaut,
Zwei Fächerpalmen und Eskimoschuhe erstand.
Das brachte er aus Australien seiner Braut.

[Ringelnatz]

Daggu
25.09.2018, 09:04
Vom Seemann Kuttel Daddeldu

...

Ihr kennt ihn doch schon manches Jahr,
Wißt, was es für ein Vogel war;
Wie er in allen Gartenräumen
Herumgeflattert auf den Bäumen;

Wie er die hübschen roten Beeren,
Die andern Leuten zugehören,
Mit seinem Schnabel angepickt
Und sich ganz lasterhaft erquickt.

Nun hat sich dieser böse Näscher,
Gardinenschleicher, Mädchenhäscher,
Der manchen Biedermann gequält,
Am Ende selber noch vermählt.

Nun legt er seine Stirn in Falten,
Fängt eine Predigt an zu halten.

(W: Busch)

Kaktus
25.09.2018, 09:12
Wenn wir nun schon bei Ringelnatz angelangt sind...
Seepferdchen

Als ich noch ein Seepferdchen war,
Im vorigen Leben,
Wie war das wonnig, wunderbar
Unter Wasser zu schweben.
In den träumenden Fluten
Wogte, wie Güte, das Haar
Der zierlichsten aller Seestuten
Die meine Geliebte war.
Wir senkten uns still oder stiegen,
Tanzten harmonisch umeinand,
Ohne Arm, ohne Bein, ohne Hand,
Wie Wolken sich in Wolken wiegen.
Sie spielte manchmal graziöses Entfliehn
Auf dass ich ihr folge, sie hasche,
Und legte mir einmal im Ansichziehn
Eierchen in die Tasche.
Sie blickte traurig und stellte sich froh,
Schnappte nach einem Wasserfloh,
Und ringelte sich
An einem Stengelchen fest und sprach so:
Ich liebe dich!
Du wieherst nicht, du äpfelst nicht,
Du trägst ein farbloses Panzerkleid
Und hast ein bekümmertes altes Gesicht,
Als wüsstest du um kommendes Leid.
Seestütchen! Schnörkelchen! Ringelnass!
Wann war wohl das?
Und wer bedauert wohl später meine restlichen Knochen?
Es ist beinahe so, dass ich weine –
Lollo hat das vertrocknete, kleine
Schmerzverkrümmte Seepferd zerbrochen

Sjard
01.10.2018, 17:30
Auf ihre Hand

Du treue Hand, die ohne Beben
Einst meiner Hand so fest vertraut,
Hast mit mir ein zerfallenes Leben
Zu neuer Schönheit aufgebaut.

Du weiche Hand, in trüben Tagen
Hast du so freundlich mich gepflegt,
Liebreich gesorgt für mein Behagen
Und mir den Pfühl zurecht gelegt.

Du kluge Hand, die Melodien,
Die mir die blühende Lippe singt,
Begleitest du mit Harmonien,
Daß voll das Lied zum Herzen dringt.

Du fromme Hand, in heil´gen Stunden
Hast du die meine sanft gedrückt,
Wenn uns die heiligste der Kunden,
Das treue Gotteswort erquickt.

Du fleißige Hand, die nur zum Dienen
Von früh bis Abend froh bereit,
In dir ist mir das Bild erschienen
Der echten deutschen Weiblichkeit.

D´rum schwärmt auch rastlos mein Gedanke,
Mein Lieb, um deine liebe Hand,
Ein Falter, den die Blütenranke
In ihren Zauberkreis gebannt.

​Julius Sturm ( 1816 - 1896 )

Ansuz
10.10.2018, 19:38
Im Gedenken an meine Ahnen.

Martin Damß - Ausritt

Der Morgen glüht im Weichseltal,
nun, Reiter, laßt uns beten.
Wer weiß, wer von uns noch einmal
nach dieser Schlacht den Rittersaal
des Ordens darf betreten.

Schaut dort hinaus ins Weichselland,
Gott ließ die Saat gelingen --
so nehmt die Schwerter von der Wand,
sie sollen bald in eurer Hand
das Lied vom Sterben singen.

Das Lied vom Tod dem Ordensfeind,
den wir vernichten wollen.
Uns hat des Schwertes Glanz vereint,
kein Kind und keine Mutter weint,
wenn wir drum fallen sollen.

Legt Helm und Schild und Panzer an,
heut soll es sich erweisen:
Nicht Samt und Seide ziert den Mann,
nur eines, was ihn ehren kann,
ein Kleid aus schwarzem Eisen.

Und ist uns auch kein Glück vergönnt,
kein Weib, kein Wein, kein Lieben,
das Blut, das wir vergießen, brennt
im Acker als ein Testament,
das wir mit Stolz geschrieben.

Die Fahne rauscht vom Wind gestrafft
zum Kämpfen und zum Streiten.
Herr, gib den jungen Fäusten Kraft,
die deutsche Ordensritterschaft
will wieder ostwärts reiten.

Nathan
10.10.2018, 20:30
Im Gedenken an meine Ahnen.

Martin Damß - Ausritt

Der Morgen glüht im Weichseltal,
nun, Reiter, laßt uns beten.
Wer weiß, wer von uns noch einmal
nach dieser Schlacht den Rittersaal
des Ordens darf betreten.

Schaut dort hinaus ins Weichselland,
Gott ließ die Saat gelingen --
so nehmt die Schwerter von der Wand,
sie sollen bald in eurer Hand
das Lied vom Sterben singen.

Das Lied vom Tod dem Ordensfeind,
den wir vernichten wollen.
Uns hat des Schwertes Glanz vereint,
kein Kind und keine Mutter weint,
wenn wir drum fallen sollen.


Legt Helm und Schild und Panzer an,
heut soll es sich erweisen:
Nicht Samt und Seide ziert den Mann,
nur eines, was ihn ehren kann,
ein Kleid aus schwarzem Eisen.

Und ist uns auch kein Glück vergönnt,
kein Weib, kein Wein, kein Lieben,
das Blut, das wir vergießen, brennt
im Acker als ein Testament,
das wir mit Stolz geschrieben.

Die Fahne rauscht vom Wind gestrafft
zum Kämpfen und zum Streiten.
Herr, gib den jungen Fäusten Kraft,
die deutsche Ordensritterschaft
will wieder ostwärts reiten.





Scheiße ist das schlecht... und dann über die Muslime herhetzen...

Da lob ich mir dem ollen Heine sein' Heinrich:

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
dass ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar;
ihr goldnes Geschmeide blitzet,
sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh;
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen
die Lore-Ley getan.

MorganLeFay
10.10.2018, 20:51
Wurde schon der wunderbare James Krüss genannt?


Wer erzieht den kleinen Elefanten

Wer erzieht den kleinen Elefanten?
Nicht der Vater, sondern nur die Tanten.
Überall begleiten sie den Kleinen
Auf den Elefantentantenbeinen.
Wenn Gefahr naht, stellen sie sich weise -
Kopf nach innen - um ihn her in Kreise,
So daß Feinde im Vorübergehen
Nur die Elefantentantenhintern sehen.

Dadurch kommt es, daß ein Elefantenkind,
wenn es groß ist und schon laut trompetet,
schutzbedürftig bleibt und leicht errötet
und empfindlich ist, wie alte Tanten sind.

Ansuz
12.10.2018, 19:32
Die ewigen Wälder, von Werner Bergengruen



Unsre Häuser stehn auf zerstampften Feldern.
Die Felder haben uns lange verziehn.
Aber wir wohnen in erschlagenen Wäldern.
Bett und Schrank sind vom Walde geliehn.

Nachts, wenn Wolken das Dach umreiten,
sinken wir grundwärts wie Korn und Keim,
kehren wir in urälteste Zeiten,
in das Dunkel der Waldungen heim.

Läuft ein Schauer durch Birke und Buche,
und den Schreibtisch von Eichenbaum,
und es rauschen mit harzigem Ruche
ewige Wälder durch unseren Traum.

Wenn die Wipfel im Herbststurm knarren,
dünn sich der blätterne Vorhang bläht,
hebt sich ein Knacken in Schwellen und Sparren,
quillt es und schwillt es und ächzt im Gerät.

Und wenn sich Farren und Moose besamen,
raunt's durch der Schrankfächer trockene Reih'
über Gestelle und Leisten und Rahmen
wie ein dunkles Stammesgeschrei.

Aber sie wollen sich ja nicht wehren.
Sie erwuchsen, drum haben sie Zeit.
Sie verstummen im Frühlicht und kehren
heim in die große Geduldigkeit.

Wissen: nach winzigen Menschenjahren
sind acht Bretter uns zugedacht,
Bretter, die Bäume im Walde waren
(auch die Bretter ächzen bei Nacht).

Einmal aus den zerfallenen Brettern,
aus zerfallenem Fleisch und Bein
heben sich Bäume mit Ästen und Blättern,
ewige Wälder wolkenein.

Ansuz
16.10.2018, 20:05
Archibald Douglas, von Theodor Fontane



1. »Ich hab' es getragen sieben Jahr,
Und ich kann es nicht tragen mehr,
Wo immer die Welt am schönsten war,
Da war sie öd' und leer.

Ich will hintreten vor sein Gesicht
In dieser Knechtsgestalt,
Er kann meine Bitte versagen nicht,
Ich bin ja worden alt,

Und trüg' er noch den alten Groll,
Frisch wie am ersten Tag,
So komme, was da kommen soll,
Und komme, was da mag.«

Graf Douglas sprichts. Am Weg ein Stein
Lud ihn zu harter Ruh',
Er sah in Wald und Feld hinein,
Die Augen fielen ihm zu.

Er trug einen Harnisch, rostig und schwer,
Darüber ein Pilgerkleid, -
Da horch, vom Waldrand scholl es her
Wie von Hörnern und Jagdgeleit.

Und Kies und Staub aufwirbelte dicht,
Herjagte Meut' und Mann,
Und ehe der Graf sich aufgericht't,
Waren Roß und Reiter heran.

König Jakob saß auf hohem Roß,
Graf Douglas grüßte tief,
Dem König das Blut in die Wangen schoß,
Der Douglas aber rief:

»König Jakob, schaue mich gnädig an
Und höre mich in Geduld,
Was meine Brüder dir angetan,
Es war nicht meine Schuld.

Denk nicht an den alten Douglas-Neid,
Der trotzig dich bekriegt,
Denk lieber an deine Kinderzeit,
Wo ich dich auf den Knieen gewiegt.

Denk lieber zurück an Stirling-Schloß,
Wo ich Spielzeug dir geschnitzt,
Dich gehoben auf deines Vaters Roß
Und Pfeile die zugespitzt.

Denk lieber zurück an Linlithgow,
An den See und den Vogelherd,
Wo ich dich fischen und jagen froh
Und schwimmen und springen gelehrt.

12. O denk an alles, was einsten war,
Und sänftige deinen Sinn,
Ich hab' es gebüßet sieben Jahr,
Daß ich ein Douglas bin.«

»Ich seh' dich nicht, Graf Archibald,
Ich hör' deine Stimme nicht,
Mir ist, als ob ein Rauschen im Wald
Von alten Zeiten spricht.

Mir klingt das Rauschen süß und traut,
Ich lausch' ihm immer noch,
Dazwischen aber klingt es laut:
Er ist ein Douglas doch.

Ich seh dich nicht, ich höre dich nicht,
Das ist alles, was ich kann,
Ein Douglas vor meinem Angesicht
Wär' ein verlorener Mann.«

König Jakob gab seinem Roß den Sporn,
Bergan ging jetzt sein Ritt,
Graf Douglas faßte den Zügel vorn
Und hielt mit dem König Schritt.

Der Weg war steil, und die Sonne stach,
Und sein Panzerhemd war schwer;
Doch ob er schier zusammenbrach,
Er lief doch nebenher.

»König Jakob, ich war dein Seneschall,
Ich will es nicht fürder sein,
Ich will nur warten dein Roß im Stall
Und ihm schütten die Körner ein.

Ich will ihm selber machen die Streu
Und es tränken mit eigner Hand,
Nur laß mich atmen wieder aufs neu
Die Luft im Vaterland.

Und willst du nicht, so hab' einen Mut,
Und ich will es danken dir,
Und zieh dein Schwert und triff mich gut
Und laß mich sterben hier.«

König Jakob sprang herab vom Pferd,
Hell leuchtete sein Gesicht,
Aus der Scheide zog er sein breites Schwert,
Aber fallen ließ er es nicht.

»Nimm's hin, nimm's hin und trag es neu,
Und bewache mir meine Ruh',
Der ist in tiefster Seele treu,
Der die Heimat liebt wie du.





Zu Roß, wir reiten nach Linlithgow,
Und du reitest an meiner Seit',
Da wollen wir fischen und jagen froh
Als wie in alter Zeit.«

Ansuz
22.10.2018, 19:24
Moritz von Strachwitz, Das Herz von Douglas

"Graf Douglas, presse den Helm ins Haar,
Gürt um dein lichtblau Schwert,
Schnall an dein schärfstes Sporenpaar
Und sattle dein schnellstes Pferd!

Der Totenwurm pickt in Scones Saal,
Ganz Schottland hört ihn hämmern,
König Robert liegt in Todesqual,
Sieht nimmer den Morgen dämmern!" -

Sie ritten vierzig Meilen fast
Und sprachen Worte nicht vier,
Und als sie kamen vor Königs Palast,
Da blutete Sporn und Tier.

König Robert lag im Norderturn,
Sein Auge begann zu zittern:
"Ich höre das Schwert von Bannockburn
Auf der Treppe rasseln und schüttern! -

Ha! Gottwillkomm, mein tapfrer Lord!
Es geht mit mir zu End,
Und du sollst hören mein letztes Wort
Und schreiben mein Testament:

Es war am Tag von Bannockburn,
Da aufging Schottlands Stern,
Es war am Tag von Bannockburn,
Da schwur ichs Gott dem Herrn:

Ich schwur, wenn der Sieg mir sei verliehn
Und fest mein Diadem,
Mit tausend Lanzen wollt ich ziehn
Hin gen Jerusalem.

Der Schwur wird falsch, mein Herz steht still.
Es brach in Müh und Streit,
Es hat, wer Schottland bändigen will,
Zum Pilgern wenig Zeit.

Du aber, wenn mein Wort verhallt
Und aus ist Stolz und Schmerz,
Sollst schneiden aus meiner Brust alsbald
Mein schlachtenmüdes Herz.

Du sollst es hüllen in roten Samt
Und schließen in gelbes Gold,
Und es sei, wenn gelesen mein Totenamt,
Im Banner das Kreuz entrollt.

Und nehmen sollst du tausend Pferd
Und tausend Helden frei
Und geleiten mein Herz in des Heilands Erd,
Damit es ruhig sei!"

"Nun vorwärts, Angus und Lothian,
Laßt flattern den Busch vom Haupt,
Der Douglas hat des Königs Herz,
Wer ist es, ders ihm raubt?

Mit den Schwertern schneidet die Taue ab,
Alle Segel in die Höh!"
Der König fährt in das schwarze Grab,
Und wir in die schwarzblaue See!

Sie fuhren Tage neunzig und neun,
Gen Ost war der Wind gewandt,
Und bei dem hundertsten Morgenschein,
Da stießen sie an das Land.

Sie ritten über die Wüste gelb,
Wie im Tale blitzt der fluß;
Die Sonne stach durchs Helmgewölb
Als wie ein Bogenschuß.

Und die Wüste war still, und kein Lufthauch blies,
Und schlaff hing Schärpe und Fahn;
Da flog in Wolken der stäubende Kies,
Draus flimmernde Spitzen sahn.

Und die Wüste ward voll, und die Luft erscholl,
Und es hob sich Wolk an Wolk.
Aus jeder berstenden Wolke quoll
Speerwerfendes Reitervolk.

Zehntausend Lanzen funkelten rechts,
Zehntausend schimmerten links,
"Allah, il Allah!", scholl es rechts,
"Il Allah!", scholl es links. -

Der Douglas zog die Zügel an,
Und still stand Herr und Knecht:
"Beim heiligen Kreuz und St. Alban,
Das gibt ein grimmig Gefecht!"

Eine Kette von Gold um den Hals ihm hing,
Dreimal um ging sie rund,
Eine Kapsel an der Kette hing,
Die zog er an den Mund:

"Du bist mir immer gegangen voran,
O Herz! bei Tag und Nacht,
Drum sollst du auch heut, wie du stets getan,
Vorangehn in die Schlacht.

Und verlasse der Herr mich drüben nicht,
Wie ich hier dir treu verblieb,
Und gönne mir noch auf das Heidengezücht
Einen christlichen Schwerteshieb."

Er warf den Schild auf die linke Seit
Und band den Helm herauf,
Und als zum Würgen er saß bereit,
In den Bügeln stand er auf:

"Wer dies Geschmeid mir wieder schafft,
Des Tages Ruhm sei sein!"
Da warf er das Herz mit aller Kraft
In die Feinde mitten hinein.

Sie schlugen das Kreuz mit dem linken Daum.
Die Rechte den Schaft legt' ein,
Die Schilde zurück und los den Zaum!
Und sie ritten drauf und drein -

Und es war ein Stoß, und es war eine Flucht
Und rasender Tod rundum,
Und die Sonne versank in die Meeresbucht,
Und die Wüste war wieder stumm.

Und der Stolz des Ostens, er lag gefällt
Im meilenweiten Kreis,
Und der Sand ward rot auf dem Leichenfeld,
Der nie mehr wurde weiß.

Von den Heiden allen, durch Gottes Huld
Entrann nicht Mann, noch Pferd,
Kurz ist die schottische Geduld
Und lang ein schottisch Schwert!

Doch wo am dicksten ringsumher
Die Feinde lagen im Sand,
Da hatte ein falscher Heidenspeer
Dem Grafen das Herz durchrannt.

Und er schlief mit klaffendem Kettenhemd,
Längst aus war Stolz und Schmerz,
Doch unter dem Schilde festgeklemmt
Lag König Roberts Herz.

latrop
22.10.2018, 20:49
Ein richtiger Ochse der hat vorn
auf jeder Seite je ein Horn

doch ist es ihm nicht zu zu muten
auf diesen Horn auch noch zu tuten

nicht drum, weil er nicht tuten kann
nein er kommt mit dem Maul nicht dran.

Heinz Ehrhardt

Kaktus
22.10.2018, 21:46
Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Erich Fried

Nathan
22.10.2018, 23:40
Was es ist

...

Sehr schönes, begrüntes Pöm!

Lob der Faulheit
Faulheit jetzo will ich dir
Auch ein kleines Loblied bringen.-
O -- wie -- sau -- er -- wird es mir, --
Dich -- nach Würden -- zu besingen!
Doch, ich will mein Bestes tun,
Nach der Arbeit ist gut ruhn.
Höchstes Gut, wer Dich nur hat,
Dessen ungestörtes Leben --
Ach! -- ich -- gähn -- ich -- werde matt --
Nun -- so -- magst du -- mir`s vergeben,
Dass ich Dich nicht singen kann;
Du verhinderst mich ja dran.

Gute Nacht, Gotthold!

Kaktus
06.11.2018, 08:02
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke

Nathan
06.11.2018, 11:01
Für die HPF-Mädchen, die dafür sorgen, dass ab und zu ein Lichtstrahl die herrschende Düsternis erhellt. Ein Lächeln, ein Lachen gar in Henning Auerbachs Keller:

Amor und Psyche auf einem GrabmalEin Traum, ein Traum ist unser Leben
Auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wogen schweben
Und schwinden wir
Und messen unsre trägen Tritte
Nach Raum und Zeit;
Und sind (und wissen's nicht) in Mitte
Der Ewigkeit.

Nach manchem voller Müh und Sehnen
Verseufzten Jahr
Umarmte sich in frohen Thränen
Ein liebend Paar.
Der Mond sah freundlich auf sie nieder;
Ein zarter Ton
Aus allen Büschen hallte wider:
"Endymion!

Ach, daß uns ewig, ewig bliebe
Der Augenblick!
Im ersten holden Kuß der Liebe,
Das reinste Glück!"
Verstummend, halbvollendet weilte
Das süße Wort;
Die Seel' auf Beider Lippen eilte,
Sie eilte fort.

Denn sieh, ein Engel schwebte nieder
Zu ihrem Kuß
(Gold, himmelblau war sein Gefieder),
Ihr Genius.
Berührend sie mit sanftem Stabe,
Sprach er: "Erhört
Ist Euer Wunsch. Dort überm Grabe
Liebt ungestört!"

Entschwungen auf dem Hauch der Liebe,
Im reinsten Glück,
Gewiß, daß ihnen ewig bliebe
Der Augenblick,
Auf amaranthnen Auen schwebte
Das holde Paar
Mit Allem, was je liebt' und lebte
Und glücklich war.

Mit Allem, was in Wunsch und Glauben
Sich je erfreut,
Genossen sie in vollen Trauben
Unsterblichkeit.
Des Weltalls süße Symphonieen
Umtönten sie;
Der Liebe süße Harmonieen
Durchwallten sie.

"Wollt Ihr zurück in jene Ferne
Auf Euer Grab?"
Sie sahn vom Himmel goldner Sterne
Zur Erd' hinab.
"O Genius, die Zeit danieden
Ist träge Zeit;
Ein Augenblick hier giebt uns Frieden
Der Ewigkeit."

Sahst Du auf jenem Grabeshügel
Die Liebenden?
Der erste Kuß gab ihnen Flügel,
Den Seligen.
Und daß ein Bild von ihnen bliebe
Im ew'gen Kuß,
Verewigte hier Seel' und Liebe
Der Genius.

Johann Gottfried Herder

hamburger
06.11.2018, 11:07
Die Luft so sauber, das Wasser rein, CDU..SPD und Grüne müssen verschwunden sein...

FranzKonz
06.11.2018, 11:14
Die Luft so sauber, das Wasser rein, CDU..SPD und Grüne müssen verschwunden sein...

Der See ist trüb, die Luft ist rein,
Franz Josef muss ertrunken sein.

dscheipi
06.11.2018, 14:40
ein schöner strang ist das hier.







An Lauretten.

Laurette bleibst du ewig stein?
Soll forthin unverknüpffet seyn
Dein englischseyn und dein erbarmen?
Komm / komm / und öffne deinen schoß
Und laß uns beyde nackt und bloß
Umgeben seyn mit geist und armen.

Laß mich auff deiner schwanenbrust
Die oft versagte liebeslust
Hier zwischen furcht und scham geniessen.
Und laß mich tausend tausendmahl /
Nach deiner güldnen haare zahl /
Die geisterreichen lippen küssen.

Laß mich den ausbund deiner pracht /
Der sammt und rosen nichtig macht /
Mit meiner schlechten haut bedecken;
Und wenn du deine lenden rührst /
Und deinen schoß gen himmel führst /
Sich zuckersüsse lust erwecken.

Und solte durch die heisse brunst /
Und deine hohe gegengunst
Mir auch die seele gleich entfliessen.
So ist dein zarter leib die bahr /
Die seele wird drey viertel jahr
Dein himmelsrundter bauch umschliessen.

Und wer alsdann nach meiner zeit
Zu lieben dich wird seyn bereit /
Und hören wird / wie ich gestorben /
Wird sagen: Wer also verdirbt /
Und in dem zarten schoße stirbt /
Hat einen sanften tod erworben.


Christian Hofmannswaldau (1616-1679

Kaktus
06.11.2018, 15:17
Die Luft so sauber, das Wasser rein, CDU..SPD und Grüne müssen verschwunden sein...
Passt!

Sjard
19.11.2018, 18:49
Lied einer Ostpreussin

O heißgeliebtes Heimatland,
Das ich verließ in Sommers Drängen !
Nun sind an deiner treuen Brust
Dir andre Rosen aufgegangen.

O meine Wälder, meine Seen,
Die oft ins Herz mir Frieden gossen:
Wie soll ich fassen, daß durch euch
Ein Meer von Blut hindurchgeflossen ?

Ob meiner Lieben Blut dabei,
Mein Heim verloht in wilden Bränden
So fragt es in mir Tag und Nacht
Gott ! Halt mein schwaches Herz in Händen !

Gott ! Mach der großen Zeit mich wert
Und lehr mich, nicht um Eignes klagen,
Nein ! Worte, voll von deiner Kraft,
Den mitbedrängten Herzen sagen !

Gib uns Vertriebenen Geduld
Bis auf ein endlich Wiederkehren,
Und lass uns alle nachts im Traum
Die Friedensglocken läuten hören !

Angela von Drygalski

Ansuz
23.11.2018, 19:42
Du schläfst so sanft! – Die stillen Züge hauchen
Noch deines Lebens schöne Träume wider;
Der Schlummer nur senkt seine Flügel nieder,
Und heil'ger Frieden schließt die klaren Augen.

So schlumm're fort, bis deines Volkes Brüder,
Wenn Flammenzeichen von den Bergen rauchen,
Mit Gott versöhnt die rost'gen Schwerter brauchen,
Das Leben opfernd für die höchsten Güter.

Tief führt der Herr durch Nacht und durch Verderben;
So sollen wir im Kampf das Heil erwerben,
Daß unsre Enkel freie Männer sterben.

Kommt dann der Tag der Freiheit und der Rache:
Dann ruft dein Volk, dann, deutsche Frau, erwache,
Ein guter Engel für die gute Sache!

(Karl) Theodor Körner, 1812
Hommage an Königin Luise von Preußen

Arndt
23.11.2018, 19:50
Du schläfst so sanft! – Die stillen Züge hauchen
Noch deines Lebens schöne Träume wider;
Der Schlummer nur senkt seine Flügel nieder,
Und heil'ger Frieden schließt die klaren Augen.

So schlumm're fort, bis deines Volkes Brüder,
Wenn Flammenzeichen von den Bergen rauchen,
Mit Gott versöhnt die rost'gen Schwerter brauchen,
Das Leben opfernd für die höchsten Güter.

Tief führt der Herr durch Nacht und durch Verderben;
So sollen wir im Kampf das Heil erwerben,
Daß unsre Enkel freie Männer sterben.

Kommt dann der Tag der Freiheit und der Rache:
Dann ruft dein Volk, dann, deutsche Frau, erwache,
Ein guter Engel für die gute Sache!

(Karl) Theodor Körner, 1812
Hommage an Königin Luise von PreußenSchade! Ich kann gerade nur :gp: Theodor Körner ist heute nahezu vergessen. Zu unrecht!

Ansuz
23.11.2018, 19:57
Schade! Ich kann gerade nur :gp: Theodor Körner ist heute nahezu vergessen. Zu unrecht!
Danke, das freut mich außerordentlich! 1813 habe ich ja über meinem Benutzerbild, das ist auch eine stille Hommage an Körner und den Geist dieses Jahres, den niemand so treffend in wunderbare Worte fassen konnte, wie dieser hehre, edle, beseelte Jüngling!

Arndt
23.11.2018, 19:58
Der See ist trüb, die Luft ist rein,
Franz Josef muss ertrunken sein.
Wenn schon ein anderer großer Deutscher (Otto Waalkes) -selbstverständich nach FJS- zitiert wird, dann bitte richtig: "Das Wasser​ ist trüb, die Luft ist rein, Franz Josef muß ertrunken sein."

FranzKonz
23.11.2018, 22:42
Wenn schon ein anderer großer Deutscher (Otto Waalkes) -selbstverständich nach FJS- zitiert wird, dann bitte richtig: "Das Wasser​ ist trüb, die Luft ist rein, Franz Josef muß ertrunken sein."

Willst Du jetzt dem Nordlicht vertrauen, wenn es um unseren Großen Vorsitzenden geht, oder einem seiner alten Untertanen?

Arndt
24.11.2018, 08:21
Willst Du jetzt dem Nordlicht vertrauen, wenn es um unseren Großen Vorsitzenden geht, oder einem seiner alten Untertanen?
Ich versuch's mal salomonisch: Was Zitatentreue angeht, dem Nordlicht...

Rolf1973
05.12.2018, 19:30
Sie liegen im Westen und Osten,
Sie liegen in aller Welt.
Und ihre Helme verrosten,
und Kreuz und Hügel zerfällt.

Sie liegen verscharrt und versunken,
im Massengrab und im Meer.
Aber es leben Halunken,
die ziehen über sie her.

Sie hatten ihr junges Leben
nicht weniger lieb als die,
die heute höhnen ,es hinzugeben
sei reine Idiotie.

Sie konnten nicht demonstrieren :
Mehr Freizeit für höheren Lohn.
Sie mußten ins Feld marschieren,
der Vater, der Bruder ,der Sohn.

Sie gingen die Heimat zu schützen
und haben allem entsagt.
Was kann uns der Einsatz nützen ?
Hat keiner von ihnen gefragt.

Sie haben ihr Leben und Sterben
dem Vaterlande geweiht.
Und wußten nicht welchen Erben
und welcher Erbärmlichkeit !

-Paul Bethe

Ansuz
07.12.2018, 22:22
Gertrud von den Brincken - Abzug der Deutschen aus Kurland



Das waren die schwarzen Nächte
vor dem Steigen des roten Meers. —
Da riß sich vom Brudergeschlechte
die Treue des deutschen Heers.

Drei Jahre segnender Sonne
sanken in Kurland zu Grab. —
Kolonne um Kolonne
zieht südwärts die Straße hinab.

Ich hör' noch das Wagengerassel
nachtnächtlich, der Rosse Huf,
der Rohre Eisengeprassel,
der Führer Scheltwort und Ruf.

Sie ziehen, sie ziehen, die grauen
Gestalten und wenden sich nicht.
Die Fenster, die niederschauen,
verlöschten ihr letztes Licht.

Schon horchen in Höfen und hocken
faustballend Rachgier und Mord,
hohnlachende Lippen frohlocken:
Die Deutschen, die Deutschen ziehn fort!

Jetzt schlägt die Sterbestunde
dem baltischen Bruderstamm!
— — Aus deutschem Soldatenmunde
schallt Jauchzen vom Schienendamm.

Kaktus
07.12.2018, 22:27
Sie liegen im Westen und Osten,
Sie liegen in aller Welt.
Und ihre Helme verrosten,
und Kreuz und Hügel zerfällt.

Sie liegen verscharrt und versunken,
im Massengrab und im Meer.
Aber es leben Halunken,
die ziehen über sie her.

Sie hatten ihr junges Leben
nicht weniger lieb als die,
die heute höhnen ,es hinzugeben
sei reine Idiotie.

Sie konnten nicht demonstrieren :
Mehr Freizeit für höheren Lohn.
Sie mußten ins Feld marschieren,
der Vater, der Bruder ,der Sohn.

Sie gingen die Heimat zu schützen
und haben allem entsagt.
Was kann uns der Einsatz nützen ?
Hat keiner von ihnen gefragt.

Sie haben ihr Leben und Sterben
dem Vaterlande geweiht.
Und wußten nicht welchen Erben
und welcher Erbärmlichkeit !

-Paul Bethe

Besonders der letzte Absatz ist topaktuell und mehr als zutreffend!

Myschkin
07.12.2018, 22:37
Unterwelt

Blieb ich doch ein Junggeselle! –
Seufzte Pluto tausendmal –
Jetzt, in meiner Eh'standsqual,
Merk' ich, früher ohne Weib
War die Hölle keine Hölle.

Blieb ich doch ein Junggeselle!
Seit ich Proserpinen hab',
Wünsch' ich täglich mich ins Grab!
Wenn sie keift, so hör ich kaum
Meines Cerberus Gebelle.

Stets vergeblich, stets nach Frieden
Ring' ich. Hier im Schattenreich
Kein Verdammter ist mir gleich!
Ich beneide Sysiphus
Und die edlen Danaiden.

Klopperhorst
07.12.2018, 22:42
Ich dachte mal über Hölderlins "Lebenslauf" nach.

Hoch auf strebte mein Geist, aber die Liebe zog
Schön ihn nieder; das Laid beugt ihn gewaltiger;
So durchlauf ich des Lebens
Bogen und kehre, woher ich kam.

und würde ihm Schopenhauer entgegnen.

Trotz Zeit, Tod und Verwesung sind wir noch Alle beisammen.

oder wie ich mir heute dachte.

Der Kelch des Lebens ist immer voll.


---

Kaktus
07.12.2018, 22:44
Abschiedslied der Zugvögel
von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben




Wie war so schön doch Wald und Feld!
Wie traurig ist anjetzt die Welt!
Hin ist die schöne Sommerzeit
Und nach der Freude kam das Leid.
Wir wussten nichts von Ungemach,
Wir saßen unterm Laubesdach
Vergnügt und froh im Sonnenschein
Und sangen in die Welt hinein.
Wir armen Vögel trauern sehr:
Wir haben keine Heimat mehr,
Wir müssen jetzt von hinnen flieh'n
Und in die weite Fremde zieh'n.

Ich sehe da gewisse Ähnlichkeiten mit dem, was auf die Europäer zukommt...

Smultronstället II.
07.12.2018, 22:55
https://www.youtube.com/watch?v=Jp-2BDiYlNQ

4. Prosopopœia Viri Literati è Tvmvlo



Wie eitel ist was wir hoch schätzen!
Was ist das eilendts nicht vergeht?
Wie flüchtig/ was vns kan ergetzen!
Wie baldt verfält was itzundt steht.
Wie baldt mus alles fleisch erbleichen!
Wie plötzlich wirdt der mensch zur leichen!



Ach! was ist alles was vns zihret/
Vndt für der welt zum wunder macht!
Wen nun der todt sein recht ausführet;
Vnd vnser Geist in angst verschmacht.
Was nützt doch/ bitt ich/ vnser wissen:
Wen wir die lassen augen schlissen?



Kom wer du bist hier kanst du schawen/
Wo ich noch schawens würdig bin:
Wie diß auff was wir menschen bawen
Ein einig augenblick reist hin.
Ich bin nicht mehr/ den du gehörett.
Den so manch' hoher sinn geehrett.



Der Geist ist weg/ dem was verborgen/
Dem Erd' vndt Himmel offenstundt.
Vmbsonst ist nun mein weises sorgen.
Itzt schweigt der wolberedte mund!
Ich der vorhin so viel durchlesen:
Weis itzt nicht was ich selbst gewesen.



Die beiden lichter/ die durch sehen/
Der ewighellen lichter schaar:
Vndt was in Lufft vndt See geschehen/
Vndt was nur anzutreffen war.
Die schier was jeder dacht/ erfunden.
Sindt blindt/ vndt todt/ vndt gantz verschwunden.



Die zunge/ die hertz Geist vndt leben/
Gleich als ein donnerstrall durchries:
Die vber sternen kont' erheben:
Die in den abgrund nieder sties:
Die wilde können vor bewegen:
Fault itzt/ vnd kan sich selbst nicht regen.



Die hände starren/ die geschribẽ
Was viel berühmbter leuth ergetzt:
Die hände die so viell getriben/
Sind durch des todes handt verletzt.
Hier ist das ende meiner reisen:
Alhier verläst vns was wir preisen.



Hier hilfft kein recht; wir müssen weichen:
Hier hilfft kein krautt: der Mensch ist gras.
Hier mus die schönheit selbst erbleichen.
Hier hilft nicht stärcke: du bist glas.
Hier hilft kein Adel; du bist erden/
Nicht ruhm: du must zue aschen werden.



Hier hilft kein purpur: kein gepränge.
Die herrlikeit ist nur ein traum.
Vnd wurd vns gleich die welt zue enge:
Wir finden doch im grabe raum.
Hier gilt nicht gelt: nicht greise haare.
Der todt wirfft alles auff die bahre.



Freund'/ ehre/ gütter/ kunst/ vnd tittell
Stand/ hauß vndt ruhm verlaß' ich hier.
Vndt trage nichts den diesen kittell/
Vndt den geringen sarck mitt mir.
Mein nahme der noch scheint zue stehen
Wird auch in kurtzer zeitt vergehen.



Gott dem wir rechnung vbergeben/
Schawt kein gelehrtes wissen an.
Er forschet nur nach vnserm leben/
Vndt ob wir was er hies gethan:
Er will zwar weisheit mit viel kronẽ:
Doch nur wen sie ihm dient belohnẽ.



Ade ihr gäste dieser Erden.
Ich geh euch vor; ihr folget mir.
Was ich itz bin/ mus jeder werden/
Es galt mir heute; morgen dier/
Ade/ dis mögt ihr von mir erben:
Die gröste kunst ist können sterben.


https://www.youtube.com/watch?v=o9hAnABLplk

http://www.zeno.org/Literatur/M/Gryphius,+Andreas/Gedichte/Oden/Oden.+Das+erste+Buch/4.+Prosopop%C2%9Cia+Viri+Literati+%C3%A8+Tvmvlo
https://www.youtube.com/watch?v=FVkrMBhFEcI&list=OLAK5uy_mWnfLP-vIEP141hAZcOx99UjvJcK0jNhQ

Kaktus
07.12.2018, 23:12
Einen sehr ähnlichen Text habe ich einmal auf einem spanischen Grabstein in Andalusien gelesen - er hat mich sehr berührt:


Christian Zilch
Weine nicht um mich...Steh‘ nicht an meinem Grab und weine,
ich bin nicht tot, denn ich erscheine
in vielen Formen und Gestalten,
die mich am Leben für Dich halten.

Ich bin der leise Wind, der Äste beugt,
die heiße Flamme, die Dir Wärme zeugt,
Dein täglich Mahl, der Wein der schmeckt,
der Klang der Glocke, der Dich weckt.

Ich bin Dein ferner Stern, der ewig glüht,
die Blume, die für Dich am Wege blüht,
des Vogel’s Lied, das Dir so hell erklingt,
das sanfte Licht, das durch Dein Fenster dringt.

Wenn meine Stimme zu Dir spricht,
da wirklich tot, das bin ich nicht,
dann weine nicht – hab‘ keine Sorgen,

denn hier ist nur mein Leib verborgen.

Smultronstället II.
07.12.2018, 23:26
Christian Hoffmann von Hofmannswaldau

Vergänglichkeit der Schönheit

Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand
Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen /
Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen;
Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand /

Der Augen süsser Blitz / die Kräffte deiner Hand /
Für welchen solches fällt / die werden zeitlich weichen /
Das Haar / das itzund kan des Goldes Glantz erreichen /
Tilgt endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band.

Der wohlgesetzte Fuß / die lieblichen Gebärden /
Die werden theils zu Staub / theils nichts und nichtig werden /
Dann opffert keiner mehr der Gottheit deiner Pracht.

Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen /
Dein Hertze kan allein zu aller Zeit bestehen /
Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.


https://www.youtube.com/watch?v=SNxNo1GsmDw

Ansuz
15.12.2018, 23:40
Ahnungsgrauend (Bundeslied vor der Schlacht)

Ahnungsgrauend, todesmutig
bricht der große Morgen an
und die Sonne, kalt und blutig
leuchtet unsrer blutgen Bahn
In der nächsten Stunden Schoße
liegt das Schicksal einer Welt
und es zittern schon die Lose
und der ehrne Würfel fällt
Brüder, euch mahne die dämmernde Stunde
mahne euch ernst zu dem heiligsten Bunde
treu so zum Tod, wie zum Leben gesellt

Hinter uns, im Graun der Nächte
liegt die Schande, liegt die Schmach
liegt der Frevel fremder Knechte
der die deutsche Eiche (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/eiche/) brach
Unsre Sprache ward geschändet
unsre Tempel stürzten ein
unsre Ehre ist verpfändet
deutsche Brüder, löst sie ein
Brüder, die Rache flammt. Reicht euch die Hände
daß sich der Fluch der Himmlischen wende
Löst das verlorne Palladium ein

Vor uns liegt ein glücklich Hoffen
liegt der Zukunft goldne Zeit
steht ein ganzer Himmel offen
blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/deutsche-lieder/)
Frauenhuld und Liebesglück
alles Große kommt uns wieder
alles Schöne kehrt zurück
Aber noch gilt es ein gräßliches Wagen
Leben und Blut in die Schanze zu schlagen
nur in dem Opfertod reift uns das Glück (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/glueck/)

Nun, mit Gott, wir wollen wagen
fest vereint dem Schicksal stehn
unser Herz zum Altar tragen
und dem Tod entgegen gehn.
Vaterland, dir wolln wir sterben
wie dein großes Wort gebeut
Unsre Lieben mögen´s erben
was wir mit dem Blut befreit
Wachse, du Freiheit der deutschen Eichen
wachse empor über unsere Leichen!
Vaterland, höre den heiligen Eid

Und nun wendet eure Blicke
noch einmal der Liebe nach
scheidet von dem Bütenglücke
das der giftge Süden brach
Wird euch auch das Auge trüber
keine Träne bringt euch Spott
werft den letzten Kuß hinüber
dann befehlt sie eurem Gott
Alle die Lippen, die für uns beten
alle die Herzen, die wir zertreten
tröste und schütze sie, ewiger Gott

Und nun frisch zur Schlacht gewendet
Aug und Herz zum Licht hinauf
Alles Irdsche ist vollendet
und das Himmlische geht auf
Faßt euch an, ihr deutschen Brüder
jeder Nerve sei ein Held
Treue Herzen sehn sich wieder
Lebewohl für diese Welt
Hört ihr´s, schon jauchzt es uns donnernd entgegen
Brüder, hinein in den blitzenden Regen
Wiedersehn in der besseren Welt

Theodor Körner (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/koerner/) (1813)
Musik: J. H. E. Bornhardt (1815)
in Allgemeines Deutsches Kommersbuch (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/allgemeines-deutsches-kommersbuch/)

Sjard
16.12.2018, 18:19
Ahnungsgrauend (Bundeslied vor der Schlacht)

Ahnungsgrauend, todesmutig
bricht der große Morgen an
und die Sonne, kalt und blutig
leuchtet unsrer blutgen Bahn
In der nächsten Stunden Schoße
liegt das Schicksal einer Welt
und es zittern schon die Lose
und der ehrne Würfel fällt
Brüder, euch mahne die dämmernde Stunde
mahne euch ernst zu dem heiligsten Bunde
treu so zum Tod, wie zum Leben gesellt

Hinter uns, im Graun der Nächte
liegt die Schande, liegt die Schmach
liegt der Frevel fremder Knechte
der die deutsche Eiche (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/eiche/) brach
Unsre Sprache ward geschändet
unsre Tempel stürzten ein
unsre Ehre ist verpfändet
deutsche Brüder, löst sie ein
Brüder, die Rache flammt. Reicht euch die Hände
daß sich der Fluch der Himmlischen wende
Löst das verlorne Palladium ein

Vor uns liegt ein glücklich Hoffen
liegt der Zukunft goldne Zeit
steht ein ganzer Himmel offen
blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/deutsche-lieder/)
Frauenhuld und Liebesglück
alles Große kommt uns wieder
alles Schöne kehrt zurück
Aber noch gilt es ein gräßliches Wagen
Leben und Blut in die Schanze zu schlagen
nur in dem Opfertod reift uns das Glück (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/glueck/)

Nun, mit Gott, wir wollen wagen
fest vereint dem Schicksal stehn
unser Herz zum Altar tragen
und dem Tod entgegen gehn.
Vaterland, dir wolln wir sterben
wie dein großes Wort gebeut
Unsre Lieben mögen´s erben
was wir mit dem Blut befreit
Wachse, du Freiheit der deutschen Eichen
wachse empor über unsere Leichen!
Vaterland, höre den heiligen Eid

Und nun wendet eure Blicke
noch einmal der Liebe nach
scheidet von dem Bütenglücke
das der giftge Süden brach
Wird euch auch das Auge trüber
keine Träne bringt euch Spott
werft den letzten Kuß hinüber
dann befehlt sie eurem Gott
Alle die Lippen, die für uns beten
alle die Herzen, die wir zertreten
tröste und schütze sie, ewiger Gott

Und nun frisch zur Schlacht gewendet
Aug und Herz zum Licht hinauf
Alles Irdsche ist vollendet
und das Himmlische geht auf
Faßt euch an, ihr deutschen Brüder
jeder Nerve sei ein Held
Treue Herzen sehn sich wieder
Lebewohl für diese Welt
Hört ihr´s, schon jauchzt es uns donnernd entgegen
Brüder, hinein in den blitzenden Regen
Wiedersehn in der besseren Welt

Theodor Körner (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/koerner/) (1813)
Musik: J. H. E. Bornhardt (1815)
in Allgemeines Deutsches Kommersbuch (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/allgemeines-deutsches-kommersbuch/)

Sehr schönes Gedicht. Ich werde mich demnächst auch mal mit Theodor Körners Werken
näher beschäftigen, dieses Gedicht ist eine wahre Inspiration für den Geist.

Ansuz
18.12.2018, 16:45
Sehr schönes Gedicht. Ich werde mich demnächst auch mal mit Theodor Körners Werken
näher beschäftigen, dieses Gedicht ist eine wahre Inspiration für den Geist.
Dazu gibt es auch ein kongeniales Video, das Filmmaterial ist aus:
Theodor Körner (1932) und Luise, Königin von Preußen (1931)


https://www.youtube.com/watch?v=c7jkSPezQio

FranzKonz
18.12.2018, 16:58
Zwä Bube angele am Mä’,

Am erste Brückebouge,

Da, wo das Schlachthausblut ’rein lääft,

Da wer’n viel Fisch’ gezouge.
Der ä, der bot e Hütche uff

Mit ausgefranste Zacke,

De anner ’n blanke Schtiftekopp

Un ’n ganz dicke Backe.
Uff ämol ruft es von de Brück’,

»0 jesses, o Gewidder!

Was hawwese mit mei’m Hannes gemacht,

Was bot dann der scho’ widder?
Hannes! Du host ja e ganz dick G’sicht!

Hoste Hieb’ kriegt? Wors e Schnacke?

Wie kammer nor da angele

Mit sou ’m dicke Backe?«
Da ruft de Bu’ mit halber Stimm’,

Bringts Maul kaum ausenanner:

»Da hab’ ich ja mei’ Wermche drin,

Sunst nimmt mer se de Anner!«

Desinfizierer
03.01.2019, 12:51
Gesellschaftsströme



Die abnehmende Zahl

an wertvollen Edelhölzern

als Schutzwälle vorgesehen

versuchen sie zögerlich

in Stellung zu bringen



die zunehmende Zahl

an Treibgut

unberechenbar

oft vorgeschädigt

unterschätzen

sie noch immer

................................

Desinfizierer ( nicht schön- aber zeitgemäß und deutsch ):))

joschka
03.01.2019, 15:52
Das Reh,

das Reh
springt hoch.

Das Reh
springt weit.

Nun ja,

Was soll´s?

Es hat ja






... ZEIT !

Kaktus
03.01.2019, 16:32
Zwä Bube angele am Mä’,

Am erste Brückebouge,

Da, wo das Schlachthausblut ’rein lääft,

Da wer’n viel Fisch’ gezouge.
Der ä, der bot e Hütche uff

Mit ausgefranste Zacke,

De anner ’n blanke Schtiftekopp

Un ’n ganz dicke Backe.
Uff ämol ruft es von de Brück’,

»0 jesses, o Gewidder!

Was hawwese mit mei’m Hannes gemacht,

Was bot dann der scho’ widder?
Hannes! Du host ja e ganz dick G’sicht!

Hoste Hieb’ kriegt? Wors e Schnacke?

Wie kammer nor da angele

Mit sou ’m dicke Backe?«
Da ruft de Bu’ mit halber Stimm’,

Bringts Maul kaum ausenanner:

»Da hab’ ich ja mei’ Wermche drin,

Sunst nimmt mer se de Anner!«
:D

Uff'm Termsche
sitzt e Wermsche
middem Schermsche
unnerm Ärmsche.

Kommt e Schdermsche
weht des Wermsche
middem Schermsche
unnerm Ärmsche
von dem Termsche.
Armes Wermsche.

Des Ganse gibts aach noch mussikahlisch:
https://www.youtube.com/watch?v=CaMpcxwxKMQ

Wolff
05.01.2019, 11:34
Deine Seele ist ein Vogel

Deine Seele ist ein Vogel,
stutze ihm die Flügel nicht,
denn er will sich doch erheben
aus der Nacht ins Morgenlicht.


Deine Seele ist ein Vogel,
stopf nicht alles in ihn rein.
Er wird zahm und satt und träge,
stirbt den Tod am Brot allein.


Deine Seele ist ein Vogel,
schütze ihn nicht vor dem Wind.
Erst im Sturm kann er dir zeigen,
wie stark seine Flügel sind.


Deine Seele ist ein Vogel,
und er trägt in sich ein Ziel.
Doch wird er zu oft geblendet,
weiß er nicht mehr,was er will.


Deine Seele ist ein Vogel.
Hörst du ihn vor Sehnsucht schrein,
darfst den Schrei du nicht ersticken,
bleibt er stumm,wirst du zu Stein.


Deine Seele ist ein Vogel,
stutze ihm die Flügel nicht,
denn er will sich doch erheben
aus der Nacht ins Morgenlicht.


Gerhard Schöne

Ansuz
08.01.2019, 19:16
Auf vergessenen Wiesen


Durch weite, vergessene Wiesen streifen
Und barfuss laufen zum See
Auf Schilfrohr zwischen den Lippen pfeifen
Und Honig saugen vom Klee

Und trunken werden von Blütendüften
Und bäuchlings fallen ins Gras
Und Sumpf durchwaten bis an die Hüften
Und Froschlaich sammeln im Glas

Und Bussardschreie und Horste kennen
Und Biberdämme besehn
Und einzeln die Bäume beim Namen nennen
Und ihre Sprache verstehn

Und querfeld reiten auf sattellosen
Und warmen Pferden im Wind
Und toll vor Lust einen Schrei ausstossen
Und horchen, ob Echos sind

Und Röcke am Dornengestrüpp zerreißen
Und Haut zerkratzen dabei
In ungewaschene Äpfel beißen
Vorbei!

(Evelyn von Wietersheim)

Ansuz
21.01.2019, 19:36
http://i0.wp.com/scienceblogs.de/mathlog/files/2019/01/F1ED9824-0E13-4BCA-9A28-B427C409FA67.png?resize=2048%2C2732

Ansuz
24.01.2019, 22:37
Genesis der Mathematik, von Kurd Laßwitz

http://i0.wp.com/scienceblogs.de/mathlog/files/2019/01/DE89DBCD-C244-43AA-A416-410234035D28.png?resize=2048%2C2732

http://i0.wp.com/scienceblogs.de/mathlog/files/2019/01/CE414921-BACB-4ED0-A87C-BDBCED801FD1.png?resize=768%2C1024

Sjard
25.01.2019, 20:06
Friedrich Hölderlin - Der Tod fürs Vaterland

https://www.hoelderlin-gesellschaft.de/index.php?id=1199

Ansuz
15.02.2019, 14:39
Waidmannsheil


Das ist des Jägers Ehrenschild,
Daß er beschützt und hegt sein Wild,
Waidmännisch jagt, wie sich’s gehört,
Den Schöpfer im Geschöpfe ehrt!


Das Kriegsgeschoß der Haß regiert, -
Die Lieb’ zum Wild den Stutzen führt:
Drum denk’ bei Deinem täglich Brot
Ob auch Dein Wild nicht leidet Noth?


Behüt’s vor Mensch und Thier zumal!
Verkürze ihm die Todesqual!
Sei außen rauh, doch innen mild, -
Dann bleibet blank Dein Ehrenschild!


Oskar von Riesenthal

Bestmann
15.02.2019, 14:46
Hermann Löns (1866-1914)SommerÜber die Heide ziehen Spinnwebe
Von Halm zu Halm ihr silberweißes Tuch,
Am Himmelsrande weiße Wölkchen schweben
Und weißes Wollgras wimpelt überm Bruch.Es glüht die Luft wie ein Maschinenofen,
Kein Menschenleben regt sich weit und breit,
Der Baumpieper nur schmettert seine Strophen
Und hoch im Blau der Mäusebussard schreit.In rosa Heidekraut den Leib ich strecke,
Das Taschentuch ich auf die Augen breit',
Weit von mir ich die schlaffen Glieder recke
Und dehne mich in süßer Müdigkeit.O Grabesschlaf, wollüstiges Genießen!
Wenn dieser müde Menschenleib verwest,
Wenn die Atome auseinanderfließen
Und Glied an Glied sich reckend, dehnend löst.

Dier einen guten Frühlingstag im Winter .
Gruß Bestmann @Ansuz

latrop
15.02.2019, 17:16
Hinter eines Baumes Rinde
sass die Made mit dem Kinde.
Auf dem Feld steht frischer Kohl,
den ich jetzt hol, so leb denn wohl
. . . . . . . . . .

und dann kam der böse Vogel, der die kleine Made gefressen hat.

. . . . . . . . . .

hinter eines Baumes Rinde
sitzt die Made,
ruft das Kinde .

frei nach Heinz Ehrhard.

Ich kann das nicht mehr so genau zusammen bringen :dru:

Zinsendorf
17.02.2019, 12:57
Anton Günther (auch Tolerhans Tonl genannt) war offenbar ein genialer Wahrsager!


De fallische Politik

Wie schie warsch doch in alter Zeit,
su reden itze alle Leit.
Do hatt mer noch was Rachts
in Mogn, es Volk dos hot
sich aah vertrogn.

Doch itze, ‘s ist ne wahre Schand,
‘s is alle außer Rand on Band,on a dan ganzen Ugelück
is Schuld de Politik.
Der Lehrgong will übern Maaster sei,
der Togdieb macht es meiste Geschrei,
mer find nirgndst meh Zefriedenheit,
när Wucher, Schwindel, Haß on Neid.

Es Gald dos is ein Volk sei Gott,
wos racht ist werd verlacht, verspott,
der Tanzbuden is en Volk
sei Kirch, is dos e domms Gewürg
Sist gob ‘s aabn Heiden, Jud on Christ,
itze Bürgerliche on Sozialist,
‘s haaßt Spartalkist on Bolschewik,
on Kommunist, nu du Ugelück!

Der aane ist rut, der andere grü,
e paar zerrn haar,
die andern hie,
doch, deß mir alle
Menschen sei,
dos fällt kann Menschen ei!

Sist war de Arbit huch geehrt,
doch itze is gerod verkehrt,
daar was an meisten schimpft in schreit,
dan ehrn on achten alle Leit.‘
s redt jeder über Honger un Nut,
doch wenn mer‘sch racht
betrachten tut -
su ne Wuhllust on Maschlachtigkeit,
die gob‘s zu kaaner Zeit!

Wos würn denn onnre Alten sogn,
die täten de Händ übern Kopp
z‘sammschlogn,
wo is aus ihre Kinner worn,
die haben doch alle en
Verstand verloren.

Es gibt kaa Zucht, kaa Sittlichkeit,
e jeder redt gelehrt, gescheit,
de Köpp sei vull,
on es Harz ist leer,
dos ist aabn onner Malär.

Drüm nam mer doch lieber enn Strick,
fei lang on aah fei dick,
on häng se in der Feierest nei,
die fallische Politik;
denn die hot ons ben Genick,
die niedertrachtige, waggeschmissene,
fallische Politik!

Ansuz
26.03.2019, 21:19
Max von Schenkendorf, 1813

Freiheit, die ich meine
die mein Herz erfüllt
komm mit deinem Scheine
süßes Engelsbild!
Magst du dich nie zeigen
der bedrängten Welt?
führest deinen Reigen
nur am Sternenzelt?


Auch bei grünen Bäumen
in dem lust´gen Wald,
unter Blütenträumen
ist dein Aufenthalt.
Ach! das ist ein Leben,
wenn es weht und klingt,
wenn ein stilles Weben
wonnig uns durchdringt


Wenn die Blätter rauschen
süssen Freudengruss,
wenn wir Blicke tauschen
Liebeswort und Kuss.
Aber immer wieder
nimmt das Herz den Lauf,
auf der Himmelsleiter
steigt die Sehnsucht auf


Aus den stillen Kreisen
kommt mein Hirtenkind,
will der Welt beweisen
was es denkt und minnt.
Blüht ihm doch ein Garten
reift ihm doch ein Feld
auch in jeder harten
steinerbauten Welt


Wo sich Gottes Flamme
in ein Herz gesenkt,
das am alten Stamme
treu und liebend hängt;
wo sich Männer finden
die für Ehr‘ und Recht
mutig sich verbinden
weilt ein frei Geschlecht


Hinter dunklen Wällen
hinter eh´rnem Tor
kann das Herz noch schwellen
zu dem Licht empor.
Für die Kirchenhallen
für der Väter Gruft
für die Liebsten fallen
wenn die Freiheit ruft


Das ist rechtes Glühen
frisch und rosenrot:
Heldenwangen blühen
schöner auf im Tod.
Wolltest du uns lenken
Gottes Lieb‘ und Lust,
wolltest gern dich senken
in die deutsche Brust!


Freiheit, die ich meine
die mein Herz erfüllt,
komm mit deinem Scheine
süsses Engelsbild!
Freiheit, holdes Wesen
gläubig, kühn und zart
hast ja lang erlesen
dir die deutsche Art.

Kaktus
26.03.2019, 22:21
Abseits
Theodor Storm

Es ist so still; die Heide liegt
Im warmen Mittagssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühn; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft.
Laufkäfer hasten durchs Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen;
Die Vögel schwirren aus dem Kraut -
Die Luft ist voller Lerchenlaut.
Ein halbverfallen niedrig Haus
Steht einsam hier und sonnbeschienen;
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen;
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.
Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten;
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
- Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.

Ansuz
02.04.2019, 18:46
Agnes Miegel, Cranz

An dieser Bucht hab ich als Kind gespielt
Der Sand war sonndurchglüht und warm.
Geborgen wie in einer Greisin Arm
Lag ich am Hang der Düne.

Drunten hielt
Schnaubend der Brandung schäumendes Gespann.
Auf flockig weiße Mähnen schien das Licht.
Und manchmal sahn, mit triefendem Gesicht
Grünäugig mich des Meeres Töchter ab,
Und warfen Muscheln an den Strand und Tang
Und duckten jäh mit schrillem Möwenschrei.
Der feuchte Seewind strich an mir vorbei.
Ich aber lag geborgen an dem Hang
Der weißen Düne. In den Sand gekrallt
So wie ein Kätzchen liegt im warmen Schoß.
Und wohlig blinzelnd und gedankenlos
Spürt ich, sie wacht, -
Heilig, vertraut, uralt.

Ansuz
27.04.2019, 22:07
Der Gang aufs LandGedicht von Friedrich HölderlinAn Landauer

Komm! ins Offene, Freund! zwar glänzt ein Weniges heute
Nur herunter und eng schließet der Himmel uns ein.
Weder die Berge sind noch aufgegangen des Waldes
Gipfel nach Wunsch und leer ruht von Gesange die Luft.
Trüb ists heut, es schlummern die Gäng und die Gassen und fast will
Mir es scheinen, es sei, als in der bleiernen Zeit.
Dennoch gelinget der Wunsch, Rechtglaubige zweifeln an Einer
Stunde nicht und der Lust bleibe geweihet der Tag.
Denn nicht wenig erfreut, was wir vom Himmel gewonnen,
Wenn ers weigert und doch gönnet den Kindern zuletzt.
Nur daß solcher Reden und auch der Schritt' und der Mühe
Wert der Gewinn und ganz wahr das Ergötzliche sei.
Darum hoff ich sogar, es werde, wenn das Gewünschte
Wir beginnen und erst unsere Zunge gelöst,
Und gefunden das Wort, und aufgegangen das Herz ist,
Und von trunkener Stirn höher Besinnen entspringt,
Mit der unsern zugleich des Himmels Blüte beginnen,
Und dem offenen Blick offen der Leuchtende sein.

Denn nicht Mächtiges ists, zum Leben aber gehört es,
Was wir wollen, und scheint schicklich und freudig zugleich.
Aber kommen doch auch der segenbringenden Schwalben
Immer einige noch, ehe der Sommer, ins Land.
Nämlich droben zu weihn bei guter Rede den Boden,
Wo den Gästen das Haus baut der verständige Wirt;
Daß sie kosten und schaun das Schönste, die Fülle des Landes,
Daß, wie das Herz es wünscht, offen, dem Geiste gemäß
Mahl und Tanz und Gesang und Stuttgarts Freude gekrönt sei,
Deshalb wollen wir heut wünschend den Hügel hinauf.
Mög ein Besseres noch das menschenfreundliche Mailicht
Drüber sprechen, von selbst bildsamen Gästen erklärt,
Oder, wie sonst, wenns andern gefällt, denn alt ist die Sitte,
Und es schauen so oft lächelnd die Götter auf uns,
Möge der Zimmermann vom Gipfel des Daches den Spruch tun,
Wir, so gut es gelang, haben das Unsre getan.

Aber schön ist der Ort, wenn in Feiertagen des Frühlings
Aufgegangen das Tal, wenn mit dem Neckar herab
Weiden grünend und Wald und all die grünenden Bäume
Zahllos, blühend weiß, wallen in wiegender Luft,
Aber mit Wölkchen bedeckt an Bergen herunter der Weinstock
Dämmert und wächst und erwarmt unter dem sonnigen Duft.

Ansuz
29.05.2019, 19:58
Hans Baron Manteuffel – Führer des Stoßtrupps, gefallen in Riga am 22. Mai 1919 (https://de.metapedia.org/wiki/Hans_Baron_von_Manteuffel)

von unserer großen baltendeutschen Dichterin Gertrud von den Brincken:

Du bist gefallen – ein Morgenrot
wird nimmer zum Tage ersteigen.
Du warst voll Feuer, du bist verloht,
du warst voll Taten, nun bist du tot,
gegangen ins große Schweigen. –

Wir hören noch deinen Kommandoruf
aus Rauch und Flammen erschallen.
Der spielende Wellen zur Sturmflut schuf,
du stürmtest voran uns allen.

Hinein in das Feuer jenseits vom Strom!
Und fletscht auch der Tod vor der Schwelle,
wir schützen das Schloss, wir schützen den Dom
und wir sprengen die Zitadelle!

Wie kannst du jetzt schlafen, so still und kühl?
du weißt doch, wie sehr wir dich brauchen,
du weißt doch, dass rings noch vom Kampfgewühl
verwüstete Herde rauchen.

Viel Arbeit wartet noch unerreicht,
zu rächen nicht gilt’s nur und retten,
viel Arbeit – die allerschwerste vielleicht –
liegt unter den Trümmerstätten.

Du darfst nicht ruhen! Steh auf und lausch,
wir haben soviel dir zu melden
Durch Riga braust’s wie ein Jubelrausch
und die Sterbenden starben als Helden.

Wir müssen dir sagen, wie Riga fiel,
wie kühn sich dein Stoßtrupp geschlagen,
wir müssen dir sagen soviel, soviel
von diesen gewaltigen Tagen!

Du kannst nicht schlafen, – du wartest bloß,
ob wieder man rufen dich wolle ...
Hoch bäumt sich dein Wille ergebungslos
dem Schicksal der baltischen Scholle.

Noch bricht deine Liebe aus Nacht und Bann
empor, bis ihr Werk sich vollendet.
Wir wissen’s: du stürmst uns aufs neue voran,
wenn wieder zum Sturm wir entsendet.

Wir wissen’s: du führst uns, dein Auge loht,
du rufst und mit herrischem Halle:
Bis die Heimat aufsteht aus aller Not –
Wer zögert? – Vorwärts! – Du bist nicht tot,
und wir folgen, wir folgen dir alle!

Ansuz
18.07.2019, 21:15
Wie Stürme sind Jahre dahingeweht

von Erich Post

Wie Stürme sind Jahre dahingeweht
über Stoppeln nach kärglicher Mahd.
Sie peitschten ins Irgendwohin das Gebet,
das Rufen nach dir, Kamerad.

Die Einsamkeit wuchs, der Winter war lang --
sie konnten den Sommer nicht binden.
Das Herz wurde müde, die Hoffnung versank --
und du warst nirgends zu finden.

Da trommelte dumpf in höchster Gefahr
ein trotziger Rhythmus die Lande.
Erst klang er im Traume, dann wurde er klar
und zwang mich in seine Bande.

Wer rief es mir zu, tat ich wohl den Schrei:
Noch einmal heraus ihr, zur Saat!
Ich sah meine Brüder. Da warst du dabei,
da warst du dabei, Kamerad.

Ansuz
18.07.2019, 21:17
Wie die Kraniche

von Otto Freiherr von Taube

Gleich wie die Kraniche auf ihren Zügen,
dazu des Südens Sehnsucht sie erregt,
in ihren altgewohnten Dreiecksflügen,
als wie von wunderbarem Maß bewegt,

gen Süden schwimmen, ziehn die edelen Seelen
vor unserem geistigen Blick -- ein ganzes Heer,
daraus wir unsere Heiligen erwählen --
am hohen Himmel wunderbar einher.

Wie j e n e in das Unsichtbare schwinden
der Ferne, deren Dünsten sie verschlingt,
und unseren Augen nicht mehr aufzufinden,
indes ihr Ruf noch lange zu uns dringt,

so, wenn die inneren Augen auch versagen,
braucht doch das Menschenkind, das sehnt und ahnt,
beim Schwinden der Gestalten nicht zu zagen,
weil der Verschwundenen Stimme lang noch mahnt:

Und, von den langen Rufen nachgezogen,
folgt es beschwingt, beseeligt und bereit,
den Ehrwürdigen, die vorausgeflogen
und vor uns langten in die Ewigkeit.

joschka
18.07.2019, 21:25
Wie Stürme sind Jahre dahingeweht

von Erich Post

Wie Stürme sind Jahre dahingeweht
über Stoppeln nach kärglicher Mahd.
Sie peitschten ins Irgendwohin das Gebet,
das Rufen nach dir, Kamerad.

Die Einsamkeit wuchs, der Winter war lang --
sie konnten den Sommer nicht binden.
Das Herz wurde müde, die Hoffnung versank --
und du warst nirgends zu finden.

Da trommelte dumpf in höchster Gefahr
ein trotziger Rhythmus die Lande.
Erst klang er im Traume, dann wurde er klar
und zwang mich in seine Bande.

Wer rief es mir zu, tat ich wohl den Schrei:
Noch einmal heraus ihr, zur Saat!
Ich sah meine Brüder. Da warst du dabei,
da warst du dabei, Kamerad.


:hi:

Kaktus
19.07.2019, 02:02
Heimat
Heimat, das sind die Menschen, die man kennt, die man Verwandte, Nachbarn und Freunde nennt.
Heimat, das ist die Sprache, die man spricht, die man hört, liest und versteht wie ein Gedicht.
Heimat, das sind der Hof, das Haus und die Räume, das sind das Feld, die Wiese, der Garten, die Bäume.
Heimat, das sind die Wälder, die Berge und die Quellen, das sind die Bäche, die Ufer und der Flüsse Wellen.
Heimat, das ist der Ort, seine Straßen und Brücken, das sind die Blumen, die wir am Wegrand pflücken.
Heimat, das ist die Luft die wir atmen, das ist die Sonne, das Licht der Sterne,
das ist unsere Erde, die Nähe und die Ferne.
Heimat, das ist was wir lieben, ist all das Vertraute, was unser Vorfahr hier einst erbaute.
Heimat, das ist die Vergangenheit von der unsere Väter berichten, in vielen alten und fernen Geschichten,
Heimat, das ist die Gegenwart mit Freude und Sorgen, das ist unserer Kinder leuchtendes morgen.
Heimat, das ist wo wir wirken, schaffen und streben, das ist wo wir lieben, leiden und leben.
Heimat, viele Wege führen von dir hinaus, aber alle führen einmal zurück nach Haus.
Arnold Scherner

luis_m
19.07.2019, 10:41
Matrosensang


Herr Steuermann, ach Steuermann,
Mein Herz ist gar so schwer.
"So bind ein gut Stück Eisen dran
Und wirf es über Bord ins Meer."

Ob meine schwangere Liebste weint?
Eine Trän? Zwei Trän? Drei Trän?
Ho! Meine krumme Mutter meint,
Ich sei ein reicher Kapitän.

Ist Mutters Haus mit Stroh gedeckt,
Wie sie sich freuen kann.
Doch wie ein Sturm mit Branntwein schmeckt,
Das geht sie einen Hundsdreck an.

Joachim Ringelnatz

Differentialgeometer
28.08.2019, 13:46
Es heißt natürlich "Schwäbische Kunde", und sollte auch in voller Schönheit zitiert werden:
Als Kaiser Rotbart lobesam
zum heil'gen Land gezogen kam,
da mußt' er mit dem frommen Heer
durch ein Gebirge wüst und leer.
Daselbst erhob sich große Not.
Viel Steine gab's und wenig Brot.
Und mancher deutsche Reitersmann
Hat dort den Trunk sich abgetan.
Den Pferden ward so schwach im Magen,
fast mußt der Reiter die Mähre tragen.
Nun war ein Herr aus Schwabenland,
von hohem Wuchs und starker Hand.
Des Rößlein war so krank und schwach,
er zog es nur am Zaume nach.
Er hätt' es nimmer aufgegeben,
und kostet's ihn das eig'ne Leben.
So blieb er bald ein gutes Stück
hinter dem Heereszug zurück.
Da sprengten plötzlich in die Quer
fünfzig türkische Reiter daher!
Die huben an, auf ihn zu schießen
nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht' sich nit,
ging seines Weges Schritt vor Schritt,
ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken
und tät nur spöttlich um sich blicken,
bis einer, dem die Zeit zu lang,
auf ihn den krummen Säbel schwang.
Da wallt dem Deutschen auch sein Blut.
Er trifft des Türken Pferd so gut,
er haut ihm ab mit einem Streich
die beiden Vorderfüß zugleich.
Als er das Tier zu Fall gebracht,
da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
er schwingt es auf des Reiters Kopf,
haut durch bis auf den Sattelknopf,
haut auch den Sattel noch zu Stücken
und tief noch in des Pferdes Rücken.
Zur Rechten sah man wie zur Linken
einen halben Türken heruntersinken.
Da packt die andern kalter Graus,
sie fliehn in alle Welt hinaus,
und jedem ist's, als würd ihm mitten
durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.
Drauf kam des Wegs 'ne Christenschar,
die auch zurückgeblieben war;
die sahen nun mit gutem Bedacht,
welch Arbeit unser Held gemacht.
Von denen hat's der Kaiser vernommen,
der ließ den Schwaben vor sich kommen;
er sprach: »Sag an, mein Ritter wert!
Wer hat dich solche Streich gelehrt?«
Der Held besann sich nicht zu lang:
»Die Streiche sind bei uns im Schwang!
Sie sind bekannt im ganzen Reiche;
man nennt sie halt nur Schwabenstreiche!«


...


Uhlands Schwabenstreiche. Zu schön. :)

Schlummifix
28.08.2019, 13:59
Der Neger ist kein Neger mehr / Zigeuner darf man auch nicht sagen.
Rassistisch ist das beides sehr / so hört man es an allen Tagen.
Wer´s trotzdem wagt wird ausgebuht / gefeuert und geächtet,
In Zeitungen und Talkshows mit viel Wut / denn so sind die „Gerechten”.
Das Kinderbuch prüft ein Zensor / Weiß ist jetzt Sarrotis Mohr.
Und das nennt sich dann Zivilcourage / Und wisst ihr was? – Das ist für‘n Arsch!

Aus fernen Ländern kam der Gast / Dank Menschenhändlerbanden.
Reist mit Handy, und ohne Pass / in den gelobten deutschen Landen.
Verbittert ist der junge Mann / Finanziell geht‘s ihm zwar besser.
Weil er aber kein Fräulein haben kann / hilft er schnell nach mit – einem Messer.
Ein Einzelfall, so sagen die Experten. / Kultursensibel sei das zu bewerten.
Wer wütend ist und‘s anders meint / Ist nur ein brauner Fremdenfeind.
Und das nennt sich dann Zivilcourage / Und wisst ihr was? – Das ist für‘n Arsch!

Das bunte Bündnis, tolerant, zivil und breit. / Wir finden‘s in jeder Stadt.
Gekämpft wird dort für Moral und Menschlichkeit. / Ein jeder dabei wer nen Namen hat:
Linke, Gewerkschaft, Kirchenvertreter / Karrieristen und Volksverräter.
Der Flüchtling und der Muselmann / die muss man integrieren.
Ob man das auch bezahlen kann / hat nicht zu interessieren.
Wenn Deutsche verarmen, ist doch egal. /So weiß es die linksgrüne Hypermoral.
Und das nennt sich dann Zivilcourage, / Und wisst ihr was? – das ist für‘n Arsch.

Für alle die zu uns einwandern / fordern die heil´ge Solidarität.
Die Opfer bringen dann die Andern / S´ ist bequemer so und tut nicht weh.
Mutig geben sie vor zu sein / woll´n aber nichts riskieren.
Sie glauben an ihre Heuchelein / denn geschickt sind sie im Lavieren.
Bunte Vielfalt statt braunem Brei / Hauptsach´ die Stadt ist Nazifrei.
Und das nennt sich dann Zivilcourage/ Und wisst ihr was? – Das ist für‘n Arsch!

Dort wohnt ein AfDler und Rassist / So wissen‘s Büttel und Denuzianten.
Und geben Namen und Adress / schnell weiter an die Antifanten.
Dem schlägt man dann die Fresse ein / In unsrer Stadt darf der nicht sein!
Hundedreck im Briefkastenschlitz / bei Nacht und Nebel, was für ein Witz.
Im Kampf gegen Rechts ist alles erlaubt / Hier geht es um Demokratie und Werte.
Deutschland verrecke, schreien sie laut / wie eine Hornochsen‐Herde.
Und das nennt sich dann Zivilcourage! / Und wisst ihr was?! – Das ist für‘n Arsch!

Und die Moral von der Geschicht?
Steckt das Messer dir im Bauch / denn so ist‘s im Orient der Brauch.
Rufen alle mit Applaus: / „ NA‐ZIS RAUS !!!”

Sjard
29.08.2019, 15:53
Noch ist die Freiheit nicht verloren

Noch ist die Freiheit nicht verloren
noch sind wir doch nicht ganz besiegt
In jedem Lied wird sie geboren
das aus der Brust der Lerche fliegt
sie rauscht uns zu im jungen Laube
im Strom, der sich durch Felsen drängt
sie glüht im Purpursaft der Traube
der brausend seine Bande sprengt

Der sei kein rechter Mann geachtet
dem lohne nie der Jungfrau Kuß
der nicht aus tiefster Seele trachtet
wie er der Freiheit dienen muß
Das Eisen wächst im Schoß der Erden
es ruht das Feuer in dem Stein -
Und wir allein soll Knechte werden ?
Ja, Knechte bleiben, wir allein ?

Laßt euch die Kette nicht bekümmern
die noch an eurem Arme klirrt
Zwing-Uri liegt in Schutt und Trümmern
sobald ein Tell geboren wird !
Die blanke Kette ist für Toren
für freie Männer ist das Schwert
Noch ist die Freiheit nicht verloren
solang ein Herz sie noch begehrt

​Robert Prutz ( 1816 -1872 )

Ansuz
09.09.2019, 21:10
Soester Sonett von Otto Freiherr von Taube

Ich bin nicht ich, bin mehr, als alle wähnen,
bin meiner Väter, meiner Ahnen Blut,
ich habe ihre Liebe, ihre Wut
in mir, ihr Werk und Wesen und ihr Sehnen;

hab' ihre Mühen in mir, ihre Tränen
und ihre Lust, ihr Lachen, ihren Mut,
hab' ihr Versagen in mir, ihre Glut:
Ich bin nur das, was einstmals war in jenen.

Das bin ich. Weder weniger noch mehr.
Unschätzbar Gut ward so mir mitgegeben.
Wie ich's verwalte, das allein ist mein:

Gott schütz mich, dessen nicht mehr wert zu sein!
Und helfe mir in meinem kurzen Leben,
daß ich's verwalte nach Gebühr und Ehr.

ABAS
09.09.2019, 21:18
Von einer Dichterin aus der Deutschen Ostmark:


Fruehlingsstimmung

Wenn Fruehlingswaerme mit dem linden Weste,
Der kosend um erwachte Knospen webt,
Die Brust der jungen Erde schwellend hebt,
Verschwenderisch, als reichbeschenkte Gaeste,

Laedt sie uns ein zu ihrem Liebesfeste.
Und glaeubig oeffnet sich, an Hoffnung reich,
Die Seele, dem erbluehten Baume gleich,
Der rosig streckt zum Himmel seine Aeste.

Dir gilt mein Liebesfest! Du bist die Sonne,
Ein Baum bin ich, der ganz in Knospen glueht
Und ueberschwillt in des Erbluehens Wonne,

Um in der Liebe Licht sich einzutauchen,
Das lebensspendend dir im Auge sprueht,
Wenn Deine Lippen Fruehlingswaerme hauchen.

(Rosa Mayreder 1858-1938-Oesterreichische Schrifstellerin)

Affenpriester
09.09.2019, 23:23
Der Teller ist warm,
das Essen nicht.
Mikrowellengedicht.

Ansuz
05.11.2019, 18:11
Nachtfalter

(aus Gertrud von den Brincken: Wer nicht das Dunkel kennt. Gedichte. Riga 1911. S. 35)

Ein Falter, mit
sehnendem Herzen
nach Lichtglanz, umflog meine Kerzen,
bewundernd den leuchtenden Schein.
Befangen in träumender, scheuer
Betrachtung umkreist er das Feuer,
... und flog in die Flammen hinein.

Ich sah, wie die
zitternden Schwingen
zu Asche im Feuer vergingen,
und frug mich: was Gott wohl gedacht,
als ER dieses ruhlose Streben
nach Licht und nach Helle gegeben
gerade den Faltern der Nacht...

Ansuz
09.11.2019, 17:27
Richard Wagner
Tannhäuser
Inbrunst im Herzen (Romerzählung)


TANNHÄUSER
Inbrunst im Herzen, wie kein Büsser noch
sie je gefühlt, sucht' ich den Weg nach Rom.
Ein Engel hatte, ach! der Sünde Stolz
dem Übermütigen entwunden: -
für ihn wollt' ich in Demut büssen,
das Heil erflehn, das mir verneint,
um ihm die Träne zu versüssen,
die er mir Sünder einst geweint! -
Wie neben mir der schwerstbedrückte Pilger
die Strasse wallt', erschien mir allzuleicht: -
betrat sein Fuss den weichen Grund der Wiesen,
der nackten Sohle sucht' ich Dorn und Stein;
liess Labung er am Quell den Mund geniessen,
sog ich der Sonne heisses Glühen ein; -
wenn fromm zum Himmel er Gebete schickte,
vergoss mein Blut ich zu des Höchsten Preis; -
als das Hospiz die Wanderer erquickte,
die Glieder bettet' ich in Schnee und Eis: -
verschlossnen Aug's, ihr Wunder nicht zu schauen,
durchzog ich blind Italiens holde Auen: -
ich tat's, - denn in Zerknirschung wollt' ich büssen,
um meines Engels Tränen zu versüssen! - -
Nach Rom gelangt' ich so zur heil'gen Stelle,
lag betend auf des Heiligtumes Schwelle; -
der Tag brach an: - da läuteten die Glocken,
hernieder tönten himmlische Gesänge;
da jauchzt' es auf in brünstigem Frohlocken,
denn Gnad' und Heil verhiessen sie der Menge.
Da sah ich ihn, durch den sich Gott verkündigt,
vor ihm all Volk im Staub sich niederliess;
und Tausenden er Gnade gab, entsündigt
er Tausende sich froh erheben hiess. -
Da naht' auch ich; das Haupt gebeugt zur Erde,
klagt' ich mich an mit jammernder Gebärde
der bösen Lust, die meine Sinn' empfanden,
des Sehnens, das kein Büssen noch gekühlt;
und um Erlösung aus den heissen Banden
rief ich ihn an, von wildem Schmerz durchwühlt. -
Und er, den so ich bat, hub an: -
«Hast du so böse Lust geteilt,
dich an der Hölle Glut entflammt,
hast du im Venusberg geweilt:
so bist nun ewig du verdammt!
Wie dieser Stab in meiner Hand
nie mehr sich schmückt mit frischem Grün,
kann aus der Hölle heissem Brand
Erlösung nimmer dir erblühn!» - -
Da sank ich in Vernichtung dumpf darnieder,
die Sinne schwanden mir. - Als ich erwacht,
auf ödem Platze lagerte die Nacht, -
von fern her tönten frohe Gnadenlieder. -
Da ekelte mich der holde Sang, -
von der Verheissung lügnerischem Klang,
der eiseskalt mir durch die Seele schnitt,
trieb Grausen mich hinweg mit wildem Schritt. -
Dahin zog's mich, wo ich der Wonn' und Lust
so viel genoss an ihrer warmen Brust! -
Zu dir, Frau Venus, kehr' ich wieder,
in deiner Zauber holde Nacht;
zu deinem Hof steig' ich darnieder,
wo nun dein Reiz mir ewig lacht!

[WOLFRAM
Halt ein! Halt ein, Unseliger!]

TANNHÄUSER
Ach, lass mich nicht vergebens suchen, -
wie leicht fand ich doch einstens dich!
Du hörst, dass mir die Menschen fluchen, -
nun, süsse Göttin, leite mich!

Ansuz
30.12.2019, 21:02
D i c h t e n ist ...

(Fassung 1)

Dichten ist: Unbrauchbares
anbaun, wo alles wüst;
glauben, der Heiland war es,
der dich am Zaun gegrüßt.

Sterne falln in die Stuben,
mieten sich ein in der Brust;
Frühlinge, die wir begruben,
blühen auf als August.

Dichten ist: Ungeschehnem
nachgehn am Erdbeerrain,
treu einem Niegesehnen
oder untröstlich sein.

Alles, was unvereinlich,
feiert Hochzeit im Lied.
Leblos und unwahrscheinlich
wird, was im Leben geschieht.

Dichten ist: w i s s e n: keiner
braucht deinen Ruf und Reim.
Dichten ist g l a u b e n: einer
trägt sie doch mit sich heim.


D i c h t e n ist...

(Fassung 2)

Dichten ist Sichten
was hinter Geschicken geschah,
lange vor Weltenaufgang,
lange vor Ithaka.
Schwermut wiegt schwer auf der Waage
schwankenden Gleichgewichts
Da hilft keine süße Praline,
keine blendend weiße Gardine,
kein Schlager im Rundfunk,
nichts.
Nur,
nur die papierdünne Knospe
zukünftigen Gedichts.
Lerne daraus: in Sirenen
Sinn der Verwandlung sehn,
Versuchung und Odysseen
ohne Wachs im Gehörgang bestehn.

Gertrud von den Brincken

MorganLeFay
31.12.2019, 00:14
Theodor Fontane (1819 - 1898)
Die Brück' am Tay

When shall we three meet again (Shakespeare: Macbeth)

»Wann treffen wir drei wieder zusamm'?«
»Um die siebente Stund', am Brückendamm.«
»Am Mittelpfeiler.« »Ich lösche die Flamm'.«
»Ich mit.«
»Ich komme vom Norden her.«
»Und ich von Süden.«
»Und ich vom Meer.«
»Hei, das gibt ein Ringelreihn,
Und die Brücke muß in den Grund hinein.«
»Und der Zug, der in die Brücke tritt
Um die siebente Stund'?«
»Ei der muß mit.«
»Muß mit.«
»Tand, Tand,
Ist das Gebilde von Menschenhand.«

Auf der Norderseite, das Brückenhaus -
Alle Fenster sehen nach Süden aus,
Und die Brücknersleut', ohne Rast und Ruh
Und in Bangen sehen nach Süden zu,
Sehen und warten, ob nicht ein Licht
Übers Wasser hin »ich komme« spricht,
»Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,
Ich, der Edinburger Zug.«

Und der Brückner jetzt: »Ich seh einen Schein
Am anderen Ufer. Das muß er sein.
Nun Mutter, weg mit dem bangen Traum,
Unser Johnie kommt und will seinen Baum,
Und was noch am Baume von Lichtern ist,
Zünd' alles an wie zum heiligen Christ,
Der will heuer zweimal mit uns sein, -
Und in elf Minuten ist er herein.«

Und es war der Zug. Am Süderturm
Keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm,
Und Johnie spricht: »Die Brücke noch!
Aber was tut es, wir zwingen es doch.
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
Die bleiben Sieger in solchem Kampf,
Und wie's auch rast und ringt und rennt,
Wir kriegen es unter: das Element.«

»Und unser Stolz ist unsre Brück';
Ich lache, denk ich an früher zurück,
An all den Jammer und all die Not
Mit dem elend alten Schifferboot;
Wie manche liebe Christfestnacht
Hab ich im Fährhaus zugebracht,
Und sah unsrer Fenster lichten Schein,
Und zählte, und konnte nicht drüben sein.«

Auf der Norderseite, das Brückenhaus -
Alle Fenster sehen nach Süden aus,
Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh
Und in Bangen sehen nach Süden zu;
Denn wütender wurde der Winde Spiel,
Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel',
Erglüht es in niederschießender Pracht
Überm Wasser unten ... Und wieder ist Nacht.

»Wann treffen wir drei wieder zusamm'?«
»Um Mitternacht, am Bergeskamm.«
»Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.«
»Ich komme.« »Ich mit.«
»Ich nenn euch die Zahl.«
»Und ich die Namen.«
»Und ich die Qual.«
»Hei! Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.«
»Tand, Tand,
Ist das Gebilde von Menschenhand.«

——————

Tatsächlich stand und steht das Brückenhaus am Südufer.

DUNCAN
31.12.2019, 00:25
Oh Mädchen, Du hast so schöne Beine,
wie ich sie sah noch keine
und ich bedaure fast,
dass du nur zweie davon hast.

Schrottkiste
31.12.2019, 00:29
"Wilhelmus van Nassouwe
Ben ick van Duytschen bloet
Den Vaderlant getrouwe
Blyf ick tot in den doet:
Een Prince van Oraengien
Ben ick vrij onverveert,
Den Coninck van Hispaengien
Heb ick altijt gheeert.

Wilhelmus von Nassawe
bin ich von teutschem blut,
dem vaterland getrawe,
bleib ich bis in den todt,
Ein printze von Uranien
bin ich frey un[v]erfehrt,[10]
den könig von Hispanien
hab ich allzeit geehrt.

Wilhelmus van Nassouwe
ben ik, van Duitsen bloed,
den vaderland getrouwe
blijf ik tot in den dood.
Een Prinse van Oranje
ben ik, vrij onverveerd,
den Koning van Hispanje
heb ik altijd geëerd"

Ansuz
05.01.2020, 12:38
Hermann Löns

Es schlägt ein fremder Fink im Land,
radibimmel, radibammel, radibumm.
Die Luft, die riecht wie angebrannt,
der Tilly, der zieht um.
Es klingt so fein, radibimm, bumm, bamm,
in majorem dei gloriam,
die Pfeife und die Trumm.

Die Rose blüht, der Dorn der sticht,
das steht in jedem Krug.
Wer gleich bezahlt, vergißt es nicht,
des Zögerns ist genug.
Die Lutherschen die müssen dran
mit Haus und Hof, mit Maus und Mann,
denselben gilt der Zug.

Der Wind der weht, der Hahn der kräht,
die rote Flamme loht.
Der Tod uns treu zur Seite steht
und auch die schwere Not.
Ein falsches Wort geht um im Land,
so mancher, welcher zu ihm stand,
den fraß der bittre Tod.

Der Tilly ist von Leibe klein,
sein Schwert ist meilenlang;
und wenn es blitzt, dann schlägt es ein,
dann setzt es Brand und Stank.
Hinunter muß die Lügenbrut!
Was einer gegen diese tut,
der Herrgott weißt ihm Dank.

Das Liedlein ist zu End gebracht,
und ders gesungen hat,
der hat der Beute viel gemacht
und trank am Wein sich satt.
Er nennt sich Tönnes Tielemann
und steckte dreißig Dörfer an,
des wurde er nicht matt.

Smultronstället II.
05.01.2020, 16:51
https://www.youtube.com/watch?v=7npos3ZSino

Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht,
dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht.
Aber die Worte, eh jeder beginnt,
diese wolkigen Worte, sind:
Von deinen Sinnen hinausgesandt,
geh bis an deiner Sehnsucht Rand;
gieb mir Gewand.

Hinter den Dingen wachse als Brand,
dass ihre Schatten, ausgespannt,
immer mich ganz bedecken.

Lass dir Alles geschehn: Schönheit und Schrecken.
Man muss nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste.
Lass dich von mir nicht trennen.
Nah ist das Land,
das sie das Leben nennen.

Du wirst es erkennen
an seinem Ernste.

Gieb mir die Hand.

- Rilke, Das Stunden-Buch, I:59

---

"Lass dir Alles geschehen, Schönheit und Schrecken, man muss nur gehen, kein Gefühl ist für immer."
Irgendwie wirklich wie der Geist der religiösen Meditation, den Rilke da perfekt in Worte fasst.

Sjard
07.04.2020, 18:19
Abseits

Es ist so still; die Heide liegt
im warmen Mittagsssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühen; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft

Laufkäfer hasten durchs Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen,
Die Vögel schwirren aus dem Kraut -
Die Luft ist voller Lerchenlaut.

Ein halbverfallen, niedrig Haus
Steht einsam hier und sonnenbeschienen,
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen;
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.

Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten;
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
- Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.

Theodor Storm ( 1817 - 1888 )

Ansuz
11.04.2020, 22:20
So ziehn wir unter fremder Fahne - Serving under foreign flags (song of the 'Iron Division') - https://www.youtube.com/watch?v=tIt78GF7rec

So ziehn wir unter fremder Fahne ins weite, weite Land daher,
wir kämpfen unter Russenfahnen,
wir sind die Deutsche Legion.

Wir haben hinter uns gelassen, was andern dünket wert und gut.
Wir können lieben - und auch hassen aus
eignem Stolz und eignem Mut.

Das Vaterland hat uns verstoßen, wir stehn in Feind's Gewalt und Macht,
wir sind getrennt von seinen Losen
und ziehn in unbekannte Schlacht.

Drum, Brüder, schließet dicht die Reihen, und hat die Heimat uns verbannt,
wir Baltikumer sind die Freien,
wenn Deutschland wankt, wir halten stand!

Wir sind die "Eisernen Soldaten" und stehn in Ost in Waff' und Wehr,
wir halten hoch drum unsre Taten,
das alte Deutschland und sein Heer.

Kaktus
12.04.2020, 06:35
Krümelhase
(©Anita Menger 2009)

Opa Hase, Mama Hase
selbst der kleine Krümelhase
malen bunt die Eier an.
Papa Hase schaut derweil
hier und dort in aller Eil´
wo man sie verstecken kann.

Ostersonntag in der Frühe
Krümelhase gibt sich Mühe -
Eier sind bald gut versteckt.
Unter diesem großen Busch
und schnell weiter - husch, husch, husch,
dass man ihn nur nicht entdeckt.

Hinter Hecken unter Buchen
Kinder ihre Nester suchen -
Krümelhas´ die Ohren spitzt.
Frohes Lachen und Geschrei
„Hier ist noch ein Osterei!“ -
Krümelhäschen lacht verschmitzt.
https://www.gedichtemeile.de/ostergedichte.htm


Frohe Ostern!

Ansuz
13.05.2020, 19:52
Deutsches Herz verzage nicht

Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
dieser Strahl des Himmelslichts
tue recht und fürchte nichts.


Baue nicht auf bunten Schein
Lug und Trug ist dir zu fein,
schlecht gerät dir List und Kunst
Freiheit wird dir eitel Dunst.


Doch die Treue ehrenfest
und die Liebe, die nicht lässt,
Einfalt, Demut, Redlichkeit
stehn dir wohl, du Sohn vom Teut!


Laß den Welschen Heuchelei
du sei redlich, fromm und frei
laß den Welschen Sklavenzier
schlichte Treue sein mit dir


Wohl steht dir das grade Wort
wohl der Speer, der gerade bohrt,
wohl das Schwert, das offen sticht
und von vorn die Brust durchsticht.


Deutsche Freiheit, deutscher Gott
deutscher Glaube ohne Spott,
deutsches Herz und deutscher Stahl
sind vier Helden allzumal.


Diese stehn wie Felsenburg
diese fechten alles durch,
diese halten tapfer aus
in Gefahr und Todesbraus.


Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
redlich folge seiner Spur
redlich hält es seinen Schwur.

Ernst Moritz Arndt, 1813

Kaktus
17.05.2020, 07:36
Schön im eigentlichen Sinne ist das Gedicht nicht, aber es paßt auch ausgezeichnet auf die heutige Zeit:

Deutsche Verzweiflung

In Angst und bürgerlichem Leben
wurde nie eine Kette gesprengt.
Hier muß man schon mehr geben,
die Freiheit wird nicht geschenkt.

Es sind die glücklichen Sklaven
der Freiheit größter Feind,
drum sollt ihr Unglück haben
und spüren jedes Leid.

Nicht Mord, noch Brand, noch Kerker,
Noch Standrecht obendrein,
Es muß noch kommen stärker,
Wenn's soll von Wirkung sein.

Zu Bettlern sollt ihr werden,
Verhungern allesamt.
Zu Mühen und Beschwerden
Verflucht sein und verdammt.

Euch soll das bißchen Leben
So gründlich sein verhaßt,
Daß ihr es weg wollt geben
Wie eine schwere Last.

Dann, dann vielleicht erwacht doch
In euch ein neuer Geist,
Ein Geist, der über Nacht noch
Euch hin zur Freiheit reißt!

Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 - 1874)

Merkelraute
17.05.2020, 08:08
Deutsches Herz verzage nicht

Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
dieser Strahl des Himmelslichts
tue recht und fürchte nichts.


Baue nicht auf bunten Schein
Lug und Trug ist dir zu fein,
schlecht gerät dir List und Kunst
Freiheit wird dir eitel Dunst.


Doch die Treue ehrenfest
und die Liebe, die nicht lässt,
Einfalt, Demut, Redlichkeit
stehn dir wohl, du Sohn vom Teut!


Laß den Welschen Heuchelei
du sei redlich, fromm und frei
laß den Welschen Sklavenzier
schlichte Treue sein mit dir


Wohl steht dir das grade Wort
wohl der Speer, der gerade bohrt,
wohl das Schwert, das offen sticht
und von vorn die Brust durchsticht.


Deutsche Freiheit, deutscher Gott
deutscher Glaube ohne Spott,
deutsches Herz und deutscher Stahl
sind vier Helden allzumal.


Diese stehn wie Felsenburg
diese fechten alles durch,
diese halten tapfer aus
in Gefahr und Todesbraus.


Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
redlich folge seiner Spur
redlich hält es seinen Schwur.

Ernst Moritz Arndt, 1813

Das ist mal ein Gedicht ! Sehr gut ! Danke.:appl:

ABAS
17.05.2020, 08:17
Schoene Wiege meiner Leiden

Schoene Wiege meiner Leiden,
Schoenes Grabmal meiner Ruh,
Schoene Stadt, wir muessen scheiden, -
Lebe wohl! ruf ich dir zu.

Lebe wohl, du heilge Schwelle,
Wo da wandelt Liebchen traut;
Lebe wohl! du heilge Stelle,
Wo ich sie zuerst geschaut.

Haett ich dich doch nie gesehen,
Schoene Herzenskoenigin!
Nimmer war es dann geschehen,
Dass ich jetzt so elend bin.

Nie wollt ich dein Herze ruehren,
Liebe hab ich nie erfleht;
Nur ein stilles Leben fuehren
Wollt ich, wo dein Odem weht.

Doch du draengst mich selbst von hinnen,
Bittre Worte spricht dein Mund;
Wahnsinn wuehlt in meinen Sinnen,
Und mein Herz ist krank und wund.

Und die Glieder matt und traege
Schlepp ich fort am Wanderstab,
Bis mein muedes Haupt ich lege
Ferne in ein kuehles Grab.

(Heinrich Heine)

ABAS
17.05.2020, 08:22
Den Pessimisten

Solang uns Liebe lockt mit Lust und Plagen,
Solang Begeistrung wechselt und Verzagen,
Solange wird auf Erden nicht die Zeit,
Die schreckliche, die dichterlose tagen:
Solang in tausend Formen Schoenheit blueht,
Schlaegt auch ein Herz, zu singen und zu sagen,
Solang das Leid, das ew'ge, uns umflicht,
Solange werden wir's in Toenen klagen,
Und es erlischt erst dann der letzte Traum,
Wenn er das letzte Herz zu Gott getragen!

(Hugo von Hofmannsthal)

ABAS
17.05.2020, 08:26
Verschiedenes Mass

"Sieh dort", so sprach der Optimist,
In goldner Fruehlingssonne Blitzen
Auf einem Haeufchen Pferdemist
In Eintracht sieben Spatzen sitzen.
Wie reich ist doch der Schoepfungsplan,
Und alles muss zum Besten taugen;
Was hier ein Grosser abgetan,
Das koennen sieben Kleine brauchen!

"Sieh dort hin", sprach der Pessimist,
Und fass solch Bild dir in Gedanken.
Wie sich um dreckigen Pferdemist
Die sieben ruppigen Voegel zanken.
Das ist des Lebens grosser Zug,
Von einem bis zum andern Ende;
Nichts ist bei uns gemein genug,
Das nicht noch sieben Fresser faende!

(Rudolf Presber)

Ansuz
02.06.2020, 17:34
Friedrich von Schiller
Reiterlied

Wohl auf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd!
Ins Feld, in die Freiheit gezogen.
Im Felde, da ist der Mann noch was wert,
Da wird das Herz noch gewogen.
Da tritt kein anderer für ihn ein,
Auf sich selber steht er da ganz allein.

Aus der Welt die Freiheit verschwunden ist,
Man sieht nur Herren und Knechte,
Die Falschheit herrschet, die Hinterlist,
Bei dem feigen Menschengeschlechte,
Der dem Tod ins Angesicht schauen kann,
Der Soldat allein, ist der freie Mann.

Des Lebens Ängsten, er wirft sie weg,
Hat nicht mehr zu fürchten, zu sorgen,
Er reitet dem Schicksal entgegen keck,
Triffts heute nicht, trifft es doch morgen,
Und trifft es morgen, so lasset uns heut
Noch schlürfen die Neige der köstlichen Zeit.

Von dem Himmel fällt ihm sein lustig Los,
Brauchts nicht mit Müh zu erstreben,
Der Fröner, der sucht in der Erde Schoß,
Da meint er den Schatz zu erheben,
Er gräbt und schaufelt, solang er lebt,
Und gräbt, bis er endlich sein Grab sich gräbt.

Der Reiter und sein geschwindes Roß,
Sie sind gefürchtete Gäste;
Es flimmern die Lampen im Hochzeitschloß,
Ungeladen kommt er zum Feste.
Er wirbt nicht lange, er zeiget nicht Gold,
Im Sturm erringt er den Minnesold.

Warum weint die Dirn und zergrämt sich schier?
Laß fahren dahin, laß fahren!
Er hat auf Erden kein bleibend Quartier,
Kann treue Lieb nicht bewahren.
Das rasche Schicksal, es treibt ihn fort,
Seine Ruhe läßt er an keinem Ort.

Drum frisch, Kameraden, den Rappen gezäumt,
Die Brust im Gefechte gelüftet!
Die Jugend brauset, das Leben schäumt,
Frisch auf ! eh der Geist noch verdüftet!
Und setzet ihr nicht das Leben ein,
Nie wird euch das Leben gewonnen sein.

Krabat
22.06.2020, 13:54
St.-Peters-Friedhof

Ringsum ist Felseneinsamkeit.
Des Todes bleiche Blumen schauern
auf Gräbern, die im Dunkel trauern -
doch diese Trauer hat kein Leid.

Der Himmel lächelt still herab
in diesen traumverschlossenen Garten,
wo stille Pilger seiner warten.
Es wacht das Kreuz auf jedem Grab.

Die Kirche ragt wie ein Gebet
vor einem Bilde ewiger Gnaden,
manch Licht brennt unter den Arkaden,
das stumm für arme Seelen fleht -

indes die Bäume blüh’n zur Nacht,
daß sich des Todes Antlitz hülle
in ihrer Schönheit schimmernde Fülle,
die Tote tiefer träumen macht.

Der Irre Trakl

ABAS
14.01.2021, 08:48
Der Untertan

Des Deutschen Seele ist devot,
seit Friedrich grosser Kaiser war,
der Spiesser frisst sein Gnadenbrot,
so geht es weiter Jahr fuer Jahr.

Des Deutschen Seele muckt nicht auf,
sie ist des Staates Untertan,
so zahlt sie regelmaessig drauf,
wie alle es bisher getan.

Des Deutschen Seele spielt das Spiel,
das man geheim Verdummung nennt,
die Deutsche Bank erreicht ihr Ziel,
weil niemand die Betrueger kennt.

Der Deutsche kennt kein Vaterland,
das faellt ihm nur beim Fußball ein,
gehorsam, biegsam, penetrant
will er als Untertan stets sein.

Die Deutschen sind den Affen gleich,
kein Aug, kein Ohr und keinen Mund,
so machen sie die Reichen reich,
das ist auf Dauer ungesund.

Der Deutsche ist ein Hasenfuss,
er haelt die zweite Wange hin,
vom Anfang bis zum letzten Gruss,
gehorsam ist sein Lebenssinn.

(Ein Gedicht von Roland Poellnitz / 2013)

Ansuz
05.02.2021, 23:26
Das paßt nicht so wirklich in diesen Strang, da es sich nicht um ein Gedicht, sondern um den Text einer schönen Weise handelt.

Doch sei es drum:

Hario ritt

Mondruhe streckte die ganze Welt,
Nur einer begann sich zu regen.
Der Nachtwolf pirschte zum Sternenzelt,
Den hellen Glanz zu erlegen.

Horch, Hario ritt, er ritt – Hario, Hario ritt.
Horch, Hario ritt, er ritt – Himmelwärts er ritt.

Hario sah es, der Menschenheld,
Er sahs und flog ohne Wägen
Aufs Pferd und dieses hinaus ins Feld,
Dem Mond und dem Argen entgegen.

Stürmend erreicht‘ er vom Lande den Rand,
Den gläsernen Berg zu bezwingen.
Der Sternenbaum ließ ihn hinauf, den er fand,
Da zu Grauwolf ja wollte er dringen.

Schon Mondlicht weit von der Erde verschwand,
Der Vogelsang musste verklingen.
Hario hob da die schwertstarke Hand,
Um Mondesschicksal zu ringen.

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=rTuWDnoWO7Q

Kaktus
06.02.2021, 00:19
Mondnacht
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Joseph v. Eichendorff

wolleDD
06.02.2021, 01:58
Der Untertan

Des Deutschen Seele ist devot,
seit Friedrich grosser Kaiser war,
der Spiesser frisst sein Gnadenbrot,
so geht es weiter Jahr fuer Jahr.

Des Deutschen Seele muckt nicht auf,
sie ist des Staates Untertan,
so zahlt sie regelmaessig drauf,
wie alle es bisher getan.

Des Deutschen Seele spielt das Spiel,
das man geheim Verdummung nennt,
die Deutsche Bank erreicht ihr Ziel,
weil niemand die Betrueger kennt.

Der Deutsche kennt kein Vaterland,
das faellt ihm nur beim Fußball ein,
gehorsam, biegsam, penetrant
will er als Untertan stets sein.

Die Deutschen sind den Affen gleich,
kein Aug, kein Ohr und keinen Mund,
so machen sie die Reichen reich,
das ist auf Dauer ungesund.

Der Deutsche ist ein Hasenfuss,
er haelt die zweite Wange hin,
vom Anfang bis zum letzten Gruss,
gehorsam ist sein Lebenssinn.

(Ein Gedicht von Roland Poellnitz / 2013)

Da hasste mal was richtig feines geschrieben.

Gefällt mir.
Wolle.

NB.
Das muss man ja erstmal finden. Danke.

ABAS
06.02.2021, 08:59
Ehre der Arbeit

Wer den wucht´gen Hammer schwingt,
Wer im Felde maeht die Aehren,
Wer ins Mark der Erde dringt,
Weib und Kinder zu ernaehren,
Wer stroman den Nachen zieht,
Wer bei Woll und Werg und Flachse
Hinterm Webestuhl sich mueht
Dass sein blonder Junge wachse:

Jedem Ehre, jedem Preis!
Ehre jeder Hand voll Schwielen!
Ehre jedem Tropfen Schweiss,
Der in Huetten faellt und Muehlen!
Ehre jeder nassen Stirn
Hinterm Pfluge! – doch auch dessen,
Der mit Schaedel und mit Hirn
Hungernd pfluegt, sei nicht vergessen!

(Ferdinand Freiligrath)

Ansuz
10.02.2021, 21:48
https://www.politikforen.net/data:image/svg+xml,%3Csvg%20xmlns=%22http://www.w3.org/2000/svg%22%20viewBox=%220%200%20210%20140%22%3E%3C/svg%3E (http://www.amazon.de/s/?_encoding=UTF8&camp=1638&creative=6742&keywords=Was%20ist%20des%20Deutschen%20Vaterland&linkCode=ur2&site-redirect=de&tag=chansoundkind-21&url=search-alias%3Daps)"Was ist des Deutschen Vaterland"

Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist´s Preussenland, ist´s Schwabenland?
Ist´s, wo am Rhein die Rebe blüht?
Ist´s, wo am Belt die Möwe zieht?
O nein! nein! nein!
Sein Vaterland muss grösser sein!

Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist’s Bayerland, ist’s Steierland?
Ist’s, wo des Marsen Rind sich streckt?
Ist’s, wo der Märker Eisen reckt?
O nein! nein! nein!
Sein Vaterland muss grösser sein!

Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist’s Pommerland, Westfalenland?
Ist’s, wo der Sand der Dünen weht?
Ist’s, wo die Donau brausend geht?
O nein! nein! nein!
Sein Vaterland muss grösser sein!

Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das grosse Land.
Ist’s Land der Schweizer, ist’s Tirol?
Das Land und Volk gefiel mir wohl
doch nein! nein! nein!
Sein Vaterland muss grösser sein!

Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das grosse Land.
Gewiss, es ist das Österreich
an Ehren und an Siegen reich?
O nein! nein! nein!
Sein Vaterland muss grösser sein!

Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne endlich mir das Land!
So weit die deutsche Zunge klingt
und Gott im Himmel Lieder singt,
das soll es sein!
das, wackrer Deutscher, nenne dein!
das nenne dein!

Das ist des Deutschen Vaterland
wo Eide schwört der Druck der Hand,
wo Treue hell vom Auge blitzt
und Liebe warm im Herzen sitzt.
das soll es sein!
das, wackrer Deutscher, nenne dein!
das nenne dein!

Was ist des Deutschen Vaterland
wo Zorn vertilgt den welschen Tand
wo jeder Frevler heißet Feind
wo jeder Edle heißet Freund
Das soll es sein, das soll es sein
das ganze Deutschland soll es sein

Das ganze Deutschland soll es sein!
O Gott vom Himmel, sieh darein!
Und gib uns rechten deutschen Mut
dass wir es lieben treu und gut!
Das soll es sein!
Das soll es sein!
Das ganze Deutschland soll es sein!


Text: Ernst Moritz Arndt (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/arndt/) – 1813 – Zuerst gedruckt in “ Deutsche Wehrlieder für das Königl. Preuß. Frei-Corps “ 1. Sammlung, Ostern 1813. (mit einer Vorrede von Friedrich Ludwig Jahn (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/friedrich-ludwig-jahn/) ) , dann in “ Lieder für Teutsche von E. M. Arndt Im Jahr der Freiheit 1813 “ ( Leipzig 1813 ) .
Musik: Johannes Cotta (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/cotta/) (1815), eine weitere, weniger populäre Vertonung von G. Reichardt (https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/reichardt/) (1825) – siehe zweite Melodie
zur Entstehung und zum Hintergrund (https://de.wikipedia.org/wiki/Des_Deutschen_Vaterland) dieses Liedes

Ansuz
12.05.2021, 19:21
Theodor Körner, Schwertlied.


(Wenige Stunden vor dem Tode des Verfassers gedichtet)



Das Schwert an meiner Linken,
Was soll dein heitres Blinken?
Schaust mich so freundlich an.
Hab' meine Freude dran.
Hurra!Bei dem »Hurra« wird mit den Schwertern geklirrt. »Mich trägt ein wackrer Reiter;
Drum blink' ich auch so heiter;
Bin freien Mannes Wehr;
Das freut dem Schwerte sehr.«
Hurra!
Ja, gutes Schwert, frei bin ich
Und liebe dich herzinnig,
Als wärst du mir getraut
Als eine liebe Braut.
Hurra!
»Dir hab' ich's ja ergeben,
Mein lichtes Eisenleben.
Ach wären wir getraut!
Wann holst du deine Braut?«
Hurra!
Zur Brautnachts-Morgenröte
Ruft festlich die Trompete;
Wenn die Kanonen schrein,
Hol' ich das Liebchen ein.
Hurra!
»O seliges Umfangen!
Ich harre mit Verlangen.
Du Bräut'gam, hole mich!
Mein Kränzchen bleibt für dich.«
Hurra!
Was klirrst du in der Scheide,
Du helle Eisenfreude,
So wild, so schlachtenfroh?
Mein Schwert, was klirrst du so?
Hurra!
»Wohl klirr' ich in der Scheide;
Ich sehne mich zum Streite,
Recht wild und schlachtenfroh.
Drum, Reiter, klirr' ich so.«
Hurra!
Bleib doch im engen Stübchen!
Was willst du hier, mein Liebchen?
Bleib still im Kämmerlein!
Bleib! bald hol' ich dich ein.
Hurra!
»Laß mich nicht lange warten!
O schöner Liebesgarten,
Voll Röslein blutigrot
Und aufgeblühtem Tod!«
Hurra!
So komm denn aus der Scheide,
Du Reiters Augenweide!
Heraus, mein Schwert, heraus!
Führ' dich ins Vaterhaus.
Hurra!
»Ach, herrlich ist's im Freien,
Im rüst'gen Hochzeitreihen!
Wie glänzt im Sonnenstrahl
So bräutlich hell der Stahl!«
Hurra!
Wohlauf, ihr kecken Streiter,
Wohlauf, ihr deutschen Reiter!
Wird euch das Herz nicht warm?
Nehmt's Liebchen in den Arm!
Hurra!
Erst tat es an der Linken
Nur ganz verstohlen blinken;
Doch an die Rechte traut
Gott sichtbarlich die Braut.
Hurra!
Drum drückt den liebeheißen,
Bräutlichen Mund von Eisen
An eure Lippen fest!
Fluch, wer die Braut verläßt!
Hurra!
Nun laßt das Liebchen singen,
Daß helle Funken springen!
Der Hochzeitmorgen graut.
Hurra, du Eisenbraut!
Hurra!


https://www.projekt-gutenberg.org/koerner/leier/leier36.html

twoxego
12.05.2021, 20:56
https://i2.wp.com/www.libica.org/salon/wp-content/uploads/2012/08/fisches-nachtgesang.jpg

Christian Morgenstern

Hank Rearden
12.05.2021, 21:08
Christian Morgenstern - Palmström
Palmström, etwas schon an Jahren,
wird an einer Straßenbeuge
und von einem Kraftfahrzeuge
überfahren.

»Wie war» (spricht er, sich erhebend
und entschlossen weiterlebend)
»möglich, wie dies Unglück, ja -:
daß es überhaupt geschah?

Ist die Staatskunst anzuklagen
in bezug auf Kraftfahrwagen?
Gab die Polizeivorschrift
hier dem Fahrer freie Trift?

Oder war vielmehr verboten,
hier Lebendige zu Toten
umzuwandeln, - kurz und schlicht:
Durfte hier der Kutscher nicht -?»

Eingehüllt in feuchte Tücher,
prüft er die Gesetzesbücher
und ist alsobald im klaren:
Wagen durften dort nicht fahren!

Und er kommt zu dem Ergebnis:
»Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil», so schließt er messerscharf,
»nicht sein kann, was nicht sein darf.»

Quasi das Gedicht der Öko-Sozialisten! :haha:

twoxego
28.05.2021, 13:04
Der Werwolf


Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind, und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: Bitte, beuge mich!

Der Dorfschulmeister stieg hinauf
auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:

"Der Werwolf", - sprach der gute Mann,
"des Weswolfs"- Genitiv sodann,
"dem Wemwolf" - Dativ, wie man's nennt,
"den Wenwolf" - damit hat's ein End.

Dem Werwolf schmeichelten die Fälle,
er rollte seine Augenbälle.
Indessen, bat er, füge doch
zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!

Der Dorfschulmeister aber musste
gestehn, dass er von ihr nichts wusste.
Zwar Wölfe gäb's in großer Schar,
doch "Wer" gäb's nur im Singular.

Der Wolf erhob sich tränenblind -
er hatte ja doch Weib und Kind!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.

(Christian Morgenstern 1905)

Sjard
19.06.2021, 13:18
Germania 2007

Goethe und Kästner gewidmet


Kennst du das Land wo die Kanonen blühn,
Mit denen "gute" Menschen "rechte" Spatzen jagen,
Korrektheitsobsessionen wilde Kreise ziehn,
Und Hunderttausende nicht ihre Meinung sagen ?

Wo innerhalb von Tagen, wenn nicht Stunden
Geschasst wird, wer den Mainstream ignoriert,
Gehetzt von allen medialen Hunden,
Von Zeitung, Funk und Fernsehen exmittiert.

Dort steh´n Verfassungsschützer, stolzgebläht vor Macht,
Im Zentrum der politischen Intrigen,
Um in heroischer Gesinnungsschlacht,
den "Nazi" täglich mehrmals zu besiegen.

Wenn dort ein Netzwerkprofi etwas will -
Und es ist Lobby-Pflicht, stets mancherlei zu wollen -,
Steht der Verstand erst stramm und zweitens still.
" Die Augen rechts" heisst es mit Donnergrollen.

So schnüffeln sie, wo immer sich was find´t,
Was Habermas, " Zeit" oder "Spiegel" rügen.
Für linke Täter sind sie maulwurfsblind,
Die dürfen jederzeit historisch lügen.

Kennst du das Land ? Es könnte glücklich sein,
Nachdem wir sechs Jahrzehnte schon in Frieden leben.
Wir müssten wahrlich nicht uns ständig selbst kastei´n,
Und vor bigotter Schuldvermarktung beben.

Und wo Gesellschaftskrisen in Krawalle münden,
Wär's gut, sie als von heute anzugeh´n,
Statt bei den Therapien oder Gründen
In allem nur die Hitler-Zeit zu seh´n.

Selbst klares Denken zeigt sich dann und wann.
Und wahres Heldentum. Doch nicht bei vielen.
Dort steckt ein Inquisitor fast in jedem Mann
Und jeder Frau, die gerne Schicksal spielen.

Kennst du das Land, wo die Zensoren blühn ?
Du kennst es nicht ? Du solltest es doch kennen.
Wo täglich hundertfach sie vor Gerichte zieh´n,
Wenn man an dem Kritik übt, was sie Wahrheit nennen.

Wo Antifas mit Medienhysterien
Aus jeder "rechten" Mücke Elefanten machen,
Wo landweit nationale Masochismen blüh´n,
Wär's nicht zum speien, wäre es zum Lachen.

Dort reift die Freiheit nicht. Dort bleibt sie grün.
Was man auch sinnt - es werden Denkverbote.
Kennst du das Land und seine Kampfdoktrin ?
Ein Traumland nur für geistig Mausetote.

​Werner Castellio

twoxego
08.07.2021, 13:08
Der Schutzmann schreibt

Es steht ein Schutzmann am Potsdamer Tor,
Er zieht sein Notizbuch sorgsam hervor,
Die Menge, sie eilt, der Schutzmann bleibt,
Er steht auf dem Platze und schreibt und schreibt.

Was schreibt er so emsig, so eifrig, so schnell?
Die Nummern der Droschken eventuell,
Die nicht genügend lackiert und geschmiert
Und nicht korrekt auf dem Standplatz postiert,
Und abends nicht rechtzeitig illuminiert,
Wohl gar in falschem Tempo geführt,
Die werden, wie sich´s gebührt, notiert.

Zur selbigen Zeit im äußersten Nord,
Begiebt sich ein grauenerregender Mord,
Ein Lüstling – ein Mädchen – etcetera –
Der Frevler entkommt – kein Schutzmann ist da.
Wohl uns, dass er zur nämlichen Frist
An anderer Stelle vorhanden ist,
Allwo er die Ruhe der Bürger beschützt
Und wo sein Schreiben der Ordnung nützt.

Da steht er, der Blaue, der liebe, der gute,
Er schreibt fünf Seiten in der Minute,
Er schreibt, umgeben vom Weltstadtgeschrei,
Er schreibt sich den Bast an den Fingern entzwei,
Er schreibt, er notiert, korrigiert und streicht,
Er schreibt solange der Bleistift reicht,
Und ist der verbraucht, so spitzt sich der Mann
Sofort einen zweiten, noch längeren an,
Er schreibt mit Eifer, er schreibt mit Kraft,
Er schreibt energisch und massenhaft,
Er schreibt an seinem Schreibeberichte,
Er schreibt als schrieb´ er die Weltgeschichte,
Er schreibt sich wildes Fleisch an die Hand,
Er schreibt auf seinen Posten gebannt,
Bis keine Seite mehr übrig bleibt
In seinem Notizbuch,
Er schreibt. Er schreibt!

twoxego
08.07.2021, 13:17
Sie faule, verbummelte Schlampe,



»Sie faule, verbummelte Schlampe,« Sagte der Spiegel zur Lampe.
»Sie altes, schmieriges Scherbenstück,«
Gab die Lampe dem Spiegel zurück.
Der Spiegel in seiner Erbitterung
Bekam einen ganz gewaltigen Sprung.
Der zornigen Lampe verging die Puste.
Sie fauchte, rauchte, schwelte und rußte.
Das Stubenmädchen ließ beide in Ruhe
Und doch: Ihr schob man die Schuld in die Schuhe.

Ringelnatz

BrüggeGent
08.07.2021, 14:46
Der Werwolf


Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind, und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: Bitte, beuge mich!

Der Dorfschulmeister stieg hinauf
auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:

"Der Werwolf", - sprach der gute Mann,
"des Weswolfs"- Genitiv sodann,
"dem Wemwolf" - Dativ, wie man's nennt,
"den Wenwolf" - damit hat's ein End.

Dem Werwolf schmeichelten die Fälle,
er rollte seine Augenbälle.
Indessen, bat er, füge doch
zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!

Der Dorfschulmeister aber musste
gestehn, dass er von ihr nichts wusste.
Zwar Wölfe gäb's in großer Schar,
doch "Wer" gäb's nur im Singular.

Der Wolf erhob sich tränenblind -
er hatte ja doch Weib und Kind!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.

(Christian Morgenstern 1905)


:appl::appl::appl::appl:

Swesda
08.07.2021, 17:56
:appl::appl::appl::appl:

Christian Morgenstern ist einer der ganz großen Spötter der Menschheit. Das Durschlagende an ihm ist, dass er eigentlich viel mehr als ernster Dichter anerkannt sein wollte. Dies blieb ihm sogar noch posthum verwehrt. Das ist ganz schön gemein von der Geschichte. Aber vielleicht war er einfach nur zu witzig. Ich habe meinen Eltern schwere Vorwürfe gemacht, warum sie mich nicht "Christian" getauft hatten. Mein Vater, der Listige erklärte, "Christian gibts nur mit Morgenstern". Das war mir dann doch des Guten zuviel.

"...
Der Zaun indessen stand ganz dumm,
mit Latten ohne was herum.
Ein Anblick gräßlich und gemein.
Drum zog ihn der Senat auch ein.
Der Architekt jedoch entfloh
nach Afri-od- Ameriko."

:appl:

BrüggeGent
08.07.2021, 18:10
Christian Morgenstern ist einer der ganz großen Spötter der Menschheit. Das Durschlagende an ihm ist, dass er eigentlich viel mehr als ernster Dichter anerkannt sein wollte. Dies blieb ihm sogar noch posthum verwehrt. Das ist ganz schön gemein von der Geschichte. Aber vielleicht war er einfach nur zu witzig. Ich habe meinen Eltern schwere Vorwürfe gemacht, warum sie mich nicht "Christian" getauft hatten. Mein Vater, der Listige erklärte, "Christian gibts nur mit Morgenstern". Das war mir dann doch des Guten zuviel.

"...
Der Zaun indessen stand ganz dumm,
mit Latten ohne was herum.
Ein Anblick gräßlich und gemein.
Drum zog ihn der Senat auch ein.
Der Architekt jedoch entfloh
nach Afri-od- Ameriko."

:appl:

Was ist ein Keks unterm Baum im Sommer ?

Ein schattiges Plätzchen .:cool:

Swesda
08.07.2021, 18:14
Der große Herder aus Weimar schrieb mir ein Gedicht direkt ins Herz

Und (https://www.aphorismen.de/gedicht/113317)grämt (https://www.aphorismen.de/gedicht/113317)dich, Edler, noch ein Wort
Der kleinen Neidgesellen?
Der hohe Mond, er leuchtet dort,
Und läßt die Hunde bellen,
Und schweigt und wandelt ruhig fort,
Was Nacht ist, aufzuhellen. (https://www.aphorismen.de/gedicht/113317)

Ansuz
08.07.2021, 21:42
Matthias Claudius

Eine Fabel (https://www.projekt-gutenberg.org/claudius/gedichte/chap006.html)




Vor etwa achtzig, neunzig Jahren,
Vielleicht sinds hundert oder mehr,
Als alle Tiere hin und her
Noch hochgelahrt und aufgekläret waren,
Wie jetzt die Menschen ohngefähr;
– Sie schrieben und lektürten sehr,
Die Widder waren die Skribenten,
Die andern: Leser und Studenten,
Und Zensor war: der Brummelbär.–

Da kam man supplicando ein:
»Es sei unschicklich und sei klein,
Um seine Worte und Gedanken
Erst mit dem Brummelbär zu zanken,
Gedanken müßten zollfrei sein!«
Der Löwe sperrt den Bären ein,
Und tat den Spruch: »Die edle Schreiberei
Sei künftig völlig frank und frei!«


Der schöne Spruch war kaum gesprochen,
So war auch Deich und Damm gebrochen.
Die klügern Widder schwiegen still,
Laut aber wurden Frosch und Krokodil,
Seekälber, Skorpionen, Füchse,
Kreuzspinnen, Paviane, Lüchse,
Kauz, Natter, Fledermaus und Star,
Und Esel mit dem langen Ohr etc. etc.
Die schrieben alle nun, und lieferten Traktate:
Vom Zipperlein und von dem Staate,
Vom Luftballon und vom Altar,
Und wußtens alles auf ein Haar,
Bewiesens alles sonnenklar,
Und rührten durcheinander gar,
Daß es ein Brei und Greuel war.


Der Löwe ging mit sich zu Rate
Und schüttelte den Kopf und sprach:
»Die besseren Gedanken kommen nach;
Ich rechnete, aus angestammtem Triebe,
Auf Edelsinn und Wahrheitliebe –
Sie waren es nicht wert die Sudler, klein und groß;
Macht doch den Bären wieder los!«

dscheipi
09.07.2021, 03:51
so recht von herzen hundsgemein,
das können nur verwandte sein.

kuhno von oyten

herberger
18.09.2021, 10:53
Das ist gelungen, moderne Kunst des 21. Jahrhundert
~ Hände waschen ~⠀

"Hände waschen, Hände waschen muss ein jedes Kind⠀
Hände waschen, Hände waschen bis sie sauber sind⠀
Nun sind die Hände sauber, ja⠀
Doch leider ist kein Handtuch da⠀

Drum müssen wir sie schütteln⠀
Schütteln, schütteln, schütteln⠀
Drum müssen wir sie schütteln⠀
Bis dass sie trocken sind"⠀

herberger
22.10.2021, 18:12
Der Wind bläst,
meine Freundin nicht.
Fertig ist das Herbstgedicht!

herberger
05.12.2021, 11:41
"Vor uns liegt ein glücklich Hoffen,
Liegt der Zukunft goldne Zeit,
Steht ein ganzer Himmel offen,
Blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder,
Frauenhuld und Liebesglück,
Alles Große kommt uns wieder,
Alles Schöne kehrt zurück."
Theodor Körner.

Ansuz
13.12.2021, 18:08
https://oliverdriesen.de/poesie-album/wenn-all-dies-vorbei-ist-2/

Wenn all dies vorbei ist,

wenn wir sämtliche Eskalationsstufen genommen haben, die erst noch vor uns liegen,

wenn kollabiert, was wir heute erst aufsteigen sehen und was uns entweder einverleibt oder verstößt,

wenn zerplatzt, was unser Denken und Reden und Leben enger und enger macht, hohler und lauter, schriller und kälter,

dann werden wir ein anderes Lesen und Schreiben wiederentdecken.

***

Dann werden wir von Neuem lernen, wie sich das anfühlt: Dinge nicht deswegen schreiben, weil sie opportun erscheinen.

Nicht, weil sie Profit versprechen oder Quoten, Likes oder Smiley-Emojis.

Nicht, weil sie dem Zeitgeist schöntun und mit den Wölfen heulen.

Nicht, weil sie einer vermeintlich höheren Moral entspringen, die besserem Wissen und ehrlicher Lebenserfahrung nicht standhielte und gerade deswegen umso verbissener behauptet werden muss.

Nicht, weil sie eine Agenda befördern, eine Autorität stützen, ein Narrativ verfestigen.

Nicht, weil sie die Position ihres Autors im sozialen Kontrollnetz seiner Peers bestätigen und absichern.

Nicht, weil sie Punkte auf der Social Scorecard einer immer obskureren, allumfassenden digitalen Kontrollinstanz bringen.

***

Sondern wir werden Dinge wieder schreiben, weil sie sich wahr anfühlen.

Weil sie nach bestem Wissen und Gewissen die Wirklichkeit am ehrlichsten abbilden.

Weil sie Menschen anregen sollen, statt sie erziehen zu wollen.

Weil sie das Offensichtliche nicht ausblenden und das Gewollte nicht vorspiegeln.

Weil sie den Missbrauchern der Macht widerstehen und die Dunkelheit erhellen.

Weil sie sich der Dummheit in den Weg stellen und sagen: Sieh her, du kannst es wissen. Du musst nicht so bleiben.

Weil sie unbequem sind.Weil sie Fragen aufwerfen, ohne Antworten vorzugeben.

Weil sie – neben all diesen Zwecken – der Schönheit des Wortes huldigen und der Liebe zur Sprache.

***

Und dann, wenn all dies vorbei ist, werden wir wieder lernen, wie das ist: Dinge zu lesen, die nicht falsch und hinterhältig klingen.

Die keinen schalen Beigeschmack nach Propaganda hinterlassen.

Die nicht wirken wie vergiftete Pfeile und verlogene Schwärmerei.

Die nicht das Auge schmerzen durch nachlässige Wortwahl und billige Phrasen, falsche Vergleiche und kurze Gedanken.

Die nicht auf der Schleimspur der gefälligen Lüge daherkriechen.

Die nicht klingen wie computergenerierte Textsimulationen oder Ausgeburten aus dem Satzbaukasten einer künstlichen Marketing-Intelligenz.

***

Sondern die uns weiterlesen lassen wollen um des Lesens willen.

Die uns vom wahren Klang der Welt erzählen, im Großen wie im Kleinen.

Die uns auf Gedankenflüge schicken, statt uns Angst zu machen und in Haft zu halten.

Die aus Worten Universen bauen und uns groß zu träumen wagen lassen.

Die uns in eine stille Zwiesprache versetzen mit Figuren jenseits unseres Horizonts.

Die uns frei machen.

***

Wenn all dies vorbei ist.

Geduld, nur Geduld.

Zack1
08.01.2022, 06:44
so recht von herzen hundsgemein,
das können nur verwandte sein.

kuhno von oyten

jaaa....der Kuhno :))


Lieber Sänger schlagen auf Erden
als Schlagersänger werden!

.
.
.
.
Lieber auf die lange Bank
als hektisch über'n Ecktisch!

Sjard
05.04.2022, 09:33
Gruß der Sonne

Aus den braunen Schollen
springt die Saat empor;
grüne Knospen rollen,
tausendfach hervor.

Und es ruft die Sonne:
Fort den blassen Schein!
Wieder will ich Wonne,
Glut und Leben sein!

Wieder wohlig zittern
auf dem blauen Meer
oder zu Gewittern
führen das Wolkenheer!

In den Frühlingsregen
sieben Farben streun
und auf Weg und Stegen
meinen goldenen Schein ...

Dringen in der Herzen
kalte Finsternis,
blenden alle Schmerzen
aus dem tiefsten Riß!

Bringt - ich bin die Sonne -
an das Kerkertor,
was ihr habt gesponnen
winterlang, hervor! ...

Daß durch jeden Schaden
leuchten ich und dann
mit dem goldnen Faden
ihn verweben kann.

​Gottfried Keller ( 1819 - 1890 )

Swesda
05.04.2022, 11:40
Eher untypisch und gerade deswegen so interessant:

Von den heimlichen Rosen
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Du brichst hinein mit rauhen Sinnen,
als wie ein Wind in einen Wald
und wie ein Duft wehst du von hinnen,
dir selbst verwandelte Gestalt.
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Christian Morgenstern

BrüggeGent
05.04.2022, 16:05
Eher untypisch und gerade deswegen so interessant:

Von den heimlichen Rosen
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Du brichst hinein mit rauhen Sinnen,
als wie ein Wind in einen Wald
und wie ein Duft wehst du von hinnen,
dir selbst verwandelte Gestalt.
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Christian Morgenstern


BERLIN
Christian Morgenstern

Ich liebe Dich bei Nebel und bei Nacht
Wenn Deine Linien ineinanderschwimmen
,zumal bei Nacht,wenn Deine Fenster glimmen
und Menschheit Dein Gestein lebendig macht.

Was wüst am Tag,wird rätselvoll im Dunkel,
wie Seelenburgen stehn sie mystisch da,
die Häuserreihen mit ihrem Lichtgefunkel,
und Einheit ahnt,wer sonst nur Vielfalt sah.

Der letzte Glanz erlischt in blinden Scheiben,
in seine Schachteln liegt ein Spiel geräumt,
gebändigt ruht ein ungestümes Treiben,
und heilig wird, was so voll Schicksal träumt.

Swesda
05.04.2022, 18:38
BERLIN
Christian Morgenstern

Ich liebe Dich bei Nebel und bei Nacht
Wenn Deine Linien ineinanderschwimmen
,zumal bei Nacht,wenn Deine Fenster glimmen
und Menschheit Dein Gestein lebendig macht.

Was wüst am Tag,wird rätselvoll im Dunkel,
wie Seelenburgen stehn sie mystisch da,
die Häuserreihen mit ihrem Lichtgefunkel,
und Einheit ahnt,wer sonst nur Vielfalt sah.

Der letzte Glanz erlischt in blinden Scheiben,
in seine Schachteln liegt ein Spiel geräumt,
gebändigt ruht ein ungestümes Treiben,
und heilig wird, was so voll Schicksal träumt.
Erstaunlich, nicht wahr? Ein heutiges aktuelles Thema, von Herrn Morgenstern extrem fokussiert dargestellt in einem kurzen Satz.

Der Gegensatz von Vielfalt und Einheit beschreibt unsere durch unbeherrschte (Doppelsinn!) Zuwanderung bedrohte deutsche Gesellschaft. Das merke ich mir. Den Linken und den Grünen mit Christian Morgenstern kommen hat einen ganz besonderen Reiz.

EINHEIT STATT VIELFALT

danke, Herr BrüggeGent, für diesen Anstoß :-) :hi:

Sjard
09.08.2022, 17:41
An die Melancholie

Du geleitest mich durchs Leben,
Sinnende Melancholie !
Mag mein Stern sich strahlend heben,
Mag er sinken - weichest nie !

Führst mich oft in Felsenküste,
Wo der Adler einsam haust,
Tannen starren in die Lüfte
Und der Waldstrom donnernd braust.

Meiner Toten dann gedenk ich,
Wild hervor die Träne bricht,
Und an deinen Busen senk ich
Mein umnachtet Angesicht.

Nikolaus Lenau ( 1802 - 1850 )

Ansuz
13.08.2022, 18:57
Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.https://oliverdriesen.de/wp-content/uploads/2022/07/Hoelderlin_Unterschrift.svg_-1024x506.png

Friedrich Hölderlin (1770-1843), „Hälfte des Lebens“

Alphateilchen
16.10.2022, 20:58
Schon ins Land der Pyramiden
Flohn die Störche übers Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
Auch die Lerche singt nicht mehr.

Seufzend in geheimer Klage
Streift der Wind das letzte Grün;
Und die süßen Sommertage,
Ach, sie sind dahin, dahin!

Nebel hat den Wald verschlungen,
Der dein stillstes Glück gesehn;
Ganz in Duft und Dämmerungen
Will die schöne Welt vergehn.

Nur noch einmal bricht die Sonne
Unaufhaltsam durch den Duft,
Und ein Strahl der alten Wonne
Rieselt über Tal und Kluft.

Und es leuchten Wald und Heide,
Daß man sicher glauben mag,
Hinter allem Winterleide
Lieg' ein ferner Frühlingstag.

Die Sense rauscht, die Ähre fällt,
Die Tiere räumen scheu das Feld,
Der Mensch begehrt die ganze Welt.

Und sind die Blumen abgeblüht,
So brecht der Äpfel goldne Bälle;
Hin ist die Zeit der Schwärmerei,
So schätzt nun endlich das Reelle!


Theodor Storm

Wolff
06.11.2022, 21:58
Siebenbürgische Elegie


Anders rauschen die Brunnen, anders rinnt hier die Zeit.

Früh faßt den staunenden Knaben Schauder der Ewigkeit.

Wohlvermauert in Grüften modert der Väter Gebein,

Zögernd nur schlagen die Uhren, zögernd bröckelt der Stein.

Siehst du das Wappen am Tore? Längst verwelkte die Hand.

Völker kamen und gingen, selbst ihr Namen entschwand.

Aber der fromme Bauer sät in den Totenschrein,

Schneidet aus ihm sein Korn, keltert aus ihm seinen Wein.

Anders schmeckt hier der Märzenwind, anders der Duft von Heu,

Anders klingt hier das Wort von Liebe und ewiger Treu.



Roter Mond, vieler Nächte einzig geliebter Freund,

Bleichte die Stirne dem Jüngling, die der Mittag gebräunt.

Reifte ihn wie der gewaltige Tod mit betäubendem Ruch,

Wie in grünlichem Dämmer Eichbaum mit weisem Spruch.

Ehern, wie die Gestirne, zogen die Jahre herauf,

Ach, schon ist es September. Langsam neigt sich ihr Lauf.



Adolf Meschendörfer, 1927
Kronstadt, * 8.5.1877, † 4.7.1963

Sjard
15.02.2023, 12:46
Lied im Freien


Wie schön ist's im Freien!
Bei grünenden Maien
Im Walde, wie schön!
Wie süß, sich zu sonnen,
Den Städten entronnen,
Auf luftigen Höhn!

Wo unter den Hecken
Mit goldenen Flecken
Der Schatten sich mischt,
Da lässt man sich nieder,
Von Haseln und Flieder
Mit Laubduft erfrischt.

D´rauf schlendert man weiter,
Pflückt Blumen und Kräuter
Und Erdbeere im Gehn;
Man kann sich mit Zweigen,
Erhitzet vom Steigen,
Die Wangen umwehn.

Dort heben und tunken
Gleich blinkenden Funken,
Sich Wellchen im Bach:
Man sieht sie verrinnen
In stillem Besinnen,
Halb träumend, halb wach.

In weiten Bezirken,
Mit hangenden Birken
Und Buchen besetzt,
Gehn Dammhirsch und Rehe
in traulicher Nähe,
Von niemand gehetzt.

Am schwandeknen Reisig
Hängt zwischernd der Zeisig,
Vor Schlingen nicht bang;
Erfreut, ihn zu hören,
Sucht keiner zu stören
Des Hänflings Gesang.

Hier sträubt sich kein Pförtner,
Hier schnörkelt kein Gärtner
Kunstmäßig am Hain:
Man braucht nicht des Geldes;
Die Blumen des Feldes
Sind allen gemein.

Wie schön ist's im Freien!
Despoten entweihen
Hier nicht die Natur.
Kein kriechender Schmeichler,
Kein lästernder Heuchler
Vergiftet die Flur.

Johann Gaudenz von Salis-Seewis ( 1762 - 1834 )

Wolff
04.04.2023, 16:33
Die versunkene Glocke bei Kerz

Bei Kerz da ragen düster
die Trümmer der Abtei.
Ein Teich im Schilfgeflüster
der glitzert nah'dabei;
draus tönt es wundersam empor
und schwingt und klingt durch
Schilf und Rohr
am heiligen Ostermorgen.

Wenn früh die Sonne steigend
sich spiegelt in der Flut,
in Sabbatfeier schweigend
ringsum die Erde ruht;
dann wacht es in der Tiefe auf,
dann summt es wundersam herauf
am heiligen Ostermorgen.

Einst klang sie hoch vom Turme
die Glocke der Abtei,
da braust's heran im Sturme
mit wildem Kriegsgeschrei;
ergrimmte Heiden ohne Zahl-
die Glocke klang zum letztenmal
Vom Turm am Ostermorgen.

Der Christenfeind,der Grimme,
er stürzte sie hinab;
da tönt nun ihre Stimme
aus tiefem Flutengrab.
Ein Kind, noch rein von Sündenschuld
das hört sie, wie sie klingt in Huld,
am heiligen Ostermorgen.

Traugott Teutsch (1829 - 1913)

Wolff
02.08.2023, 12:19
Die zerfallene Burg

In Trümmern liegt die Burg danieder,
Ihr Stern erlosch im Lauf der Zeit,
Verhallt im Wind sind auch die Lieder
Zum Preise ihrer Herrlichkeit.

Halb dürre Efeuranken sprießen
Ums Wappen, das schon längst zerschellt,
Und wessen Nam’ hier ward gepriesen,
Was kümmert es die heutige Welt?

Vergeblich wären alle Fragen,
Wer hier geliebt, gehaßt, gelebt? —
Ins Blau die stummen Zinken ragen,
Am Wappenschild der Epheu bebt.

Der Wind zaust an den gelben Blättern;
Bald da, bald dorten eines fällt,
Spurlos verweht in Wind und Wettern,
Im allgemeinen Chaos Welt.

Demetrius Schrutz, 1895

Sjard
28.10.2023, 09:26
Herbst-Gleichnis

Fliegende Blätter,
goldbraun im Wind;
wie sie uns doch ähnlich sind!

Kernig im Stamm,
stark das Geschlecht;
weiter lebt, was arttreu und echt.

Siegreicher Frühling,
grünende Bäume;
alles liebt die seligen Träume.

Über das Blühen,
zitternd voll Lust;
schwirren Insekten in lauer Luft.

Trächtiger Sommer,
füllig das Leben;
reife Frucht bring reichen Segen.

Stürmischer Herbst,
Endzeit im Jahr;
Wer es erlebt, dem wird es gewahr:

" Nicht allein Blätter
werden zu Laub;
jede Form zerfällt zu Staub."

Wechselnde Zeiten:
" Trauer und Wonne";
sind beständig unter der Sonne.

Fliegende Blätter,
goldbraun im Wind;
wie sie uns doch ähnlich sind !

Gerhart Wilke

Wolff
03.12.2023, 18:53
Der Birnenbaum (https://youtu.be/spycFRTo9Xg?si=dBKTUKwtntrAk3FF)

Von einem alten Birnenbaum
berichtet uns die Sage
er steht allein in Feldes Raum
ein Denkbild alter Tage.

Ihn pflanzten unsere Väter noch
wie sie ins Land gezogen
dann war der Baum so stark und hoch
der Wipfel breit gebogen.

Berührte Ihn des Lenzes Hauch
hat er sein Laub getrieben
und kam der Herbst so ist er auch
nie ohne Frucht geblieben.

Und seine Frucht war süß und gut
so alt der Baum geworden
so oft ihn auch des Sturmes Wut
berauscht von Süd und Norden.

Sie haben oft den Feuer´s Brand
an seinen Stamm gehalten
sie nahmen oft die Axt zur Hand
den Baum entzwei zu spalten.

Umsonst! Er stand doch frisch belaubt
beschattete die Heide
und wenn sie seine Frucht geraubt
trug andere er mit Freuden.

Ob mancher Zweig noch heut verdirbt
er treibt stets neue Glieder
Für wen der Baum von innen stirbt
dann grünt er nimmer wieder.

Michael Albert (*1836 in Trappold, †1893 in Schäßburg

Sjard
03.12.2023, 19:07
Der Birnenbaum (https://youtu.be/spycFRTo9Xg?si=dBKTUKwtntrAk3FF)

Von einem alten Birnenbaum
berichtet uns die Sage
er steht allein in Feldes Raum
ein Denkbild alter Tage.

Ihn pflanzten unsere Väter noch
wie sie ins Land gezogen
dann war der Baum so stark und hoch
der Wipfel breit gebogen.

Berührte Ihn des Lenzes Hauch
hat er sein Laub getrieben
und kam der Herbst so ist er auch
nie ohne Frucht geblieben.

Und seine Frucht war süß und gut
so alt der Baum geworden
so oft ihn auch des Sturmes Wut
berauscht von Süd und Norden.

Sie haben oft den Feuer´s Brand
an seinen Stamm gehalten
sie nahmen oft die Axt zur Hand
den Baum entzwei zu spalten.

Umsonst! Er stand doch frisch belaubt
beschattete die Heide
und wenn sie seine Frucht geraubt
trug andere er mit Freuden.

Ob mancher Zweig noch heut verdirbt
er treibt stets neue Glieder
Für wen der Baum von innen stirbt
dann grünt er nimmer wieder.

Michael Albert (*1836 in Trappold, †1893 in Schäßburg


Ein sehr schönes Gedicht. Stammst du auch aus Siebenbürgen ?

Wolff
06.12.2023, 14:17
Die Bergglocke (https://youtu.be/d65rX0XmUok?si=JNqx4lYyvydVOkp0) - von Michael Albert

Wenn tief im Tal erloschen sind
am Weihnachtsbaum die Kerzen,
und noch im Traum so manchem Kind,
die Freude pocht im Herzen:

Dann tönt voll Ernst, dann tönt voll Macht
vom Berg die Glocke droben,
um in der stillen, heil`gen Nacht
den Herrn, den Herrn zu loben.

Es braust ihr Klang so feierlich
in Tönen, lang gezogen,
Die wälzen über Wälder sich
wie eines Meeres Wogen.

Es braust ihr Lied, so voll, so tief
auf hoher Friedensstätte,
wo schon so lang, so lange schlief
manch` Herz im Hügelbette:

Sie braust ihr Lied den Toten dort
in weiter, weiter Runde:
„Auch oben an dem stillen Ort
ist`s Weihnacht“, tönt die Kunde.

Ach Weihnacht, Weihnacht! – wer ein Kind,
ein liebes, dort begraben,
trug Tannenäste, treu gesinnt,
ihm als Erinn`rungsgaben.

Er legte sie bei Tage sacht
aufs Bett ihm als Geschenke,
zu zeigen, dass er sein gedacht,
und seiner fort gedenke.

Und wessen Vater droben ruht,
gedeckt von Schnee und Eise,
und wer die Gattin, lieb und gut,
vermisst in seinem Kreise:

Ihn ruft der Glocke Weiheklang
ins Reich der Stillen oben:
er füllt auch seiner Liebe Drang
in ihren Klang verwoben.

Michael Albert wurde am 21. Oktober 1836 in Trappold (Siebenbürgen, rum. Apoldu din Sighișoara) geboren. Er studierte in Schäßburg (Siebenbürgen, rum. Sighișoara) Evangelische Theologie und Deutsche Sprache und in Jena, Berlin und Wien Literatur. Albert arbeitete als Hauslehrer und später als Gymnasiallehrer. Insbesondere während seines letzten Lebensjahrzehnts verfasste er zahlreiche Gedichte - darunter "Die Bergglocke", das in vielen deutschsprachigen Gemeinden in Siebenbürgen traditionell an Heiligabend von einem Kind während der Kindermesse auswendig vorgetragen wurde. Davor wurden auf allen Gräbern Weihnachtskerzen angezündet. Das Gedicht ist deshalb auch unter dem Titel "Weihnachten auf dem Friedhof" bekannt, heißt aber offiziell "Die Bergglocke".
Michael Albert starb am 21. April 1893 in Schäßburg und wurde auf dem Bergfriedhof beerdigt

Wolff
06.12.2023, 20:42
Zu Neujahr

Will das Glück nach seinem Sinn
Dir was Gutes schenken,
Sage Dank und nimm es hin
Ohne viel Bedenken.

Jede Gabe sei begrüßt,
Doch vor allen Dingen:
Das, worum du dich bemühst,
Möge dir gelingen.

Wilhelm Busch

Wolff
15.01.2024, 16:17
Das Riesenspielzeug

Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand;
sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Tor
und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein,
neugierig zu erkunden, wie's unten möchte sein.

Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald,
und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt.

Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,
bemerkt sie einen Bauer, der seinen Acker baut;
es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,
es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar

"Ei! artig Spielding!" ruft sie, "das nehm' ich mit nach Haus!"
Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus
und feget mit den Händen, was sich da alles regt,
zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt,

und eilt mit freud'gen Sprüngen, man weiß, wie Kinder sind,
zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind:
Ei Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön!
So Allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höh'n."

Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,
er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:
Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei?
Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was es sei."

Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an,
den Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann;
wie alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut,
so klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut.

Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht:
Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht!
Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin,
der Bauer ist kein Spielzeug, was kommt dir in den Sinn?

Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot;
denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot;
es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor,
der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor

Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,
die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand;
sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
und fragst Du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Adelbert von Chamisso

Senator_74
15.01.2024, 17:03
Das Riesenspielzeug

Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand;
sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Tor
und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein,
neugierig zu erkunden, wie's unten möchte sein.

Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald,
und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt.

Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,
bemerkt sie einen Bauer, der seinen Acker baut;
es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,
es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar

"Ei! artig Spielding!" ruft sie, "das nehm' ich mit nach Haus!"
Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus
und feget mit den Händen, was sich da alles regt,
zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt,

und eilt mit freud'gen Sprüngen, man weiß, wie Kinder sind,
zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind:
Ei Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön!
So Allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höh'n."

Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,
er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:
Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei?
Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was es sei."

Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an,
den Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann;
wie alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut,
so klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut.

Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht:
Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht!
Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin,
der Bauer ist kein Spielzeug, was kommt dir in den Sinn?

Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot;
denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot;
es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor,
der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor

Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,
die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand;
sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
und fragst Du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Adelbert von Chamisso


:gp:

Mütterchen
15.01.2024, 22:02
DAS BETTELWEIB

Alle Sterne wurden blind
Bettelweib bekam ein Kind.
Hinterm Zaune in der Nacht
hat sie es zur Welt gebracht.
Hinterm Zaun die Spinnen klein
webten Tücher, zart und klein
für das Kind zum Trockenlegen.
" Will sie waschen", sprach der Regen,
" Will sie. trocknen" , sprach der Wind.
Doch das Bettelweib geschwind
hat das Kind ans Herz gerissen,
Wollt nichts von den Helfern wissen, küsste still das Kindlein tot
Dass es kam aus aller Not.

(Wilhelm Schulz)

Mütterchen
15.01.2024, 22:06
Botenart

Der Graf kehrt heim vom Festturnei,
Da wallt an ihm sein Knecht vorbei.
Hallo, woher des Wegs, sag’ an!
Wohin, mein Knecht, geht deine Bahn?
»Ich wandle, daß der Leib gedeih’,
Ein Wohnhaus such’ ich mir nebenbei.«
Ein Wohnhaus? Nun, sprich grad’ heraus,
Was ist geschehn bei uns zu Haus?
»Nichts Sonderlich’s! Nur todeswund
Liegt euer kleiner weißer Hund.«
Mein treues Hündchen todeswund!
Sprich, wie begab sich’s mit dem Hund?
»Im Schreck eu’r Leibroß auf ihn sprang,
Drauf lief’s in den Strom, der es verschlang.«
Mein schönes Roß, des Stalles Zier!
Wovon erschrak das arme Thier?
»Besinn ich recht mich, erschrak’s davon,
Als von dem Fenster stürzt’ eu’r Sohn.«
Mein Sohn? Doch blieb er unverletzt?
Wohl pflegt mein süßes Weib ihn jetzt?
»Die Gräfin rührte stracks der Schlag,
Als vor ihr des Herrleins Leichnam lag.«
Warum bei solchem Jammer und Graus,
Du Schlingel, hütest du nicht das Haus?
»Das Haus? Ei, welches meint ihr wohl?
Das eure liegt in Asch’ und Kohl’!
Die Leichenfrau schlief ein an der Bahr’,
Und Feuer fing ihr Kleid und Haar.
Und Schloß und Stall verlodert’ im Wind,
Dazu das ganze Hausgesind!
Nur mich hat das Schicksal aufgespart,
Euch’s vorzubringen auf gute Art.«
(Grün)

Mütterchen
15.01.2024, 22:08
Vor Gericht

Von wem ich es habe, das sag ich euch nicht,
Das Kind! in meinem Leib.
»Pfui!« speit ihr aus: »die Hure da!«
Bin doch ein ehrlich Weib.
Mit wem ich mich traute, das sag ich euch nicht.
Mein Schatz ist lieb und gut,
Trägt er eine goldene Kett am Hals,
Trägt er einen strohernen Hut.
Soll Spott und Hohn getragen sein,
Trag ich allein den Hohn.
Ich kenn ihn wohl, er kennt mich wohl,
Und Gott weiß auch davon.
Herr Pfarrer und Herr Amtmann ihr,
Ich bitte, laßt mich in Ruh!
Es ist mein Kind, es bleibt mein Kind,
Ihr gebt mir ja nichts dazu.

(Goethe)

Mütterchen
15.01.2024, 22:17
DER SOLDAT

Es geht bei gedämpfter Trommel Klang;
Wie weit noch die Stätte! der Weg wie lang!
O wär er zur Ruh und alles vorbei!
Ich glaub’, es bricht mir das Herz entzwei!

Ich hab’ in der Welt nur ihn geliebt,
Nur ihn, dem jetzt man den Tod doch gibt!
Bei klingendem Spiele wird paradiert;
Dazu bin auch ich kommandiert.

Nun schaut er auf zum letzten Mal
In Gottes Sonne freudigen Strahl;
Nun binden sie ihm die Augen zu —
Dir schenke Gott die ewige Ruh!

Es haben die Neun wohl angelegt;
Acht Kugeln haben vorbeigefegt.
Sie zittern alle vor Jammer und Schmerz —
Ich aber, ich traf ihn mitten in das Herz.

(Chamisso)

Mütterchen
15.01.2024, 22:21
Lorelei

Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reit'st du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
Du schöne Braut, ich führ' dich heim!

»Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh' Du weißt nicht, wer ich bin.«

So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn' ich dich – Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei!

»Du kennst mich wohl – von hohem Stein
Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!«

(Eichendorff)

Mütterchen
15.01.2024, 22:22
Und noch das gruseligste Gedicht meiner Kindheit

DIE FÜSSE IM FEUER
Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm.
Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Ross,
Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust
Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest.
Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell
Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann …

- "Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt
Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!"
- "Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmert′ s mich?
Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!"
Der Reiter tritt in einen dunkeln Ahnensaal,
Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt,
Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht
Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib,
Ein stolzes Edelweib aus braunem Ahnenbild …
Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd
Und starrt in den lebendgen Brand. Er brütet, gafft …
Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal …
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.

Den Abendtisch bestellt die greise Schaffnerin
Mit Linnen blendend weiß. Das Edelmägdlein hilft.
Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick
Hangt schreckensstarr am Gast und hangt am Herd entsetzt …
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.
- "Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal!
Drei Jahre sind′ s … Auf einer Hugenottenjagd
Ein fein, halsstarrig Weib … ′Wo steckt der Junker? Sprich!′
Sie schweigt. ′ Bekenn!′ Sie schweigt. ′ Gib ihn heraus!′ Sie schweigt.
Ich werde wild. D e r Stolz! Ich zerre das Geschöpf …
Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie
Tief mitten in die Glut … ′ Gib ihn heraus!′ … Sie schweigt …
Sie windet sich … Sahst du das Wappen nicht am Tor?
Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr?
Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich."
Eintritt der Edelmann. "Du träumst! Zu Tische, Gast …"

Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht
Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet.
Ihn starren sie mit aufgerissnen Augen an -
Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk,
Springt auf: "Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt!
Müd bin ich wie ein Hund!" Ein Diener leuchtet ihm,
Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück
Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr …
Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach.

Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert.
Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt.
Die Treppe kracht …. Dröhnt hier ein Tritt? … Schleicht dort ein Schritt? …
Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht.
Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinkt
Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut.
Er träumt. "Gesteh!" Sie schweigt. "Gib ihn heraus!" Sie schweigt.
Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut.
Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt …
- "Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!"
Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt,
Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr - ergraut,
Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar.

Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut.
Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad.
Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch.
Friedsel′ ge Wolken schwimmen durch die klare Luft,
Als kehrten Engel heim von einer nächt′ gen Wacht.
Die dunkeln Schollen atmen kräft′ gen Erdgeruch.
Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug.
Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: "Herr,
Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit
Und wisst, dass ich dem größten König eigen bin.
Lebt wohl. Auf Nimmerwiedersehn!" Der andre spricht:
"Du sagst′ s! Dem größten König eigen! Heute ward
Sein Dienst mir schwer … Gemordet hast du teuflisch mir
Mein Weib! Und lebst! … Mein ist die Rache, redet Gott."

(C.F. Meyer)

Mütterchen
15.01.2024, 22:39
Der Bettler und sein Hund

Drei Taler erlegen für meinen Hund!

So schlage das Wetter mich gleich in den Grund!

Was denken die Herrn von der Polizei?

Was soll nun wieder die Schinderei?


Ich bin ein alter, ein kranker Mann,

Der keinen Groschen verdienen kann;

Ich habe nicht Geld, ich habe nicht Brot,

Ich lebe ja nur von Hunger und Not.


Und wann ich erkrankt, und wann ich verarmt,

Wer hat sich da noch meiner erbarmt?

Wer hat, wann ich auf Gottes Welt

Allein mich fand, zu mir sich gesellt?


Wer hat mich geliebt, wann ich mich gehärmt?

Wer, wann ich fror, hat mich gewärmt?

Wer hat mit mir, wann ich hungrig gemurrt,

Getrost gehungert und nicht geknurrt?


Es geht zur Neige mit uns zwein,

Es muß, mein Tier, geschieden sein;

Du bist, wie ich, nun alt und krank,

Ich soll dich ersäufen, das ist der Dank!


Das ist der Dank, das ist der Lohn!

Dir geht's, wie manchem Erdensohn.

Zum Teufel! ich war bei mancher Schlacht,

Den Henker hab ich noch nicht gemacht.


Das ist der Strick, das ist der Stein,

Das ist das Wasser, - es muß ja sein.

Komm her, du Köter, und sieh mich nicht an,

Noch nur ein Fußstoß, so ist es getan.


Wie er in die Schlinge den Hals ihm gesteckt,

Hat wedelnd der Hund die Hand ihm geleckt,

Da zog er die Schlinge sogleich zurück,

Und warf sie schnell um sein eigen Genick.


Und tat einen Fluch, gar schauderhaft,

Und raffte zusammen die letzte Kraft,

Und stürzt' in die Flut sich, die tönend stieg,

In Kreise sich zog und über ihm schwieg.


Wohl sprang der Hund zur Rettung hinzu,

Wohl heult' er die Schiffer aus ihrer Ruh,

Wohl zog er sie winselnd und zerrend her,

Wie sie ihn fanden, da war er nicht mehr.


Er ward verscharret in stiller Stund,

Es folgt' ihm winselnd nur der Hund,

Der hat, wo den Leib die Erde deckt,

Sich hingestreckt und ist da verreckt.

( Chamisso)

HerrMayer
01.02.2024, 11:41
AbschiedMeine armen Wege gehen
Wieder ferne von den deinen,
Vor dem dunklen Fenster stehen
Wir, und unsre Seelen weinen.

Jahr und Tag und Stunden schwinden,
Meine Gärten stehn verlassen -
Weiss nur, dass ich Liebe finden
Wollte auf den dunklen Strassen.

- Ernst Goll, 1887-1912, österreichischer Dichter -

Quelle: aus im bitteren Menschenland

Eichenlaub
11.02.2024, 11:42
Dû bist mîn, ich bin dîn.
des solt dû gewis sîn.
dû bist beslozzen
in mînem herzen,
verlorn ist das sluzzelîn:
dû muost ouch immêr darinne sîn.

(unbekannt, Ende 12. Jh.)

Alemannisch klingt heute noch so!

Eichenlaub
11.02.2024, 11:43
Des Sängers Fluch

Es stand in alten Zeiten ein Schloß so hoch und hehr,
Weit glänzt´es über die Lande bis an das blaue Meer,
Und rings von duft´gen Gärten ein blütenreicher Kranz,
D´rin sprangen frische Brunnen in Regenbogenglanz.

Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich.
Er saß auf seinem Throne so finster und so bleich;
Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut,
Und was er spricht, ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut.

Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar:
Der ein´in goldnen Locken, der andre grau von Haar;
Der Alte mit der Harfe, der saß auf schmuckem Roß,
Es schritt ihm frisch zur Seite der blühende Genoß.

Der Alte sprach zum Jungen: " Nun sei bereit, mein Sohn!
Denk´unsrer tiefsten Lieder, stimm´an den vollsten Ton,
Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz;
Es gilt uns heut´zu rühren des Königs steinern Herz."

Schon stehen die beiden Sänger im hohen Säulensaal,
Und auf dem Throne sitzen der König und sein Gemahl;
Der König furchtbar prächtig, wie blut´ger Nordlichtschein,
Die Königin süß und milde, als blickte Vollmond drein.

Da schlug der Greis die Seiten, er schlug sie wundervoll,
Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll.
Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor,
Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor.

Sie singen von Lenz und Liebe, von sel´ger goldner Zeit,
Von Freiheit, Männerwürde, von Treu´und Heiligkeit;
Sie singen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt,
Sie singen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt.

Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott,
Des Königs trotz´ge Krieger, sie beugen sich vor Gott,
Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust,
Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust.

"Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?"
Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib.
Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,
Draus, statt der goldnen Lieder , ein Blutstrahl hoch aufspringt.

Und wie von Sturm zerstoben ist all´der Hörer Schwarm;
Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm,
Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Roß,
Er bind´t ihn aufrecht feste, verlässt mit ihm das Schloß.

Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis,
Da faßt er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis,
An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt,
Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt:

"Weh´euch ihr stolzen Hallen! Nie töne süßer Klang
Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang,
Nein, Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,
Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!

"Weh´euch ihr duft´gen Gärten im holden Maienlicht!
Euch zeig ich dieses Toten entstelltes Angesicht,
Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell verseicht,
Daß ihr in künft´gen Tagen versteint, verödet liegt.

"Weh´dir verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums!
Umsonst sei all´dein Ringen nach Kränzen blut´gen Ruhms;
Dein Name sei vergessen, in ew´ge Nacht getaucht,
Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!"

Der Alte hat´s gerufen, der Himmel hat´s gehört;
Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört,
Noch eine hohe Säule zeugt von verschwind´ner Pracht,
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.

Und rings, statt ruft´ger Gärten, ein ödes Heideland:
Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand;
Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch:
Versunken und vergessen! - das ist des Sängers Fluch.

Ludwig Uhland ( 1787 - 1862 )

immer wieder schööööön zu lesen!

feuermax2
11.02.2024, 11:44
immer wieder schööööön zu lesen!

Danke für die Fleißarbeit. Habe ich auch gern mal wieder gelesen.

Eichenlaub
11.02.2024, 11:46
Danke für die Fleißarbeit. Habe ich auch gern mal wieder gelesen.


gerne geschehen!

:)

DUNCAN
11.02.2024, 11:48
Ich liebte ein Mädchen in Spandau,
von der war immer der Mann blau

ich liebte ein Mädchen in Tegel,
die hatte Ohren wie Segel

Ophiuchus
11.02.2024, 11:52
Lied der Freiheit

Es lebe, was auf Erden
nach Freiheit strebt und wirbt
von Freiheit singt und saget,
für Freiheit lebt und stirbt

Die Welt mit ihren Freuden
ist ohne Freiheit nichts
die Freiheit ist die Quelle
der Tugend und des Lichts

Es kann was lebt und webet
in Freiheit nur gedeihn
das Ebenbild des Schöpfers
kann nur der Freie sein

Frei will ich sein und singen
so wie der Vogel lebt
der auf Palast und Kerker
sein Frühlingslied erhebt

Die Freiheit ist mein Leben
und bleibt es immerfort
mein Sehnen, mein Gedanke,,
mein Traum, mein Lied und Wort

Es lebe was auf Erden
nach Freiheit strebt und wirbt
von Freiheit singt und saget
für Freiheit lebt und stirbt

Fluch sing ich allen Zwingherrn,
Fluch aller Dienstbarkeit
Die Freiheit ist mein Leben
und bleibt es allezeit.

​Hoffmann von Fallersleben ( 1798 - 1874 )

Wäre dies nicht Besser als Nationalhymne als das Deutschlandlied ...?

Wanderers NACHTlied ....

...hat der Goethe in der Nähe an eine Wanderhütte geschrieben :

https://de.wikipedia.org/wiki/Wandrers_Nachtlied

Eichenlaub
11.02.2024, 11:54
Ich liebte ein Mädchen in Spandau,
von der war immer der Mann blau

ich liebte ein Mädchen in Tegel,
die hatte Ohren wie Segel


ingo insterburg?