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Vollständige Version anzeigen : "Soumission" - Der Halbmond über Paris, Roman



Bergischer Löwe
05.01.2015, 10:00
Michel Houellebecq erregt mit seinem nagelneuen Roman "Soumission" (z.dt. "Unterwerfung") erhebliches Aufsehen in Frankreich. Aus der Sicht eines gänzlich unpolitischen Sprachforschers von der Pariser "Sorbonne" Universität wird die Machtübernahme des Islam in Frankreich und somit der Sieg über eine zutiefst kranke westliche Gesellschaft charakterisiert.

Kurze Zusammenfassung:

Nachdem die Systemparteien erfolgreich durch ein Bündnis mit einer Moslem-Partei in Frankreich die Machtübernahme der Front National und Marine Le Pen verhindert haben und ein im Mai 2022 ausgebrochener Bürgerkrieg beendet werden konnte, schwingt sich der Parteichef dieser Moslempartei auf, Präsident Frankreichs zu werden. Houellebecq beschreibt ihn als Absolvent französischer Eliteuniversitäten, ungeheuer intelligent und alles andere als ein tumber Taliban. Er beginnt sofort mit dem Umbau der Gesellschaft mit einer polaren Verlegung des Zentrums Europas nach Süden (Marokko, Algerien, Tunesien und die Türkei werden EU Mitglieder), steuert die Marktwirtschaft in eine Art Distributionswirtschaft (Konzerne werden zerschlagen, Handwerk und Kleinindustrie gelangen zu neuer Blüte), verändert die Zivilgesellschaft in eine Art Feudalislamismus und das Erstaunliche: Die Menschen spielen mit. Sie erfreuen sich an der neuen Stellung der Frau (die gibt es nämlich nicht mehr), Vielehe und einer starken Hand aus dem Elysée. Selbst ehemalige Ultrarechte kuscheln sich gemütlich in der patriarchalischen Ecke. Sogar in Belgien können sich mohammedanische Flamen und Wallonen (was ihre westlichen "Landsleute" nie geschafft haben) auf eine gemeinsame moslemische Regierung einigen. Sein - wie schon gesagt - völlig unpolitischer Hauptdarsteller wandert augenreibend durch eine sich selbst islamisierende Gesellschaft und stellt sich die Frage, ob in den Köpfen der Franzosen eigentlich je das Mittelalter abgeschlossen wurde, ob die Aufklärung je stattgefunden hat und die Revolution im 18. Jahrhundert überhaupt einen Sinn hatte.

Die FAZ Rezension ist ausgezeichnet. Der Schriftsteller ("Der Islam ist die dümmste aller Religionen") schafft es einen absurd-erschreckenden Spannungsbogen zu schlagen, der, wenn man die französische Gesellschaft ein wenig kennt, dem Leser einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Wie sagt die Feuilletonistin? Es sei zu hoffen, daß PEGIDA Anhänger kein Interesse an französischer Literatur hätten....


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/wenn-der-halbmond-ueber-paris-aufsteigt-michel-houellebecqs-neuer-roman-soumission-13350232.html

-jmw-
05.01.2015, 11:32
Nach dem, was ich am Rande aufschnappe, mehren sich in Frankreich solche Fälle, in denen sich auch bekannte Figuren des kulturell-medialen Establishments in die "rechte" Ecke begeben.
Und Houellebecq ist ja nicht irgendwer.
These: Aufgrund der besonderen Geschichte kann das Nationalkonservative in Frankreich sich die Freiheit, die Menschenrechte, die Republik und den Säkularismus auf die Fahne schreiben und bleibt dadurch in ideologischer Nachbarschaft der Etablierten.

laurin
05.01.2015, 11:54
Michel Houellebecq erregt mit seinem nagelneuen Roman "Soumission" (z.dt. "Unterwerfung") erhebliches Aufsehen in Frankreich. Aus der Sicht eines gänzlich unpolitischen Sprachforschers von der Pariser "Sorbonne" Universität wird die Machtübernahme des Islam in Frankreich und somit der Sieg über eine zutiefst kranke westliche Gesellschaft charakterisiert.

Kurze Zusammenfassung:

Nachdem die Systemparteien erfolgreich durch ein Bündnis mit einer Moslem-Partei in Frankreich die Machtübernahme der Front National und Marine Le Pen verhindert haben und ein im Mai 2022 ausgebrochener Bürgerkrieg beendet werden konnte, schwingt sich der Parteichef dieser Moslempartei auf, Präsident Frankreichs zu werden. Houellebecq beschreibt ihn als Absolvent französischer Eliteuniversitäten, ungeheuer intelligent und alles andere als ein tumber Taliban. Er beginnt sofort mit dem Umbau der Gesellschaft mit einer polaren Verlegung des Zentrums Europas nach Süden (Marokko, Algerien, Tunesien und die Türkei werden EU Mitglieder), steuert die Marktwirtschaft in eine Art Distributionswirtschaft (Konzerne werden zerschlagen, Handwerk und Kleinindustrie gelangen zu neuer Blüte), verändert die Zivilgesellschaft in eine Art Feudalislamismus und das Erstaunliche: Die Menschen spielen mit. Sie erfreuen sich an der neuen Stellung der Frau (die gibt es nämlich nicht mehr), Vielehe und einer starken Hand aus dem Elysée. Selbst ehemalige Ultrarechte kuscheln sich gemütlich in der patriarchalischen Ecke. Sogar in Belgien können sich mohammedanische Flamen und Wallonen (was ihre westlichen "Landsleute" nie geschafft haben) auf eine gemeinsame moslemische Regierung einigen. Sein - wie schon gesagt - völlig unpolitischer Hauptdarsteller wandert augenreibend durch eine sich selbst islamisierende Gesellschaft und stellt sich die Frage, ob in den Köpfen der Franzosen eigentlich je das Mittelalter abgeschlossen wurde, ob die Aufklärung je stattgefunden hat und die Revolution im 18. Jahrhundert überhaupt einen Sinn hatte.

Die FAZ Rezension ist ausgezeichnet. Der Schriftsteller ("Der Islam ist die dümmste aller Religionen") schafft es einen absurd-erschreckenden Spannungsbogen zu schlagen, der, wenn man die französische Gesellschaft ein wenig kennt, dem Leser einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Wie sagt die Feuilletonistin? Es sei zu hoffen, daß PEGIDA Anhänger kein Interesse an französischer Literatur hätten....


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/wenn-der-halbmond-ueber-paris-aufsteigt-michel-houellebecqs-neuer-roman-soumission-13350232.html

Da ist die Feuilletonistin aber schief gewickelt, wenn sie Pegida-Anhänger für kleine ungebildete Dummerle hält.

Houellebecqs Buch wird sicherlich in Deutsche übersetzt werden. Im Originaltext möchte ich es auch nicht lesen, da müßte ich zuviel nachschlagen und das wäre mir zu mühselig.

Aber die Feuilletonistin und die FAZ müssen nicht fürchten, daß das Buch die weitere Islamisierung Frankreichs und Europas stoppen könnte.

Was haben denn die Bücher von Oriana Fallaci, die leider viel zu früh gestorben ist, bewirkt?

-jmw-
05.01.2015, 12:01
Die deutsche Übersetzung kommt am 14., da musste also nicht lange warten. :)


Houellebecqs Buch wird sicherlich in Deutsche übersetzt werden.

Bergischer Löwe
05.01.2015, 12:36
Die deutsche Übersetzung kommt am 14., da musste also nicht lange warten. :)

Jo. 18,95 bei Kindle. Schon vorbestellt.

Fluchtachterl
07.01.2015, 12:06
Da ist die Feuilletonistin aber schief gewickelt, wenn sie Pegida-Anhänger für kleine ungebildete Dummerle hält.

Houellebecqs Buch wird sicherlich in Deutsche übersetzt werden. Im Originaltext möchte ich es auch nicht lesen, da müßte ich zuviel nachschlagen und das wäre mir zu mühselig.

Aber die Feuilletonistin und die FAZ müssen nicht fürchten, daß das Buch die weitere Islamisierung Frankreichs und Europas stoppen könnte.

Was haben denn die Bücher von Oriana Fallaci, die leider viel zu früh gestorben ist, bewirkt?

Feuilleton ist das Unnötigste, was unnötig gewordene etablierte Medien beinhalten. Kein Mensch braucht heute ein Feuilleton. Schade ums Papier. Ich werde das Buch sicher kaufen, vor allem hab ich Houellebecq ohnehin im Bücherregal. Oriana Fallaci war eine der ganz Großen des Journalismus, als es einen solchen noch gab! Die Bücher sind sehr empfehlenswert ("Die Wut und der Stolz" und die "Kraft der Venrunft").

Heute haben wir nur mehr schmierende Journaille, aber gut, man muß Prawda ja nicht lesen und schon gar nicht kaufen. Fallacis Bücher haben gar nichts bewirkt und ich frage mich, was die grande Dame des mittlerweile untergegangenen Journalismus zu unserer unglaublich tragischen Lage sagen würde. Ihr letzter Artikel erschien im Corriere della Sera, den Feind, den wir als Freund betrachten.

Ob ich Houellebecqs Buch aushalten werde, weiß ich nicht, da mir vor dem Islam mittlerweile fast schon körperlich ekelt. Ich brauch ja nur vor die Tür gehen und sehe jeden Tag hier in der Wiener Vorstadt, was da los ist. Bücher bewirken gar nichts! Wir bräuchten ein Anti-Ochtasechzg, das quer durch die westliche Welt ein Zeitalter der Vernunft ohne jegliche Ideologie und Wahnfieber hervorbringt. Hoffnung hege ich allerdings nicht.

laurin
07.01.2015, 12:39
Feuilleton ist das Unnötigste, was unnötig gewordene etablierte Medien beinhalten. Kein Mensch braucht heute ein Feuilleton. Schade ums Papier. Ich werde das Buch sicher kaufen, vor allem hab ich Houellebecq ohnehin im Bücherregal. Oriana Fallaci war eine der ganz Großen des Journalismus, als es einen solchen noch gab! Die Bücher sind sehr empfehlenswert ("Die Wut und der Stolz" und die "Kraft der Venrunft").

Heute haben wir nur mehr schmierende Journaille, aber gut, man muß Prawda ja nicht lesen und schon gar nicht kaufen. Fallacis Bücher haben gar nichts bewirkt und ich frage mich, was die grande Dame des mittlerweile untergegangenen Journalismus zu unserer unglaublich tragischen Lage sagen würde. Ihr letzter Artikel erschien im Corriere della Sera, den Feind, den wir als Freund betrachten.

Ob ich Houellebecqs Buch aushalten werde, weiß ich nicht, da mir vor dem Islam mittlerweile fast schon körperlich ekelt. Ich brauch ja nur vor die Tür gehen und sehe jeden Tag hier in der Wiener Vorstadt, was da los ist. Bücher bewirken gar nichts! Wir bräuchten ein Anti-Ochtasechzg, das quer durch die westliche Welt ein Zeitalter der Vernunft ohne jegliche Ideologie und Wahnfieber hervorbringt. Hoffnung hege ich allerdings nicht.

"Ein Stahlgewitter der Sprache" hat Dr. Thilo Sarrazin, dessen Bücher eher knochentrocken sind, die Bücher von Oriana Fallaci genannt.

Heute würde sie wohl eingelocht werden, sie war ja schon kurz davor.


Im ersten Band schreibt sie, die Muslime «vermehren sich wie Ratten»; im zweiten, diese Aussage sei «ein bisschen brutal» gewesen, aber «unbestreitbar richtig». Das Motiv des Beschmutzens taucht immer wieder auf: So beschwert sie sich in «Die Wut und der Stolz» über somalische Muslime, die «widerliche gelbe Urinspuren hinterliessen, die den jahrtausendealten Marmor des Baptisteriums in Florenz entweihten». «Donnerwetter!», schreibt sie: «Die haben aber Druck auf der Leitung, diese Söhne Allahs! Wie haben die es fertig gebracht, dieses Ziel so gut zu treffen, das von einem Schutzgitter umgeben ist und sich somit beinahe zwei Meter von ihrem Harnapparat entfernt befand?» Sechs Seiten weiter hinten beschreibt sie Urinspuren auf der Piazza San Marco in Venedig und fragt sich, ob muslimische Männer eines Tages «die Sixtinische Kapelle vollscheissen werden».


Wiederholt ist Oriana Fallaci in Konflikt geraten mit den strengen europäischen Gesetzen gegen die Verunglimpfung von Religionen oder gegen Rassismus. 2002 versuchte die französische Bewegung gegen Rassismus und für Völkerfreundschaft vergeblich, das Buch «Die Wut und der Stolz» verbieten zu lassen.
2003 verlangten von muslimischen Gruppen unter Druck gesetzte Schweizer Behörden die Auslieferung Fallacis, damit man ihr den Prozess machen könne. Der italienische Justizminister lehnte den Antrag ab. Zurzeit wartet Fallaci auf einen Prozess in Italien, und zwar wegen Blasphemie. Vergangenes Jahr überredete Adel Smith, ein die Muslimische Vereinigung Italiens anführender Konvertit, einen Richter in Bergamo dazu, Smiths Klage gegen Fallaci wegen Verunglimpfung des Islam anzunehmen. Laut einem Strafgesetz aus der Zeit von Mussolini wird, «wer die Staatsreligion beleidigt, indem er Anhänger dieser Religion diffamiert, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft».

laurin
07.01.2015, 12:40
Link zu obigem Artikel:

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2006-30/artikel-2006-30-die-kreuzritteri.html

laurin
07.01.2015, 13:16
Mir geht es wie dir, Fluchtachterl, daß ich mich schon körperlich vor dem Islam ekele.

Und nach diesen grauenvollen Hinrichtungen in Paris soeben ekele ich mich noch mehr.

-jmw-
29.01.2015, 18:27
Nietzsche, überall Nietzsche!
Die Wissenschaft als Möglichkeit der Askese - Francois.
Was fällt, das soll man noch treten - die abendländische Kultur.
Und das macht der Übermensch - Ben Abbes, der in kurzer Zeit aus dem Nichts ein zwotes (drittes? viertes? Je nach Zählung) Römisches Reich schafft und den Europäern einen neuen Glauben und eine neue Liebe umhängt.
Das alles dann nochmal zusammengefasst durch Rediger.
Mit dem Islam als Islam hat das so viel dann gar nicht mehr zu tun.

-jmw-
29.01.2015, 18:33
Das politische Programm Ben Abbes' dreht sich um die Rettung der Familie als Grundlage des Gemeinwesens durch u.a.

- massive Erhöhung der Familienzulagen für daheimbleibende(!) Ehefrauen, gegenfinanziert durch
- massive Kürzungen (85%!) im Sozialetat und "Reprivatisierung" des Ruhestands und der Pflege;
- eine Verkürzung der Schulpflicht auf 6 o. 7 Jahre, danach soll die Mehrheit eine (handwerkliche) Lehre beginnen;
- Kostenpflichtigkeit der Mittel- und Oberschulen sowieso Hochschulen;
- eine Wirtschaftspolitik, die das Familienunternehmen zur Norm machen will;
- die Gestattung der Polygynie.

Dazu Aufnahme der südlichen und östlichen Mittelmeeranrainer in die EU.

-jmw-
29.01.2015, 18:36
Was auffällt: Später im Buche verengt sich das Szenario. Es gibt keine Demos des FN. Es gibt keine Demos der (teilentrechteten) Frauen. Es gibt keine Reaktionen der USA, der EU oder anderen Europäer, des Vatikan, Israels, Russlands. Es gibt keinen Ausblick auf die nächsten Wahlen, die Ben Abbes' ja verlieren könnte. Es gibt nicht mal einen Acquis communautaire, der einer Aufnahme bspw. Syriens in die EU im Wege stünde.

Bunbury
06.03.2015, 00:36
Was auffällt: Später im Buche verengt sich das Szenario. Es gibt keine Demos des FN. Es gibt keine Demos der (teilentrechteten) Frauen. Es gibt keine Reaktionen der USA, der EU oder anderen Europäer, des Vatikan, Israels, Russlands. Es gibt keinen Ausblick auf die nächsten Wahlen, die Ben Abbes' ja verlieren könnte.

Das ist mir auch aufgefallen. Dank Houellebecqs elliptischer Erzählweise werden ein paar Motive im Roman nur angedeutet und nicht weiter ausgeführt: den Bürgerkrieg, der durch Frankreich tobt und zur Annulierung der ersten Stichwahl führt, und vor allem das Fehlen des FN-Protestes nach der Stichwahl. Darüber hätte ich gerne mehr gelesen - wie sich der Protest des FN und der Identitären bemerkbar macht und zu einer Verschärfung der islamisch geprägten Gesetze beitragen würde.

Ansonsten ist "Soumission" das reinste Lesevergnügen, sehr kurzweilig, und liest sich schnell: in anderhalb Tagen. Es gefällt mir, daß ausführlich auf Joris-Karl Huysmans verwiesen wird, der als Figur im Hintergrund den Roman beherrscht. Huysmans ist ein Schriftsteller, den ich sehr schätze.

Was nun die Haupthandlung betrifft, so geht es weniger um den Bürgerkrieg zwischen Identitären und Islamisten, nicht einmal vorrangig um die in diesem Roman erfolgende Komplettislamisierung Frankreichs, sondern um die Identitätslosigkeit und politische Zerrissenheit jener Bio-Franzosen, welche der Umwandlung ihrer Republik nichts entgegenzusetzen haben, im Gegenteil, aus Haß auf den Front National sogar zum Steigbügelhalter der Islamischen Partei werden. Houellebeqc schreibt eine böse politische Satire über die französischen Sozialisten, die den Teufel mit Beelzebub austreiben, lieber eine islamische Republik in Frankreich zu installieren helfen (mit allen Folgen: Verbannung der Frauen aus dem öffentlichen Leben etc.), als Marine Le Pen an die Macht kommen zu lassen.

Daneben laboriert der Ich-Erzähler an einem typisch-Houellebeqcschen Unterleibsproblem, das nicht ohne Witz und Selbstironie beschrieben wird und offenbar zur Soumission des Ich-Erzählers führt: Er träumt schon davon, wie er sich als Muslim mehrere junge Frauen leisten kann.

-jmw-
06.03.2015, 09:51
Houellebecq beschreibt eine politische Umsetzung des Scherzwortes vom "Selbstmord gegen Rechts".