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Vollständige Version anzeigen : BRD nach Schweizer Modell?



Luciérnaga
16.02.2004, 12:25
Pro / contra das Schweizer Demokratie-Modell

Wäre eine Übertragung auf das deutsche System sinnvoll und machbar?

Ist es die weitmöglichste Form von Einbindung direkter Demokratie-Elemente?

Würden Probleme beim Übergang in ein ähnliches System auftreten?

Hölderlin
16.02.2004, 12:31
Die Einführung des Schweizer Bankgeheimnisses wäre nicht schlecht für Deutschland! :D

Siran
16.02.2004, 12:31
Wo würdest du da die Bundesländer unterbringen?

Luciérnaga
16.02.2004, 12:41
Original von Siran
Wo würdest du da die Bundesländer unterbringen?
Könnte man sie nicht mit den Kantonen gleichsetzen?
Mir ging es jetzt aber eigentlich gar nicht unbedingt um diese Aufteilung. Man könnte ja Bundestag und -rat in der Form beibehalten und lediglich die Volksinitiative und das Referendum einführen.

Ich frage mich einfach nur, ob dieses System tatsächlich besser wäre, wie von vielen in diesem Forum behauptet. Deshalb bin ich jetzt auf Meinungsfang! :)

Kommissär
16.02.2004, 13:34
Ich halte das Schweizer System nicht in der BRD für durchführbar.
Luciérnaga, hast Du auch eine Grafk des jetzigen Systems in der BRD? Und was genau verstehst Du unter unserem System?
So wie ich das verstehe, meinst Du unseren Regierungsapparat sowie Initative/Referendum, also Konkret die Behörden und die Demokratie. Beide sind zur BRD different.

Vielleicht noch zum besseren Verständnis:
Nationalrat = Bundestag
Ständerat = Bundesrat
Bundesrat = Kanzler und Minister
gibt es nicht = Kanzler
Erster Bundesrat(Bundespräsident) = Bundespräsident
Bundeskanzlerin = ??? Sekretärin

Stifter
16.02.2004, 14:13
Das Schweizer System wäre sicherlich auch etwas teurer als unseres.

Luciérnaga
16.02.2004, 14:36
Original von baerlach
Ich halte das Schweizer System nicht in der BRD für durchführbar.
Weswegen nicht?


Luciérnaga, hast Du auch eine Grafk des jetzigen Systems in der BRD?
Habe ich angehängt!


Und was genau verstehst Du unter unserem System?
Es ging mir primär darum, dass im Thread "Ein provokatives Denkmodell" und auch in schon in anderen Threads für Direkte Demokratie geworben und dabei immer wieder die Schweiz als Beispiel genannt wurde. Nun habt auch ihr in der Schweiz keine vollkommen Direkte Demokratie, aber sicherlich eine weitaus größere Verschmelzung repräsentativer und direkter Elemente, als wir in Deutschland, wodurch die Bürger mehr Einfluss auf die politischen Entscheidungen haben und darin womöglich ein Fortschritt im demokratischen System liegen kann.

Um den Regierungsapparat geht es mir nur nebenbei. Wobei der Bundesrat als Blockade-Organ voraussichtlich sowieso nicht mehr lange in der Form wird wirken können. Strukturelle Änderungen würden womöglich mit der Einbringung der plebiszitären Elemente einhergehen. Das darf gerne auch zur Diskussion gestellt sein.

Kommissär
16.02.2004, 16:13
Schon mal aus logistischen Gründen ist eine direkte Demokratie in der BRD nicht durchführbar. (Mir ist bewusst, dass es keine direkte Demokratie geben kann, bei uns in der Schweiz existiert die halb-direkte Demokratie, aber einfacherhalber rede ich von direkter Demokratie.)
Ich meine, Deutschland hat 10mal mehr Bürger als in der Schweiz. Neben den nationalen Abstimmungen kommen noch kantonale und Gemeinde Abstimmungen. Und das mehreremale pro Jahr.

Und Dein Vorschlag, im jetzigen System der BRD mit Initiative und Referendum zu bereichern, ist auch wieder nicht so einfach. Initiative/Referendum sind grundlegende Volksmittel, ich denke, der Kanzler und sein Kabinett wäre durch Initiative/Referendum regierungsunfähig.
Eine Einführung von Initiative/Referendum bedingt ein kompletter Umbau des deutschen Regierungsapparats.
Meine erste Frage: In der Grafik zum System der BRD sieht man im Gegensatz zur Schweizer Grafik die Einflüsse des Kanzlers(Exekutve) nicht. Daher die Frage, was sind die Aufgaben des Kanzlers?
Worauf ich hinaus will: Der Kanzler wäre in einer direkten Demokratie überflüssig...

Übrigens, neben dem Volk können auch die Kantone Gebrauch von Referendum machen, davon haben sie 2003/2004 zum ersten mal in der Geschichte Gebrauch gemacht.

Luciérnaga
16.02.2004, 16:46
Original von baerlach
Und Dein Vorschlag, im jetzigen System der BRD mit Initiative und Referendum zu bereichern, ist auch wieder nicht so einfach. Initiative/Referendum sind grundlegende Volksmittel, ich denke, der Kanzler und sein Kabinett wäre durch Initiative/Referendum regierungsunfähig.
Das müsste eure Regierung ja dann auch sein. Wie funktioniert es in der Schweiz? Führt es zum Stillstand, zu unvernünftigen Blockaden?
Was geschieht bei schmerzhaften, aber notwendigen Reformen? Stellen sich die Bürger quer?


Eine Einführung von Initiative/Referendum bedingt ein kompletter Umbau des deutschen Regierungsapparats.
Meine erste Frage: In der Grafik zum System der BRD sieht man im Gegensatz zur Schweizer Grafik die Einflüsse des Kanzlers(Exekutve) nicht. Daher die Frage, was sind die Aufgaben des Kanzlers?
Worauf ich hinaus will: Der Kanzler wäre in einer direkten Demokratie überflüssig...
Die Aufgabe des Kanzlers? Da fällt mir nur die sogenannte "Richtlinienkompetenz" ein... Wieso wäre er in der direkten Demokratie überflüssig? Weil es keine von der Regierung gegebenen Richtlinien mehr gibt? In einer "halb-direkten" Demokratie haben Regierung und Parlament doch weiterhin eine tragende Rolle.

Kommissär
16.02.2004, 17:05
Nun, im gegensatz zu der BRD gibt es bei uns keine Leaderfiguren im Regierungsapparat. Bei uns gibt es auch keine Koalitionen und Opposition also keine Konkurrenzdemokratie. Unser nennt sich Konsensdemokratie. Irgendwie ist das Paradox, aber in einer Konsensdemokratie herrscht Meinungsgleichschaltung wie in einem NS-System. Wenn eine Partei eine gewisse Grösse hat, dann darf sie in der Regierung mitregieren, in Worten: unsere Regierung ist eine Links-Mitte-Rechts Regierung. Und damit es kein Chaos gibt, muss die Regierung immer Kompromisse liefern, andere Meinungen fliessen in den Kompromiss ein, aber eigenständige Meinungen sind nicht gestattet.
Daher lösen sich Blockaden von selbst bzw. sie entstehen gar nicht. Und da unsere Regierung und das Parlament in der Regel immer eine Abbildung der Gesellschaft ist, können selten Blockaden entstehen. Wenn es aber Reformen gibt, welche die Regierung vorschlägt, die aber dann an der Urne abgelehnt werden, müssen diese dann überarbeitet werden. Die abgelehnten Vorschläge müssen also dem Volk angepasst und Schmackhaft gemacht werden. Aber in der Regel nimmt das Volk die Vorlagen immer an.

Und da eben unser Regierungssystem sehr Bürgernah ist, braucht es auch keine starke Einzelperson. Also Ihr müsstet Euch auch von der Kokurrenzdemmokratie verabschieden.
Gell, ist es ja der Kanzler, der sein Kabinett bestimmt? Das fällt ja auch weg, da bei uns das "Kabinett" vom Parlament gewählt wird.
Ich denke, die Richtlinien würden dann von allen 3 Gewalten kommen: Volk(das ist nach Montesquieu gar keine Gewalt), Parlament und Regierung

Luciérnaga
16.02.2004, 17:20
Erscheint mir so produktiv wie eine "große Koalition" hierzulande! Ergo, NULL FORTSCHRITT, NULL VERÄNDERUNG, selbst, wenn noch so notwendig.
[edit: Weil eben immer der große Konsens gesucht werden muss. Einer EU und einer großen Koalition wird Konsenszwang stets als Manko unterstellt, aber hier soll er von Vorteil sein...?]

Ist das in der Schweiz der Fall?

Kommissär
16.02.2004, 17:27
Naja, mit einer grossen Koalition kann man es nicht vergleichen. Eine grosse Koalition ist nicht beständig, sie kann jederzeit auseinanderfliegen.

Nein, bei uns ist das nicht der Fall wie bei Euch in der grossen Koalition. Bei uns geht es eh langsamer vorwärts als bei Euch. Ich denke, im Volk gibt es immer erfrischende Ideen. Während Ihr vollkommen vom Kanzler und sein Kabinett abhänig sed.

Kommissär
16.02.2004, 17:32
Edit:
Nun ja, da bei uns alles durchgehend Konsensorientiert ist, also von der kleinen Dorfgemeinde bis zum Staat, wird der Weg zum Konsens gar nicht als Zwang angesehen.
Ich finde, einseitige Meinungsdurchsetzung ist ein Zeichen von Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen.