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Vollständige Version anzeigen : Erster Schachcomputer der Welt



Kommissär
28.02.2004, 15:48
Heinz-Nixdorf-Museums-Forum rekonstruiert den "Schachtürken"
[28.02.2004 15:25]

Das Paderborner Heinz-Nixdorf-Museums-Forum (HNF)[1] hat den "Schachtürken" aus dem 18. Jahrhundert, der als berühmtester Automat der Welt gilt, erfolgreich nachgebaut und will ihn am 25. März der Öffentlichkeit vorstellen.

Ein Hauch von Geheimnis umweht bis heute das Vorbild, das Wolfgang von Kempelen 1770 in Wien vorstellte. Chess.at[2] liefert eine sehr informative und eingehende Abhandlung darüber (Vorsicht, ladezeitintensive Bilder). Der Apparat, der mehrere Jahre lang in Europa und Amerika für Aufsehen sorgte, hatte die Gestalt einer lebensgroßen sitzenden Türkenfigur an einem geschlossenen, kastenförmigen Schachtisch. Ein kompliziertes mechanisches Werk sorgte dafür, dass die Figur die Schachfiguren heben und Züge ausführen konnte. Das Aussehen des "Türken" und die Art seiner Bewegungen müssen auf die Zeitgenossen einen sehr gruselig-faszinierenden Eindruck gemacht haben, und das Geheimnis seiner Konstruktion blieb über siebzig Jahre ungelöst. Es gab vielfältige Spekulationen über seine Funktionsweise. Der mechanische Schachspieler, der als Vorläufer moderner Roboter gilt, besaß tatsächlich keine künstliche Intelligenz, sondern war Bestandteil eines ausgeklügelten Tricks. Zu seiner Zeit entfachte der "Türke" allerdings eine eingehende Diskussion über maschinelle Intelligenz. Konnte eine Maschine dem Menschen bei einer geistigen Aufgabe überlegen sein? Dieser Aspekt baut für die Fachleute des HNF eine Brücke zu heutigen Fragestellungen angesichts der Fortschritte in Informatik und Robotik.

Der ursprüngliche "Türke" saß beim Schachspiel Gegnern wie Kaiserin Maria Theresia, Napoleon Bonaparte, Benjamin Franklin und Edgar Allan Poe gegenüber, bevor er schließlich im Jahre 1854 im Chinesischen Museum, einer Kuriositätensammlung in Philadelphia, USA, verbrannte. Es blieben keine Konstruktionsunterlagen oder andere Hilfen erhalten. Im 19. Jahrhundert fertigte John Gaughan, ein Requisitenbauer für professionelle Zauberer aus Los Angeles, einen Nachbau des "Türken" an. Für die Rekonstruktion der Maschine, die Kempelen einmal in nur sechs Monaten angefertigt hatte, benötigte der Amerikaner 18 Jahre. Die Forscher und Konstrukteure des HNF brauchten für ihre Rekonstruktionsarbeit etwas über ein Jahr. Der Apparat soll nun erstmals nach 150 Jahren wieder in Europa beim Schachspielen zu erleben sein.

Zur Präsentation, die am Donnerstag, 25. März, um 19 Uhr im HNF (Fürstenallee 7, Paderborn) stattfinden wird, haben die Veranstalter einen begleitenden Vortrag von Prof. Dr. Ernst Strouhal, Wien, zu "einem der spannendsten Kapitel der Schachgeschichte" angekündigt. Der Eintritt zu dem Event ist frei.

(psz[3]/c't)

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Also der erste Schachcomputer der Welt

DichterDenker
05.03.2004, 16:26
>Interessant finde ich übrigens in dem Zusammenhang, daß heutige
>Forscher auf der Suche nach der KI sich immer noch am HAL 9000
>orientieren, dem Bordcomputer in Kubricks 2001 - Odyssee im
>Weltraum.

Lol

Übrigens HAL = IBM

H A L
I B M

John Donne
07.03.2004, 10:29
Der Automat war, obwohl jemand darin saß, eine Meisterleistung.
Künstliche Intelligenz hat mit Schachcomputern allerdings nicht so viel zu tun: Sicher ist einen gewisse Programmierte KI Voraussetzung für einen guten Schachcomputer bzw. für ein gutes Schachprogramm nachdem die Tischgeräte kaum noch eine Rolle spielen und hauptsächlich PC-Programme zum Einsatz kommen. Gerade letztere erreichen aber auf Standard-PC Hardware eine Spielstärke, gegen die selbst geübte menschliche Spieler nur extreme Außenseiterchancen haben. Gerade in schnellen Partien (5 Minuten pro Spieler für die Partie) muß man eigentlich schon mindestens auf Großmeisterniveau spielen, um gegen die Computer zu bestehen (und zumindest ich habe wenig Lust, stundenlang mit dem Computer an einer Partie zu sitzen. Gegen Menschen ja, gegen Computer ungern). Schach ist alledings kein extrem kompliziertes Spiel, die Regeln sind recht einfach und die Komplexität entsteht einzig und allein aus der unglaublich großen Anzahl von möglichen Partien. Das Brettspiel Go ist da wesentlich komplexer.
Eine Schachprogramm ist gar nicht so kompliziert, es gibt Programme, die weit mehr als reine Zuggeneratoren sind, die mit weniger als 1KB OpCode auskommen.

Empfehlen möchte ich folgendes das Buch

Hans Moravec, Mind Children, ISBN 3455083730

Das Buch ist leider schon etwas älter, aber dennoch sehr interessant. Die übertrieben technokratische Einstellung des Autors teile ich nicht. Aber gerade sie macht das Buch interessant, weil sich über Sinn und Unsinn von Technokratie ebenfalls trefflich diskutieren läßt.

Grüße
John

Der Schakal
07.03.2004, 12:33
Die bezeichnung Türke irritiert mich ein bisschen..?!