PDA

Vollständige Version anzeigen : Steuern sind sinnvoll



hbert33
29.09.2006, 13:25
Ausgangsprämissen:

a) Es gibt unabhängig vom Leistungswillen unterschiedlich leistungsstarke Menschen, die nichts für ihre Leistungsschwäche können. (Bedingt durch Alter, Behinderung, ...) Einige Menschen können einfach nichts oder nur wenig leisten.

b) Jeder Bewohner eines Landes sollte generell die (finanzielle) Möglichkeit haben in Würde am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. D.h. unter anderem die Möglichkeit sich gesund zu ernähren, sich über Geschehnisse zu informieren, sich und seine Kleidung waschen zu können und sich in eine Privatsphäre zurückziehen zu können.

c) Einige Leistungen sollten vom Staat erbracht werden, da diese privatwirtschaftlich nicht organisiert werden können (z.B. Verteidigung) oder allen Menschen kostenlos zugänglich sein sollten (z.B. Bildung).

d) Leistung soll sich lohnen. Wer selbst viel leistet, der soll finanziell gut dastehen und sich einen gewissen Luxus kaufen können.

e) Es gibt Einkommensformen, die nichts mit unmittelbarer Leistung zu tun haben. Wenn ich bspw. Einkommen aus Zins, Aktienbesitz oder Vermietung habe, dann muss ich dafür nichts arbeiten. Wenn ich eine Firma besitze und diese Leite, ist das leiten sehrwohl eine Leistung. Wenn ich sie aber leiten lasse, dann arbeite ich nichts und bekomme trotzdem die Firmengewinne. (Ich trage jedoch wenigstens noch das unternehmerische Risiko).

f) Deine Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft ist zum Großteil "anerzogen". Mit gesunder Ernährung, Bildung und Forderung durch das soziale Umfeld wird man leistungsfähig. Ist dein soziales Umfeld (Freunde, Verwandte) nicht in der Lage dich gesund zu ernähren, zu bilden und zu fördern wirst du leistungsschwach.
Ein fleissiges Umfeld motivieren andere zum Fleiß. Ein faules Umfeld "motiviert" andere zur Faulheit.
Neben der angeborenen oder natürlichen Ungleichheit a) gibt es also auch die anerzogene Ungleichheit.

g) [nachträglich ergänzt]
Gesunde Ernährung und Bildung (Bücher, Computer, Nachhilfe, Studium) kosten Geld.
Ist dein Umfeld arm, dann hast du schlechtere Chancen an gesunde Ernährung und Bildung zu kommen.
Zusätzlich haben arme Eltern viele Probleme, und wenig Zeit für ihrer Kinder (und die können auch niemanden bschäftigen, der sich um die Künder kümmert).



These:
Steuern sind sinnvoll.

Argumentation:

1) Wenn jeder nur für sich selbst sorgt, dann werden die leistungssarken Fleissigen reich, und die Leistungsschwachen verhungern, oder können kein Leben in Würde führen.

2) Wenn jeder nur für seine Familie/ Kinder sorgt, dann wird es reiche und arme Familien geben. Die Kinder der Leistungsschwachen haben schlechte Chancen der Armut zu entrinnen und werden meistens wieder leistungsschwach. Die Kinder der Leistungsstarken haben wesentlich mehr Glück und haben gute Chancen wiederum leistungsstark zu werden.

3) Es besteht die Gefahr, dass die Armen diesen Zustand nicht hinnehmen und gewaltätig werden. Dass sie sich zu einem blutigen Revolte hinreissen lassen und es viele Tote gibt.

Zwischenfazit:
Wenn man das Elend in 1), den unfairen Teufelskreislauf in 2) und die Gefahr der Revolte in 3) verhindern will, sollte man ein soziales System errichten, was auf so etwas wie Chancengleichheit (von der wir in der BRD noch meilenweit entfernt sind) und Umverteilung hinarbeiten.

Maßnahmen sollten darauf abzielen, dass jedes Kind
- möglichst gesund erährt wird
- eine möglichst gute Bildung bekommt
- zu Aktivität und freier Entfaltung gefördert wird
- in einem möglichst motiviertem Umfeld aufwächst.

Diese Maßnahmen sollten durch den Staat organisiert, und durch Steuermittel finanziert werden. Es sollte klar sein, dass die Armen diese finanzielle Last nicht selbst alleine schultern können, sondern Unterstützung der Leistungsstarken brauchen. Dafür sind Einkommens- und Vermögenssteuern das einfachste Mittel.

Durch die Unterstützung von Eltern und kostenloser Bildung kann die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft insgesamt gesteigert werden. Dadurch steigt auch der allgemeine Wohlstand.

Weitere Vorteile von Steuern in Kurzform
- man kann mit Steuern steuern - also das Verhalten der Bürger beeinflussen. (Alkohol & Tabaksteuern, Ökosteuer, Kerosinsteuer, ....)
- Finanzierung von Politzei, Militär, Justiz.
- Finanzierung von Infrastruktur.

Fazit

Steuern sind generell etwas sehr sinnvolles.
Die Umverteilung sollte möglichst eine reale Chancengleichheit herstellen und gleichzeitig das Leistungsprinzip erhalten.
Vermögen und Einkommen das nicht auf Leistung beruht sollten stärker besteuert werden.

Wer meint ich rede Unsinn, den würde ich bitten inhaltlich zu argumentieren. Ihr braucht mir nicht zu erzählen wer oder was ich bin. Und die bekennenden Egoisten würde ich bitten insbesondere zu 1), 2) und 3) Stellung zu nehmen.

Die Debatte ob die Umverteilung nur "deutschen" zugute kommen sollte und ob wir das Weltsozialamt sind, bitte ich in einem weiteren Thread zu diskutieren. DANKE! Die Nationalisten und Rassisten können sich ja von mir aus einfach vorstellen, die Regelung gelte nur für deutsche.

Misteredd
29.09.2006, 13:27
Wieso ist Umverteilung für Chancengleichheit notwendig?

hbert33
29.09.2006, 13:40
Wieso ist Umverteilung für Chancengleichheit notwendig?

Guter Hinweis. Ich hatte Prämisse g) einfach unterschlagen. Ich habe sie jetzt ergänzt.

-jmw-
29.09.2006, 18:06
Ausgangsprämissen:
a) Ja.
b) Ja.
c) Nein.
d) Ja.
e) Ja. Nicht mit unmittelbarer Leistung, sehr wohl aber mit mittelbarer.
f) Ja.
g) Ja.

These:
Ja.
(Hätten sie keinen Sinn, gäb's sie nicht.)

Argumentation:

1) Ja.
2) Ja.
3) Ja.

Zwischenfazit:

sollte man ein soziales System errichten
Ersetze "sollte" durch "könnte", dann ist's weniger normativ. :)

Weitere Vorteile von Steuern in Kurzform

man kann mit Steuern steuern - also das Verhalten der Bürger beeinflussen
Mit anderen Worten: andere dazu bringen, nach seiner Pfeife zu tanzen.

----------------------------------

Anmerkungen:

(I) Die Argumentationen 1 und 2 gehen davon aus, dass jeder sich nur um sich selber bzw. um seine Familie kümmerte.
Ich meine, dies ist übertrieben pessimistisch.
Familie, Freunde, Nachbarn, Kirchen und andere Religionsgemeinschaften, Berufsverbände, Wohltätigkeits- und Selbsthilfevereine, Stiftungen und viele andere Organisationen ermöglichen es, auch anderen zu helfen.

WENN die Menschen tatsächlich nur sich und ihrer Familie helfen würden, würden sie überdies in einer Demokratie kaum einem "sozial"staatlichen Programm zustimmen.

(II) Das Steuern sinnvoll sein können, ist ein notwendiges, aber (ausser man ist Utilitarist) kein hinreichendes Argument für sie.

mfg

Philipp
29.09.2006, 19:28
So wie ich das sehe fördert der Staat die Armut, da er durch tausend Regelungen und massive Besteuerung von Arbeit vor allem weniger begabte Menschen aus dem Arbeitsmarkt verdrängt.

Anschließend müssen diese staatlich verursachten Probleme dann als Rechtfertigung für noch mehr Staat herhalten, natürlich immer mit einer dicken Scheibe für besserverdienende Bürokraten, die einzigen Gewinner dieses Systems.

Was wirklich hilflose Menschen angeht, gibt es auch genügend nichtstaatliche Möglichkeiten, wie "Die Tafeln" etc. Offensichtlich will fast niemand, dass diese Menschen leiden, also braucht man dafür auch keinen staatlichen Zwang. Man könnte z.B. in Supermärkten in einer eigenen Abteilung 10 Prozent teurere Lebensmittel verkaufen mit einer Aufschrift "10 Prozent der Produktion geht an Obdachlose und Schwerbehinderte" usw., gäbe da bestimmt genügend freiwillige Käufer für solche Waren.

hbert33
01.10.2006, 21:04
So wie ich das sehe fördert der Staat die Armut, da er durch tausend Regelungen und massive Besteuerung von Arbeit vor allem weniger begabte Menschen aus dem Arbeitsmarkt verdrängt.

Kannst du das erläutern?

1) Durch Regelungen und Gesetze werden weniger begabte Menschen aus dem Arbeitsmarkt verdrängt?

2) Durch Steuern werden weniger begabte Menschen aus dem Arbeitsmarkt verdrängt?

Ich verstehe an beiden Punkten nicht, warum gerade die weniger begabten stärker betroffen sein sollen.
Ich denke viele Regelungen sind ein sinnvoller Schutz für Beschäftigte - natürlich verhindern sie im weiteren Sinne Beschäftigung - aber schützen zugleich vor Ausbeutung.

hbert33
01.10.2006, 21:09
natürlich immer mit einer dicken Scheibe für besserverdienende Bürokraten, die einzigen Gewinner dieses Systems.

Wer sind denn die Bürokraten?
Leute die vom Büro aus Herrschaft ausüben? Eher so Manager oder Politiker?



Was wirklich hilflose Menschen angeht, gibt es auch genügend nichtstaatliche Möglichkeiten, wie "Die Tafeln" etc.

Also die sozialen Menschen sollen sich freiwillig drum kümmern, damit die Egoisten zu nichts gezwungen werden?

-jmw-
01.10.2006, 22:01
Also die sozialen Menschen sollen sich freiwillig drum kümmern, damit die Egoisten zu nichts gezwungen werden?
War zwar an Philipp gerichtet, dennoch erlaube ich mir eine Antwort:
Wenn die "Sozialen" andere zwingen, nach ihren und nicht nach deren Präferenzen sich zu kümmern, werden die "Sozialen" selber zu "Egoisten".

Übrigens sind die "Sozialen" in unserer Gesellschaft in der Mehrheit, sonst hätten wir nicht eine derart hohe Zustimmung zum Sozialstaat:
Eine Mehrheit von Egoisten würde wohl keine 5 Sozialstaatsparteien in den Bundestag wählen.

mfg


EDIT:
"Da wird behauptet, die Mehrheit der Menschen bestünde aus kalten Egoisten, die nicht bereit seien, ihren armen, alten und kranken Mitbürgern unter die Arme zu greifen. Diese Mehrheit der Menschen wird jedoch angeblich durch engelgleiche Idealisten und Altruisten regiert, die den nötigen Zwang ausüben, um Elend zu verhindern oder wenigstens zu mildern. Ist das in einer Demokratie überhaupt möglich? Wenn ich das richtig verstanden habe, können die wenigen Altruisten in der Demokratie gar nicht an der Regierung sein, denn die Mehrheit der Egoisten wählt doch wohl Egoisten. Oder andersherum: Eine Mehrheit von Altruisten, die Altruisten in die Regierung wählt, würde klarerweise auch freiwillig ihren Mitmenschen helfen. Der Zwang sei darum notwendig, weil der eine viel, der andere wenig und ein dritter überhaupt nichts freiwillig für die Mitmenschen zahlen würde. Wenn nun jemandem erlaubt würde, überhaupt nichts zum sozialen Ausgleich beizutragen, würden auch die anderen ihre Hilfe zurückziehen... Jede Mehrheit von Egoisten wird einen Weg finden, den scheinbaren Sozialstaat zum eigenen Vorteil einzusetzen. Dies bedeutet, daß die Egoisten sich vom Steuergeld auch der Altruisten bedienen. In diesem Fall bekommen die wirklich Bedürftigen nicht den Anteil von den Altruisten, den sie bekämen, wenn die Altruisten ihre Hilfe direkt und freiwillig zahlen könnten. Das kann logisch gar nicht anders sein: Eine egoistische Mehrheit, die über eine altruistische Minderheit regiert, zwingt die Altruisten zu Steuerzahlung. Mit den Steuern werden aber die Interessen der Egoisten, nicht die der Altruisten verfolgt. Daraus ergibt sich, daß die Bedürftigen durch den Sozialstaat weniger erhalten, als sie erhalten würden, wenn es den Sozialstaat nicht gäbe."
(aus: Stefan Blankertz: Die Therapie der Gesellschaft.)

hbert33
02.10.2006, 02:07
Übrigens sind die "Sozialen" in unserer Gesellschaft in der Mehrheit, sonst hätten wir nicht eine derart hohe Zustimmung zum Sozialstaat:
Eine Mehrheit von Egoisten würde wohl keine 5 Sozialstaatsparteien in den Bundestag wählen.

Ich habe doch noch gar nichts zum Verhältnis der Egoisten zu sozialen Leuten gesagt...

Ich denke es gibt drei Gruppen:

1) Die besonders sozialen - die sind bereit den schwachen selbst mehr zu helfen als sie "müssen".

2) Die gewöhnlich sozialen - die glauben, dass es das beste ist wenn es ein "System" gibt, dass sich um die schwachen sorgt, und von allen finanziert wird.

3) Die weniger sozialen, die sich gerne nicht an den transferleistungen beteiligen würden, und dies als Zwang empfinden.

Ich schätze die Verteilung in der Bevölkerung sehen etwa so aus:
1) 15 %
2) 70 %
3) 15 %

In der Politik wird darüber diskutiert, wie hoch der Zwangsanteil der Umverteilung sein soll, und wer wie viel blechen muss und bekommt.
Auf den EDIT-text möchte ich nicht weiter eingehen, da ich deine Grundannahmen überhaupt nicht teile...

Kannst du mir mal einen guten Text zum Panarchismus posten? Da würde ich gerne mal mit dir drüber diskutieren. (In einem neuen Thread)

mfg - hbert

-jmw-
02.10.2006, 22:17
Ich schätze die Verteilung in der Bevölkerung sehen etwa so aus:
1) 15 %
2) 70 %
3) 15 %
Nehmen wir mal an, Deine Schätzung stimmte;
gehen wir desweiteren davon aus, dass von den 70 Prozent derjenigen, die "das System" die Arbeit machen wollen, sich OHNE dieses System je die Hälfte zu Gruppe 1 und zu Gruppe 2 gesellen würde;
dann hätten wir 50 Prozent, die freiwillig "sozial" im wohlfahrtlich-umverteilerischen Sinne wären.
Würden diese 50 Prozent ausreichen, alle Bedürftigen zu versorgen?
Mit einiger Sicherheit, meine ich.

Nehmen wir an, nur ein kleiner Teil von Gruppe 2 würde sich ohne "System" zur Gruppe 1 gesellen;
sagen wir, es wären ein Zehntel.
Dann wären in Gruppe 1 immernoch 20 Prozent der Bevölkerung.
Würden die reichen?

Und HIER wird wichtig die Zahl der Bedürftigen:
Ist sie HOCH, reichen die 20 vH vermutlich NICHT;
ist sie hingegen GERING, dann dürften sie durchaus reichen.

Ich meine, dass ein Anteil von 20 Prozent freiwillig und grosszügig Wohlfahrt leistenden Menschen an der erwachsenen Bevölkerung durchaus reichen müsste, um die Bedürftigen "durchzubringen".
Warum ich das glaube?
Weil ich meine, dass der Anteil von Bedürftigen heute sehr vil höher ist, als er sein müsste.


Kannst du mir mal einen guten Text zum Panarchismus posten? Da würde ich gerne mal mit dir drüber diskutieren. (In einem neuen Thread)
Unter www.panarchy.org ist gut was zu finden.

Zur Einführung geeignet: http://www.panarchy.org/nettlau/1909.eng.html

mfg

Irratio
03.10.2006, 00:25
Unter www.panarchy.org ist gut was zu finden.

Zur Einführung geeignet: http://www.panarchy.org/nettlau/1909.eng.html

mfg
Sehr schön. Gefällt mir.

Irratio.

-jmw-
03.10.2006, 00:34
Sehr schön. Gefällt mir.

Irratio.
Gefällt mir, das es Dir gefällt! :))

hbert33
03.10.2006, 00:44
Nehmen wir mal an, Deine Schätzung stimmte;
gehen wir desweiteren davon aus, dass von den 70 Prozent derjenigen, die "das System" die Arbeit machen wollen, sich OHNE dieses System je die Hälfte zu Gruppe 1 und zu Gruppe 2 gesellen würde;
dann hätten wir 50 Prozent, die freiwillig "sozial" im wohlfahrtlich-umverteilerischen Sinne wären.
Würden diese 50 Prozent ausreichen, alle Bedürftigen zu versorgen?
Mit einiger Sicherheit, meine ich.

Nehmen wir an, nur ein kleiner Teil von Gruppe 2 würde sich ohne "System" zur Gruppe 1 gesellen;
sagen wir, es wären ein Zehntel.
Dann wären in Gruppe 1 immernoch 20 Prozent der Bevölkerung.
Würden die reichen?

Und HIER wird wichtig die Zahl der Bedürftigen:
Ist sie HOCH, reichen die 20 vH vermutlich NICHT;
ist sie hingegen GERING, dann dürften sie durchaus reichen.


Warum willst du den 70% ihre Meinung verwehren? Ich glaube die sehr sozialen, sind auch dafür, dass es staatliche Umverteilung gibt. Das sind dann 85:15.
Du suchst nach einem Schlupfloch für die egoistische Minderheit.
Natürlich könnten 50% auch alleine die Bedürftigen versorgen. Nur muss dann jeder der hilft doppelt so viel helfen, wie wenn 100% sich beteiligen. Wenn alle die Last gemeinsam schultern, dann ist es für niemanden schwer. Wenn sich einzelne (insbesondere die Starken) ihrer "Pflicht" entziehen, dann wird es für den Rest die Belastung mehr. Das ist meiner Ansicht nach der springende Punkt.

Beispiele für so ein "aus der Pflicht ziehen" wären Steuerflucht, die privaten Krankenversicherungen, private Rentenvorsorge, Schulgeld, Studiengebühren, ...

mfg - hbert

Irratio
03.10.2006, 00:47
Warum willst du den 70% ihre Meinung verwehren? Ich glaube die sehr sozialen, sind auch dafür, dass es staatliche Umverteilung gibt. Das sind dann 85:15.
Du suchst nach einem Schlupfloch für die egoistische Minderheit.
Natürlich könnten 50% auch alleine die Bedürftigen versorgen. Nur muss dann jeder der Hilft doppelt so viel Helfe, wie wenn 100% sich beteiligen. Wenn alle die Last gemeinsam schultern, dann ist es für niemanden schwer. Wenn sich einzelne (insbesondere die Starken) ihrer "Pflicht" entziehen, dann wird es für den Rest die Belastung mehr. Das ist meiner Ansicht nach der springende Punkt.

Beispiele für so ein "aus der Pflicht ziehen" wären Steuerflucht, die privaten Krankenversicherungen, private Rentenvorsorge, Schulgeld, Studiengebühren, ...

mfg - hbert
Man hat allerdings auch keine Ansprüche, da man sich für ein bestimmtes System entschieden hat. Wenn Menschen tatsächlich so menschlich sind, wie angenommen, können wir davon ausgehen, dass sich auch langfristig etwas ergibt, was für alle vorteilhaft ist.

Andererseits verstehe ich nicht, warum Menschen, die anderen ihre Gier verübeln, nicht bereit sind, zu zahlen. Natürlich wärs anders einfacher, aber genau so sehen diejenigen, die nicht der Meinung sind, sie würden eine Absicherung brauchen, auch.

Wer nicht bereit ist, eine Gesellschaft zu unterstützen, besucht halt nicht ihre Uni. Ganz einfach.

Irratio.

Manfred_g
03.10.2006, 00:55
Wer sind denn die Bürokraten?
Leute die vom Büro aus Herrschaft ausüben? Eher so Manager oder Politiker?

Also die sozialen Menschen sollen sich freiwillig drum kümmern, damit die Egoisten zu nichts gezwungen werden?

Ja. Wenn man kein Problem mit Freiwilligkeit hat, ist das eine brauchbare Lösung.

-jmw-
04.10.2006, 22:22
Warum willst du den 70% ihre Meinung verwehren?
Wie kommst Du darauf, ih wollte das?


Du suchst nach einem Schlupfloch für die egoistische Minderheit.
Je nach Definition von "Egoismus" ist das sowohl richtig als auch falsch.
Ich jedenfalls suche nach einem "Schlupfloch", dass mich zufrieden stellt in meinem Bedürfnis, anderen nicht in ihre Privatangelegenheiten reinzuquatschen.
Dies erfordert, politisch gesehen, natürlich ein Zurückdrängen derjenigen Organisation, die tagtäglich nix anderes tut, als eben dieses Reinquatschen.

'türlich ist das in gewisser Weise egoistisch, so wie es jede andere Bedürfnisbefriedigung auch ist.


Wenn alle die Last gemeinsam schultern, dann ist es für niemanden schwer.
"Die Last gemeinsam schultern" klingt sehr nett.
ZU nett.
Wie wär's mit: "Wenn Du nicht mithilfst, dann wirste durchgeprügelt und in einen Käfig gesteckt!"?
Denn DAS steckt im Endeffekt ja dahinter.
Und es wirft die Frage auf, WO der Egoismus eigentlich zu suchen ist.


Wenn sich einzelne (insbesondere die Starken) ihrer "Pflicht" entziehen, dann wird es für den Rest die Belastung mehr. Das ist meiner Ansicht nach der springende Punkt.
Nehmen wir mal an, es gäbe diese "Pflicht" NICHT - wie wäre die Sache dann zu bewerten?

mfg

hbert33
05.10.2006, 01:11
Wie kommst Du darauf, ih wollte das?
Ich bin davon ausgegenagen, das die deutschen Bürger (70%) willentlich CDU und SPD gewählt haben, welche sich entweder christlich oder sozial bezeichnen.
Wir leben in einem Staat in dem Umverteilt wird und im GG etwas von Eigentum verpflichtet steht.



"Die Last gemeinsam schultern" klingt sehr nett.
ZU nett.
Wie wär's mit: "Wenn Du nicht mithilfst, dann wirste durchgeprügelt und in einen Käfig gesteckt!"?
Denn DAS steckt im Endeffekt ja dahinter.
Und es wirft die Frage auf, WO der Egoismus eigentlich zu suchen ist.
mfg

Durchgeprügelt wirst du als Steuerhinterzieher wohl kaum. Knast finde ich eine schlecht Bestrafung. Soziale Ächtung fände ich toll, aber das funktioniert in unserer anonymen Massengesellschaft nicht.



Nehmen wir mal an, es gäbe diese "Pflicht" NICHT - wie wäre die Sache dann zu bewerten?

Ich glaube in unsere Diskussion gibt es zwei relevante Knackpunkte.

1) Gibt es die "Pflicht" sozial zu sein?

Diese Pflicht gibt es natürlich nicht von Natur aus sondern höchstens als normativen, gesellschaftlichen Wert. Oder halt als gesetzliche Pflicht.
Die gesellschaftliche Norm "sei sozial" halte ich persönlich für sehr wichtig und gut. Für mich hat sich auch viel mit der Würde des Menschen zu tun. Wenn ich helfen könnte, aber einer notleidenden Person nicht helfen will, dann verletze ich sowohl die Würde der Notleidenden als auch meine eigene Würde. Ich verhalte mich gefühlskalt und unbarmherzig - wie ein "Tier" - nicht wie ein Mensch.
Mit der Verwirklichung von Chancengleichheit sehe ich das ähnlich. Wenn ich einem Kinde seine Chance auf Entwicklung nehme, weil ich sage - ohne Geld keine Schule - dann hat das für mich nichts mit Mensch sein zu tun.
Zudem denke ich, dass es in einer sozialen Gesellschaft allen besser geht, und auch die Leistungsstarken langfristig von ihren Abgaben profitieren.

2) Hat die Mehrheit das Recht die Minderheit zu zwingen?

Da bin ich etwas gespaltener Meinung. Ich halte die deutsche Demokratie eigentlich für sehr durchdacht und sehe nur Mängel in der politischen Allgemeinbildung.
Ich glaube nicht, das sich mit mehrere Tausend Menschen ein Konsens erzielen lässt. Daher halte ich die Herrschaft der Mehrheit für das Fairste. Minderheitenschutz erachte ich für sehr wichtig, aber die Steuerpflicht als Bevormundung zu sehen, und diese abschaffen zu wollen, finde ich albern.

-jmw-
05.10.2006, 13:26
Ich bin davon ausgegenagen, das die deutschen Bürger (70%) willentlich CDU und SPD gewählt haben, welche sich entweder christlich oder sozial bezeichnen.
Wir leben in einem Staat in dem Umverteilt wird und im GG etwas von Eigentum verpflichtet steht.
Durchaus zutreffend.
Nur ist das Wählen von CDU oder SPD nicht nur eine Meinung, sondern auch eine Hanldung, darüber hinaus eine, die in Erwartung weiterer Handlungen seitens dieser Parteien bzw. der von ihren Mitgliedern besetzten Ämter erfolgt.
Über die Meinungsfreiheit geht es also weit hinaus.


Durchgeprügelt wirst du als Steuerhinterzieher wohl kaum. Knast finde ich eine schlecht Bestrafung. Soziale Ächtung fände ich toll, aber das funktioniert in unserer anonymen Massengesellschaft nicht.
Das "Durchprügeln" ist hier natürlich zu verstehen als Metapher safür, dass hinter jedem Gesetz die Androhung gewaltsamer Durchsetzung steht.

Das ist bei vielen Gesetzen sicher gut und richtig und bei vielen mag man sich zumindest drüber streiten;
jedoch, wenn man sich erstmal klarmacht, was dahintersteckt, kommt man bei einigen Gesetzen und allgemein bei einigen Bereichen staatlicher Tätigkeit auf die Frage, ob es dies einem wirklich wert ist (und sein sollte).


Ich glaube in unsere Diskussion gibt es zwei relevante Knackpunkte.

1) Gibt es die "Pflicht" sozial zu sein?

Diese Pflicht gibt es natürlich nicht von Natur aus sondern höchstens als normativen, gesellschaftlichen Wert. Oder halt als gesetzliche Pflicht.
Die gesellschaftliche Norm "sei sozial" halte ich persönlich für sehr wichtig und gut. Für mich hat sich auch viel mit der Würde des Menschen zu tun. Wenn ich helfen könnte, aber einer notleidenden Person nicht helfen will, dann verletze ich sowohl die Würde der Notleidenden als auch meine eigene Würde. Ich verhalte mich gefühlskalt und unbarmherzig - wie ein "Tier" - nicht wie ein Mensch.
Mit der Verwirklichung von Chancengleichheit sehe ich das ähnlich. Wenn ich einem Kinde seine Chance auf Entwicklung nehme, weil ich sage - ohne Geld keine Schule - dann hat das für mich nichts mit Mensch sein zu tun.
Zudem denke ich, dass es in einer sozialen Gesellschaft allen besser geht, und auch die Leistungsstarken langfristig von ihren Abgaben profitieren.
Die Norm "sei sozial !" ist mit Sicherheit sehr wichtig für das gesellschaftliche Zusammenleben.
Ohne Miteinander und nur mit Gegeneinander kann ein Gemeinwesen nicht bestehen.
Jedoch ist, wie oben schon angedeutet, "sei sozial" etwas anderes als "sei sozial - oder Du wirst bestraft".
ICH zumindest mag niemanden zwingen, sich "sozial" zu verhalten und schon garnicht, ihm obendrein vorzuschreiben, was unter "sozial" konkret zu verstehen sei.
Mit der Menschenwürde halte ich das auch nicht für vereinbar (im krassen Gegensatz z.B. zur das Grundgesetz und Artikel 1 betreffenden allgemeinen Rechstauffassung), denn einen Menschen zwangsweise als Mittel zu benutzen zum Zwecke der Besserstellung eines anderes halte ich im Regelfall für seiner Würde durchaus abträglich.
Ist es nicht gerade die Menschenwürde, die uns auferlegt, einen Menschen als solchen zu achten und ihn nicht im Wortsinne zu miss-brauchen, nämlich durch Zwangsmittel zur Befriedigung unserer eigenen oder anderer Bedürfnisse?


2) Hat die Mehrheit das Recht die Minderheit zu zwingen?

Da bin ich etwas gespaltener Meinung. Ich halte die deutsche Demokratie eigentlich für sehr durchdacht und sehe nur Mängel in der politischen Allgemeinbildung.
Ich glaube nicht, das sich mit mehrere Tausend Menschen ein Konsens erzielen lässt. Daher halte ich die Herrschaft der Mehrheit für das Fairste. Minderheitenschutz erachte ich für sehr wichtig
In puncto Minderheitenschutz bin ich von der BRD-Ordnung vom Prinzip her garnicht so weit entfernt.
Das Grundgesetz stellt gewisse Rechte AUSSERHALB des Mehrheitsentscheides.
Es anerkennt also, dass es dem Willen der Mehrheit, sei sie auch noch so gross, entzogene und nicht zur Disposition gestellte Bereiche gibt.
Die BRD ist drum auch eben keine blosse Demokratie, sondern hat, wie auch vielfach vom BVerF festgestellt, eben eine freiheitlich-demokratische Grundordnung - was durchaus etwas anderes ist als nur eine Demokratie.

WIE WEIT der Minderheitenschutz gehen soll, dass ist dann schon eine wichtige Frage.
Ich meine: Soweit als möglich und mit der kleinsten Minderheit, dem Individuum nämlich, als Ausgangspunkt.


aber die Steuerpflicht als Bevormundung zu sehen, und diese abschaffen zu wollen, finde ich albern.
Das magst Du halten, wie Du willst. :)

Ich find's garnicht albern, sondern schlichtweg geboten.

mfg

-jmw-
05.10.2006, 13:28
Passend dazu:

"Mit Steuern, will man 'was steuern, das nicht (von selbst?!?) läuft, wie MAN will.
Damit negiert man die Selbststeuerung der betrachteten Objekte.
Damit beleidigt der, der steuern will, die Menschen, die er als Objekte ansieht. Unzählige.
Der Mensch ist Subjekt. Das ist seine Würde.
Damit dokumentiert der, der steuern will, daß er weiß, wo es langgeh'n MUSS. Und daß er es besser weiß, als alle anderen. Und daß er es für ALLE anderen weiß.
Unglaublich.
Aber das gibt es.
Jeden Tag.
Mehrmals.
Immer wieder
Aber abänderlich.
Der Klügere gibt nicht immer nach.
Der Klügere wehrt sich.
Wer keine Steuern zahlt, hilft, daß Menschen ihre Würde bewahren.
Amen."

(geschrieben von Stefan Sedlaczek)

hbert33
05.10.2006, 14:21
Mit Steuern, will man 'was steuern, das nicht (von selbst?!?) läuft, wie MAN will.

Ja, ich bin überzeugt, dass sich Straßenbau, Umweltschutz, kostenlose Bildung und Justiz nicht von selbst entstehen oder sich selbst zum Besten der Gesellschaft regeln.
MAN ist die demokratische Mehrheit.



Damit negiert man die Selbststeuerung der betrachteten Objekte.

Damit schränkt man die Freiheit aller Bürger, einschließlich der Mehrheit, welche die Steuern beschlossen hat, ein. Und gewinnt auf der anderen Seite gleichzeitig neue Freiheiten hinzu. Z.b. die Reisemöglichkeit auf einer Straße, oder die Angstfreiheit, die ein funktionierendes liberales Justizsystem mit sich bringt.



Damit beleidigt der, der steuern will, die Menschen, die er als Objekte ansieht. Unzählige.

Das mit dem Objekt halte ich für Unsinn. Jeder der für Steueren ist, gibt einen Teil seiner Freiheit auf um neue zu erhalten.



Damit dokumentiert der, der steuern will, daß er weiß, wo es langgeh'n MUSS. Und daß er es besser weiß, als alle anderen. Und daß er es für ALLE anderen weiß.


Die Mehrheit kann wohl noch am ehesten entscheiden wo hin es gehen soll.
Dabei ist klar: Je größer/einstimmiger die Mehrheit um so besser.
Oder wer soll sonst entscheiden wo es langeht in einer Gesellschaft.

Steuern abschaffen = Gesellschaft auflösen = wieder zum Tier werden.



Der Klügere gibt nicht immer nach.
Der Klügere wehrt sich.


Das soll er ja auch. Er soll politisch aktiv werden und sinnlose Steuern und Staatsausgaben anprangen. Und wenn er in der Minderheit ist, dann muss er andere von seiner Meinung überzeugen.

-jmw-
05.10.2006, 14:51
Ja, ich bin überzeugt, dass sich Straßenbau, Umweltschutz, kostenlose Bildung und Justiz nicht von selbst entstehen oder sich selbst zum Besten der Gesellschaft regeln.
Natürlich regeln sie sich nicht von selbst, wie soll das auch gehen?
Menschen müssen schon aktiv werden in der einen oder anderen Form, wenn sie eine Strasse oder eine Ausbildung oder Streitschlichtung wollen.


Damit schränkt man die Freiheit aller Bürger, einschließlich der Mehrheit, welche die Steuern beschlossen hat, ein. Und gewinnt auf der anderen Seite gleichzeitig neue Freiheiten hinzu. Z.b. die Reisemöglichkeit auf einer Straße, oder die Angstfreiheit, die ein funktionierendes liberales Justizsystem mit sich bringt.
Ich vermute, dass Herr Sedlaczek unter "Freiheit" etwas anderes versteht als das, was sich hinter "Angstfreiheit" oder der Möglichkeit, zu reisen, verbirgt.


Das mit dem Objekt halte ich für Unsinn. Jeder der für Steueren ist, gibt einen Teil seiner Freiheit auf um neue zu erhalten.
Weniger jemand, der FÜR Steuern ist, gibt Freiheit auf, wenn er sie zahlt.
Er tut's ja gern und würd's wohl auch freiwillig tun. (Wenn nicht, ist er eiN Heuchler.)
Freiheit wird eher dem genommen, der DAGEGEN ist und TROTZDEM zahlen muss.


Die Mehrheit kann wohl noch am ehesten entscheiden wo hin es gehen soll.
Danke für's Angebot, liebe Mehrheit, aber: Wo ICH hingehe, dass kann ich schon selber entscheiden. :)


Steuern abschaffen = Gesellschaft auflösen = wieder zum Tier werden.
Au backe... :))


Und wenn er in der Minderheit ist, dann muss er andere von seiner Meinung überzeugen.
Wenn ich diesen Grundsatz angesichts einer Überzahl von Jugendlichen bei einem gegen mich gerichteten Strassenraub nicht akzeptieren würde (sondern entweder zuschlagen oder weglaufen), warum dann bei um und bei 80 Millionen BRDlern?

mfg

Philipp
05.10.2006, 18:08
Die Mehrheit kann wohl noch am ehesten entscheiden wo hin es gehen soll....Und wenn er in der Minderheit ist, dann muss er andere von seiner Meinung überzeugen.


4 Männer und eine Frau in einem Zimmer, die Männer wollen die Frau vergewaltigen, 80 Prozent Mehrheit, nun liegt es an der Frau diese Mehrheit von ihrer anderen Meinung zu überzeugen.

Schafft sie es nicht, dann ist die Vergewaltigung rechtmäßig, schließlich wird die Mehrheit schon wissen wohin es gehen soll.

etwas
05.10.2006, 18:39
4 Männer und eine Frau in einem Zimmer, die Männer wollen die Frau vergewaltigen, 80 Prozent Mehrheit, nun liegt es an der Frau diese Mehrheit von ihrer anderen Meinung zu überzeugen.

Schafft sie es nicht, dann ist die Vergewaltigung rechtmäßig, schließlich wird die Mehrheit schon wissen wohin es gehen soll.

Hab ein dazupassendes Zitat. Sinngemäß: Auch wenn alle einer Meinung sind, können alle unrecht haben. Quelle und Wortlaut kann ich nachreichen wenn ich wieder an meinen eigenen PC komm ;)

Man sollte aber nicht jede Aussage pauschalisieren, immerhin hat hbert33 von einer Mehrheit in einer kompletten Gesellschaft bzw. Wählerschaft gesprochen und nicht von irgendeiner Mehrheit in irgendeiner Gruppe, wie z.B. der von Phillip genannte Fall.
Das ist eben noch ein Unterschied

Kenshin-Himura
05.10.2006, 20:49
Hab ein dazupassendes Zitat. Sinngemäß: Auch wenn alle einer Meinung sind, können alle unrecht haben. Quelle und Wortlaut kann ich nachreichen wenn ich wieder an meinen eigenen PC komm ;)

das hier ist doch auch nicht schlecht: der cdu-bundestagsabgeordnete günter nooke, der aus dem osten kommt:

"Sie haben Diktatur nicht erlebt, Frau Roth! Wenn sich alle einig sind, bedeutet das noch nicht, dass alle Recht haben!" - zu Claudia Roth im Plenum des Deutschen Bundestages, 17. Juni 2004

als person, die 12 jahre schüler an einer ostdeutschen schule war, weiß ich, wovon nooke spricht.


Man sollte aber nicht jede Aussage pauschalisieren, immerhin hat hbert33 von einer Mehrheit in einer kompletten Gesellschaft bzw. Wählerschaft gesprochen und nicht von irgendeiner Mehrheit in irgendeiner Gruppe, wie z.B. der von Phillip genannte Fall.
Das ist eben noch ein Unterschied

ersteres kann aber auch zeigen, dass es auch bei zweiterem ein irrtum ist, dass die mehrheit immer recht hat. und das ist eindeutig der fall. schließlich besteht die mehrheit der menschen aus idioten, die sich somit in ihren gedanken nicht sonderlich unterscheiden.

-jmw-
05.10.2006, 21:46
4 Männer und eine Frau in einem Zimmer, die Männer wollen die Frau vergewaltigen, 80 Prozent Mehrheit, nun liegt es an der Frau diese Mehrheit von ihrer anderen Meinung zu überzeugen.

Schafft sie es nicht, dann ist die Vergewaltigung rechtmäßig, schließlich wird die Mehrheit schon wissen wohin es gehen soll.
SO kann man die Sache natürlich auch sagen.
Ist allerdings... ähm... sagen wir: nicht sonderlich diplomatisch. :))

mfg

-jmw-
05.10.2006, 21:51
Man sollte aber nicht jede Aussage pauschalisieren, immerhin hat hbert33 von einer Mehrheit in einer kompletten Gesellschaft bzw. Wählerschaft gesprochen und nicht von irgendeiner Mehrheit in irgendeiner Gruppe, wie z.B. der von Phillip genannte Fall.
Das ist eben noch ein Unterschied
Meinste?
Gut, kann man wohl so sehen.
Muss man?
Nehmen wir z.B. die Wählerschaft, die Du genannt hast.
"Wähler" ist man ja nicht von Natur aus, da gehört ja was zu, ein System nämlich, in dessen Rahmen man irgendwen oder irgendwas wählt.
Wo kommt diss System nun her?
Aus einer Konsensentscheidung?
Nö.
Es entstand, als irgendeine Mehr- oder Minderheit in irgendeiner Gruppe meinte, so ein System müsse sein.
Und schon sind wir an dem Punkte, an dem eigentlich kein Unterschied mehr besteht:
Wenn eine Gruppe von 5 Leuten nicht über eines ihrer Mitglied einfach mal so entscheiden darf, warum eine Gruppe von ein paar hundert, ein paar tausend oder ein paar Millionen?
Wer darf vor allen Dingen entscheiden, dass irgendein Entscheidungssystem zu formalisieren sei?
Anders ausgedrückt: Darf eine Demokratie durch Mehrheitsentscheid eingeführt werden oder braucht es dafür einen Konsens?

mfg

Philipp
05.10.2006, 22:30
Wer darf vor allen Dingen entscheiden, dass irgendein Entscheidungssystem zu formalisieren sei?
Anders ausgedrückt: Darf eine Demokratie durch Mehrheitsentscheid eingeführt werden oder braucht es dafür einen Konsens?

mfg



Ich denke bislang konnte man den Menschen einreden die Gruppe die die natürliche Entscheidungseinheit konstituiert sei das Staatsvolk zu dem man gehört. Mit der immer stärkeren Multikulturalisierung wird aber auch die Idee der Demokratie immer absurder werden.

Das Ganze läuft doch dann längerfristig (in ein paar Jahrzehnten) darauf hinaus, dass Menschen aus Uganda, Syrien usw. aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit Entscheidungen über das Leben von Menschen in Deutschland, Norwegen usw. fällen werden, anstatt die betroffenen Menschen ihre Lebensentscheidungen selbst fällen zu lassen, wie es in der Anarchie oder einem anderen individualistischen System der Fall wäre.

Die können dann ganz demokratisch z.B. massive finanzielle Umverteilung von europäischen Steuerzahlern nach Afrika oder in die arabische Welt "wählen", so wie es heute schon von reich zu arm innerhalb des Landes gewählt wird, oder ganz demokratisch die Lehrpläne an den staatlichen Zwangsschulen bestimmen.

Spätestens dann wird den meisten Menschen bewusst werden, dass Demokratie einfach nur Mehrheitstyrannei ist.

-jmw-
05.10.2006, 22:43
Ich denke bislang konnte man den Menschen einreden die Gruppe die die natürliche Entscheidungseinheit konstituiert sei das Staatsvolk zu dem man gehört.
Ja.
Was natürlich zu der Frage veranlasst, woher das STAATSvolk denn kommt und wie aus demokratischer Sicht und unter Befolgung vorgeblich demokratischer Regeln aus einem blossen Volk ein STAATSvolk werden kann.

Philipp
05.10.2006, 23:09
Ja.
Was natürlich zu der Frage veranlasst, woher das STAATSvolk denn kommt und wie aus demokratischer Sicht und unter Befolgung vorgeblich demokratischer Regeln aus einem blossen Volk ein STAATSvolk werden kann.



Es ist auch auffällig, dass die repressivsten Staatssysteme fast immer auch extremen Nationalismus oder andere Formen von Kollektivismus predigen, gerade um die Existenz des staatlichen Unterdrückungsapparats vor den Menschen zu rechtfertigen.

Wenn die Menschen eine individualistische Einstellung entwickeln würden, dann würden sie vielleicht Fragen stellen, woher sich irgend so ein Heini da oben eigentlich das Recht herausnimmt anderen Befehle zu erteilen und sich ungefragt in die Angelegenheiten anderer Menschen einzumischen.

hbert33
06.10.2006, 02:57
4 Männer und eine Frau in einem Zimmer, die Männer wollen die Frau vergewaltigen, 80 Prozent Mehrheit, nun liegt es an der Frau diese Mehrheit von ihrer anderen Meinung zu überzeugen.

Schafft sie es nicht, dann ist die Vergewaltigung rechtmäßig, schließlich wird die Mehrheit schon wissen wohin es gehen soll.

Willst du damit bewiesen dass Demokratie schlecht ist, nicht funktioniert oder soll das ein Witz sein!?

-jmw-
06.10.2006, 12:13
Es ist auch auffällig, dass die repressivsten Staatssysteme fast immer auch extremen Nationalismus oder andere Formen von Kollektivismus predigen, gerade um die Existenz des staatlichen Unterdrückungsapparats vor den Menschen zu rechtfertigen.

Wenn die Menschen eine individualistische Einstellung entwickeln würden, dann würden sie vielleicht Fragen stellen, woher sich irgend so ein Heini da oben eigentlich das Recht herausnimmt anderen Befehle zu erteilen und sich ungefragt in die Angelegenheiten anderer Menschen einzumischen.
Kann ich nur Ja und Amen sagen! :)

SteveFrontera
11.10.2006, 17:29
Steuern sind sinnvoll, sie dienen nicht nur dem Ausgleich zwischen Leistungsstarken und Schwachen.
Der Staat übernimmt jede Menge an Diensten, die für unser Zusammenleben unbedingt nötig sind. (Polizei, Justiz, Infrastruktur, Verwaltung, Gesundheit.....) Aber es gibt natürlich auch viele Bereiche, wie zum Beispiel die Bahn, die privat organisiert werden können.
Ich bin trotzdem dafür, die Privatisierungsbestrebungen nicht noch weiter voranzutreiben.

Kenshin-Himura
11.10.2006, 21:22
Steuern sind sinnvoll, sie dienen nicht nur dem Ausgleich zwischen Leistungsstarken und Schwachen.
Der Staat übernimmt jede Menge an Diensten, die für unser Zusammenleben unbedingt nötig sind. (Polizei, Justiz, Infrastruktur, Verwaltung, Gesundheit.....)

das ist ja der ,,ausgleich" zwischen leistungsstarken und schwachen. vor dem gesetz sollen alle bürger gleich sein, und auch wer kein privat-flugzeug hat, soll vernünftige straßen vorfinden können. dass der staat für verwaltung aufkommen soll, dafür sehe ich überhaupt keinen grund. zumal die staatswirtschaft ja die verwaltungsaufwände noch weiter erhöht, es ist also ein fass ohne boden.

-jmw-
12.10.2006, 10:13
Steuern sind sinnvoll, sie dienen nicht nur dem Ausgleich zwischen Leistungsstarken und Schwachen.
Da wäre ich mir garnicht mal so sicher.
Wir wissen ja nicht, wie es OHNE Steuern aussähe;
und also wissen wir auch nicht, ob's besser oder schlechter wäre.
Wir können da nur mutmaßen.


Der Staat übernimmt jede Menge an Diensten, die für unser Zusammenleben unbedingt nötig sind. (Polizei, Justiz, Infrastruktur, Verwaltung, Gesundheit.....)
Nötig sind sie sicher.
Ob es nötig ist, dass der Staat sie übernimmt, ist da schon eine ganz andere Frage.


Aber es gibt natürlich auch viele Bereiche, wie zum Beispiel die Bahn, die privat organisiert werden können.
Meinste?
Glaubst Du, in Deutschland gäbe es ein flächendeckendes Schienennetz, wenn von Anfang an private Bahnunternehmer die nötigen Grundstücke kaufen und bebauen hätten müssen?

mfg