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Vollständige Version anzeigen : [N]Ostalgie - Wie entsteht/entstand sie?



McBommels
13.04.2004, 23:07
Def.Nostalgie [McBommels]
Nostalgie ist die unkritische Rückbetrachtung vergangener Tatsachen, welche positivistische Züge annimmt.


Ihr kennt sicher die Erscheinung "Ostalgie". Was meint ihr, wie sich diese Tendenz entwickelt hat. Wo liegen die Gründe?

Ich denke, ausschlaggebend sind bestehende Unzufriedenheiten. Aufgrund dieser erinnert man sich an zurückliegende Erfahrungen und vergleicht entsprechend die damaligen mit den vorherrschenden Verhältnissen. Ist dabei eine Verschlechterung erkennbar, denkt man nostalgisch...
Man lässt dabei die anderen Faktoren und Einflüsse komplett außer Acht. Gemeint sind politische oder soziale Verhältnisse die andere Zustände ermöglicht haben.

Vielleicht kennt jeder das altbewährte Beispiel:
Wenn sie ältere Leute über die Brötchenpreise beklagen... "Beim Kaiser haben sie nur 5 Pfennig gekostet"... Dies wäre Nostalgie...



Bitte um breite Resonanz

Irratio
14.04.2004, 18:49
Ich weiß nicht, ob Resonanz das Wort ist, das du suchst...

Ich denke, die "Ostalgie" ist ein Resultat von neu gewonnener Freiheit, die einem erlaubte, sich zu entscheiden... das gabs vorher nicht, und in Folge dessen verliert man seine vorherige Orientierung und Identität. Resultat: Im Osten wars doch so schön, da musste man nicht denken. (Soweit die womöglich zu harten Worte eines, der sie nicht bewusst miterleben konnte.)

Irratio.

opdr-sailor
14.04.2004, 19:35
Die These mit den bestehenden Unzufriedenheiten scheint plausibel - allerdings gibt es nicht nur eine Ostalgiewelle, auch im Westen gibt es eine verbreitete Westalgie, die allerdings aus falsch verstandener "political correctness" nur im Verborgenen blüht. Zu groß ist das Risiko, als "Ossihasser" verschrien zu werden.
Aber auch im Westen hört man im Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis immer häufiger, wie gut es uns doch vor dem Mauerfall ging. Nicht nur wirtschaftlich standen wir Wessis vergleichsweise blendend da, auch im soziaen Bereich konnten wir uns viel Luxus erlauben. Auch gab es keine polnischen Autodiebe, keine russischen Mafiosi, keine bulgarischen Geldfälscher und rumänische Kinder-Taschendiebe, weder albanische Gewalttäter noch ostdeutsche Lohndumper!
Wenn es heute eine Volksabstimmung über die Mauer geben würde, würde ein erstaunlich hoher Anteil der Bevölkerung im Westen und im Osten für den Wiederaufbau der Mauer stimmen. Ich persönlich würde diesen Anteil um die 30% taxieren.
Ob das alles nur mit Nostalgie zu tun hat????

Miwori
14.04.2004, 19:47
"Früher war alles viel besser"
ist von je her der Ruf der alt-und-müde-gewordenen, die nicht mehr Kraft und Motivation haben, sich auf das Neue einzustellen.

Miwori
14.04.2004, 19:55
Ostalgie geht aber weiter als das

Man gefällt sich darin, zum Klub der "Dabeigewesenen" zu gehören, dem nun niemand mehr neu beitreten kann.

Busco
14.04.2004, 22:42
Ich denke, der Begriff Nostalgie wird hier zu negativ gesehen. (Die eher bescheiden-dümmliche Ableitung Ostalgie ist nicht einmal eine Betrachtung wert, zu durchsichtig ist dieser Kampfbegriff).

Das Rückbesinnen auf die eigene Biographie, das Erinnern also, ist etwas, was der Natur des Menschen innewohnt. Ein Rückblick ist nicht nur menschlich verständlich, sondern sogar nötig, schließlich kann nur so Vergangenheit betrachtet und bewertet werden; nur so sind Reflexionen möglich.
Das hat also nichts mit einer Himmelsrichtung zu tun.

Das Erinnern der Ossis (bei diesem Thema muss man denn nun noch einmal diese Kategorie und ihr Pendant bemühen) ruft wahrscheinlich bei Wessis ein Unbehagen hervor, weil sie eben bestimmte Erinnerungen einfach nicht teilen können - sie haben schlicht und einfach eine andere Vergangenheit und andere Erfahrungen. Deshalb gibt es vielleicht diesen Reflex, Erinnerungen der Ossis als Ostalgie denunzieren zu müssen.

B.A. Barecus
14.04.2004, 23:34
Fehlt mir jedwedes Verständnis für. Wie kann man sich nur nach der dreckigen DDR sehnen? In diesem Land war alles schlecht, die Menschen wurden bespitzelt, unterdrückt und eingesperrt.
Wer danach Sehnsucht hat, der muss ein Kommunist sein.

opdr-sailor
15.04.2004, 06:51
@ busco:
Deshalb gibt es vielleicht diesen Reflex, Erinnerungen der Ossis als Ostalgie denunzieren zu müssen.

Wer denunziert hier Erinnerungen als Ostalgie? Die dümmliche Ostalgiewelle ist im Westen zwar mit Unverständnis und Skepsis betrachtet worden - aber bitte vergessen Sie nicht, dass es die Ossis waren, denen die romantische Verklärung der Vergangenheit eine Herzensangelegenheit war. Dem Westen ist der Osten und erst recht die DDR heutzutage piepegal (abgesehen von den exorbitanten Kosten).
Es sind die Ossis, die sich vergangenheitsorientiert geben - obwohl der Osten als Wendegewinner, der Westen als Wendeverlierer feststeht.

Busco
15.04.2004, 08:09
Fehlt mir jedwedes Verständnis für. Wie kann man sich nur nach der dreckigen DDR sehnen? In diesem Land war alles schlecht, die Menschen wurden bespitzelt, unterdrückt und eingesperrt.
Wer danach Sehnsucht hat, der muss ein Kommunist sein.

Ihre einfältige Beschreibung der DDR ignorierend, frage ich aber dennoch, wer sich hier nach der DDR gesehnt hat?

Busco
15.04.2004, 08:14
@ busco:

Wer denunziert hier Erinnerungen als Ostalgie?

Der Begriff selbst ist doch die Denunziation. Menschen erinnern sich an ihre eigene Biographie - das ist im Westen nicht anders als im Osten.


Die dümmliche Ostalgiewelle ist im Westen zwar mit Unverständnis und Skepsis betrachtet worden

Schlimmer noch, die Welle der DDR-Shows ging vom Westen aus.


- aber bitte vergessen Sie nicht, dass es die Ossis waren, denen die romantische Verklärung der Vergangenheit eine Herzensangelegenheit war.

Das sollten Sie einmal erklären??
Es geht nicht um Verklärung, es geht um das Recht auf Erinnerung, es geht um das Recht auf die eigene Biographie, die eigene Vergangenheit.


Dem Westen ist der Osten und erst recht die DDR heutzutage piepegal (abgesehen von den exorbitanten Kosten).

Das kann man behaupten, muss man aber nicht.


Es sind die Ossis, die sich vergangenheitsorientiert geben - obwohl der Osten als Wendegewinner, der Westen als Wendeverlierer feststeht.

Glauben Sie wirklich, daß es DIE Ossis überhaupt gibt? Glauben Sie wirklich, Ihre merkwürdige Rechnung von Wendegewinner und Wenderverlieren, die Sie an Himmelsrichtungen festmachen, hat irgendetwas mit der Realität zu tun?

Hölderlin
15.04.2004, 10:28
die grossen ostalgie-shows sind doch durch westdeutsche manager produziert und vermarktet wurden

vielleicht alles nur wieder künstlich

McBommels
15.04.2004, 13:16
Also einige interessante Aspekte wurden bereits angeführt. Vor allem die Verknüpfung zum biografischen Hintergrund ist interessant.
Ich selbst lebe in einer ehemaligen Grenzstadt - wenn man so will im eh.Osten.
Nostalgie ist sicher eine Eigenart aller Menschen. Aber ich denke, Sie haben hier vielleicht einen Fehler in Ihrer Ansicht: Ostalgie ist kein schwachsinn, der von den Medien inszeniert wird, sondern "nur" ausgenutzt wird - zu kommerziellen Zwecken, wir wir das gewohnt sind.

Ich habe in meinem Umkreis viele Leute zu dieser Problematik befragt.Man ist sich der Tatsache dabei durchaus bewusst, dass die DDR eine diktatorischer Staat war, der NICHT die bürgerliche Freiheit und andere Prinzipien garantiert hat. Schon allein deshalb wolle man die DDR nicht zurück haben.

Bitte entschuldigen Sie die "billige" Klassifikation, aber: Viele Westdeutsche verstehen nach wie vor scheinbar nicht, dass auch die DDR Vorteile bzw. gute Seiten hatte. Vor allem eine Sache war - komischerweise - viel ausgeprägter als es heute der Fall ist: Der Volkszusammenhalt. Man half wo man konnte, jeder jedem. Das zeichnete eine Gemeinschaft aus; so, wie sie heute nicht mehr existieren kann; denn nahezu alle sind Individualisten und Egoisten gewurden - daher nur auf das eigene Wohl bedacht.
Desweiteren war die DDR ein Staat mir sozialen Kompetenzen. Ich denke allein an die Unterstützung von Familien - es war ein Familienstaat; ich denke an Kindergärten - die nun "neu" erfunden werden sollen...:-)

Was will ich damit ausdrücken? Nostalgisch ist die Rückwendung zur Vergangenheit, die unkritisch ist.
Deshalb ist die Ostalgie eine Rückwendung an vergangene Kompetenzen, die die DDR hatte im Vergleich zum heutigen Staat. Viele mögen das nicht verstehen... aber auch die DDR war kein Elendsstaat...;)

Aber wieso ist die Ostalgie nach wie vor so prägnant?

Es muss ja Gründe dafür geben. Ich sehe diese beispielsweise im Sozialsystem, dass bei der DDR scheinbar besser für das Volk ausgelegt war und nicht auf eine "Ausbeutung" setzte (Meinung vieler Menschen). Es gab in der Planwirtschaft für jeden Arbeit - auch wenn der Staat bankrott war dadurch, aber das war ein Vorteil. Heute sitzten Abiturienten auf der Straße und haben keine Arbeit...:-) Schlagen Sie mal die Zeitungen auf... wie viele Stellengesuche abgedruckt sind...Soetwas gab es früher nicht.

Ich denke man muss die Ostalgie um eine Komponente erweitern: Es ist eine Verklärung von Tatsachen - damals wie heute

Busco
15.04.2004, 17:53
Nostalgie ist sicher eine Eigenart aller Menschen.

Ich denke nicht einmal, daß es eine Eigenart ist. Es ist einfach menschlich, auch einmal Rückschau zu halten und die Vergangenheit dabei wechselnden Bewertungen zu unterziehen.


Aber ich denke, Sie haben hier vielleicht einen Fehler in Ihrer Ansicht: Ostalgie ist kein schwachsinn, der von den Medien inszeniert wird, sondern "nur" ausgenutzt wird - zu kommerziellen Zwecken, wir wir das gewohnt sind.

Ich bin mir nicht sicher, ob Sie mich an dieser Stelle meinen. Ich halte den Begriff "Ostalgie für einen vulgären Kampfbegriff. Menschen neigen zu Rückblicken auf die eigene Biographie, sie benötigen diese Rückblicke sogar. Das hat nichts mit dem Geburtsort zu tun.



Aber wieso ist die Ostalgie nach wie vor so prägnant?

Es muss ja Gründe dafür geben. Ich sehe diese beispielsweise im Sozialsystem, dass bei der DDR scheinbar besser für das Volk ausgelegt war und nicht auf eine "Ausbeutung" setzte (Meinung vieler Menschen). Es gab in der Planwirtschaft für jeden Arbeit - auch wenn der Staat bankrott war dadurch, aber das war ein Vorteil. Heute sitzten Abiturienten auf der Straße und haben keine Arbeit...:-) Schlagen Sie mal die Zeitungen auf... wie viele Stellengesuche abgedruckt sind...Soetwas gab es früher nicht.



Ist diese "Ostalgie" tatsächlich so prägnant? Ich glaube es nicht einmal. Vielleicht fällt sie einfach mehr auf, weil eben ein großer Teil der Bewohner dieses Landes bei den spezifischen Erinnerungen an die DDR nicht mitreden kann.
Aber vielleicht findet man im Osten auch erst jetzt die Zeit, einmal eine nötige Rückschau zu halten, waren die letzten Jahre doch einfach nicht dazu angetan. Man war vielmehr beschäftigt mit den vielfältigen Umstellungen im Berufs- aber auch Privatleben, man wollte die neuen Freiheiten auskosten und nicht zuletzt war die Atmosphäre in diesem Land eben dadurch geprägt, daß jedes Erinnern gleich reflexartig den Kampfbegriff "Ostalgie" auslöste. Inzwischen ist man im Osten selbstbewusster geworden - und lässt sich das Erinnern und auch das Vergleichen nicht so einfach verbieten.

McBommels
16.04.2004, 12:59
Ostalgie ist kein Kampfbegriff um Westdeutsche zu ärgern, sondern eine Erscheinung der Gegenwart. Da ich im Osten wohne, merkt man das speziell bei der älteren Generation, dass hochachtungsvoll von den positiven Seiten der DDR gesprochen wird. Vergessen sind die STASI und andere Dinge zwar nicht, aber sie werden nicht gern erwähnt.

Gärtner
16.04.2004, 14:38
Zuerst einmal: Die Erinnerung malt mit goldenen Pinseln. Das ist eine grundsätzliche Eigenheit aller Menschen und sollte bei allen vorgebrachten Erinnerungen mit bedacht werden.

Ich bin zwar selber kein Ossi, habe dort aber reichhaltige Verwandschaft, vor allem in Sachsen. Die häufigen Besuche - auch noch zu "Ostzeiten" - ersetzen zwar nicht die Erfahrung, in der DDR gelebt zu haben, aber sie boten zumindest Einblicke.

Wenn also von "Ostalgie" die Rede ist, habe ich den Eindruck, daß es sich hierbei eher um eine westdeutsche Vokabel handelt. Die Menschen in den neuen Ländern drücken es vielleicht etwas unbeholfener aus: "Früher war nicht alles schlecht". Der Witz ist, daß sie damit recht haben.

Es ist ja nun nicht so, daß die DDR nichts als eine finstere Despotie gewesen ist, in der grimme Schergen das Volk unterdrückten, das stets mit geballter Faust in der Tasche herumlief. Man arrangierte sich, wie so oft in Diktaturen, man schuf sich seine Freiräume - die Datsche! - und konnte so recht auskömmlich leben.

Solange man sich in den vorgegeben Bahnen bewegte. Ansonsten allerdings biß die Staatsmacht unbarmherzig zu. Man lasse sich die Geschichten von Leuten erzählen, wie es ihnen nach einem Ausreiseantrag erging oder die Chance bekennender Christen auf einen Studienplatz erläutern.

Das subjektive Gefühl aber bezog sich auf einen sicheren Arbeitsplatz, auf das System der Kinderkrippen, das auch Frauen Vollzeitarbeit erlaubte.

Was mich mit am meisten beeindruckte, war die politische Aufgeklärtheit der Leute. Um 1985 war ich Mitte 20, und meine Altersgenossen in der DDR waren immer viel informierter als das Gros der Leute in Westdeutschland. Über die "Rotlichtbestrahlung" im Staatsbürgerkunde-Unterricht lachte hinter vorgehaltener Hand die halbe DDR.

Und heute? Nun, die Menschen haben schlicht ein Recht darauf, in ihren Biografien ernst genommen zu werden. Auch sie haben sich krumm gelegt, um das Land wieder aufzubauen. Daß sie in einem sozialistischen System, war ihr Pech, aber sicherlich nicht ihre Schuld. Das lehrte Flexibilität und Zusammenhalt, angesichts der Tatsache, daß fast alles "Bückware" war, ein lebensnotwendiger Umstand.

Im übrigen: Die Ost-West-Unterscheidung ist in den Köpfen derer, die die Zeiten der Teilung noch erlebt haben. Den heute 15 oder 20jährigen ist es völlig egal.

Auch ich fühle mich in bestimmen Gegenden Deutschlands wohler als in anderen, das ist nicht zuletzt landsmannschaftlich bedingt. Als Rheinländer habe ich z.B. nur wenig Probleme mit den Sachsen, die sind ein helles Völkchen mit viel Mutterwitz. Im mir direkt benachbarten Westfalen hingegen möchte ich nicht tot überm Zaun hängen.

Kommissär
16.04.2004, 14:44
Ich denke, die heutige Ostalgie ist eine Modeerscheinung und eine Geldmacherei, besonders wennman in RTL2 für eine herunterladbare Nationalhymne der DDR als Handy-Klingelton geworben wird...

Walvater Odin
16.04.2004, 15:08
Halte ich für ein Gerücht, dass es viele Deutsche gibt, die sich nacht der kriminellen DDR sehnen.
Die meisten Deutschen schwelgen in Nostalgie, wenn sie an das Reich zurück denken. :D :D

Bakunin
16.04.2004, 15:11
Halte ich für ein Gerücht, dass es viele Deutsche gibt, die sich nacht der kriminellen DDR sehnen.
Die meisten Deutschen schwelgen in Nostalgie, wenn sie an das Reich zurück denken. :D :D

wenn du meinst...

Walvater Odin
16.04.2004, 15:14
wenn du meinst...

Du als Ausländer wirst das wohl kaum beurteilen können. Ich als Deutscher weiß, dass es so ist. :D :D

McBommels
16.04.2004, 15:35
Zuerst einmal: Die Erinnerung malt mit goldenen Pinseln. Das ist eine grundsätzliche Eigenheit aller Menschen und sollte bei allen vorgebrachten Erinnerungen mit bedacht werden.

Ich bin zwar selber kein Ossi, habe dort aber reichhaltige Verwandschaft, vor allem in Sachsen. Die häufigen Besuche - auch noch zu "Ostzeiten" - ersetzen zwar nicht die Erfahrung, in der DDR gelebt zu haben, aber sie boten zumindest Einblicke.

Wenn also von "Ostalgie" die Rede ist, habe ich den Eindruck, daß es sich hierbei eher um eine westdeutsche Vokabel handelt. Die Menschen in den neuen Ländern drücken es vielleicht etwas unbeholfener aus: "Früher war nicht alles schlecht". Der Witz ist, daß sie damit recht haben.

Es ist ja nun nicht so, daß die DDR nichts als eine finstere Despotie gewesen ist, in der grimme Schergen das Volk unterdrückten, das stets mit geballter Faust in der Tasche herumlief. Man arrangierte sich, wie so oft in Diktaturen, man schuf sich seine Freiräume - die Datsche! - und konnte so recht auskömmlich leben.

Solange man sich in den vorgegeben Bahnen bewegte. Ansonsten allerdings biß die Staatsmacht unbarmherzig zu. Man lasse sich die Geschichten von Leuten erzählen, wie es ihnen nach einem Ausreiseantrag erging oder die Chance bekennender Christen auf einen Studienplatz erläutern.

Das subjektive Gefühl aber bezog sich auf einen sicheren Arbeitsplatz, auf das System der Kinderkrippen, das auch Frauen Vollzeitarbeit erlaubte.

Was mich mit am meisten beeindruckte, war die politische Aufgeklärtheit der Leute. Um 1985 war ich Mitte 20, und meine Altersgenossen in der DDR waren immer viel informierter als das Gros der Leute in Westdeutschland. Über die "Rotlichtbestrahlung" im Staatsbürgerkunde-Unterricht lachte hinter vorgehaltener Hand die halbe DDR.

Und heute? Nun, die Menschen haben schlicht ein Recht darauf, in ihren Biografien ernst genommen zu werden. Auch sie haben sich krumm gelegt, um das Land wieder aufzubauen. Daß sie in einem sozialistischen System, war ihr Pech, aber sicherlich nicht ihre Schuld. Das lehrte Flexibilität und Zusammenhalt, angesichts der Tatsache, daß fast alles "Bückware" war, ein lebensnotwendiger Umstand.

Im übrigen: Die Ost-West-Unterscheidung ist in den Köpfen derer, die die Zeiten der Teilung noch erlebt haben. Den heute 15 oder 20jährigen ist es völlig egal.

Auch ich fühle mich in bestimmen Gegenden Deutschlands wohler als in anderen, das ist nicht zuletzt landsmannschaftlich bedingt. Als Rheinländer habe ich z.B. nur wenig Probleme mit den Sachsen, die sind ein helles Völkchen mit viel Mutterwitz. Im mir direkt benachbarten Westfalen hingegen möchte ich nicht tot überm Zaun hängen.

Ich denke mal, besser kann man das kaum resumieren!.. besten Dank! :]



Du als Ausländer wirst das wohl kaum beurteilen können. Ich als Deutscher weiß, dass es so ist.

Du als Rasist verdienst auf jeden Fall einen Bann... :rolleyes:

Busco
18.04.2004, 17:30
Ostalgie ist kein Kampfbegriff um Westdeutsche zu ärgern,

Das hat auch keiner behauptet. Aber Ostalgie ist ein Kampfbegriff, um das Erinnern Ostdeutscher zu diffarmieren.


sondern eine Erscheinung der Gegenwart.

Ostalgie gibt es gar nicht. Es gibt das Erinnern von Menschen, egal wo sie geboren wurden oder wo sie leben.