PDA

Vollständige Version anzeigen : sartre



Bakunin
21.05.2004, 21:48
1905-1980 Jean-Paul Sartre

Schriftsteller und Philosoph



http://www.philosophy.umd.edu/Faculty/SKerstein/sartre.jpg

1905
21. Juni: Jean-Paul Charles Aymard Sartre wird in Paris als Sohn eines Marineoffiziers geboren.
Er wächst in La Rochelle auf, nachdem seine deutsch-elsässische Mutter, eine Nichte Albert Schweitzers, nach dem frühen Tod des Vaters erneut geheiratet hat.


1924-1928
Nach dem Besuch des Pariser Lyceum Henri IV studiert Sartre Psychologie, Philosophie und Soziologie an der École Normale Supérieure in Paris.


1929
Agrégation (Lehrerlaubnis für die Hochschule) in Philosophie.
Beginn der Freundschaft und Lebensgemeinschaft mit Simone de Beauvoir


1931-1934
Gymnasiallehrer in Le Havre.


1934
Stipendiat am Institut Francais in Berlin, wo er sich vor allem mit der Philosophie Nietzsches, Husserls und Heideggers beschäftigt.


1934-1939
Philosophielehrer in Le Havre und in Paris.


1938
Veröffentlichung des Romans "Der Ekel", in dem er sich mit der Freiheit und der Einsamkeit des Individuums auseinandersetzt.


1939- 1941
Kriegsdienst in einer Sanitätsgruppe, Gefangennahme durch die Deutsche Wehrmacht.


1941
Veröffentlichung seines ersten philosophischen Hauptwerkes "Das Sein und das Nichts". Er verkündet darin im Gegensatz zum Determinismus christlicher Weltanschauung die totale Freiheit und die totale Verantwortung des freien Menschen in der Welt, ohne Gott, ohne Gnade und ohne Reue. Sartre gilt seither als französischer Hauptvertreter eines atheistischen Existentialismus.


1941-1944
Philosphielehrer in Paris.


1942-1944
Aktiv in der französischen Résistance gegen die deutsche Besatzung.


1942
Uraufführung des Bühnenstückes "Die Fliegen" im besetzten Paris. Der darin zum Ausdruck gebrachte Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht wird geschickt durch das antike Gewand verschleiert.


1943
Mitglied des "Comité National des Ecrivains" (C.N.E.), das der Résistance nahesteht.


1944
Mitarbeiter der von Albert Camus gegründeten Zeitschrift "Combat".


ab 1945
Niederlassung in Paris als freier Schriftsteller.
Herausgeber der politisch-literarischen Zeitschrift "Les Temps Modernes".


1948
Sartres erfolgreichstes Theaterstück "Die schmutzigen Hände" erscheint. Darin thematisiert er das Problem von Politik und Moral.
Der Vatikan setzt die Werke von Sartre auf den Index, weil "den Gläubigen gefährliche Zweifel erspart werden müßten".


1952
Sartre wird Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs und akzeptiert öffentlich die "führende Rolle der Sowjetunion" in der Weltpolitik.


1956
Obwohl überzeugter Marxist, bezeichnet Sartre die blutige Unterdrückung des Ungarn-Aufstands als Verbrechen. Er tritt aus der Kommunistischen Partei aus.


1959
Veröffentlichung seines zweiten philosophischen Hauptwerkes "Kritik der dialektischen Vernunft".


1965
Deutsche Veröffentlichung des ersten Teils seiner Memoiren unter dem Titel "Die Wörter".
Auszeichnung mit dem Nobelpreis für Literatur. Sartre lehnt den Preis aus "persönlichen und objektiven" Gründen ab, das Nobelkomitee hingegen bezeichnet die Entscheidung für Sartre als unwiderruflich.


1971
Deutsche Veröffentlichung der Bücher "Der Intellektuelle in der Revolution" und "Das Imaginäre. Phänomenologische Psychologie der Einbildungskraft".


1973-1974
Leitung der linken Tageszeitung "Libération".


1974
Besuch bei Andreas Baader im Gefängnis Stuttgart-Stammheim, dem er zugesteht, daß er "aufrichtig versucht habe, Prinzipien in die Tat umzusetzen".


1975
Anläßlich seines 70. Geburtstages würdigt die Weltpresse in zahlreichen Artikeln das Lebenswerk des "eigenwilligen Revolutionärs".


1976
Auszeichnung mit der Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität Jerusalem.


1980
15. April: Jean-Paul Sartre stirbt in Paris.

fragen:
was haltet ihr von sartre?
welche werke gefallen euch?
weshalb?

zarathustra
21.05.2004, 22:16
Sartre erweckt bei mir gewisse Symphatien- kommt mir doch Marxismus sehr entgegen.
Aber als Determimist lehne ich seine Idee (Ich glaube es war folgende:"Die Essenz kommt vor der Existenz") kategorisch ab.

Bakunin
22.05.2004, 02:04
ok, welches werk gefällt dir am besten?

Der Schakal
22.05.2004, 13:06
Soweit mir bekannt ist hat sich Sartre auch mit dem Islam und den Koran beschäftigt und seine bewunderung darüber bekundet. Wenn du was findest poste ....ich such mal.

Rosa Brigaden
22.05.2004, 13:07
dieses thema wäre unter "politische theorien/philosophie" besser aufgehoben

RB

Gärtner
22.05.2004, 13:46
Dem kann ich zustimmen.

Executed.

Rosa Brigaden
22.05.2004, 13:47
Dem kann ich zustimmen.

Executed.THX.

;)

RB

Fars
22.05.2004, 14:10
Hallo, Bakunin!

Ich habe "Huis Clos", "Les jeux sont faits", "Les mains sales" und einen Essay,um mich mit seiner Philosophie auseinanderzusetzen, gelesen. Die Stücke finde ich gut, wobei ich seinen Existentialismus zu rigide finde. Albert Camus sagt mir mehr zu, weniger literarisch aber eher philosophisch und politisch. Er ist nicht so "abgehoben" wie Sartre (Sartre hätte weniger koksen sollen!) und positiver ("L'homme doit être un Sisyphe heureux"). Und politisch war er (für einen Linken) ziemlich "Realo". Camus war gegen eine Abspaltung Algeriens von Frankreich.

Gruß Fars

Rorschach
22.05.2004, 14:19
"Der Mensch sollte ein glücklicher Sisyphos sein"?
Oder täuscht mich mein übrig gebliebenes Französisch?

Fars
22.05.2004, 17:58
Hallo, Rorschach!

Nicht ganz richtig: Der Mensch muss ein glücklicher Sisyphos sein.
Ein Beispiel aus dem Leben: Ich räume gerade meine Bude auf, und ich werde sie in zwei Wochen wieder aufräumen müssen, in vier Wochen wieder ... Es nützt nichts, sich darüber zu grämen, darum soll man glücklich sein. Der Mensch soll sich auch darüber freuen, dass er nie auslernt, dass er morgen wieder zur Arbeit geht ...
Und dieser Satz sagt auch, dass man nie aufgeben darf, für etwas zu kämpfen.

Gruß Fars

Rorschach
24.05.2004, 15:54
Hallo, Rorschach!

Nicht ganz richtig: Der Mensch muss ein glücklicher Sisyphos sein.
Ein Beispiel aus dem Leben: Ich räume gerade meine Bude auf, und ich werde sie in zwei Wochen wieder aufräumen müssen, in vier Wochen wieder ... Es nützt nichts, sich darüber zu grämen, darum soll man glücklich sein. Der Mensch soll sich auch darüber freuen, dass er nie auslernt, dass er morgen wieder zur Arbeit geht ...
Und dieser Satz sagt auch, dass man nie aufgeben darf, für etwas zu kämpfen.

Gruß Fars
Danke für die Erläuterung.

Das Zitat habe ich auch schon mal so gelesen:
"Man muß sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen."
Klingt zwar ähnlich, würde imo aber bedeuten daß man, erst wenn die Lage schon kompliziert ist, die "Freude am Problemlösen" erkennt/erkennen soll.
Deinem Zitat (das Original) und deiner Erklärung nach sollte der Mensch aber ja gerade an bisher nicht angegangene Probleme direkt herangehen, bevor sie einen eigentlich belasten.
Sprich: Nicht nur mit befreiten Gedanken den Felsen schieben, sondern schon dabei überlegen, wie man dem Kollegen im Tümpel nebenan die Früchte reichen könnte (um mal ein wenig die Sagen zu "schänden").

Korrigier mich, wenn ich Albernheiten verbreiten sollte. :)

zarathustra
24.05.2004, 19:25
[QUOTE=Fars][COLOR=Blue]Hallo, Rorschach!

Nicht ganz richtig: Der Mensch muss ein glücklicher Sisyphos sein.
Ein Beispiel aus dem Leben: Ich räume gerade meine Bude auf, und ich werde sie in zwei Wochen wieder aufräumen müssen, in vier Wochen wieder ... Es nützt nichts, sich darüber zu grämen, darum soll man glücklich sein. Der Mensch soll sich auch darüber freuen, dass er nie auslernt, dass er morgen wieder zur Arbeit geht ...
Und dieser Satz sagt auch, dass man nie aufgeben darf, für etwas zu kämpfen.
Nietzsche bezeichnet diese Einstellung zum Schicksal als "amor fati"?
Aber sagte Camus nicht:"Es gibt kein Schicksal, das nicht durch Verachtung überwunden werden kann."?

zarathustra
24.05.2004, 19:26
Sorry, falsch zitiert, nur die drei letzten Zeilen von mir.

Fars
24.05.2004, 22:31
Hallo, Zarathustra!

Da kommen freilich Übersetzungsfeinheiten ins Spiel:
"amor fati" heißt soviel wie "Liebe zum Schicksal". "Verachtung" ist hier im Sinne der "Todesverachtung" gemeint, also nicht im Sinne von "abwerten", "hassen".
Ergo: Man soll dem Schicksal nicht ausweichen sondern es als Herausforderung annehmen.

Rorschach, nein. Man bekommt nicht erst Freude am Schicksal, wenn es bedrückend wird. Camus ruft nicht zum Masochismus auf. Das deutsche Wort "Schicksal" ist vielleicht negativer besetzt als sein französisches Homologon "sort", was auch soviel wie "Ausgang" (einer Geschichte, eines Lebens) bedeutet, also eher neutral ist.
Nein, man muss als Mensch sich stets bewusst, sein, dass man ein Sisysphos ist - aber eben auch, dass das nicht tragisch sondern völlig normal ist.
Mein Vater sagt auch immer: "Was ist 'Wirtschaft'? - 'Wirtschaft' ist nichts anderes als das endlose Lösen von Problemen: Um die katastrophalen Firmenabläufe zu verbessern brauche ich ein Intranetzwerk. Wer wartet es? Wir brauchen einen Netzwerkverwalter. Der muss zuziehen. Weiß jemand, wo eine Dreizimmerwohnung für ihn frei ist, und wir uns so den Makler sparen können? .............................................."

"So ist's Lebbe, und Lebbe geht weita!"

Gruß Fars

zarathustra
25.05.2004, 21:42
Servus Fars!
Camus zufolge hat doch das Leben keinen Sinn, zumindest rational gesehen.
Wie soll man aber ohne Sinn leben können?

cocrea
28.05.2004, 22:36
simone de beauvoir, satres lebensgefährtin (eine davon), war teilweise die impulsgeberin, einsagerin von satres ideen. sie brauchte einen mann als sprachrohr, um ihre eigenen ideen verbreiten zu können. darauf angesprochen reagierte sie ausgesprochen sauer.


Simone de Beauvoir hat geistigen Diebstahl von Satres Existenzialismus zugelassen, um überhaupt von ihm geliebt und geduldet zu werden.
Männer gehören sich selbst, und Frauen gehören den Männern.
Die ganzheitliche Frau bricht aus dem Ghetto der Privatheit aus, auf in die Welt. Will sie auf diesem Weg nicht stecken bleiben, muss sie gleichzeitig den Blick in den Abgrund des Frauseins wagen – und nach den Sternen greifen.
Alice Schwarzer, »Der große Unterschied«, Kiepenheuer und Witsch

Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen: sie bekommen nichts. Simone de Beauvoir

Niemand ist den Frauen gegenüber aggressiver oder herablassender als ein Mann, der seiner Männlichkeit nicht ganz sicher ist. Simone de Beauvoir

Wilhelm Tell
30.05.2004, 20:10
Aber dieser sartre hat schon viele ideen die im ansatz nietsche oder Camus entsprechen.. existenzialisten halt...

aber mir gefallen diese 'alles is scheiße' Philosophen nich. Das Individuum nur als zuschauer darzustellen ist doch keine Erklärung auf probleme.

zarathustra
01.06.2004, 13:49
aber mir gefallen diese 'alles is scheiße' Philosophen nich. Das Individuum nur als zuschauer darzustellen ist doch keine Erklärung auf probleme.

Seit wann ist sartre ein "alles is scheiße" Philosoph. ?( Diese Eigenheit trifft vielleicht auf nihilisten, aber garanntiert nicht auf die existenzphilosophen.

Wilhelm Tell
01.06.2004, 14:55
Aber diese 'kalte Weltanschauung' ist nciht von der hand zu weißen.. also ich meine da gibt es schon einige Paralelen.

Konfuzius_sagt
01.06.2004, 21:22
Aber diese 'kalte Weltanschauung' ist nciht von der hand zu weißen.. also ich meine da gibt es schon einige Paralelen.
klar, aber sarte sieht hoffnung!

Fars
02.06.2004, 01:09
Hallo, Zarathustra!

Servus Fars!
Camus zufolge hat doch das Leben keinen Sinn, zumindest rational gesehen.
Wie soll man aber ohne Sinn leben können?
Nehmen wir wieder das Bild des Sisyphos: Dem Menschen steht es frei diese ewige Den-Stein-den-Berg-hinaufrollen einfach nur hinzunehmen, also die Sinnlosigkeit zu akzeptieren. Aber er kann es auch als Herausforderung betrachten. Man gibt ja auch nicht nach dem 30. Mal auf, wenn man die 2-Meter-Marke beim Hochsprung aus dem Stand nicht schafft, wenn man sie schaffen will, oder? Natürlich sollte man sich nach dem 100. Versuch fragen, ob man den Stein nicht doch besser auf andere Weise hinaufrollen sollte, also z.B. die Sportdisziplin wechseln sollte. Und selbst wenn man durch diesen Wechsel, zum Champion einer Sportdisziplin wird, man bleibt nicht ewig Champion, man wird alt oder hat zuviele Sportverletzungen erlitten und muss so nach einer neuen Aufgabe sich umgucken, sprich: Sisyphos' Stein liegt wieder unten am Fuße des Berges.

Oder Sisyphos könnte sich ja mal fragen: "Aus welchen Mineralien ist der Stein eigentlich zusammengebacken, den ich die ganze Zeit den Berg hinaufrolle?"

In der Sinnlosigkeit des Daseins Herausforderung zu finden, das ist der Sinn des Daseins, Der Austritt aus der Sinnlosigkeit ist jedoch kein einmaliges Ereignis sondern selbst ein ständiges Wiederholen: Es wird nie der Punkt kommen, an dem man sagen kann: "Mein Leben ist eingerichtet, ich habe meine endgültige Herausforderung gefunden". Nein, man ist dazu verdammt, das Leben stets neu zu überdenken, die Dinge und sich selbst infrage zu stellen.
So gibt es also zwei Typen von Sisyphos: Der eine reflektiert überhaupt nicht über sein Dasein oder nur soweit, dass er fest glaubt, er hätte für sein Dasein einen endgültigen Sinn gefunden. Und der andere überdenkt sein Leben stetig und erkennt stets neue Herausforderungen.

Sehen wir uns zum Abschluss den israelisch-palästinensischen Konflikt an: Viel zu viele Sisyphosse da unten, die die Absurdität ihres Handelns nicht erkennen oder einfach hinnehmen. Die neue Herausforderung & zweifelsohne auch neue Sisyphos-Aufgabe, die sie wählen müssen, heißt Frieden schaffen. Klar, das dann wieder Steinerollen angesagt ist, aber die Absurdität hat dann trotzdem ein Ende.
Oder nehmen wir ein paar Menschentypen aus diesem Konflikt:
Arabische Selbstmordattentäter glauben an eine endgültige (im wahrsten Sinne des Wortes!) Herausforderung (BUMM!!). Bisher folgten auf Selbstmordattentäter aber immer wieder neue Selbstmordattentäter.
Die israelischen Kriegsdienstverweigerer wagten den Austritt aus der Absurdität.

Gruß Fars

zarathustra
02.06.2004, 21:32
Danke für die Erläuterung.