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Vollständige Version anzeigen : Alternative zum Parteien-System



DichterDenker
10.07.2004, 19:48
Nach einigem Nachdenken möchte ich hier mal eine Alternative zur parlamentarischen Demokratie vorschlagen. Ich halte die Suche nach solchen Alternativen für durchaus wichtig, da das Parteiensystem einige Fehler hat.

Zum einen ist jede Partei bestrebt möglichst ihre Macht zu erhalten was sowohl zu parteiinternen/externen Absprachen führt als auch dazu, dass die Personen die ich gewählt habe sich der Parteiführung unterordnen, zum anderen wird der Wähler mit Verspreche(r)n geködert.
Außerdem ist es fast unmöglich eine Partei zu finden mit der man wirklich übereinstimmt. Wenn ich für eine Legalisierung von Cannabis aber gegen den Atomausstieg bin wähle ich dann die Grünen?
Ich kann mich also wenn ich wähle lediglich von meiner Ideologie leiten lassen und habe eine verschwindend geringe Chance, dass die Partei sich realpolitisch so verhält wie ich als Wähler es mir wünsche. Somit kaufe ich mit meiner Stimme die Katze im Sack.
Zudem blockiert die Opposition die Politik und zwingt die Regierung zu Kompromissen die nicht vom Wähler legitimiert wurden.

Deshalb finde ich sollten die Parteien vollständig aufgelöst und das Wahlsystem fundemental umgeändert werden.
M.E. sollte man die Politik in unterschiedliche politische Felder einteilen, zB in Energiepolitik, Außenpolitik usw, und jedes dieser Felder dann von einem einzelnen unabhängigem Ausschuss, der aber mit anderen Ausschüssen kommuniziert (absolut notwendig, der Kultusauschuss muss ja vom Finanzausschuss Geld bekommen), bearbeiten lassen.
Jeder dieser Ausschüsse würde aus einer bestimmten Anzahl Mitglieder (die ich jetzt noch nicht festlegen will), die von den Bürgern dort hineingewählt werden, bestehen. Jeder Bürger könnte pro Ausschuss den Kanidaten wählen, den er für fähig hält und der seine Interessen vertritt und jeder deutsche Staatsbürger könnte, sofern er ein politisches Konzept hätte (und nicht kriminell usw wäre... *g), für einen Ausschuss kanidieren. Somit wäre es jedem Wähler möglich seine politischen Interessen bei der Wahl präzise zu formulieren, und man könnte endlich sachbezogen wählen anstatt sich auf seine Ideologie verlassen zu müssen. Die Politiker wären nur noch ihren Wählern Rechenschaft schuldig und könnten sich auf ihre Politik konzentrieren, da sie ihre Wiederwahlchancen durch gute Arbeit erhöhen würden, anstatt sie durch parteiinterne Absprachen zu sichern.
Wenn man schließlich noch einen sachunabhängigen Ausschuss wählen lässt, der für die notwendige Organisation sorgt, d.h. im Bedarfsfalle die Kompetenzen eines Ausschussen erweitert, schmälert oder gar komplett ändert, wären auch sich zukünftig ergebende politische Felder kein Problem mehr (Interstellare-Diplomatie-Ausschuss *g).

P.S.: Noch etwas zur Wahlwerbung: Wahlwerbung würde es in dieser Form nicht geben, schon allein die Menge der Kanidaten würde dies verhindern. Vor der Wahl müsste also der Wähler zumindest stichpunktartik über das Programm der Kanidaten informiert werden, etwas anderes als das Programm soll auch nicht zählen.

Was haltet ihr davon? Bitte um konstruktive Kritik!

Siran
10.07.2004, 20:01
Also ein Punkt wäre, dass es das Wahlrecht wahnsinnig erschweren würde. Wenn ich mir überlege, wieviele Stimmen hier in Baden-Württemberg bei den komplizierteren Kommunalwahlen immer ungültig sind...

Auch denke ich, dass die Entscheidungsfindung noch länger dauern würde. Es ist ja schließlich nicht nur so, dass jeder Ausschuss Geld benötigt, sondern die würden ja noch in stärkerem Maße Einfluss aufeinander haben.

Auch nehme ich nicht an, denke ich nicht, dass dieses ein-Personen-System funktionieren würde. Eine Partei ist ja eben auch dafür da, dass sich eine politische Idee, ein Konzept bilden kann und neue Ideen entwickelt werden. Jeder deiner Kandidaten müsste das entweder allein machen, was ich für sehr schwierig halte, oder würde auch wieder eine Gruppierung brauchen, die ihn unterstützt, wodurch du doch wieder Parteien hättest.

Auch denke ich nicht, dass du das Problem, dass du immer eine Politik wählst, die aus vielen Punkten besteht, damit wirklich ausgeräumt hast. Denn dadurch, dass es ja Verschränkungen zwischen den Politikfeldern geben würde, hätte jeder Politiker eben doch Einfluss auf verschiedene Bereiche, auf denen er unter Umständen dann wieder nicht mit deiner Meinung übereinstimmen würde.

Chester
10.07.2004, 22:05
Was haltet ihr davon? Bitte um konstruktive Kritik!
Irgendwie scheinst Du mir gerade den Gipfel der Bürokratie erfunden zu haben...der Verwaltungsaufwand, der dahinter stecken müßte, läßt mich leicht erschaudern. =P
Und als Bediensteter einer staatlichen Institution sollte ich eigentlich schon einiges an Verwaltungsaufwand gewohnt sein. :))

Wenn Du die Parteien schwächen willst, führe einfach ein striktes Mehrheitswahlrecht ein - ob die von Parteien unabhängigere Mentalität dann gratis mit dazukommt oder eher Anglo-Amerikanern vorbehalten ist, weiß ich allerdings nicht (in den USA und GB gibt es zwar Parteien, doch ist ihre Rolle wesentlich geringer, es geht vielmehr um die Personen - wodurch dann auch mal ein Demokratischer Präsident sich einen Republikaner als Minister nehmen kann. In Deutschland unvorstellbar).

mfg,

Chester :-:

Amida Temudschin
11.07.2004, 03:12
Ich finde die Idee gar nicht mal so schlecht, was auch damit zusammenhängt, daß ich mal an etwas ähnlichem getüfftelt habe. :D
Das Wahlrecht würde ich aber dahingehend ändern, daß die Ausschüsse (hätte ich Räte genannt :) ) pyramidenartig aufgebaut sind, d.h. daß die einzelnen Stufen von der nächstkleineren gebildet werden: Man wählt in der Kommune X den Bildungsausschuß. Im Kreis Y wird der Ausschuß dann aus den Kommunalausschüssen gewählt, bis man den Bundesausschuß für Bildung erreicht. Für die Wahl gäbe es zwei mögliche Methoden:
1. Der Kommunalausschuß wählt aus seinen Mitgliedern einen Vertreter für den Kreisausschuß.
2. Die Bürger eines Kreises wählen aus allen Kommunalausschüssen die Mitglieder des Kreisausschusses.
Davon ausnehmen würde ich die Politikfelder, die nur auf bestimmten Ebenen relevant sind, z.B. Verteidigung und Außenpolitik. Mehrfachentscheidungen durch verschiedene Ausschüsse zu einer Frage könnte man durch sehr genaue Festlegung der Kompetenzen verhindern, als Beispiel: Für medizinische Forschung ist nur der Forschungsausschuß zuständig und nicht der Gesundheitsausschuß. Bei Streitfällen entscheidet ein "Kompetenzen"-Ausschuß. Das Problem könnte sein, daß dieser und der Finanzausschuß faktisch die Regierung übernehmen könnten, indem sie die Fragen nur an solche Ausschüsse weiterleiten, in denen ihre eigene politische Ausrichtung die Mehrheit stellt, bzw. sie über den Haushalt die Politik bestimmen. Für den Finanzausschuß könnte man das verhindern, indem man festlegt, daß (bestimmte Notsituationen ausgenommen) die verschiedenen Ausschüsse (inflationsbereinigt) pro Legislaturperiode nur um 5% verändert werden dürfen. Für den "Kompetenzen"-Ausschuß müsste man sich entscheiden, ob er tatsächlich als Regierung gedacht ist, der die Richtung der Politik bestimmt, oder als bloße Schiedsinstanz mit relativ kleinem Entscheidungsspielraum.
Meine Prioritäten bei diesem Modell waren etwa so geordnet:
1. Dezentralisierung der Regierungsfunktionen
2. basisnahe Politik
3. Machtbeschneidung der Parteien
Da ich also das eigentliche Thema des Beitrages eher untergeordnet behandelt habe, kommt es vielleicht etwas zu kurz.
Daß weiterhin Parteien nötig sind, sehe ich nicht so. Ihre Hauptfunktion besteht meiner Einschätzung nach darin, die verschiedenen Themenkomplexe zu bündeln und so eine Politiklinie zu entwickeln, die sowohl auf Wirtschafts-, Bildungs-, Innen-, usw. -politik anwendbar ist. Das Mitglied eines Umweltausschusses müsste sich dagegen überhaupt nicht mit Themen wie Zuwanderungspolitik beschäftigen. Experte für ein Politikfeld kann jeder werden, das Problem, die gesamte Politik zu berücksichtigen, wäre nicht mehr vorhanden.

Chester
11.07.2004, 06:28
Das Mitglied eines Umweltausschusses müsste sich dagegen überhaupt nicht mit Themen wie Zuwanderungspolitik beschäftigen. Experte für ein Politikfeld kann jeder werden, das Problem, die gesamte Politik zu berücksichtigen, wäre nicht mehr vorhanden.
Hier liegt ein Denkfehler vor - kaum ein Feld der Politik kann unabhängig von allen anderen existieren, sie müssen durchaus koordiniert werden und benötigen daher sowohl gegenseitiges Verständnis wie eben auch ein Instrument zur Koordinierung.
Jedes Feld einfach für sich, mit Fachidioten die sich alleinig darum kümmern, ist recht illusorisch.

mfg,

Chester :-:

Siran
11.07.2004, 08:59
@Amida Temudschin

Also irgendwie sehe ich bei deiner Idee aber keine Verbesserung der Einflussmöglichkeiten der einzelnen Bürger. Denn der Bürger würde dann ja nur noch den Kommunalausschuss wählen und auf alle weiteren Wahlen, die Absprachen, die es da schon automatisch wieder gibt, etc. hat der außenstehende Bürger ja wieder komplett keinen Einfluss.
Das würde bedeuten, dass am Schluss Leute im Bundesausschuss sitzen können, von denen ich im Leben noch nichts gehört habe, die nicht aus meiner Gegend kommen und die auch im Leben nicht meine Politik vertreten.

Wenn man noch dazu nehmen würde, dass, wie in dichterDenkers Ausführung, die Parteien wegfallen, dann habe ich ja überhaupt keinen Anhaltspunkt mehr, was der einzelne Vertreter da wählt.

DichterDenker
11.07.2004, 12:28
Also ein Punkt wäre, dass es das Wahlrecht wahnsinnig erschweren würde. Wenn ich mir überlege, wieviele Stimmen hier in Baden-Württemberg bei den komplizierteren Kommunalwahlen immer ungültig sind...

Naja, dem ließe sich vielleicht entgegenwirken in dem man die Wahlen über die Wahlperiode verteilt. Wenn man also zB 6 Ausschüsse hat die für 4 Jahre gewählt werden könnte man jedes 3/4 Jahr genau einen Wählen. Das hätte dann auch den Vorteil das es keine extreme Umstellung gibt.


Auch denke ich, dass die Entscheidungsfindung noch länger dauern würde. Es ist ja schließlich nicht nur so, dass jeder Ausschuss Geld benötigt, sondern die würden ja noch in stärkerem Maße Einfluss aufeinander haben.

Das ist schon richtig.


Auch nehme ich nicht an, denke ich nicht, dass dieses ein-Personen-System funktionieren würde. Eine Partei ist ja eben auch dafür da, dass sich eine politische Idee, ein Konzept bilden kann und neue Ideen entwickelt werden. Jeder deiner Kandidaten müsste das entweder allein machen, was ich für sehr schwierig halte, oder würde auch wieder eine Gruppierung brauchen, die ihn unterstützt, wodurch du doch wieder Parteien hättest.

Naja, Amida hat es ja schon gesagt, es müsste hier niemand ein umfassendes politisches Kozept entwickeln sondern nur ein Konzept für sein Fachgebiet (Dabei kann es natürlich auch Überschneidungen mit anderen Fachgebieten geben). Aber theoretisch könnten sich dann auch Parteien bilden, das stimmt. Aber das würde m.E. in dem Fall nichts machen, da eben diese Partei auch nur dort Mandate kriegen würde wo sie den Willen des Bürgers vertritt.


Auch denke ich nicht, dass du das Problem, dass du immer eine Politik wählst, die aus vielen Punkten besteht, damit wirklich ausgeräumt hast. Denn dadurch, dass es ja Verschränkungen zwischen den Politikfeldern geben würde, hätte jeder Politiker eben doch Einfluss auf verschiedene Bereiche, auf denen er unter Umständen dann wieder nicht mit deiner Meinung übereinstimmen würde.

Nunja, das stimmt schon aber auf diese Felder hätte er nur indirekt einfluss über sein eigenes Feld. Es würde also durchaus Kompromisse geben, die aber von der politischen Realität bestimmt würden und nicht von den Motiven der Partei.


Irgendwie scheinst Du mir gerade den Gipfel der Bürokratie erfunden zu haben...der Verwaltungsaufwand, der dahinter stecken müßte, läßt mich leicht erschaudern. =P
Und als Bediensteter einer staatlichen Institution sollte ich eigentlich schon einiges an Verwaltungsaufwand gewohnt sein.

Ich behaupte mal das Gegenteil, es würde insgesamt weniger Bürokratie geben. Die Parteien haben ja auch einen umfangreichen Verwaltungsapparat, der dann wegfallen würde. Also ich denke vom (finaziellen) Aufwand würde es so ziemlich auf dasselbe hinauslaufen.

Amida Temudschin
11.07.2004, 15:52
Hier liegt ein Denkfehler vor - kaum ein Feld der Politik kann unabhängig von allen anderen existieren, sie müssen durchaus koordiniert werden und benötigen daher sowohl gegenseitiges Verständnis wie eben auch ein Instrument zur Koordinierung.
Jedes Feld einfach für sich, mit Fachidioten die sich alleinig darum kümmern, ist recht illusorisch.
Daß z.B. Umwelt-, Wirtschafts- und Energiepolitik eng miteinander verwoben sind ist klar, aber es muß sich eben nicht jeder Politiker mit jedem Themengebiet beschäftigen. Heute haben wir teilweise Politiker, deren einzige Leistung darin besteht, ein treuer Parteisoldat zu sein. Ziel meiner Idee war es, daß Vertreter nur noch nach ihrer Fachkompetenz gewählt werden. Für die Koordinierung hatte ich ja schon eine Lösung aufgezeigt.

Also irgendwie sehe ich bei deiner Idee aber keine Verbesserung der Einflussmöglichkeiten der einzelnen Bürger. Denn der Bürger würde dann ja nur noch den Kommunalausschuss wählen und auf alle weiteren Wahlen, die Absprachen, die es da schon automatisch wieder gibt, etc. hat der außenstehende Bürger ja wieder komplett keinen Einfluss.
Das würde bedeuten, dass am Schluss Leute im Bundesausschuss sitzen können, von denen ich im Leben noch nichts gehört habe, die nicht aus meiner Gegend kommen und die auch im Leben nicht meine Politik vertreten.

Kurze Antwort: Das war ja auch nicht das Ziel.
Lange Antwort: Erstens habe ich mit "basisnaher Politik" nichts in Richtung Basisdemokratie gemeint, sondern eher das Konzept, daß ein Politiker zuallererst seine Wähler auf kommunaler Ebene überzeugen muß, bevor er überhaupt die Chance hat, in die Landes- oder Bundespolitik zu gehen. Jeder Kandidat für einen Bundesausschuß ist allein schon dadurch legitimiert, daß er vorher schon von diversen Wählergruppen gewählt wurde, anstatt von seiner Partei einen Platz auf einer Landesliste zugeschanzt bekommen zu haben. Namen wie Struck oder Clement haben mir vor 10 Jahren auch noch nichts gesagt und in Bezug auf Sachkompetenz habe ich bei denen große Zweifel.
Zweitens müßte ich als Wähler nicht mehr Kompromisse eingehen, wenn ich bestimmten Programmpunkten einer Partei zustimme, anderen aber nicht. Wenn ich wollte, könnte ich Gysi in den Wirtschaftsausschuß und Beckstein in den Innenausschuß wählen.

Siran
11.07.2004, 17:16
Naja, dem ließe sich vielleicht entgegenwirken in dem man die Wahlen über die Wahlperiode verteilt. Wenn man also zB 6 Ausschüsse hat die für 4 Jahre gewählt werden könnte man jedes 3/4 Jahr genau einen Wählen. Das hätte dann auch den Vorteil das es keine extreme Umstellung gibt.

Davon halte ich, ehrlich gesagt, gar nichts. Die Ausschüsse müssen ja, wie wir schon festgestellt haben, untereinander zumindest zum Teil zusammenarbeiten. Wenn dann ständig der eine oder andere Ausschuss neu gewählt und zusammengestellt wird, dann fällt meiner Meinung nach noch mehr Zeit weg, in der nicht richtig gearbeitet werden kann.


Naja, Amida hat es ja schon gesagt, es müsste hier niemand ein umfassendes politisches Kozept entwickeln sondern nur ein Konzept für sein Fachgebiet (Dabei kann es natürlich auch Überschneidungen mit anderen Fachgebieten geben). Aber theoretisch könnten sich dann auch Parteien bilden, das stimmt. Aber das würde m.E. in dem Fall nichts machen, da eben diese Partei auch nur dort Mandate kriegen würde wo sie den Willen des Bürgers vertritt.

Das denke ich halt nicht. Jedes politische Feld braucht eine Finanzierung. Forderungen, z.B. nach einem hervorragenden sozialen Netz, kann ich ohne Schwierigkeiten stellen, wenn ich keinen Vorschlag machen muss, wie sich das auch finanzieren lässt. Das würde dazu führen, dass gerade der Finanzausschuss beständig den schwarzen Peter hat, denn dessen Aufgabe wäre es dann plötzlich, Ideen und Konzepte, die der Finanzausschuss gar nicht unterstützt, mit irgendwelchen Mitteln zu finanzieren bzw. der Bevölkerung klar zu machen, warum und weshalb das nicht geht.

Du hättest meiner Meinung nach auch eher mehr Filz als vorher, weil der ganze Aufstieg rein intern geregelt wird.


Nunja, das stimmt schon aber auf diese Felder hätte er nur indirekt einfluss über sein eigenes Feld. Es würde also durchaus Kompromisse geben, die aber von der politischen Realität bestimmt würden und nicht von den Motiven der Partei.

Nicht unbedingt. Die Kompromisse wären dann abhängig allein von den Ideen der jeweiligen Leute im Ausschuss. Ob deren Ideen näher an der Realität wären, halte ich nicht für zwingend notwendig.


Ich behaupte mal das Gegenteil, es würde insgesamt weniger Bürokratie geben. Die Parteien haben ja auch einen umfangreichen Verwaltungsapparat, der dann wegfallen würde. Also ich denke vom (finaziellen) Aufwand würde es so ziemlich auf dasselbe hinauslaufen.

Nun ja, die Parteien finanzieren sich aber zumindest zum Teil selbst. Über Mitgliedsbeiträge, eigene Immobilien und Spenden. Die ersten zwei Punkte würden schon automatisch wegfallen, wenn nur einzelne Kandidaten antreten würden und die Spenden gingen mir, wenn es um einzelne Kandidaten ginge, dann doch sehr in Richtung Bestechung.


Kurze Antwort: Das war ja auch nicht das Ziel.

Eine Politik, die sich noch weiter von der Idee der Demokratie wegbewegt, halte ich nicht für gut.


Lange Antwort: Erstens habe ich mit "basisnaher Politik" nichts in Richtung Basisdemokratie gemeint, sondern eher das Konzept, daß ein Politiker zuallererst seine Wähler auf kommunaler Ebene überzeugen muß, bevor er überhaupt die Chance hat, in die Landes- oder Bundespolitik zu gehen. Jeder Kandidat für einen Bundesausschuß ist allein schon dadurch legitimiert, daß er vorher schon von diversen Wählergruppen gewählt wurde, anstatt von seiner Partei einen Platz auf einer Landesliste zugeschanzt bekommen zu haben. Namen wie Struck oder Clement haben mir vor 10 Jahren auch noch nichts gesagt und in Bezug auf Sachkompetenz habe ich bei denen große Zweifel.

Nun ja, in wie weit du Leute kennen würdest, die vorher in einem Landesausschuss am anderen Ende der BRD gearbeitet haben, lasse ich jetzt mal dahingestellt.
Es ist auch jetzt meistens so, dass sich ein Parteimitglied langsam über Kreistag, etc. in den Landtag oder Bundestag vorarbeitet. Da aber gerade die unteren kommunalen Systeme von den Wählern wenig verfolgt werden, bleiben die Leute natürlich unbekannt.

Struck und Clement sind jetzt Kabinettsmitglieder, das ist ja nochmal eine andere Stufe als nur einfach MdB. Dass man diese mehr nach Kompetenz auswählen sollte, finde ich auch. Allerdings, gerade Leute, die wirtschaftlich kompetent sind, erhalten wesentlich mehr Geld, wenn sie in der Wirtschaft bleiben und sich aus der Politik raushalten.


Zweitens müßte ich als Wähler nicht mehr Kompromisse eingehen, wenn ich bestimmten Programmpunkten einer Partei zustimme, anderen aber nicht. Wenn ich wollte, könnte ich Gysi in den Wirtschaftsausschuß und Beckstein in den Innenausschuß wählen.

Könntest du. Allerdings würde sich dabei das Problem der Verträglichkeit der beiden Personen ergeben. Denn Gysi und Beckstein würden bei Themen, die sich überschneiden, und bei Wirtschaft und Innenpolitik gibt es die, wirklich komplett konträre Meinungen vertreten...

zarathustra
11.07.2004, 19:11
Ich glaube ihr habt einen ziemlich wesentlichen punkt übersehen.
was geschieht mit den medien?
sie hätten den gleichen einfluss, wie bisher und würden angesichts ihrer macht diejenigen sein, welche den staat lenken.

zarathustra
11.07.2004, 19:13
@topic: die idee an sich finde ich ausgezeichnet!
stimmt so ziemlich mit meinen vorstellungen von einer verfassung überein.

Amida Temudschin
11.07.2004, 19:15
Eine Politik, die sich noch weiter von der Idee der Demokratie wegbewegt, halte ich nicht für gut.
Daß die Mitbestimmung des einzelnen Bürgers veringert werden soll, habe ich nicht geschrieben, sondern nur, daß sie nicht vergrössert werden soll, was nicht daran liegt, daß ich gegen mehr Mitbestimmung bin, sondern daran, daß ich die einzelnen Probleme nach und nach zu lösen versuche.

Nun ja, in wie weit du Leute kennen würdest, die vorher in einem Landesausschuss am anderen Ende der BRD gearbeitet haben, lasse ich jetzt mal dahingestellt.
Es ist auch jetzt meistens so, dass sich ein Parteimitglied langsam über Kreistag, etc. in den Landtag oder Bundestag vorarbeitet. Da aber gerade die unteren kommunalen Systeme von den Wählern wenig verfolgt werden, bleiben die Leute natürlich unbekannt.
Wäre Kommunalpolitik die Basis der Politik bekäme sie sicherlich mehr Aufmerksamkeit als heute. Davon abgesehen ist es jetzt so, daß ich bei einem MdB aus Hessen überhaupt nichts weiß und die Möglichkeit besteht, daß er nur über die Landesliste in den BT gekommen ist. Bei meiner Idee wüsste ich zumindest, daß es irgendwo Leute gibt, die ihn gewählt haben.

Struck und Clement sind jetzt Kabinettsmitglieder, das ist ja nochmal eine andere Stufe als nur einfach MdB. Bei mir gäbe es zwischen Kabinett und Parlament keine Trennung. Um Einwänden wie "Gewaltenteilung ist eine der Grundlagen der modernen Demokratie." gleich zu begegnen: Im Bundestag ist die Mehrheit der Legislative mit der Exekutive identisch. Theoretisch kann zwar ein Abgeordneter der SPD gegen seine Regierung stimmen, aber durch Fraktionszwang und Androhung von Parteiausschluß wird es effektiv verhindert. Im Bundesrat ist die Sache noch eindeutiger, da die gesamte Legislative auf einer anderen Ebene die Exekutive stellt. Solange nicht die (früher) von den Grünen angestrebte Trennung von Amt und Mandat umgesetzt wird, gibt es faktisch in der BRD nur eine unzureichende Gewaltenteilung.

Siran
11.07.2004, 19:23
Daß die Mitbestimmung des einzelnen Bürgers veringert werden soll, habe ich nicht geschrieben, sondern nur, daß sie nicht vergrössert werden soll, was nicht daran liegt, daß ich gegen mehr Mitbestimmung bin, sondern daran, daß ich die einzelnen Probleme nach und nach zu lösen versuche.

Nun, deine Idee würde aber, so wie sie sich momentan liest, den Einfluss der Bürger eher verringern.

Ein weiteres Problem wäre, dass ich ja was Bundespolitik, Landespolitik und Kommunalpolitik betrifft, ganz andere Vorstellungen verfolgen kann. Jemand, der in der Kommunalpolitik meine innenpolitischen Vorstellungen vertritt, muss das ja in der Bundespolitik noch lange nicht tun.


Wäre Kommunalpolitik die Basis der Politik bekäme sie sicherlich mehr Aufmerksamkeit als heute. Davon abgesehen ist es jetzt so, daß ich bei einem MdB aus Hessen überhaupt nichts weiß und die Möglichkeit besteht, daß er nur über die Landesliste in den BT gekommen ist. Bei meiner Idee wüsste ich zumindest, daß es irgendwo Leute gibt, die ihn gewählt haben.

Dein Wahlrecht wäre allerdings ein reines Mehrheitswahlrecht. Ein sehr großer Teil der Stimmen würde schlichtweg verloren gehen. Es reicht ja für den einzelnen Kandidaten eine einfache Mehrheit, um gewählt zu werden. Je nachdem, wie sich die Stimmen auf die möglichen Kandidaten verteilen, ist es gut möglich, dass drei-viertel der Stimmen wegfallen.


Bei mir gäbe es zwischen Kabinett und Parlament keine Trennung. Um Einwänden wie "Gewaltenteilung ist eine der Grundlagen der modernen Demokratie." gleich zu begegnen: Im Bundestag ist die Mehrheit der Legislative mit der Exekutive identisch. Theoretisch kann zwar ein Abgeordneter der SPD gegen seine Regierung stimmen, aber durch Fraktionszwang und Androhung von Parteiausschluß wird es effektiv verhindert. Im Bundesrat ist die Sache noch eindeutiger, da die gesamte Legislative auf einer anderen Ebene die Exekutive stellt. Solange nicht die (früher) von den Grünen angestrebte Trennung von Amt und Mandat umgesetzt wird, gibt es faktisch in der BRD nur eine unzureichende Gewaltenteilung.

Und wie stellst du dir da die Arbeit der Regierung vor?

Amida Temudschin
11.07.2004, 19:31
Ich glaube ihr habt einen ziemlich wesentlichen punkt übersehen.
was geschieht mit den medien?
sie hätten den gleichen einfluss, wie bisher und würden angesichts ihrer macht diejenigen sein, welche den staat lenken.
Nicht übersehen, nur noch nicht bearbeitet. ;)
Eine Möglichkeit wäre die Stärkung der staatlichen Presse, z.B. eine neutrale Zeitung, die über alle Amtsträger und Kandidaten in standartisierter Weise (damit meine ich z.B. gleiche Länge der Artikel) berichtet und an alle Haushalte verteilt wird.

Amida Temudschin
11.07.2004, 19:47
Nun, deine Idee würde aber, so wie sie sich momentan liest, den Einfluss der Bürger eher verringern.
Inwiefern?

Ein weiteres Problem wäre, dass ich ja was Bundespolitik, Landespolitik und Kommunalpolitik betrifft, ganz andere Vorstellungen verfolgen kann. Jemand, der in der Kommunalpolitik meine innenpolitischen Vorstellungen vertritt, muss das ja in der Bundespolitik noch lange nicht tun.
Man könnte ja durchaus Lothar Späth in den Wirtschaftskreisausschuß wählen. Für den Landesausschuß wählt man dann aus allen Mitgliedern der verschiedenen Kreisausschüsse des Landes aus und kann, statt wieder Späth, auch jemand anderen wählen.

Dein Wahlrecht wäre allerdings ein reines Mehrheitswahlrecht. Ein sehr großer Teil der Stimmen würde schlichtweg verloren gehen. Es reicht ja für den einzelnen Kandidaten eine einfache Mehrheit, um gewählt zu werden. Je nachdem, wie sich die Stimmen auf die möglichen Kandidaten verteilen, ist es gut möglich, dass drei-viertel der Stimmen wegfallen.
Ich hatte es mir so gedacht, daß man nicht über jedes einzelne mandat abgestimmt wird, sondern bei einem Ausschuß mit 10 Mitgliedern die 10 Kandidaten mit den meisten Stimmen gewinnen. Es kann zwar theoretisch passieren, daß 1000 Kandidaten fast die gleiche Stimmenanzahl bekommen und so nur 1% der Stimmen berücksichtigt wird, aber abgesehen von solchen Extremfällen ist es dem Verhältniswahlrecht nicht unähnlich.

Und wie stellst du dir da die Arbeit der Regierung vor? Ein Ausschuß fasst Beschlüsse, die dann von der Verwaltung umgesetzt werden. (Bin mir nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstanden habe.)

Siran
11.07.2004, 20:07
Inwiefern?
Man könnte ja durchaus Lothar Späth in den Wirtschaftskreisausschuß wählen. Für den Landesausschuß wählt man dann aus allen Mitgliedern der verschiedenen Kreisausschüsse des Landes aus und kann, statt wieder Späth, auch jemand anderen wählen.

Ah, sorry, war ein kleines Missverständnis von mir.
Allerdings, die Ausschüsse, die im kommunalen Bereich, im Landesbereich, etc. benötigt werden, sind ja ganz unterschiedliche.
So hat z.B. die kommunale Ebene kaum interesse an einem Ausschuss für Außenpolitik, die Bundesebene wird sich kaum für einen Ausschuss interessieren, der für Planung von Bebauungsplänen zuständig ist, etc.
Heißt das, man müsste jetzt auch einen Außenpolitikausschuss in der Kommunalpolitik wählen?


Ich hatte es mir so gedacht, daß man nicht über jedes einzelne mandat abgestimmt wird, sondern bei einem Ausschuß mit 10 Mitgliedern die 10 Kandidaten mit den meisten Stimmen gewinnen. Es kann zwar theoretisch passieren, daß 1000 Kandidaten fast die gleiche Stimmenanzahl bekommen und so nur 1% der Stimmen berücksichtigt wird, aber abgesehen von solchen Extremfällen ist es dem Verhältniswahlrecht nicht unähnlich.

Und wieviel Stimmen sollen die Leute haben? Mal abgesehen davon, dass, wie du ja sagst, mit Anzahl der Kandidaten damit automatisch die Anzahl der wirklich berücksichtigten Stimmen abnehmen würden.


Ein Ausschuß fasst Beschlüsse, die dann von der Verwaltung umgesetzt werden. (Bin mir nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstanden habe.)

Und wie stellst du dir die Zusammenarbeit unter den Ausschüssen vor? Schließlich muss die Arbeit der Ausschüsse irgendwie koordiniert werden.

Amida Temudschin
11.07.2004, 22:39
Allerdings, die Ausschüsse, die im kommunalen Bereich, im Landesbereich, etc. benötigt werden, sind ja ganz unterschiedliche.
So hat z.B. die kommunale Ebene kaum interesse an einem Ausschuss für Außenpolitik, die Bundesebene wird sich kaum für einen Ausschuss interessieren, der für Planung von Bebauungsplänen zuständig ist, etc.
Heißt das, man müsste jetzt auch einen Außenpolitikausschuss in der Kommunalpolitik wählen?
Außenpolitik hatte ich schon ausgeklammert, da das wirklich nicht sinnvoll wäre. Die Bebauungspläne würde ich entweder einem thematisch ähnlichem Ausschuß zuschlagen, z.B. für Infrastruktur, der auf Bundesebene für den Bau von Autobahnen usw. zuständig ist, oder aber auf mehrere Ausschüße verteilen, indem erst der Umweltausschuß Naturschutzgebiete festlegt, dann der Wirtschaftsausschuß Gewerbeflächen etc.

Und wieviel Stimmen sollen die Leute haben?
Ich denke, daß eine ausreicht, denn so wird sichergestellt, daß auch Minderheitenmeinungen berücksichtigt werden. Als Beispiel: Bei der Wahl zum Wirtschaftsausschuß lassen sich die Kandidaten grob in die Richtungen liberal, konservativ und sozialdemokratisch einteilen. 52% der Wähler sind liberal eingestellt, 38% konservativ und 10% sozialdemokratisch. Hätte jeder Wähler bei 10 Mandaten 10 Stimmen, würde vermutlich ein Block aus Liberalen den Ausschuß stellen. Bei einer Stimme pro Wähler wäre die Sitzverteilung 5 zu 4 zu 1.

Mal abgesehen davon, dass, wie du ja sagst, mit Anzahl der Kandidaten damit automatisch die Anzahl der wirklich berücksichtigten Stimmen abnehmen würden.
Die Möglichkeit dazu ist heute auch gegeben: 30 Parteien treten zur Bundestagswahl an. 29 von ihnen bekommen jeweils 3%, die letzte aber 13% und stellt damit alle Bundestagsmandate. Sehe ich wie gesagt als Extremfall und damit nicht relevant an.

Und wie stellst du dir die Zusammenarbeit unter den Ausschüssen vor? Schließlich muss die Arbeit der Ausschüsse irgendwie koordiniert werden. Hm, erstmal würde ich darübernachdenken, ob eine Koordinierung wirklich nötig ist. Wenn ja, dann könnte ein Kompetenzen-/Koordinierungsausschuß die klassische Funktion einer Regierung wahrnehmen.

Siran
12.07.2004, 08:24
Außenpolitik hatte ich schon ausgeklammert, da das wirklich nicht sinnvoll wäre. Die Bebauungspläne würde ich entweder einem thematisch ähnlichem Ausschuß zuschlagen, z.B. für Infrastruktur, der auf Bundesebene für den Bau von Autobahnen usw. zuständig ist, oder aber auf mehrere Ausschüße verteilen, indem erst der Umweltausschuß Naturschutzgebiete festlegt, dann der Wirtschaftsausschuß Gewerbeflächen etc.

Wie willst du dann den Außenpolitikausschuss wählen? Der könnte dann ja nicht, wie von dir gefordert, aus der Kommunalwahl entstehen.

Auf Kommunalwahl wäre eine Aufteilung in so viele Unterausschüsse auch wenig sinnvoll. Denn die Leute, die in so einem Ausschuss arbeiten müssen ja zumindest zum Teil entschädigt werden. Je mehr Ausschüsse, desto mehr Leute, desto teurer das Ganze.
Mal ganz abgesehen davon, dass die drei Ausschüsse da ja auch kooperieren müssten, schließlich muss eine gewisse Ausgewogenheit zwischen Naturschutz-, Industrie- und Baugebieten bestehen.


Ich denke, daß eine ausreicht, denn so wird sichergestellt, daß auch Minderheitenmeinungen berücksichtigt werden. Als Beispiel: Bei der Wahl zum Wirtschaftsausschuß lassen sich die Kandidaten grob in die Richtungen liberal, konservativ und sozialdemokratisch einteilen. 52% der Wähler sind liberal eingestellt, 38% konservativ und 10% sozialdemokratisch. Hätte jeder Wähler bei 10 Mandaten 10 Stimmen, würde vermutlich ein Block aus Liberalen den Ausschuß stellen. Bei einer Stimme pro Wähler wäre die Sitzverteilung 5 zu 4 zu 1.

Nicht zwangsläufig. Schließlich werden ja in dem Fall Personen gewählt und keine Parteien. Wenn da der große Gewinner 40% der Stimmen bekommt, alle anderen Kandidaten aber nur so etwa 6%, dann hast du 3 Liberale, 6 Konservative und 1 Sozialdemokraten.
Wieviel Stimmen die wirtschaftliche Richtung insgesamt erhält, ist ja unwichtig.


Die Möglichkeit dazu ist heute auch gegeben: 30 Parteien treten zur Bundestagswahl an. 29 von ihnen bekommen jeweils 3%, die letzte aber 13% und stellt damit alle Bundestagsmandate. Sehe ich wie gesagt als Extremfall und damit nicht relevant an.

Bei der Bundestagswahl gibt es aber zusätzlich die Direktmandate. Wenn also die Partei mit den 13% nicht in jedem Wahlbezirk ihren Direktkandidaten durchbekommt, was ziemlich unwahrscheinlich wäre, wären eben doch mehr Parteien im Bundestag vertreten. Den Ausgleich gibt es bei dir nicht.


Hm, erstmal würde ich darübernachdenken, ob eine Koordinierung wirklich nötig ist. Wenn ja, dann könnte ein Kompetenzen-/Koordinierungsausschuß die klassische Funktion einer Regierung wahrnehmen.

Du denkst nicht, dass eine Kooperation zwischen Verteidigung und Außenpolitik, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Finanz- und Wirtschaftspolitik etc. notwendig ist?

Amida Temudschin
12.07.2004, 15:04
Wie willst du dann den Außenpolitikausschuss wählen? Der könnte dann ja nicht, wie von dir gefordert, aus der Kommunalwahl entstehen.
Das wäre dann eine der wenigen Ausnahmen von diesem System. Wenn man sich relativ direkt an die restlichen Wahlen hält, könnte man es über Wahlmänner, die auch das passive Wahlrecht besitzen, regeln. Da meiner Meinung nach Wahlmänner das demokratische System aber eher verzerren, sollten die Wahlen direkt sein.

Auf Kommunalwahl wäre eine Aufteilung in so viele Unterausschüsse auch wenig sinnvoll. Denn die Leute, die in so einem Ausschuss arbeiten müssen ja zumindest zum Teil entschädigt werden. Je mehr Ausschüsse, desto mehr Leute, desto teurer das Ganze.
Ich würde die Entschädigung sehr stark an die geleistete Arbeit koppeln, da nicht alle Mandate (sondern eher der kleinere teil) ein Fulltimejob wären, sodaß ein Ausschuß, der pro Jahr nur 2 Entscheidungen trifft, relativ geringe Entschädigungen erhält. Das Ergebnis wäre eine Verschiebung der Sichtweise weg vom Berufspolitiker hin zum Ehrenamt. Jemand, der nicht bereit ist, auf sein fettes Managergehalt zu verzichten, um seine Vorstellungen von Wirtschaftspolitik umzusetzen, hat in meinen Augen in der Politik nichts verloren.

Nicht zwangsläufig. Schließlich werden ja in dem Fall Personen gewählt und keine Parteien. Wenn da der große Gewinner 40% der Stimmen bekommt, alle anderen Kandidaten aber nur so etwa 6%, dann hast du 3 Liberale, 6 Konservative und 1 Sozialdemokraten.
Wieviel Stimmen die wirtschaftliche Richtung insgesamt erhält, ist ja unwichtig.
Stimmt grundsätzlich so, ich gehe aber davon aus, daß sich eine gewisse Parteienbildung nicht verhindern lassen wird. Damit meine ich eher politische Strömungen, die sich auf theoretischer Basis unterstützen (Politiker A entwickelt brilliante Ideen zur Wirtschaftspolitik, die Politiker B und C werden seine "Schüler" und wandeln seine Ideen teilweise ab, also eher so, wie in der Wissenschaft), als wirkliche Organisationen, die sich finanziell unterstützen.

Bei der Bundestagswahl gibt es aber zusätzlich die Direktmandate. Wenn also die Partei mit den 13% nicht in jedem Wahlbezirk ihren Direktkandidaten durchbekommt, was ziemlich unwahrscheinlich wäre, wären eben doch mehr Parteien im Bundestag vertreten. Den Ausgleich gibt es bei dir nicht.
Hm, ich kenne mich nicht genug mit dem Wahlrecht aus, um dieses Beispiel wirklich in allen Konsequenzen zu bewerten. Wenn eine Partei 100% aller relevanten Zweitstimmen bekäme, aber kein einziges Direktmandat, wie viele Sitze hätte sie dann im Bundestag?

Du denkst nicht, dass eine Kooperation zwischen Verteidigung und Außenpolitik, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Finanz- und Wirtschaftspolitik etc. notwendig ist? Wenn die Kompetenzen klar verteilt sind, kann in einigen Fällen weitere Kooperation sogar schädlich sein: Manche Kasernen, die verteidigungspolitisch unnötig geworden sind, werden weiterhin nicht geschlossen, weil angeblich zuviele Arbeitsplätze dranhängen. Stattdessen könnte man die Kaserne durch eine beliebige Fabrik ersetzen, die z.B. Badelatschen in Schuhgröße 85 auf Halde produziert. Das mag sich jetzt blödsinnig anhören, aber eine solche Fabrik hätte genauso viel Sinn wie eine unnötige Kaserne, würde auch Arbeitsplätze schaffen und als Pluspunkt weniger kosten. Erstens wären damit der Verteidigungs-, der Wirtschafts- und der Finanzausschuß zufrieden und zweitens könnte man ja auch tatsächlich eine sinnvolle Fabrik bauen.

Siran
12.07.2004, 15:24
Das wäre dann eine der wenigen Ausnahmen von diesem System. Wenn man sich relativ direkt an die restlichen Wahlen hält, könnte man es über Wahlmänner, die auch das passive Wahlrecht besitzen, regeln. Da meiner Meinung nach Wahlmänner das demokratische System aber eher verzerren, sollten die Wahlen direkt sein.

Also von Wahlmännern, deren Wahl man u.U. gar nicht genau kontrollieren kann, halte ich gar nichts...


Ich würde die Entschädigung sehr stark an die geleistete Arbeit koppeln, da nicht alle Mandate (sondern eher der kleinere teil) ein Fulltimejob wären, sodaß ein Ausschuß, der pro Jahr nur 2 Entscheidungen trifft, relativ geringe Entschädigungen erhält. Das Ergebnis wäre eine Verschiebung der Sichtweise weg vom Berufspolitiker hin zum Ehrenamt. Jemand, der nicht bereit ist, auf sein fettes Managergehalt zu verzichten, um seine Vorstellungen von Wirtschaftspolitik umzusetzen, hat in meinen Augen in der Politik nichts verloren.

Die meisten Leute, die in der Kommunalpolitik unterwegs sind, erhalten nur ein Aufwandsentschädigung.
Nur mal als Beispiel: Ein Gemeinderat in unserer Stadt (20.000 Einwohner) hat hat ein bis zweimal monatlich Gemeinderatssitzung und zusätzlich mindestens einmal Fraktionssitzung und Ausschusssitzung. Wenn irgendetwas besonderes ansteht, z.B. die Verabschiedung des Finanzplanes, dann steigt das nochmals an.
Pro Gemeinderatssitzung erhalten sie eine Aufwandsentschädigung von rund 40 Euro, für Fraktionssitzungen und Ausschusssitzungen gar nichts.
Den Leuten noch weniger zu zahlen für ihre Arbeit wäre meiner Meinung nach kaum noch möglich. Wenn du jetzt die Zahl der Ausschüsse, sind momentan zwei Stück, erhöhst, dann steigen automatisch die Gemeinderäte und damit die Kosten für die Kommunen.

Auch Berufspolitiker erhalten bei weitem nicht soviel Geld wie ein Manager in der freien Wirtschaft. Denn diese müssen aus dem Geld, dass ihnen überwiesen wird, auch ihre Vertretung im jeweiligen Wahlkreis finanzieren. Mal ganz abgesehen davon, dass jemand, der an einem Bundesausschuss mitarbeitet ganz zwangsläufig nach Berlin oder zu irgendeiner anderen Stadt ziehen müsste, damit die Mitglieder alle auf einem Haufen hocken. Dann müsste er sich, wenn er kein Berufspolitiker ist, wohl zwangsläufig von seinem vorherigen Arbeitsplatz verabschieden.

Zuviel Geld erhalten meiner Meinung nach vor allem Minister, die frühzeitig gehen und dann einen Haufen Übergangsgeld und teilweise auch noch Rente für nur ein paar Monate Arbeit erhalten.


Stimmt grundsätzlich so, ich gehe aber davon aus, daß sich eine gewisse Parteienbildung nicht verhindern lassen wird. Damit meine ich eher politische Strömungen, die sich auf theoretischer Basis unterstützen (Politiker A entwickelt brilliante Ideen zur Wirtschaftspolitik, die Politiker B und C werden seine "Schüler" und wandeln seine Ideen teilweise ab, also eher so, wie in der Wissenschaft), als wirkliche Organisationen, die sich finanziell unterstützen.

Was wäre dann genau der Vorteil? Da würde sich ja über kurz oder lang wieder ein System von Unterstützern entwickeln...


Hm, ich kenne mich nicht genug mit dem Wahlrecht aus, um dieses Beispiel wirklich in allen Konsequenzen zu bewerten. Wenn eine Partei 100% aller relevanten Zweitstimmen bekäme, aber kein einziges Direktmandat, wie viele Sitze hätte sie dann im Bundestag?

Meines Wissens gibt es da Ausgleichssitze. Wie genau die berechnet werden, müsstest du dir allerdings selbst ankucken. Das weiß ich jetzt so aus dem Stehgreif auch nicht mehr.
Sie würde selbstverständlich ein paar Sitze erhalten, aber in keinem Fall 100%.


Wenn die Kompetenzen klar verteilt sind, kann in einigen Fällen weitere Kooperation sogar schädlich sein: Manche Kasernen, die verteidigungspolitisch unnötig geworden sind, werden weiterhin nicht geschlossen, weil angeblich zuviele Arbeitsplätze dranhängen. Stattdessen könnte man die Kaserne durch eine beliebige Fabrik ersetzen, die z.B. Badelatschen in Schuhgröße 85 auf Halde produziert. Das mag sich jetzt blödsinnig anhören, aber eine solche Fabrik hätte genauso viel Sinn wie eine unnötige Kaserne, würde auch Arbeitsplätze schaffen und als Pluspunkt weniger kosten. Erstens wären damit der Verteidigungs-, der Wirtschafts- und der Finanzausschuß zufrieden und zweitens könnte man ja auch tatsächlich eine sinnvolle Fabrik bauen.

Sorry, aber das Beispiel mit den Badelatschen ist so einfach falsch. Eine Kaserne hat ganz bestimmte Zulieferungsbetriebe. Wenn jetzt die Kaserne schließt, dann bekommen alle Zulieferungsbetriebe Probleme. Wenn ich da jetzt Industrie ansiedle, mal ganz unabhängig von der Frage, wie ich eine Industrie dazu bringe, sich da anzusiedeln, dann benötigt die unter Umständen vollkommen andere Zulieferer. Die alten Betriebe würden also trotzdem eingehen.
So dürfte eine Badelatschenfabrik kaum die Lebensmittelzulieferer alle beschäftigen, die man vorher für die Kaserne benötigt hat.

Genau deshalb benötigt man meiner Meinung nach die Kooperation. Kooperation bedeutet ja nicht, dass man die Kaserne da stehen lassen muss, sondern es bedeutet, dass, wenn der Verteidigungsausschuss beschließt, dass wir uns die Kaserne nicht mehr leisten können, sich der Wirtschaftsausschuss darüber Gedanken macht, wie man die Arbeitsplätze da möglichst trotzdem erhalten kann und welche Art von Industrieansiedlung da am meisten Sinn macht.

Amida Temudschin
12.07.2004, 17:54
Den Leuten noch weniger zu zahlen für ihre Arbeit wäre meiner Meinung nach kaum noch möglich. Wenn du jetzt die Zahl der Ausschüsse, sind momentan zwei Stück, erhöhst, dann steigen automatisch die Gemeinderäte und damit die Kosten für die Kommunen.
Auf kommunaler Ebene möchte ich gar nicht kürzen, sondern eher auf Landesebene. Da haben wir momentan einen Landtag und eine Landesregierung, die so bezahlt werden, als würde sie ihr Amt völlig vereinnahmen, obwohl sie effektiv nur damit beschäftigt sind, sich eine Meinung zu bilden und aufgrund dieser Meinung Entscheidungen zu treffen. Gut, manche Landesministerposten sind vielleicht wirklich so zeitraubend, daß keine Zeit für eine Arbeit bliebe, aber bei Landtagsabgeordneten war es vor nicht allzulanger Zeit noch so, daß die Bezahlung nur eine Aufwandsentschädigung war. Aber die eigentliche Arbeit, die Umsetzung und Überwachung der Beschlüsse, leisten andere.

Auch Berufspolitiker erhalten bei weitem nicht soviel Geld wie ein Manager in der freien Wirtschaft. Denn diese müssen aus dem Geld, dass ihnen überwiesen wird, auch ihre Vertretung im jeweiligen Wahlkreis finanzieren. Mal ganz abgesehen davon, dass jemand, der an einem Bundesausschuss mitarbeitet ganz zwangsläufig nach Berlin oder zu irgendeiner anderen Stadt ziehen müsste, damit die Mitglieder alle auf einem Haufen hocken. Dann müsste er sich, wenn er kein Berufspolitiker ist, wohl zwangsläufig von seinem vorherigen Arbeitsplatz verabschieden.
Schon klar, aber es werden immer wieder Diätenerhöhungen mit dem Argument, man müsse die Politik für Manager attraktiver machen, erhöht und genau da liegt meiner Meinung nach der Fehler. Die Politik muß nicht in finanzieller Hinsicht attraktiv sein, sie darf es eigentlich gar nicht, denn so holt man sich nur die Schmarotzer, die sich ein schönes Leben machen wollen. Entweder interessiert mich Politik oder ich lasse sie bleiben.

Politiker müssen nicht zwangsläufig ständig anwesend sein. Für einen Ausschuß mit 10 Mitgliedern, der wöchentlich tagt, würde es reichen, wenn in einem zweiwöchigen Turnus jedes der Mitglieder einen Tag verfügbar ist. Informationen besorgen oder Verhandlungen führen dürfte beim heutigen Stand der Technik auch nicht mehr ortsabhängig sein. Wenn überhaupt bräuchte also nur die Bundesebene eine Wohnung in Berlin und wäre nur noch beschränkt fähig, ihrer sonstigen Arbeit nachzugehen. Und ein Unternehmer, der es nicht geschafft hat, nach langjähriger Tätigkeit soviel Geld anzusparen, daß er es sich leisten kann, für einige Zeit nicht mehr zu arbeiten, erscheint nicht geeignet, die Wirtschaft eines Landes zu führen.

Was wäre dann genau der Vorteil? Da würde sich ja über kurz oder lang wieder ein System von Unterstützern entwickeln...
Jain. Unterstützung auf der Ebene der Ideen, nicht auf der von Geld und parteiinterner Macht.

Sorry, aber das Beispiel mit den Badelatschen ist so einfach falsch. Eine Kaserne hat ganz bestimmte Zulieferungsbetriebe. Wenn jetzt die Kaserne schließt, dann bekommen alle Zulieferungsbetriebe Probleme. Wenn ich da jetzt Industrie ansiedle, mal ganz unabhängig von der Frage, wie ich eine Industrie dazu bringe, sich da anzusiedeln, dann benötigt die unter Umständen vollkommen andere Zulieferer. Die alten Betriebe würden also trotzdem eingehen.
So dürfte eine Badelatschenfabrik kaum die Lebensmittelzulieferer alle beschäftigen, die man vorher für die Kaserne benötigt hat.
1. Wie bringe ich eine Kaserne dazu, sich "anzusiedeln"? Ich baue sie auf Staatskosten und stelle Leute auf Staatskosten ein. Wie gesagt, diese Fabrik müsste nicht mal im Ansatz rentabel sein. Natürlich wäre es rausgeworfenes Geld, aber das ist eine nutzlose Kaserne auch.
2. Für eine Fabrik braucht man ebenfalls Zulieferer, die den Platz der alten einnehmen.
3. Wäre es wirklich tragisch, wenn Waffenhersteller und vor allem die Lebensmittellieferanten der Bundeswehr eingehen?

Siran
12.07.2004, 19:05
Auf kommunaler Ebene möchte ich gar nicht kürzen, sondern eher auf Landesebene. Da haben wir momentan einen Landtag und eine Landesregierung, die so bezahlt werden, als würde sie ihr Amt völlig vereinnahmen, obwohl sie effektiv nur damit beschäftigt sind, sich eine Meinung zu bilden und aufgrund dieser Meinung Entscheidungen zu treffen. Gut, manche Landesministerposten sind vielleicht wirklich so zeitraubend, daß keine Zeit für eine Arbeit bliebe, aber bei Landtagsabgeordneten war es vor nicht allzulanger Zeit noch so, daß die Bezahlung nur eine Aufwandsentschädigung war. Aber die eigentliche Arbeit, die Umsetzung und Überwachung der Beschlüsse, leisten andere.

Dass ein Landtagsmandat eine berufliche Tätigkeit ist, also kein Ehrenamt, ist, nach allem, was ich bisher gelesen habe, eine Entscheidung des BVerfG. Ich werde mal kucken, ob ich dazu ein Urteil finden kann.

Insgesamt verdient übrigens ein Landtagsabgeordneter im Durchschnitt weniger als ein Richter im öffentlichen Dienst. Im Durchschnitt erreichen Landtagsabgeordnete 4300 Euro, ein Richter erreicht ab Oberlandesgericht ein Gehalt von 5937,43 Euro. (R3)

Übrigens wage ich zu behaupten, dass die so wenig zu tun gar nicht haben. Ich kenne jetzt den Arbeitsplan eines Landtagsabgeordneten nicht, habe mich aber vor einiger Zeit mit dem Bundestagsabgeordneten unseres Landkreises unterhalten. Dieser war Mitglied in zwei Unterausschüssen, was so die normale Anzahl zu sein scheint, die sich dann wöchentlich mehrfach getroffen haben, er hatte die normalen Bundestagssitzungen, die ja auch täglich stattfinden und er hatte zusätzlich noch das ganze Hintergrundwissen zu erarbeiten, sowohl für seine Ausschüsse, als auch für die jeweiligen Bundestagssitzungen. Mal ganz abgesehen von der Kreisarbeit, die er auch noch machen musste. Das klang für mich schon nach einem ausgefüllten Arbeitstag.
Eigentlich denke ich nicht, dass die Arbeit im Landtag stark davon abweicht. Diese haben natürlich andere Aufgabenfelder, aber Ausschüsse gibt es sowohl im einen als auch im anderen und Landtagssitzungen natürlich auch.


Schon klar, aber es werden immer wieder Diätenerhöhungen mit dem Argument, man müsse die Politik für Manager attraktiver machen, erhöht und genau da liegt meiner Meinung nach der Fehler. Die Politik muß nicht in finanzieller Hinsicht attraktiv sein, sie darf es eigentlich gar nicht, denn so holt man sich nur die Schmarotzer, die sich ein schönes Leben machen wollen. Entweder interessiert mich Politik oder ich lasse sie bleiben.

Naja, Manager kann man wohl kaum als Schmarotzer bezeichnen. Tatsache bleibt aber, dass Bundestagsmandate für Leute ab einer bestimmten Gehaltstufe ein beruflicher Rückschritt sind. Allerdings sehe ich ein, dass man das wohl nicht ändern kann.
Das "Entweder interessiert mich Politik oder ich lasse sie bleiben" sagt sich so schön, wenn sich daraus keine Konsequenzen für das eigene Leben ergeben. Wenn ich an ein bestimmtes Gehalt gewöhnt bin, dann werde ich mir, wenn ich über Familie, etc. verfüge, durchaus überlegen, ob sich das dann tatsächlich lohnt. Um so mehr, als ja ein Vorlauf gegeben ist. Denn vor der Wahl zum MdB steht ja erstmal ein kostspieliger und zeitaufwändiger Wahlkampf.


Politiker müssen nicht zwangsläufig ständig anwesend sein. Für einen Ausschuß mit 10 Mitgliedern, der wöchentlich tagt, würde es reichen, wenn in einem zweiwöchigen Turnus jedes der Mitglieder einen Tag verfügbar ist. Informationen besorgen oder Verhandlungen führen dürfte beim heutigen Stand der Technik auch nicht mehr ortsabhängig sein. Wenn überhaupt bräuchte also nur die Bundesebene eine Wohnung in Berlin und wäre nur noch beschränkt fähig, ihrer sonstigen Arbeit nachzugehen. Und ein Unternehmer, der es nicht geschafft hat, nach langjähriger Tätigkeit soviel Geld anzusparen, daß er es sich leisten kann, für einige Zeit nicht mehr zu arbeiten, erscheint nicht geeignet, die Wirtschaft eines Landes zu führen.

Naja, das ist, als würdest du für einen Studenten nur die Zeit rechnen, die er aktiv in den Vorlesungen verbringt und daraus berechnen, dass er ja eigentlich noch nebenher ohne Probleme einen kompletten Job machen kann.

Um in so einem Ausschuss irgendwas entscheiden zu können, benötigt man ja Informationen und muss sich in die jeweiligen Gebiete einarbeiten. Denn Abgeordnete, die nur zu den Ausschusssitzungen erscheinen, die will nun ich nicht.

Ein Unternehmer, dem ein kleines mittelständisches Unternehmen gehört, hat eigentlich gar keine Chance in die Politik zu gehen. Es mag ihm zwar durchaus möglich sein, genug Geld anzuhäufen, um über die Runden zu gehen, er müsste allerdings entweder einen zuverlässigen Manager für sein Unternehmen finden oder es aufgeben. Ersteres ist schwierig und kostspielig, zu letzterem dürften die wenigsten bereit sein. Schließlich hat man sein Herzblut in sowas investiert.


Jain. Unterstützung auf der Ebene der Ideen, nicht auf der von Geld und parteiinterner Macht.

Parteien sind erstmal eigentlich nur Leute, die eine ähnliche Idee von Politik vertreten. Geld und Macht kommt in sowas ganz automatisch rein.


1. Wie bringe ich eine Kaserne dazu, sich "anzusiedeln"? Ich baue sie auf Staatskosten und stelle Leute auf Staatskosten ein. Wie gesagt, diese Fabrik müsste nicht mal im Ansatz rentabel sein. Natürlich wäre es rausgeworfenes Geld, aber das ist eine nutzlose Kaserne auch.

Eine Kaserne ist aber nunmal Eigentum des Staates, Fabriken sind es in Deutschland im Allgemeinen nicht.
Außerdem sehe ich eigentlich nicht ganz, was der Vorteil für den Staat wäre, eine Kaserne zu schließen, was Geld kostet und dann eine unrentable Fabrik aufzubauen, die mich auch Geld kostet. Wo ist da der Fortschritt? Da kann ich das Ding doch gleich stehen lassen?


2. Für eine Fabrik braucht man ebenfalls Zulieferer, die den Platz der alten einnehmen.

Aber andere Zulieferer. Oder brauchst du bei einer Badelatschenfabrik Klopapier, Nahrungsmittel, Munition, etc.?
Also würde man zuerst mal die alten Zulieferer ruinieren, um dann hinterher neue aufzubauen. Kommt mir nicht sehr rentabel vor...


3. Wäre es wirklich tragisch, wenn Waffenhersteller und vor allem die Lebensmittellieferanten der Bundeswehr eingehen?

Da ich mal davon ausgehe, dass die dort Beschäftigten Leute wie du und ich sind, mit Familie, Kindern, etc.: Ja.

Amida Temudschin
12.07.2004, 21:26
Das klang für mich schon nach einem ausgefüllten Arbeitstag.
Das könnte daran liegen, daß, wenn man sowieso den ganzen Tag zur Verfügung hat, ihn auch mit Arbeit füllt.

Naja, Manager kann man wohl kaum als Schmarotzer bezeichnen. Damit waren (diesmal :2faces: ) jene gemeint, die Politik nur als Beruf und nicht als Berufung ansehen.

Das "Entweder interessiert mich Politik oder ich lasse sie bleiben" sagt sich so schön, wenn sich daraus keine Konsequenzen für das eigene Leben ergeben. Oh, ich stand schon mal vor der Entscheidung, entweder meinen derzeitigen Job weiterzumachen oder ein politisches Amt zu übernehmen, bei dem ich 1/4 weniger Geld pro Monat, mehr Arbeit und mehr Verantwortung gehabt hätte. Am Ende sind zwar die Verhandlungen dafür gescheitert, aber im Grunde hatte ich mich schon für das Amt entschieden. Und daß ich in einem moralischen Sinn besser bin als andere, glaube ich eher nicht.

Naja, das ist, als würdest du für einen Studenten nur die Zeit rechnen, die er aktiv in den Vorlesungen verbringt und daraus berechnen, dass er ja eigentlich noch nebenher ohne Probleme einen kompletten Job machen kann.
Pro Woche 20h für einen Job, von dem ich leben kann, 20h in der Uni, im Durchschnitt etwa 15h außerhalb der Uni und mindestens 5h (wenn möglich deutlich mehr) für politische Arbeit. Ich sehe das Problem nicht, auch wenn es nicht schön ist.

Parteien sind erstmal eigentlich nur Leute, die eine ähnliche Idee von Politik vertreten. Geld und Macht kommt in sowas ganz automatisch rein.
Der erste Satz stimmt, der zweite nicht, wenn man sich Parteienbildung in der Antike oder eben das Verhältnis heutiger Wissenschaftler untereinander betrachtet, die Sichtweise ist aber verständlich, da in der BRD Parteien grundsätzlich mit Organisation verknüpft sind.

Eine Kaserne ist aber nunmal Eigentum des Staates, Fabriken sind es in Deutschland im Allgemeinen nicht.
Außerdem sehe ich eigentlich nicht ganz, was der Vorteil für den Staat wäre, eine Kaserne zu schließen, was Geld kostet und dann eine unrentable Fabrik aufzubauen, die mich auch Geld kostet. Wo ist da der Fortschritt? Da kann ich das Ding doch gleich stehen lassen?
Bei einem Fliegerhorst z.B. würde ich allein wegen der Treibstoff- und Wartungskosten von einer Rentabilität der Schließung ausgehen.

Aber andere Zulieferer. Oder brauchst du bei einer Badelatschenfabrik Klopapier, Nahrungsmittel, Munition, etc.?
Also würde man zuerst mal die alten Zulieferer ruinieren, um dann hinterher neue aufzubauen. Kommt mir nicht sehr rentabel vor...
Wirtschaftsprotektionismus und Bestandswahrung um jeden Preis sehe ich als falsch an, wer in einer Marktwirtschaft agieren will, muß auch mit Marktbereinigung leben.

Siran
12.07.2004, 21:40
Das könnte daran liegen, daß, wenn man sowieso den ganzen Tag zur Verfügung hat, ihn auch mit Arbeit füllt.

Also für mich, war übrigens ein normales Gespräch, nichts im Rahmen von "Ach, wir haben so viel zu tun", klang das wirklich so, als wäre der Tag gefüllt, auch ohne Ausdehnung der Arbeit, damit der Tag rumgeht.


Oh, ich stand schon mal vor der Entscheidung, entweder meinen derzeitigen Job weiterzumachen oder ein politisches Amt zu übernehmen, bei dem ich 1/4 weniger Geld pro Monat, mehr Arbeit und mehr Verantwortung gehabt hätte. Am Ende sind zwar die Verhandlungen dafür gescheitert, aber im Grunde hatte ich mich schon für das Amt entschieden. Und daß ich in einem moralischen Sinn besser bin als andere, glaube ich eher nicht.

*g* Ich hatte mich auch schon bereit erklärt, so einen netten Job in der Kommunalpolitik zu übernehmen. Allerdings bin ich weder verheiratet, noch habe ich Kinder, so dass ich solche Sachen nur für mich allein entscheide. Wenn ich mir dann überlegen muss, ob ich meine Kinder dann nur noch am Wochenende sehe, dann würde das unter Umständen auch anders ausfallen.


Pro Woche 20h für einen Job, von dem ich leben kann, 20h in der Uni, im Durchschnitt etwa 15h außerhalb der Uni und mindestens 5h (wenn möglich deutlich mehr) für politische Arbeit. Ich sehe das Problem nicht, auch wenn es nicht schön ist.

Was um Gottes Willen studierst du? Ich komme auf wesentlich mehr als 15 Wochenstunden und im Normalfall auch auf wesentlich mehr als nur 5 Stunden nacharbeiten...


Der erste Satz stimmt, der zweite nicht, wenn man sich Parteienbildung in der Antike oder eben das Verhältnis heutiger Wissenschaftler untereinander betrachtet, die Sichtweise ist aber verständlich, da in der BRD Parteien grundsätzlich mit Organisation verknüpft sind.

Du denkst ernsthaft, dass unter Wissenschaftlern nicht auch Vetternwirtschaft getrieben wird und Daten mal verschwinden, wenn ein nicht genehmer Konkurrenzforscher die gerne sehen möchte?
Sobald der Mensch anfängt zu konkurrieren, fängt auch automatisch das Gemauschle an.


Bei einem Fliegerhorst z.B. würde ich allein wegen der Treibstoff- und Wartungskosten von einer Rentabilität der Schließung ausgehen.

Naja, aber wenn du dafür eine unrentable Fabrik aufbaust, in die du auch Geld reinsteckst, hast du ja keinen Vorteil.


Wirtschaftsprotektionismus und Bestandswahrung um jeden Preis sehe ich als falsch an, wer in einer Marktwirtschaft agieren will, muß auch mit Marktbereinigung leben.

Der Aufbau einer staatlich kontrollierten Fabrik ist kaum das, was man unter freier Marktwirtschaft versteht...

Amida Temudschin
14.07.2004, 13:21
Also für mich, war übrigens ein normales Gespräch, nichts im Rahmen von "Ach, wir haben so viel zu tun", klang das wirklich so, als wäre der Tag gefüllt, auch ohne Ausdehnung der Arbeit, damit der Tag rumgeht.
Ich meinte das eher unbewußter. Wenn man wenig Zeit hat, nutzt man dieses Zeit effizienter und streicht eher unwichtige Sachen. Das hieß für mich z.B. persönliche Treffen grundsätzlich nur beim Mittagessen, ansonsten Telephongespräche (meistens während irgendwelcher Busfahrten) oder Email.

Was um Gottes Willen studierst du? Ich komme auf wesentlich mehr als 15 Wochenstunden und im Normalfall auch auf wesentlich mehr als nur 5 Stunden nacharbeiten...
Da hast du dich wohl verlesen: 20 SWS + 15 Stunden Vor- und Nachbereitung, wobei sich die Zeit außerhalb der Uni schwer einschätzen läßt, da die Arbeitsbelastung über das Semester verteilt stark schwankt.

Du denkst ernsthaft, dass unter Wissenschaftlern nicht auch Vetternwirtschaft getrieben wird und Daten mal verschwinden, wenn ein nicht genehmer Konkurrenzforscher die gerne sehen möchte?
Sobald der Mensch anfängt zu konkurrieren, fängt auch automatisch das Gemauschle an.
Das sehe ich aus der geistenwissenschaftlichen Perspektive: Man pöbelt sich zwar gegenseitig an, behindert sich aber nicht, was auch daran liegt, daß Daten nicht so ein Gewicht wie in der Naturwissenschaft haben und vor allem die wirtschaftliche Nutzung und damit der Hauptgrund für Konkurrenz ziemlich eingeschränkt ist.

Naja, aber wenn du dafür eine unrentable Fabrik aufbaust, in die du auch Geld reinsteckst, hast du ja keinen Vorteil.
Genau das ist der Punkt. Beide sind zwar unrentabel, aber ich glaube nicht, daß eine Fabrik soviel Geld wie eine militärische Einrichtung verschlingt und da liegt der Vorteil.

Siran
14.07.2004, 13:34
Ich meinte das eher unbewußter. Wenn man wenig Zeit hat, nutzt man dieses Zeit effizienter und streicht eher unwichtige Sachen. Das hieß für mich z.B. persönliche Treffen grundsätzlich nur beim Mittagessen, ansonsten Telephongespräche (meistens während irgendwelcher Busfahrten) oder Email.

Das mag gehen, wenn du dich mit einer Person absprechen musst. Wenn während solcher Sitzungen Lösungen erst erarbeitet werden müssen, dann benötigst du schon den gesamten Ausschuss da. Das ist im Endeffekt wohl auch effektiver als mit jedem Einzelnen telefonieren zu müssen.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass die meisten Leute ja keinen Halbtagsjob hatten, sondern einen, der sie die ganze Zeit gefordert hat. Also wäre, selbst wenn man die Arbeit im Landtag nur als Halbtagsjob werten würde, was ich nach wie vor nicht als gegeben sehe, ihr vorheriger Job nicht mehr zu bewältigen. Mal abgesehen davon, dass es wohl für die Ergebnisse bei beiden Berufen besser ist, wenn man sich komplett darauf konzentriert.


Da hast du dich wohl verlesen: 20 SWS + 15 Stunden Vor- und Nachbereitung, wobei sich die Zeit außerhalb der Uni schwer einschätzen läßt, da die Arbeitsbelastung über das Semester verteilt stark schwankt.

Aber genau darum geht es doch. Ein Parlamentarier hat, abgesehen von den angesetzten Parlamentssitzungen, Ausschusssitzungen, etc. (die man mit den SWS vergleichen könnte) auch noch die Nacharbeitung bzw. Vorbereitung der einzelnen Themenfelder zu bewältigen. Was ihn natürlich zusätzlich Arbeitszeit kostet, die aber von außen nur schwer einzuschätzen ist.


Das sehe ich aus der geistenwissenschaftlichen Perspektive: Man pöbelt sich zwar gegenseitig an, behindert sich aber nicht, was auch daran liegt, daß Daten nicht so ein Gewicht wie in der Naturwissenschaft haben und vor allem die wirtschaftliche Nutzung und damit der Hauptgrund für Konkurrenz ziemlich eingeschränkt ist.

Aber in der Politik wäre doch die Konkurrenz vorhanden, oder nicht? Bekommt nicht derjenige die Aufmerksamkeit der Medien und damit eine größere Bekanntheit und Stimmen, der es schafft, ein (funktionierendes) Konzept als sein Konzept zu verkaufen? Meinst du, Einzelpersonen würden weniger konkurrieren als das momentan Parteien machen?


Genau das ist der Punkt. Beide sind zwar unrentabel, aber ich glaube nicht, daß eine Fabrik soviel Geld wie eine militärische Einrichtung verschlingt und da liegt der Vorteil.

Dass das so ist, ist aber nicht gesagt. Mir scheint es, dass du hier ein wenig deine Abneigung gegen das Militär in deine Bewertung einfließen lässt.

Amida Temudschin
14.07.2004, 14:06
Das mag gehen, wenn du dich mit einer Person absprechen musst. Wenn während solcher Sitzungen Lösungen erst erarbeitet werden müssen, dann benötigst du schon den gesamten Ausschuss da. Das ist im Endeffekt wohl auch effektiver als mit jedem Einzelnen telefonieren zu müssen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man Diskussionen, die zu einer Lösung führen sollen, wesentlich besser über Emailverteiler laufen, hauptsächlich deshalb, weil man nicht aufgrund von Zeitdruck einzelne Punkte auf spätere Treffen verschieben muß und von überraschenden Ideen nicht überrollt wird, da man in Ruhe über sie nachdenken kann.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass die meisten Leute ja keinen Halbtagsjob hatten, sondern einen, der sie die ganze Zeit gefordert hat. Also wäre, selbst wenn man die Arbeit im Landtag nur als Halbtagsjob werten würde, was ich nach wie vor nicht als gegeben sehe, ihr vorheriger Job nicht mehr zu bewältigen. Mal abgesehen davon, dass es wohl für die Ergebnisse bei beiden Berufen besser ist, wenn man sich komplett darauf konzentriert.
Nach den Aussagen eines ehemaligen Landtagsabgeordneten, den ich kenne, war es früher kein Problem, einen Vollzeitjob zu haben und gleichzeitig seine Arbeit im Parlament zu erledigen. Ich weiß nicht, wie oft Landtage heute tagen, früher waren es wohl nur 2-3 Sitzungen im Monat.

Aber genau darum geht es doch. Ein Parlamentarier hat, abgesehen von den angesetzten Parlamentssitzungen, Ausschusssitzungen, etc. (die man mit den SWS vergleichen könnte) auch noch die Nacharbeitung bzw. Vorbereitung der einzelnen Themenfelder zu bewältigen. Was ihn natürlich zusätzlich Arbeitszeit kostet, die aber von außen nur schwer einzuschätzen ist.
Wenn ein Parlamentarier wirklich 20 Stunden in Sitzungen und Ausschüssen verbringt, halte ich das ehrlich gesagt für unnötig und ineffizient.

Aber in der Politik wäre doch die Konkurrenz vorhanden, oder nicht? Bekommt nicht derjenige die Aufmerksamkeit der Medien und damit eine größere Bekanntheit und Stimmen, der es schafft, ein (funktionierendes) Konzept als sein Konzept zu verkaufen? Meinst du, Einzelpersonen würden weniger konkurrieren als das momentan Parteien machen?
Vorausgesetzt, daß er diese Ideen auch umsetzt, sehe ich kein Problem. Auch der Entwickler dieser Politik wird, wenn er nur einen Funken Selbstlosigkeit besitzt und kein für die Politik ungeeigneter Selbstdarsteller ist, es für wichtiger halten, daß die seiner Meinung nach richtige Politik umgesetzt wird, als selbst im Rampenlicht zu stehen.

Dass das so ist, ist aber nicht gesagt. Mir scheint es, dass du hier ein wenig deine Abneigung gegen das Militär in deine Bewertung einfließen lässt. Das spielt sicherlich auch mit rein, aber meine eigenen Erfahrungen, die hauptsächlich mit der Luftwaffe zusammenhängen, sagen mir einfach, daß Militär mehr kostet als Industrie. Daten, die das belegen (oder auch widerlegen), habe ich aber noch nicht gefunden.

Siran
14.07.2004, 14:43
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man Diskussionen, die zu einer Lösung führen sollen, wesentlich besser über Emailverteiler laufen, hauptsächlich deshalb, weil man nicht aufgrund von Zeitdruck einzelne Punkte auf spätere Treffen verschieben muß und von überraschenden Ideen nicht überrollt wird, da man in Ruhe über sie nachdenken kann.

Meiner Meinung nach ist einfach beides nötig. Die (private) Vorarbeitung des Einzelnen, in dem sich jeder Gedanken macht, was er möchte, wie er es umsetzen möchte, welche Kompromisse er eingehen könnte, etc.

Und dann benötigt man auch das Zusammentreffen der Leute, damit man sich ein Bild machen kann, was jeder andere will und wie man sich untereinander einig werden kann. Persönliche Gespräche kann man, und sollte man meiner Meinung auch nicht, nicht komplett durch Emails ersetzen.


Nach den Aussagen eines ehemaligen Landtagsabgeordneten, den ich kenne, war es früher kein Problem, einen Vollzeitjob zu haben und gleichzeitig seine Arbeit im Parlament zu erledigen. Ich weiß nicht, wie oft Landtage heute tagen, früher waren es wohl nur 2-3 Sitzungen im Monat.

Plenarsitzungen, ja, das sind nach wie vor zwischen 2-4 Sitzungstage pro Monat. Allerdings gibt es ja zusätzlich Ausschusssitzungen. Nur als Beispiel:
Baden-Württemberg hat 18 Ausschüsse, davon haben der Finanzausschuss 25 Mitglieder und der Petitionsausschuss hat 21 Mitglieder. Alle anderen Ausschüsse habe 18 Mitglieder. Macht insgesamt 334 Mitglieder. Da der baden-württembergische Landtag aber nur 128 Mitglieder hat, würde daraus folgen, dass jeder Abgeordnete Mitglied von 2-3 Ausschüssen ist. Darin ist nicht eingeschlossen, dass jedes Mitglied auch noch einen Stellvertreter in den Ausschüssen braucht. Jeder Ausschuss trifft sich auch noch 2-4 Mal monatlich. Dann gibt es noch Fraktionssitzungen, wie häufig die stattfinden weiß ich jetzt nicht. Je nachdem kommen wohl auch noch Sitzungen mit dem Koalitionspartner dazu.


Wenn ein Parlamentarier wirklich 20 Stunden in Sitzungen und Ausschüssen verbringt, halte ich das ehrlich gesagt für unnötig und ineffizient.

20 Stunden wahrscheinlich nicht. Aber wenn man so für eine Plenarsitzung und eine Ausschusssitzung 1,5 - 2,5 Stunden ansetzt, dann noch die Fraktionssitzungen dazu rechnet, dann kommt da schon was zusammen.


Vorausgesetzt, daß er diese Ideen auch umsetzt, sehe ich kein Problem. Auch der Entwickler dieser Politik wird, wenn er nur einen Funken Selbstlosigkeit besitzt und kein für die Politik ungeeigneter Selbstdarsteller ist, es für wichtiger halten, daß die seiner Meinung nach richtige Politik umgesetzt wird, als selbst im Rampenlicht zu stehen.

Schon möglich. Allerdings: Sollte man nicht besser den das nächste Mal wieder wählen, der die Idee hatte und nicht denjenigen, der die Idee für sich gekapert und als seine verkauft hat?


Das spielt sicherlich auch mit rein, aber meine eigenen Erfahrungen, die hauptsächlich mit der Luftwaffe zusammenhängen, sagen mir einfach, daß Militär mehr kostet als Industrie. Daten, die das belegen (oder auch widerlegen), habe ich aber noch nicht gefunden.

Es spricht ja an sich nichts dagegen, Militärstützpunkte, die das Militär nicht mehr braucht und die unrentabel sind, zu schließen. Nur behaupte ich halt, dass man sich dann vorher auch Gedanken darum machen sollte, wie man den Zusammenbruch der Industrie in der Gegend dann verhindert und dafür benötigt man halt eine Kooperation zwischen den Ausschüssen.

Amida Temudschin
14.07.2004, 15:22
Plenarsitzungen, ja, das sind nach wie vor zwischen 2-4 Sitzungstage pro Monat. Allerdings gibt es ja zusätzlich Ausschusssitzungen. Nur als Beispiel:
Baden-Württemberg hat 18 Ausschüsse, davon haben der Finanzausschuss 25 Mitglieder und der Petitionsausschuss hat 21 Mitglieder. Alle anderen Ausschüsse habe 18 Mitglieder. Macht insgesamt 334 Mitglieder. Da der baden-württembergische Landtag aber nur 128 Mitglieder hat, würde daraus folgen, dass jeder Abgeordnete Mitglied von 2-3 Ausschüssen ist. Darin ist nicht eingeschlossen, dass jedes Mitglied auch noch einen Stellvertreter in den Ausschüssen braucht. Jeder Ausschuss trifft sich auch noch 2-4 Mal monatlich. Dann gibt es noch Fraktionssitzungen, wie häufig die stattfinden weiß ich jetzt nicht. Je nachdem kommen wohl auch noch Sitzungen mit dem Koalitionspartner dazu.
Wenn nur das das Problem ist, braucht man ja nur die Anzahl der Parlamentarier zu erhöhen und dementsprechend ihre Bezüge verringern. Das Ergebnis wäre, daß Landtagsabgeordnete zusätzlich zumindest einem Halbtagsjob nachgehen könnten und somit auch wieder eine stärkere Vorstellung vom richtigen Leben bekämen.

Schon möglich. Allerdings: Sollte man nicht besser den das nächste Mal wieder wählen, der die Idee hatte und nicht denjenigen, der die Idee für sich gekapert und als seine verkauft hat?
Wieso? Dieser Politiker hat Ideen, die falsch waren, aufgegeben, obwohl sie vo ihm waren, andere Ideen richtigerweise als besser erkannt und diese gut umgesetzt. Fehlende Eitelkeit, Analysefähigkeit und das Können, Ideen zu verwirklichen, sind für einen Politiker nicht gerade schlechte Eigenschaften. Gedanken sind kein Besitz.

Es spricht ja an sich nichts dagegen, Militärstützpunkte, die das Militär nicht mehr braucht und die unrentabel sind, zu schließen. Nur behaupte ich halt, dass man sich dann vorher auch Gedanken darum machen sollte, wie man den Zusammenbruch der Industrie in der Gegend dann verhindert und dafür benötigt man halt eine Kooperation zwischen den Ausschüssen. Der Ablauf wäre folgender: der Verteidigungsausschuß beschließt die Schließung der Kaserne. Der Wirtschaftsausschuß nimmt das wahr, erkennt die Notwendigkeit, die Industrie dementsprechend umzustrukturieren und beschließt eigenständig die nötigen Maßnahmen. Die notwendige Kooperation beschränkt sich auf den Austausch einer einzigen Information. Wieso sollte der Verteidigungsausschuß noch ein Mitspracherecht in einer Region, aus der er sich zurückzieht, haben?

Siran
14.07.2004, 15:36
Wenn nur das das Problem ist, braucht man ja nur die Anzahl der Parlamentarier zu erhöhen und dementsprechend ihre Bezüge verringern. Das Ergebnis wäre, daß Landtagsabgeordnete zusätzlich zumindest einem Halbtagsjob nachgehen könnten und somit auch wieder eine stärkere Vorstellung vom richtigen Leben bekämen.

Nur, dass das Arbeiten eher erschwert wird, wenn du mehr Leute dazu nimmst. Auch hat ja jeder Parlamentarier auch noch eine ganze Menge Leute, die ihm zuarbeiten, also Assistenten, Sekretäre, etc. Mal abgesehen davon, dass ein Ingeneur, der nur Halbtags arbeiten kann, die Hälfte der Zeit in einer komplett anderen Stadt ist, nicht auf Montage geschickt werden kann, etc. für das Unternehmen eher ein Belastung ist und deshalb nicht eingestellt würde.


Wieso? Dieser Politiker hat Ideen, die falsch waren, aufgegeben, obwohl sie vo ihm waren, andere Ideen richtigerweise als besser erkannt und diese gut umgesetzt. Fehlende Eitelkeit, Analysefähigkeit und das Können, Ideen zu verwirklichen, sind für einen Politiker nicht gerade schlechte Eigenschaften. Gedanken sind kein Besitz.

Das Mäntelchen nach dem Wind hängen und Opportunismus meiner Meinung nach schon...


Der Ablauf wäre folgender: der Verteidigungsausschuß beschließt die Schließung der Kaserne. Der Wirtschaftsausschuß nimmt das wahr, erkennt die Notwendigkeit, die Industrie dementsprechend umzustrukturieren und beschließt eigenständig die nötigen Maßnahmen. Die notwendige Kooperation beschränkt sich auf den Austausch einer einzigen Information. Wieso sollte der Verteidigungsausschuß noch ein Mitspracherecht in einer Region, aus der er sich zurückzieht, haben?

Darum geht es ja gar nicht. Sondern z.B. darum, welcher Standort am Besten geschlossen wird, so dass der Wirtschaft am wenigsten Schaden zugefügt wird und möglichst schnell und billig eine andere Industrie dort angesiedelt werden kann, die Arbeitskräfte bindet und möglichst einen Gewinn macht.

Amida Temudschin
14.07.2004, 16:02
Nur, dass das Arbeiten eher erschwert wird, wenn du mehr Leute dazu nimmst. Auch hat ja jeder Parlamentarier auch noch eine ganze Menge Leute, die ihm zuarbeiten, also Assistenten, Sekretäre, etc. Die Anzahl der Mitglieder in den einzelnen Ausschüssen wird nicht verändert, sodaß hier die Arbeit nicht beeinflußt wird. Die Zahl der Referentin, Assistenten,... kann auch in etwa gleich bleiben, da die Menge der zu erledigenden Arbeit ebenfalls gleich bleibt.

Mal abgesehen davon, dass ein Ingeneur, der nur Halbtags arbeiten kann, die Hälfte der Zeit in einer komplett anderen Stadt ist, nicht auf Montage geschickt werden kann, etc. für das Unternehmen eher ein Belastung ist und deshalb nicht eingestellt würde.
Hatte ich zum Teil schon beantwortet: 1. Parlamentarische Arbeit ist größtenteils nicht ortsgebunden. 2. Tägliche Anfahrtswege von unter 3 Stunden sind zumutbar.
Daneben sollte man betrachten, wer die Mehrheit im Bundestag stellt: Anwälte, Lehrer und andere Beamte. Für diese Berufsgruppen stellt Teilzeitarbeit kein unlösbares Problem dar.

Das Mäntelchen nach dem Wind hängen und Opportunismus meiner Meinung nach schon...
Stattdessen lieber Betonköpfe, die nie von ihrer Meinung abrücken, selbst wenn sie falsch ist?

Darum geht es ja gar nicht. Sondern z.B. darum, welcher Standort am Besten geschlossen wird, so dass der Wirtschaft am wenigsten Schaden zugefügt wird und möglichst schnell und billig eine andere Industrie dort angesiedelt werden kann, die Arbeitskräfte bindet und möglichst einen Gewinn macht. Genau das sollte nicht vorkommen: Die richtigen politischen Maßnahmen werden nicht durchgeführt, weil man sich hinter ressortfremden Ausreden versteckt, an denen man nichts ändern kann. Verteidigungspolitische Entscheidungen werden nicht umgesetzt, weil man der Wirtschaft schaden würde, die Wirtschaftsförderung innerhalb einer Region ist nicht möglich, weil die Infrastruktur unzureichend entwickelt ist, neue Straßen können nicht gebaut werden, weil kein Geld da ist... So verhindert man jede politische Veränderung.

Siran
14.07.2004, 16:19
Die Anzahl der Mitglieder in den einzelnen Ausschüssen wird nicht verändert, sodaß hier die Arbeit nicht beeinflußt wird. Die Zahl der Referentin, Assistenten,... kann auch in etwa gleich bleiben, da die Menge der zu erledigenden Arbeit ebenfalls gleich bleibt.

Du kannst die Arbeit von einer Person im Normalfall nicht so auf zwei Leute verteilen, dass beide hinterher die Hälfte arbeiten. Im Normalfall ist es so, dass dann ein Teil der Arbeit von beiden gemacht werden muss, damit überhaupt die darauf aufbauenden Probleme bearbeitet werden können.


Hatte ich zum Teil schon beantwortet: 1. Parlamentarische Arbeit ist größtenteils nicht ortsgebunden. 2. Tägliche Anfahrtswege von unter 3 Stunden sind zumutbar.
Daneben sollte man betrachten, wer die Mehrheit im Bundestag stellt: Anwälte, Lehrer und andere Beamte. Für diese Berufsgruppen stellt Teilzeitarbeit kein unlösbares Problem dar.

Arbeit im Parlament ist durchaus ortsgebunden. Die Vorarbeiten und die Nachbearbeitung muss dies nicht sein. Allerdings bringt es nicht viel, wenn ich an einem Ort und die Sekretärin am anderen Ort arbeitet.
Naja, Lehrer arbeiten im Normalfall vormittags. Die können zwar die Anzahl ihrer Stunden reduzieren, sind aber von der Zeit, an der sie unbedingt arbeiten müssen, eher beschränkt.
Beamte können natürlich Teilzeit arbeiten, allerdings schaudert es mir bei dem Gedanken, dass dann u.U. die Legislative und die Exekutive von der gleichen Person durchgeführt wird....
Außerdem würdest du damit effektiv den Anteil der Leute, die nicht dieser Personengruppe angehören, noch weiter reduzieren, was kaum Sinn der Sache sein kann.


Stattdessen lieber Betonköpfe, die nie von ihrer Meinung abrücken, selbst wenn sie falsch ist?

Sagen wir es mal so: Wenn ich eine Person wähle, weil sie meine Meinung vertritt, dann möchte ich auch sicher sein können, dass sie meine Meinung auch weiterhin vertritt. Eine Person, die mit einer Aussage in den Wahlkampf geht und hinterher eine ganz andere Politik macht, kommt dem Auftrag ihrer Wähler nicht nach.


Genau das sollte nicht vorkommen: Die richtigen politischen Maßnahmen werden nicht durchgeführt, weil man sich hinter ressortfremden Ausreden versteckt, an denen man nichts ändern kann. Verteidigungspolitische Entscheidungen werden nicht umgesetzt, weil man der Wirtschaft schaden würde, die Wirtschaftsförderung innerhalb einer Region ist nicht möglich, weil die Infrastruktur unzureichend entwickelt ist, neue Straßen können nicht gebaut werden, weil kein Geld da ist... So verhindert man jede politische Veränderung.

Eine politische Veränderung, die wir nicht finanzieren können oder deren negative Auswirkungen die positiven Auswirkungen langfristig überwiegen, ist meiner Meinung nach keine politische Veränderung, die wir brauchen.
Natürlich darf sowas nicht als Vorwand dienen, um ungeliebte Projekte hinauszuschieben. Aber wirklich existente Hindernisse müssen selbstverständlich bedacht werden, bevor man etwas tut.

Amida Temudschin
14.07.2004, 21:59
Du kannst die Arbeit von einer Person im Normalfall nicht so auf zwei Leute verteilen, dass beide hinterher die Hälfte arbeiten. Im Normalfall ist es so, dass dann ein Teil der Arbeit von beiden gemacht werden muss, damit überhaupt die darauf aufbauenden Probleme bearbeitet werden können.
Es ging mir nur um die Arbeit in den Ausschüssen und das ist eben keine zusammenhängende "Gesamtarbeit", sondern eine Ansammlung von "Einzelarbeiten".

Arbeit im Parlament ist durchaus ortsgebunden. Deshalb habe ich auch parlamentarische Arbeit geschrieben.

Naja, Lehrer arbeiten im Normalfall vormittags. Die können zwar die Anzahl ihrer Stunden reduzieren, sind aber von der Zeit, an der sie unbedingt arbeiten müssen, eher beschränkt.
Auch bei Lehrern gibt es Halbtagsstellen. Daneben ist es durchaus möglich, deren Arbeit so zu organisieren, daß sie einen Tag pro Woche im Parlament sein können.

Beamte können natürlich Teilzeit arbeiten, allerdings schaudert es mir bei dem Gedanken, dass dann u.U. die Legislative und die Exekutive von der gleichen Person durchgeführt wird....
Außerdem würdest du damit effektiv den Anteil der Leute, die nicht dieser Personengruppe angehören, noch weiter reduzieren, was kaum Sinn der Sache sein kann.
1. Du bist also für die Trennung von Amt und Mandat?
2. Mir fällt gerade der Name nicht ein, aber hat die jüngste Bundestagsabgeordnete es nicht geschafft, neben ihrer Arbeit im Parlament zu studieren?

Sagen wir es mal so: Wenn ich eine Person wähle, weil sie meine Meinung vertritt, dann möchte ich auch sicher sein können, dass sie meine Meinung auch weiterhin vertritt. Eine Person, die mit einer Aussage in den Wahlkampf geht und hinterher eine ganz andere Politik macht, kommt dem Auftrag ihrer Wähler nicht nach.
Das ist jetzt aber ein anderer Fall. Wir waren bei: Änderung der Meinung > Wahlkampf und Wahl > Umsetzung der Politik.
Du führst jetzt Wahlkampf und Wahl > Änderung der Meinung > Umsetzung der Politik an, wobei es hierbei egal ist, ob derjenige die Ideen selbst entwickelt oder nur übernommen hat.

Natürlich darf sowas nicht als Vorwand dienen, um ungeliebte Projekte hinauszuschieben. Aber wirklich existente Hindernisse müssen selbstverständlich bedacht werden, bevor man etwas tut. Was spricht dagegen, wenn das Verteidigungsministerium beschließt, eine bestimmte Kaserne in fünf Jahren zu schliessen, und sich jetzt das Wirtschaftsministerium darum kümmern muß, die Auswirkungen auf die Region zu kompensieren? Wieso sollte das Verteidigungsministerium die Arbeit des Wirtschaftsministeriums machen?

Siran
14.07.2004, 22:16
Es ging mir nur um die Arbeit in den Ausschüssen und das ist eben keine zusammenhängende "Gesamtarbeit", sondern eine Ansammlung von "Einzelarbeiten".

Kommt wohl darauf an, um welche Ausschüsse es sich handelt...


Auch bei Lehrern gibt es Halbtagsstellen. Daneben ist es durchaus möglich, deren Arbeit so zu organisieren, daß sie einen Tag pro Woche im Parlament sein können.

Das wäre aber bei den meisten anderen Berufen nicht möglich. Befürwortest du denn, das der Anteil an Beamten dann noch mehr steigt?


1. Du bist also für die Trennung von Amt und Mandat?

Es kommt darauf an, welches Amt und welches Mandat. Zum Beispiel kann man durchaus Vorsitzender seiner Partei und gleichzeitig Parlamentsabgeordneter sein. Wenn es sich aber um Landespolitik oder Kommunalpolitik handelt, bei der ein einzelner dann die gesamte Verwaltung überblickt, die für seinen Bereich zuständig ist, würde ich das nicht befürworten.


2. Mir fällt gerade der Name nicht ein, aber hat die jüngste Bundestagsabgeordnete es nicht geschafft, neben ihrer Arbeit im Parlament zu studieren?

Das ist allerdings kein normales Studium, sondern ein Fernstudium. In wie weit das dann mit dem Arbeitsaufwand eines normalen Studenten für sein Studium vergleichbar ist.


Das ist jetzt aber ein anderer Fall. Wir waren bei: Änderung der Meinung > Wahlkampf und Wahl > Umsetzung der Politik.
Du führst jetzt Wahlkampf und Wahl > Änderung der Meinung > Umsetzung der Politik an, wobei es hierbei egal ist, ob derjenige die Ideen selbst entwickelt oder nur übernommen hat.

Nein. Es scheint mir eher so, als hätten wir schon vorher von zwei verschiedenen Sachen gesprochen. Ich hatte schon vorher den letzteren Fall gemeint.


Was spricht dagegen, wenn das Verteidigungsministerium beschließt, eine bestimmte Kaserne in fünf Jahren zu schliessen, und sich jetzt das Wirtschaftsministerium darum kümmern muß, die Auswirkungen auf die Region zu kompensieren? Wieso sollte das Verteidigungsministerium die Arbeit des Wirtschaftsministeriums machen?

Wer hat denn das behauptet? Ich sagte nur, dass sich Wirtschafts- und Verteidigungsministerium darüber einigen sollten, welche Kaserne am besten geschlossen wird. Es stehen im Normalfall ja mehrere Orte zur Verfügung. Die Ansiedelung der Wirtschaft ist nicht Sache des Verteidigungsministeriums, auch jetzt nicht.

Amida Temudschin
14.07.2004, 23:03
Kommt wohl darauf an, um welche Ausschüsse es sich handelt...
Ich meinte es so: Abgeordneter X ist Mitglied im Petitionsausschuß und im Finanzausschuß, eine Aufgabe, die anscheinend ein Vollzeitjob ist. Um ihm zu ermöglichen, einer Arbeit nachzugehen, wird die Zahl der Abgeordneten erhöht, sodaß er nur noch im Petitionsausschuß sein muß und Abgeordneter Y seine Arbeit im Finanzausschuß übernimmt.

Das wäre aber bei den meisten anderen Berufen nicht möglich. Befürwortest du denn, das der Anteil an Beamten dann noch mehr steigt?
Ich beschreibe ja nur den jetzigen Zustand. Spontan fallen mir als Anwälte Schröder, Schily und Clement und als Lehrer Eichel und Trittin ein. Ich gehe davon aus, daß das Übergewicht dieser Berufsgruppen zwangsläufig aus dem Berufspolitikertum resultiert. Um daran etwas zu ändern, müsste man das gesamte System grundlegend ändern.

Es kommt darauf an, welches Amt und welches Mandat. Zum Beispiel kann man durchaus Vorsitzender seiner Partei und gleichzeitig Parlamentsabgeordneter sein. Wenn es sich aber um Landespolitik oder Kommunalpolitik handelt, bei der ein einzelner dann die gesamte Verwaltung überblickt, die für seinen Bereich zuständig ist, würde ich das nicht befürworten.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, was du jetzt meinst. Die klassische Forderung der Grünen beinhaltet ja sowohl Partei- als auch Regierungsämter. Konkret gefragt: Da du ja im ersten Punkt kein Problem siehst, bleiben nur die Regierungsämter. Darf Gerhard Schröder gleichzeitig MdB und Kanzler sein?

Nein. Es scheint mir eher so, als hätten wir schon vorher von zwei verschiedenen Sachen gesprochen. Ich hatte schon vorher den letzteren Fall gemeint.


Vorausgesetzt, daß er diese Ideen auch umsetzt, sehe ich kein Problem.
Aufgrund dieser Voraussetzung bin ich davon ausgegangen, daß wir das gleiche meinen.

Wer hat denn das behauptet? Ich sagte nur, dass sich Wirtschafts- und Verteidigungsministerium darüber einigen sollten, welche Kaserne am besten geschlossen wird. Es stehen im Normalfall ja mehrere Orte zur Verfügung. Die Ansiedelung der Wirtschaft ist nicht Sache des Verteidigungsministeriums, auch jetzt nicht. Wenn es denn tatsächlich zu den ausgehandelten Schliessungen käme und nicht die Hälfte davon wieder rückgängig gemacht würde, wäre das ja auch in Ordnung.

luther
22.07.2004, 10:16
richtig ist die Erkenntnis, daß die Wurzel des Übels das Parteiensystem, das Wahlsystem ist. Wobei wählen ja nur Kreuzchenmachen ist, Inhalte kommen da nicht vor. Demokratie erst hergestellt werden, ersetzen wir das Kreuzchenmachen durch das Los, dann ist das Problem gelöst. Die Mitglieder eines Volkstags werden ausgelost, damit sie in die Trommel kommen müssen sie 1000 Unterstützerstimmen aus der Umgebung bringen, in der sie bekannt sind. Die Regierung wird vom Volkstag eingesetzt und kontrolliert. Alle Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst, damit auch die Richter werden ebenso ausgelost, einzige Vorraussetzung ist die formale Befähigung für die jeweilige Position.
Alle Entscheidungen der ausgelosten, der Verwaltung können Volksabstimmungen unterworfen werden.
Fachleute haben wir genug. Desweiteren sind alle Entscheidungen jeweils auf der Ebene der Betroffenen zu treffen, das Subsidiaritätsprinzip ist strikt zu wahren.
Der Grundgedanke ist, ein selbstregulierendes System zu schaffen, das möglichst keine Manipulationsmöglichkeiten bietet.
Also laßt uns eine Verfassung schaffen, durch die endlich Demokratie hergestellt und das Volk in sein souveränes Recht als oberster Gesetzgeber eingesetzt wird.

Fars
22.07.2004, 18:48
Hallo, Amida Temudschin!

Du hast dir da einen bürokratischen Wasserkopf ausgedacht, der 100%ig demokratisch legitimiert aber so lauffähig wie ein Gelähmter ist.

Hallo, Luther!

- Wer hat die Zeit und die Mittel, um tausend Mitbürger für sich zu gewinnen?
- Wie wird sichergestellt, dass die gesammelten Stimmen nicht gefälscht sind?
- Was ist, wenn durch das Losverfahren nur Stümper auf öffentliche Posten gelangt sind, sodass der Staat zu kollabieren droht?
- Wie soll verhindert werden, dass die Deputierten des "Volkstags" nicht doch Fraktionen/Parteien bilden?
- Was ist, wenn 70 % der Kandidaten in der Lostrommel dem rechten politischen Spektrum angehören, aber 70 % aller gezogenen Kandidaten Sozialdemokraten und Kommunisten sind?
- Hast du eine Ahnung, was es kostete, wenn wir über jeden Furz abstimmten? Wirf mal einen Blick in die Schweiz!

Deine Idee ist zwar auch redlich, aber die Menschen leben lieber in einer stabilen und weniger demokratischen Ordnung als in einer hundertprozentigen Demokratie in der sprichwörtlich das Chaos herrscht.

Gruß Fars