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Vollständige Version anzeigen : Was ist Zionismus?



holyhoax
13.10.2007, 10:25
Mal eine kleine Umfrage zum Zionismus, an dem sich ja die Geister scheiden.
Mehrfachankreuzung möglich.

kotzfisch
13.10.2007, 10:40
Laß es sein-ist doch nur ne Nazi-Anlocke hier!

holyhoax
13.10.2007, 10:48
Laß es sein-ist doch nur ne Nazi-Anlocke hier!

Nein, ich will wirklich eine ernstgemeinte Diskussion eröffnen. Kann man den Juden einen eigenen Staat wünschen, aber trotzdem antizionistisch eingestellt sein? Das bin ich nämlich, denn der Zionismus ist für mich mehr, als das Streben nach nur einem jüdischen Staat.

leuchtender Phönix
13.10.2007, 18:34
Zionismus ist der berechtigte Wunsch nach einem jüdischen Staat.

Juden können auch ohne Zionismus auf der Welt leben.

Antizionismus kann, muss aber nicht das gleiche wie Antisemitismus sein. Oft ist Antizionismus aber nur ein Deckmantel für Antisemitismus.


Ich habe noch eine ergänzende Aussage.
Der Zionismus wurde aus der Furcht vor Antisemitismus und Judenverfolgung geboren. Beides war im 20 Jahrhundert schlimmer als je zuvor.

Hexenhammer
13.10.2007, 18:53
Das Judentum ist der in eine Religion umgewandelte jüdische Nationalismus. Der Zionismus ist das politische Instrument des Judentums. Kein Zionismus ohne Judentum und kein Israel ohne Zionismus.

Sauerländer
13.10.2007, 20:23
Zionismus ist die Haltung, die die Juden als Volk begreift und ihnen daher im Sinne der auch hier geltenden nationalistischen Forderung "Jedem Volk seinen Staat" den Anspruch erhebt, dieses Volk müsse ein Recht auf Eigenstaatlichkeit haben.
Soweit im Grunde banal und auch nicht wirklich problematisch. Problematisch wird es nur einerseits dadurch, wo der Raum dafür gesucht (und wie er ergriffen) wird, und andererseits dadurch, dass parallel zum Bestehen dieses Staates -der die These "Juden = Israelis" nahelegt- eine jüdische Präsenz auch in anderen Staaten als Israel besteht, dort durchaus bestehen zu bleiben gedenkt und in diesen Ländern wirkt, sich aber gleichzeitig mal mehr, mal weniger für israelische Interessen einsetzt.

Juden, die sich als Religionsgemeinschaft begreifen, so wie es Christen tun, die also potentiell genauso wie es Christen tun als Deutsche und Franzosen (jüdischen Glaubens) aufeinander schießen würden -wie im Ersten Weltrkieg ja durchaus vorgekommen- , statt als als Juden zusammen gegen Nichtjuden sich zusammenzufinden - das wäre unproblematisch.

Juden als Volk, das einen eigenen Staat führt und wesentlich dessen Eigeninteressen verfolgt - auch das wäre in sich schlüssig.

Inakzeptabel ist nur eine Situation, wo jüdische Präsenz und Einfluss in anderen Staaten und israelische Interessenpolitik zusammenfinden.
Da muss dann der Vorwurf gestattet sein, dass inkonsequent gehandelt wird, und dass dabei Machtinteressen durchaus eine Rolle spielen könnten.

Darauf kann man auf zwei Weisen reagieren.
Erstens: Man besteht auf der konsequenten Umsetzung des Zionismus: Alle Juden nach Israel. Dann kann man diesen Staat als souveränen akzeptieren und sich unbeeinflusst zu ihm in Beziehung setzen.Kooperativ, wo möglich, kritisierend, wo nötig.

Zweitens: Man erkennt jüdische Präsenz andernorts in der Welt an, bestreitet aber der Größe, die daraus einen poltiischen Gewinn schöpft, eben dem Staat Israel, seine Existenzberechtigung. So würde ich Antizionismus verstehen.
Antizionismus ist für mich keine religiöse (oder gar rassische), sondern eine politische Frage.

PSI
13.10.2007, 22:38
Gucks du hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Zionismus


Zionismus
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Zionismus (von Zion) ist die Bezeichnung für eine während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandene jüdische National-Bewegung, die sich für die Wiedererrichtung eines eigenen jüdischen Staates in Palästina einsetzte. Der Begriff wurde 1890 von dem Wiener jüdischen Journalisten Nathan Birnbaum geprägt.

Der moderne Zionismus entstand unter den Juden in der europäischen Diaspora. Er sieht sich selbst als die zeitgemäße Form des jahrtausendealten jüdischen Traums von Freiheit und einem eigenen Staat im Land Israel, das allen Juden gemeinsam gehören und gerecht verteilt sein sollte. Diese Idee gab es in der jüdischen Gemeinschaft schon, seit das römische Reich den Zweiten Tempel im Jahre 70 zerstörte. Ihre Ursprünge gehen bis auf die Anfänge des Volkes Israel in der Bibel zurück (vgl. Genesis 12, 3).


(...)

Roter Sturm
14.10.2007, 21:43
Zionismus ist die Haltung, die die Juden als Volk begreift und ihnen daher im Sinne der auch hier geltenden nationalistischen Forderung "Jedem Volk seinen Staat" den Anspruch erhebt, dieses Volk müsse ein Recht auf Eigenstaatlichkeit haben.
Soweit im Grunde banal und auch nicht wirklich problematisch. Problematisch wird es nur einerseits dadurch, wo der Raum dafür gesucht (und wie er ergriffen) wird, und andererseits dadurch, dass parallel zum Bestehen dieses Staates -der die These "Juden = Israelis" nahelegt- eine jüdische Präsenz auch in anderen Staaten als Israel besteht, dort durchaus bestehen zu bleiben gedenkt und in diesen Ländern wirkt, sich aber gleichzeitig mal mehr, mal weniger für israelische Interessen einsetzt.

Juden, die sich als Religionsgemeinschaft begreifen, so wie es Christen tun, die also potentiell genauso wie es Christen tun als Deutsche und Franzosen (jüdischen Glaubens) aufeinander schießen würden -wie im Ersten Weltrkieg ja durchaus vorgekommen- , statt als als Juden zusammen gegen Nichtjuden sich zusammenzufinden - das wäre unproblematisch.

Juden als Volk, das einen eigenen Staat führt und wesentlich dessen Eigeninteressen verfolgt - auch das wäre in sich schlüssig.

Inakzeptabel ist nur eine Situation, wo jüdische Präsenz und Einfluss in anderen Staaten und israelische Interessenpolitik zusammenfinden.
Da muss dann der Vorwurf gestattet sein, dass inkonsequent gehandelt wird, und dass dabei Machtinteressen durchaus eine Rolle spielen könnten.

Darauf kann man auf zwei Weisen reagieren.
Erstens: Man besteht auf der konsequenten Umsetzung des Zionismus: Alle Juden nach Israel. Dann kann man diesen Staat als souveränen akzeptieren und sich unbeeinflusst zu ihm in Beziehung setzen.Kooperativ, wo möglich, kritisierend, wo nötig.

Zweitens: Man erkennt jüdische Präsenz andernorts in der Welt an, bestreitet aber der Größe, die daraus einen poltiischen Gewinn schöpft, eben dem Staat Israel, seine Existenzberechtigung. So würde ich Antizionismus verstehen.
Antizionismus ist für mich keine religiöse (oder gar rassische), sondern eine politische Frage.

Im Großen und Ganzen stimme ich Dir zu, aber ein jüdischer Nationalismus kann sich theoretisch auch gegen den Zionismus richten. Somit ist der Zionismus nicht mit jedem jüdischen Nationalismus gleichzusetzen.

Sauerländer
19.10.2007, 11:30
Im Großen und Ganzen stimme ich Dir zu, aber ein jüdischer Nationalismus kann sich theoretisch auch gegen den Zionismus richten. Somit ist der Zionismus nicht mit jedem jüdischen Nationalismus gleichzusetzen.
Könntest Du das ein bischen ausführen? Wie sähe deiner Meinung nach jüdischer Nationalismus aus, der sich gegen den Zionismus wendet? Würde er einfach einen anderen territorialen Bezug wählen?

Mark Mallokent
19.10.2007, 12:16
Nein, ich will wirklich eine ernstgemeinte Diskussion eröffnen. Kann man den Juden einen eigenen Staat wünschen, aber trotzdem antizionistisch eingestellt sein? Das bin ich nämlich, denn der Zionismus ist für mich mehr, als das Streben nach nur einem jüdischen Staat.

Was ist er denn mehr? ?(

Fritz Fullriede
19.10.2007, 12:19
Was ist er denn mehr?

Die Wurzel aller Faschismen, der Keim des Herrenmenschengedankens :]

Roter Sturm
19.10.2007, 19:47
Könntest Du das ein bischen ausführen? Wie sähe deiner Meinung nach jüdischer Nationalismus aus, der sich gegen den Zionismus wendet? Würde er einfach einen anderen territorialen Bezug wählen?

Ja. Wenn er sich gegen den Zionismus richtet, ist es wohl wahrscheinlich, daß er im Sinne des Völkerrechtes und des Befreiungsnationalismus erkennt, daß die Zionisten gegenüber den Palästinensern im Unrecht sind.
Die Territorialfrage wäre dann natürlich knifflig, im Sinne der allgeimen Definition allerdings nebensächlich.

Beverly
21.10.2007, 11:35
Ich lehne den real existierenden Zionismus aus Gründen ab, die nichts mit dem Judentum und nicht einmal viel mit dem Staat Israel an sich zu tun haben.

Es geht primär um Haltungen vieler Zionisten zu allgemeinpolitischen Fragen. Zugegebenermaßen vereinfachend sehe ich das so:

1. im geistigen Fahrwasser des Liberalismus
2. prokapitalistisch, pro-USA
3. parteipolitisch wohl oft bei CDU und FDP (Antisemitische Schwachköpfe würden daraus natürlich messerscharf schließen, dass die Juden die bürgerlichen Parteien unterwandern :rolleyes: - wenn man deren Diskurs vom Holzkopf auf die Füße stellt, ergibt sich daraus, das bürgerliche Parteien das Judentum unterwandern und instrumentalisieren)
4. mir scheinen da viele auf den unseligen Anti-Islam-Zug aufzuspringen, gar beim Wühlen im neuen braunen Dreck die Speerspitze machen zu wollen. So sehr ich zumindest Teile des "politischen Islams" ablehnte, so sehr verachte ich aber diesen Anti-Islam-Diskurs, der an den wirklichen Problemen nicht rührt und mir nur ein politisch korrekter Aufguss eines älteren Diskurses zu sein scheint :rolleyes:
5. ich kann Broder und Biermann ihren Verrat an ihren linken Überzeugungen nicht verzeihen. Vor dreißig Jahren hat Broder seiner Verachtung für die konservativen "Hofjuden" in der BRD Ausdruck verliehen, jetzt ist er selbst einer geworden :rolleyes:

Zu Israel: grundsätzlich vertrete ich die Ansicht, dass jeder, der das will, zwischen Jordan und Mittelmeer wohnen darf. Also Christen, Juden und Moslems, Israelis und Araber. Jerusalem ist als heilige Stadt aller drei Religionen und geistiges und kulturelles Erbe der gesamten Menschheit zu behandeln.
Wenn die Zionisten dieses Prinzip mit ihrem ganz speziellem Charme und reichlich argumentativer Verstärkung halbwegs sauber umgesetzt hätten, hätte ich vielleicht nicht mal mit dem Jordan als israelischer Grenze große Probleme. Das würde aber ungeachtet unantastbarer Rechte der Juden auf einen Staat mit zwei Völkern und einschließlich der Drusen gleich vier Religionen sowie Atheisten und Agnostikern hinaus laufen.
Wollen die Israelis einen ethnoreligiös homogenen Staat, müssten sie territorial kleinere Brötchen backen - die Grenze von 1967 und fertig!

Unsere zionistischen Früchtchen scheinen nun etwas ganz anderes zu wollen: einen ethnoreligiös homogenen Staat mit dem Jordan als Ostgrenze. Die lästigen Araber in Gaza und Westbank werden in Ghettos gesperrt und eingemauert, ihnen wird immer mehr Land und Wasser weggenommen ... vielleicht käme ich damit besser klar, wenn die Zionisten ehrlich zugeben würden, dass für sie die übrige Welt und alle anderen Menschen Scheiße sind, Jesus für sie nur ein Asozialer und Mohammed ein Tyrann ist und sie den Schmu vom "heiligen Land" nur machen, um Touristen aus dem Westen anzulocken und weil sie Staaten mit christlicher Bevölkerung als Verbündete brauchen. So sieht nämlich die Message aus, die da manchmal für mich rüberkommt.
Was auch die CDU-Affinität mancher Zionisten erklärt: ist nicht die CDU die Partei, wo zumindest die höheren Kader auch glauben, dass die Welt und die Menschen Scheißen sind und ihre "Werte" diese Sichtweise nur verschleiern sollen?

Israel selbst war erträglich, solange es innenpolitisch noch so etwas wie einen "nationalen Sozialdemokratismus" mit Gewerkschaften, Arbeitspartei und Kibbuzim fuhr. Doch seit den 1990ern gleitet es immer mehr in einen gelbbraunen Sumpf aus Wirtschaftsliberalismus, knallharter Oligarchie, Krieg ohne Ende und ethnischen Säuberungen nach der Salami-Methode ab. Der Wohlfahrtsstaat wurde eingedampft - "Kanonen statt Butter" - in der politischen Führung werden Probleme mit Mord und Lügen gelöst - Rabin wurde ermordet, ebenso zahllose arabische Politiker, das eigene Volk wird gnadenlos getäuscht - und der Krieg gegen den Libanon 2006 har klar gemacht, dass die keinen Frieden wollen.

Was ist das für ein "Judenstaat", wo viele Juden in miserableren Verhältnissen leben als in Nordamerika oder Westeuropa? Tut mir Leid, aber da outet sich der Zionismus als Bewegung von Juden, um andere Juden zu unterdrücken. Eine Utopie, mit der genauso Schindluder getrieben wurde wie mit anderen Utopien :rolleyes:

leuchtender Phönix
21.10.2007, 17:45
Die Wurzel aller Faschismen, der Keim des Herrenmenschengedankens :]

Es war genau andersherum. Die Verfolgung der Juden durch die faschistischen Nazis (ahtten den Herrenmenschengedanken) führte dazu, das der Zionismus unter Juden wirklich eine Bedeutung erklangte. Vorher war er nur Gedanke von Visionären.