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Vollständige Version anzeigen : Das Prinzip Selbstverantwortung



SteveFrontera
25.11.2007, 18:37
„Werde der du bist“ sagte Nietzsche. Unzählige Bücher handeln von der Selbstverwirklichung und der Selbstfindung. Die Verantwortung ist Gegenstand und Ziel der Psychotherapie.

Das Prinzip „Selbstverwirklichung und Selbstverantwortung“ wird zu einer Stütze der liberalen und marktwirtschaftlichen Gesellschaftsordnung. Wer arm ist, scheint für seine Armut selbst verantwortlich. Wer nicht tüchtig ist, ist auch dafür verantwortlich und hat deshalb nicht das Recht auf höherwertige Konsumgüter.
Der Kollege Tschuikov bezeichnete vor kurzem die Religion und den Nationalismus als Werkzeuge der bürgerlichen Bewusstseinsmanipulation. In ähnlicher Weise wird das Prinzip Selbstverantwortung zu einem Helfer der kapitalistischen Weltordnung. Nationalismus und Religion als Stabilisator unserer Gesellschaft scheinen dagegen altmodisch.

Marx prägte den Begriff Überbau. Ich bin kein Marxist und habe Marx in anderen Threads heftig kritisiert. Der Begriff „Überbau“ ist dem des Freudschen „Über Ich“ sehr ähnlich. Ich möchte ihn deshalb gerne in meine Terminologie übernehmen.

Was haltet ihr von Selbstverwirklichung?

leuchtender Phönix
26.11.2007, 18:36
Die Verantwortung für die eigenen Taten zu übernehmen ist ein Zeichen von Reife. Deswegen wird man das auch nicht von Kindern und geistig Behinderten erwarten. Selbstverantwortung ist für eine demokratische Gesellschaft notwendig. Sie gibt die Möglichkeit freie Entscheidungen zu treffen, zu denen man dann auch stehen muss.

Selbstverwirklichung ist an sich weder positiv, noch negativ. Das hängt ganz davon ab, was einzelne Personen daraus machen.

twoxego
26.11.2007, 18:48
Der Begriff „Überbau“ ist dem des Freudschen „Über Ich“ sehr ähnlich. Ich möchte ihn deshalb gerne in meine Terminologie übernehmen.





Freud selbst hat sehr ausdrücklich den bezug zum " übermenschen" Nietzsches betont.

mit überbau hat das nichts zu tun.

Über ICH und Übermensch sind individuell.
überbau ist eine auf die staatliche organisation bezogene beschreibung.



.

tabasco
26.11.2007, 18:51
(...)
Was haltet ihr von Selbstverwirklichung?

Ein Hirngespinst , Zielgruppe -> Midlife-Crisis-Gläubige.

Humer
27.11.2007, 11:17
Selbstverantwortung als Begriff wird zur Zeit gerne missbraucht. Besonders wenn es darum geht Fehlentwicklungen des Wirtschaftssystems zu verschleiern. Ich denke z.B. daran, dass trotz ständiger Reallohnkürzungen auch von Kleinverdienern gefordert wird, private Rentenversicherungen abzuschließen. Oder wenn Arbeitslosigkeit auschließlich mit mangelnder Felexibilität begründet wird. An der Schnittstelle von Gemeinschaftsaufgaben und Eigenvorsorge wird es kaum gelingen eine entweder Staatsvorsorge/ oder Selbstverantwortung Haltung einzunehmen, die Übergänge sind fließend. Auf jeden Fall muss jemand erst in die Lage versetzt werden, Selbstverantwortlich für sich zu sorgen.

Selbstverwirklichung steht im Spannungsfeld zwischen persönlichen Bedürfnissen und den Anforderungen der Ökonomie. Die Zurichtung des Individuums, übrigens jetzt schon im Kindergarten, auf die Anforderungen der Wirtschaft erzeugt eine Gegenkraft. Auch das scheint mir legitim, ist aber eigentlich zunächst unpolitisch.

Kiffing
27.11.2007, 13:17
Die Selbstverwirklichung ist an sich ein ehrenwertes Ziel und steht auch in der Maslowschen Bedürfnispyramide an oberster Stelle. Bevor diese erreicht werden kann müssen aber erst einmal die anderen darunterliegenden Bedürfnisse gestillt werden, die da wären:

1. Physiologische Bedürfnisse
2. Bedürfnis nach Sicherheit
3. Bedürfnis nach sozialen Beziehungen
4. Bedürfnis nach Prestige

Hier etwas ausführlicher: http://www.zum.de/Faecher/Eth/SA/stoff9/maslow.htm

Von daher bedeutet Armut Knechtschaft, und nur materielle Sicherheit kann den Menschen die Freiheit geben, die sie dazu brauchen, ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Diese Tatsache wird vor allem von neoliberaler, aber auch grundsätzlich von kapitalistischer Seite gerne ignoriert. Deren meist in ökonomischen Zusammenhängen konnotierter Freiheitsbegriff postuliert eine Freiheit von wenigen, die notwendigerweise mit der Unfreiheit von vielen korreliert. Die quasi-religiöse Bedeutung dieses neoliberalen Freiheitsbegriffs ist von dem Threadersteller gut herausgearbeitet werden. Dieser Chiffre bedeutet das Gegenteil des Gesagten und dient der Legitimierung des Status quo.

SteveFrontera
27.11.2007, 15:57
Die Selbstverwirklichung ist an sich ein ehrenwertes Ziel und steht auch in der Maslowschen Bedürfnispyramide an oberster Stelle. Bevor diese erreicht werden kann müssen aber erst einmal die anderen darunterliegenden Bedürfnisse gestillt werden, die da wären:

1. Physiologische Bedürfnisse
2. Bedürfnis nach Sicherheit
3. Bedürfnis nach sozialen Beziehungen
4. Bedürfnis nach Prestige

Hier etwas ausführlicher: http://www.zum.de/Faecher/Eth/SA/stoff9/maslow.htm

Von daher bedeutet Armut Knechtschaft, und nur materielle Sicherheit kann den Menschen die Freiheit geben, die sie dazu brauchen, ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Diese Tatsache wird vor allem von neoliberaler, aber auch grundsätzlich von kapitalistischer Seite gerne ignoriert. Deren meist in ökonomischen Zusammenhängen konnotierter Freiheitsbegriff postuliert eine Freiheit von wenigen, die notwendigerweise mit der Unfreiheit von vielen korreliert. Die quasi-religiöse Bedeutung dieses neoliberalen Freiheitsbegriffs ist von dem Threadersteller gut herausgearbeitet werden. Dieser Chiffre bedeutet das Gegenteil des Gesagten und dient der Legitimierung des Status quo.


Die Bedürfnispyramide wurde von vielen Wissenschaftlern bereits heftig kritisiert. Das Bedürfnis nach Nahrung, nach sozialen Kontakten oder Prestige steht meiner Meinung nicht grundsätzlich in einem hierarchischen Verhältnis, sondern in häufig einer Reihe.

Gerade in ein einer Gesellschaft, in der die Nahrung knapp ist, wie in Zentralafrika, ist das Bedürfnis nach sozialen Kontakten um so höher.
Gerade wenn die Menschen arm sind, werden sie in der Jagd oder im Anbau von Gemüse die Selbstverwirklichung finden.

SteveFrontera
27.11.2007, 19:31
Freud selbst hat sehr ausdrücklich den bezug zum " übermenschen" Nietzsches betont.

mit überbau hat das nichts zu tun.

Über ICH und Übermensch sind individuell.
überbau ist eine auf die staatliche organisation bezogene beschreibung.



.

Individuum und Gesellschaft stehen in einem wechselseitigen dialektischen Verhältnis.
Es ist richtig, dass der Überbau nichts individualistisches ist.
Trotzdem hat er einen massiven Einfluss auf das Denken des einzelnen Menschen.
Er beeinflusst so auch das von Freud postulierte Über Ich. Wir diskutieren hier über uralte Begriffe. Die hirnphysiologische Wahrheit ist komplizierter.

Möglicherweise gibt es das Über Ich gar nicht.
Einen Übermenschen sollte und dürfte es überhaupt nicht geben. Komischerweise wurde gerade der von Nietzsche entworfene individualistische Übermensch von den Nazis zur arischen Massenware gemacht.

twoxego
27.11.2007, 19:39
Einen Übermenschen sollte und dürfte es überhaupt nicht geben. Komischerweise wurde gerade der von Nietzsche entworfene individualistische Übermensch von den Nazis zur arischen Massenware gemacht.

die überzeugung, dass nitzsche und nicht freud der vater der modernen psychologie ist, hat sich in den letzten jahren immer mehr durchgesetzt.
nicht nur freud sondern auch die meisten seiner schüler haben sich in ihren schriften immer und ausdrücklich auf ihn bezogen.

ich glaube, auch du hast nicht wirklich erfasst, was es mit dem übermenschen auf sich hat.

die rezeptionsgeschichte nitzsches ist eine ganz andere geschichte.
dies schicksal teilt er mit seinem ehemaligen "sternenfreund" wagner.

SteveFrontera
27.11.2007, 20:14
die überzeugung, dass nitzsche und nicht freud der vater der modernen psychologie ist, hat sich in den letzten jahren immer mehr durchgesetzt.
nicht nur freud sondern auch die meisten seiner schüler haben sich in ihren schriften immer und ausdrücklich auf ihn bezogen.

ich glaube, auch du hast nicht wirklich erfasst, was es mit dem übermenschen auf sich hat.

die rezeptionsgeschichte nitzsches ist eine ganz andere geschichte.
dies schicksal teilt er mit seinem ehemaligen "sternenfreund" wagner.

Wer soll denn der Übermensch sein? Vielleicht Nietzsche selbst?
Ich würde es gerne erfahren.
Oder Wagner?? Wagner ist sicherlich ein sehr guter Komponist, aber nicht besser als Puccini oder Verdi. Er wurde von Nietzsche und Ludwig II zu Unrecht zum Übermenschen erklärt.

Nietzsche hat in seinem letzten Buch geschrieben: "Wagner kann alles!"

Da war er leider schon ziemlich verwirrt.

Skald
27.11.2007, 20:52
Wer soll denn der Übermensch sein? Vielleicht Nietzsche selbst?
Ich würde es gerne erfahren.
Oder Wagner?? Wagner ist sicherlich ein sehr guter Komponist, aber nicht besser als Puccini oder Verdi. Er wurde von Nietzsche und Ludwig II zu Unrecht zum Übermenschen erklärt.

Nietzsche hat in seinem letzten Buch geschrieben: "Wagner kann alles!"

Da war er leider schon ziemlich verwirrt.

Nietzsches Konzept des Übermenschen wird vielfach biologistisch gedeutet und falsch ausgelegt. Nietzsche meinte damit lediglich eine Persönlichkeit, die das rein alltags-menschliche überwindet, ja sich eine Über-Natur, eine Art schöpferische Göttlichkeit zulegt, besser gesagt, sich auf die Kraft des eigenen Selbst einpendelt und sich verwirklicht, indem sie mehr ist als das Produkt des Ich. Dadurch soll eine Überwindung stattfinden und eine höhere Stufe der Lebensqualität erklommen werden; jenseits von Materialismus, Moralismus und Konsumismus. Es kann wohl gesagt werden, daß jeder für sich auf eine andere Art und Weise Über-Mensch sein kann.

twoxego
27.11.2007, 21:01
Wer soll denn der Übermensch sein? Vielleicht Nietzsche selbst?


vermutlich sah er sich als solchen.

in schriften wie, " warum ich so klug bin" oder " warum ich so gute bücher schreibe" etc., ist entgegen der erwartung, kein fünkchen selbstironie zu finden obwohl nietzsche zu solcher durchaus fähig war.

das thema übermensch ist reichlich komplex.
es zieht sich durch das gesammte werk Nietzsches.

vielleicht hilft ja erstmal das:


"Die Menschheit stellt nicht eine Entwicklung zum Besseren; oder Stärkeren; oder Höheren dar; in dem Sinne, in dem es heute geglaubt wird: der Europäer des 19. Jahrhunderts ist, in seinem Werthe, bei weitem unter dem Europäer der Renaissance; Fortentwicklung ist schlechterdings nicht mit irgend welcher Nothwendigkeit Erhöhung, Steigerung, Verstärkung...
in einem andrem Sinne giebt es ein fortwährendes Gelingen einzelner Fälle an den verschiedensten Stellen der Erde und aus den verschiedensten Culturen heraus, in denen in der That sich ein höherer Typus darstellt: etwas, das im Verhältniß zur Gesammt-Menschheit eine Art "übermensch" ist. Solche Glücksfälle des großen Gelingens waren immer möglich und werden vielleicht immer möglich sein. Und selbst ganze Stämme, Geschlechter, Völker können unter Umständen einen solchen Treffer darstellen."Umwertungsheft November 1887 - März 1888
(gekürtzt TWOXEGO)

es geht also nicht um die überlegenheit einer gruppe sonder einzig um die stellung des einzelnen, der aufgrund seiner überdurchschnittlichen erkenntnissfähigkeit und moralität aus verantwortung für alle autorität beansprucht.


mit Wagner überwarf sich Nitzsche übrigens nicht zuletzt wegen dessen antisemitissmus, der ihm in allen seinen formen ein greul war.

SteveFrontera
28.11.2007, 16:02
Nietzsches Konzept des Übermenschen wird vielfach biologistisch gedeutet und falsch ausgelegt. Nietzsche meinte damit lediglich eine Persönlichkeit, die das rein alltags-menschliche überwindet, ja sich eine Über-Natur, eine Art schöpferische Göttlichkeit zulegt, besser gesagt, sich auf die Kraft des eigenen Selbst einpendelt und sich verwirklicht, indem sie mehr ist als das Produkt des Ich. Dadurch soll eine Überwindung stattfinden und eine höhere Stufe der Lebensqualität erklommen werden; jenseits von Materialismus, Moralismus und Konsumismus. Es kann wohl gesagt werden, daß jeder für sich auf eine andere Art und Weise Über-Mensch sein kann.

Wenn man das Konzept Übermensch" so interpretiert, dann verstehe ich nicht, weshalb viele Denker, darunter auch Prof. Hans Küng, Nietzsche als Nihilisten einreihen. Sein Denken ist so widersprüchlich, dass sich die Widersprüche gegenseitig aufheben.

Kilgore
28.11.2007, 18:25
Selbstverantwortung ist sehr wichtig, in letzter Instanz sollte eine total gescheiterte Person jedoch immer durch die staatliche Volksgemeinschaft aufgefangen werden, sprich den Sozialstaat.

twoxego
28.11.2007, 18:48
Wenn man das Konzept Übermensch" so interpretiert, dann verstehe ich nicht, weshalb viele Denker, darunter auch Prof. Hans Küng, Nietzsche als Nihilisten einreihen.

na so eine überraschung. ein katholischer theologe reiht Nitzsche, den radikalsten religionskritiker unter den deutschen philosophen ( gott ist tot ),
unter die nihilisten ein.




.

SteveFrontera
29.11.2007, 11:23
Selbstverantwortung ist sehr wichtig, in letzter Instanz sollte eine total gescheiterte Person jedoch immer durch die staatliche Volksgemeinschaft aufgefangen werden, sprich den Sozialstaat.

Es geht nicht nur darum, total gescheiterte aufzufangen, sondern auch Menschen mit geringer Qualifikation oder seelischen Erkrankungen, ein menschenwürdiges Leben zu verschaffen.

Kilgore
29.11.2007, 13:47
Es geht nicht nur darum, total gescheiterte aufzufangen, sondern auch Menschen mit geringer Qualifikation oder seelischen Erkrankungen, ein menschenwürdiges Leben zu verschaffen.

Das ist indiskutabel, ja.

viator
29.11.2007, 14:17
Die Selbstverwirklichung ist an sich ein ehrenwertes Ziel und steht auch in der Maslowschen Bedürfnispyramide an oberster Stelle. Bevor diese erreicht werden kann müssen aber erst einmal die anderen darunterliegenden Bedürfnisse gestillt werden, die da wären:

1. Physiologische Bedürfnisse
2. Bedürfnis nach Sicherheit
3. Bedürfnis nach sozialen Beziehungen
4. Bedürfnis nach Prestige

Hier etwas ausführlicher: http://www.zum.de/Faecher/Eth/SA/stoff9/maslow.htm

Von daher bedeutet Armut Knechtschaft, und nur materielle Sicherheit kann den Menschen die Freiheit geben, die sie dazu brauchen, ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Diese Tatsache wird vor allem von neoliberaler, aber auch grundsätzlich von kapitalistischer Seite gerne ignoriert. Deren meist in ökonomischen Zusammenhängen konnotierter Freiheitsbegriff postuliert eine Freiheit von wenigen, die notwendigerweise mit der Unfreiheit von vielen korreliert. Die quasi-religiöse Bedeutung dieses neoliberalen Freiheitsbegriffs ist von dem Threadersteller gut herausgearbeitet werden. Dieser Chiffre bedeutet das Gegenteil des Gesagten und dient der Legitimierung des Status quo.

Da hast du aber in der Schule fein aufgepasst und Bedürfnispyramiden-Idiotie internalisiert.

Ich glaube auch nicht, dass der Freiheitsbegriff fortschrittlicher Kapitalfraktionen derartig religiös geprägt sei. Sie agieren doch in einem Freiheitsraum, den sie weiter auszubauen gedenken. Dass jeder Angriff auf ihre Ansprüche am BIP als Angriff auf "die Freiheit" wahrgenommen wird, ist vollkommen richtig.

Schließlich wird doch die Freiheit der Kapitalisten u.U. eingeschränkt, was dementsprechendes Geheule ihrer Medien zur Folge haben muss. Zur Freiheit des Kapitals gehört doch auch die materielle Sicherheit - die materielle Sicherheit der Eliten, die sie permanent in Frage gestellt sehen und somit verteidigen müssen.

Auch, das der Freiheitsbegriff der Legitimation des Status quo dienen würde, halte ich für fragwürdig, da doch die sog. Liberalen stets neue Angriffe auf die Barrieren ihrer Freiheit unternehmen und nichts unversucht lassen, gerade den Status quo zu ruinieren, also in eine noch profitbarrierenärme Gesellschaft einzutreten.

Kiffing
29.11.2007, 17:26
Die Bedürfnispyramide wurde von vielen Wissenschaftlern bereits heftig kritisiert. Das Bedürfnis nach Nahrung, nach sozialen Kontakten oder Prestige steht meiner Meinung nicht grundsätzlich in einem hierarchischen Verhältnis, sondern in häufig einer Reihe.
Gerade in ein einer Gesellschaft, in der die Nahrung knapp ist, wie in Zentralafrika, ist das Bedürfnis nach sozialen Kontakten um so höher.
Gerade wenn die Menschen arm sind, werden sie in der Jagd oder im Anbau von Gemüse die Selbstverwirklichung finden.
Natürlich sind eindimensionale Erklärungsmuster nie absolut zu sehen. Von daher lassen sich Gegenbeispiele da leicht finden. Aber daß mit steigendem Wohlstand, oder noch besser, steigendem Erklimmen der Bedürfnispyramide, die Ansprüche steigen, ist doch historisch verifiziert. So ist der postmoderne bzw. postmaterielle Wertewandel, den wir seit der 68er Zeit erleben, neben den ideellen Prämissen durch den Wohlstand zu erklären, der seit Ende des zweiten Weltkrieges in Deutschland, aber auch überall sonst in der etablierten Welt, einsetzte. Nachdem die eigene Versorgung und deren Sicherheit erreicht waren, gaben sich die 68er nicht mehr nur mit materiellen Werten zufrieden, sondern Werte wie Freiheit, Emanzipation und Selbstverwirklichung standen nun in einem bisher nie dagewesenen Maß auf der politischen Agenda. Ich möchte daran erinnern, daß gerade die Protegen der 68er Bewegung Studenten aus wohlhabendem Elternhaus waren. Diese postmateriellen Werte wurden nun aufgrund des gestiegenen Wohlstandes vor allem der Mittelschichten gesellschaftsfähig, wenngleich sie auch nicht widerspruchsfrei Raum ergriffen. http://www.herbstlaub-web.de/postmaterielle.htm belegt etwa, daß die Protegen der postmateriellen Werte vor allem gutsituierte Lebensbedingungen aufweisen. Der postmaterielle Wertewandel, von dem praktisch alle westlichen Industriegesellschaften betroffen waren, ist nicht zufällig ein Phänomen, das ab Mitte der 60er Jahre auftrat.

SteveFrontera
29.11.2007, 19:03
Natürlich sind eindimensionale Erklärungsmuster nie absolut zu sehen. Von daher lassen sich Gegenbeispiele da leicht finden. Aber daß mit steigendem Wohlstand, oder noch besser, steigendem Erklimmen der Bedürfnispyramide, die Ansprüche steigen, ist doch historisch verifiziert. So ist der postmoderne bzw. postmaterielle Wertewandel, den wir seit der 68er Zeit erleben, neben den ideellen Prämissen durch den Wohlstand zu erklären, der seit Ende des zweiten Weltkrieges in Deutschland, aber auch überall sonst in der etablierten Welt, einsetzte. Nachdem die eigene Versorgung und deren Sicherheit erreicht waren, gaben sich die 68er nicht mehr nur mit materiellen Werten zufrieden, sondern Werte wie Freiheit, Emanzipation und Selbstverwirklichung standen nun in einem bisher nie dagewesenen Maß auf der politischen Agenda. Ich möchte daran erinnern, daß gerade die Protegen der 68er Bewegung Studenten aus wohlhabendem Elternhaus waren. Diese postmateriellen Werte wurden nun aufgrund des gestiegenen Wohlstandes vor allem der Mittelschichten gesellschaftsfähig, wenngleich sie auch nicht widerspruchsfrei Raum ergriffen. http://www.herbstlaub-web.de/postmaterielle.htm belegt etwa, daß die Protegen der postmateriellen Werte vor allem gutsituierte Lebensbedingungen aufweisen. Der postmaterielle Wertewandel, von dem praktisch alle westlichen Industriegesellschaften betroffen waren, ist nicht zufällig ein Phänomen, das ab Mitte der 60er Jahre auftrat.

Danke Kiffing für Deinen geistreichen Beitrag. Ich freue mich, hier auf Leute zu treffen mit denen man sachlich und gehoben diskutieren kann.

Ist die Freiheit wirklich ein postmaterieller Wert? Bereits in der französischen Revolution 1989 und in der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung 1776 war die Freiheit der zentrale Begriff. Wenn man noch weiter zurück geht, etwa zu Spartakus oder zur israelitischen Gefangenschaft in Ägypten, dann werden wir feststellen, dass die Freiheit immer ein Thema war.

Anderseits scheint mir, dass materielle Bedürfnisse, wie ein bestimmtes Auto oder Mode und Styling, nie so wichtig wie heute waren. Für viele ist Geldverdienen und Konsum zum Lebensinhalt geworden. Die Werte der 68er, z.B. freie Sexualität und Umverteilung der Güter, werden dagegen nicht mehr so propagiert.

SteveFrontera
01.12.2007, 16:29
Ich frage mich, ob das Verspeisen von Seeteufel und Scampi zur Stufe 1 (Nahrung) oder zur höchsten Stufe( Selbstverwirklichung) zählt. ;)