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Vollständige Version anzeigen : Wahlreform?



TanjaKrienen
24.10.2004, 12:07
Diesen Vorschlag formulierte ich nach der letzten Bundestagswahl, als Hochwasser und ein geradezu infantil formulierter Pazifismus die Wahl entschieden. Noch sind zwei Jahre Zeit, um ein neues Verfahren zu etablieren. Es scheint dringend und zwingend notwendig, wenn man sich die Umfragen auf der SPIEGEL-Website ansieht, die Kerry-Curry mit 85% beim deutschen Wähler vorne sehen. Bush liegt sogar hinter Nader.

Was ist also los mit den Deutschen? Da sich in den USA ein grandioser Sieg des Amtsinhabers George Bush abzeichnet - trotz der vehementen Unterstützung der Presse und ausländischer Medien - scheint hier ein Volk im "Alten Europa", fernab jeglicher Fähigkeit zur Interpretation von Fakten herab gesunken sein.

Hier also der Voschlag für die nächste Bundestagswahl, welcher mithelfen könnte, die Spreu, vom Weizen zu trennen.

Allgemeiner Vorschlag zur Wahlreform

Eine Verflachung des politischen Wissen, der Qualität, ja des Umgangs mit Daten und Fakten, legen unweigerlich eine Neuordnung der Gewichtung der Wählerstimmen nahe, die zudem eine radikale Entpopularisierung dieses Vorgangs beinhalten muss.

Werden aktuell gerade von jenen, welche offiziell eine Herabnivellierungen der politischen Qualitäten aus taktischen Gründen kritisieren, Forderungen nach einer Wahlbeteiligung von Kindern erhoben – eine Handlung, die an Absurdität nicht einmal durch jene überboten werden, die schon heute komatöse Zustände und Grenzdebilität als Zugewinn menschlicher Erfahrungen predigen – so wäre dies mit einer weiteren Infantilisierung, einem politisch-kulturellen Abstieg des denkenden, abendländischen bzw. kosmopolitischen Menschen verbunden, der dann endgültig aufhörte, einer zu sein...

Zählt schon – kurios genug – jede Stimme gleich, egal, ob der Wähler unter Alzheimer, sonstiger Debilität oder einem haarsträubenden politischen „Verstand“ leidet – solange er nicht offiziell seiner Bürgerrechte entledigt ward, wird ihm Gleichheit zugebilligt, die dieses hehre Wort, im Grunde entrechtet.

Als logische Folge der Schieflage, die das heutige Wahlsystem zementiert, plädiere ich für die Einführung eines Wahlfaktors, d.h. jede Stimme wird so gewichtet, wie es ihrer politischen Kenntnis und der daraus folgenden Qualität entspricht, -

1. Die Wahl findet nur an einem Tag statt, die Stimme wird ausschließlich in der Kabine abgeben.

Begründung: Die Möglichkeiten zu Manipulationen in Krankenhäusern, Altenheimen oder durch bestimmte Familienstrukturen, werden so auf ein Minimum gesenkt.

2. Jeder Wähler muss 10 Fragen vor der Stimmabgabe beantworten. Daraus ergibt sich der Wahlfaktor, der zwischen 0 und 100 liegen kann.

Begründung: Die Bundesregierung hat etwa 100 unterschiedliche Fragenkomplexe zu je 10 Stück zu erstellen, die dann nach dem Zufallsprinzip dem potenziellen Wähler unterbreitet werden. Die 10 gestellten Fragen von unterschiedlicher Qualität, sind durch die Staffelung mit 3 bis 15 Punkten zu bewerten und müssen zusammen eine mögliche Punktzahl von 100 ergeben; sie müssen aus den wichtigsten politischen Bereichen entstammen; ebenso sind Fragen zur Historie zu beantworten, um die Fähigkeit für zusammenhängendes Denken zu testen und damit die Qualität des Wissens und der Gewichtung der Stimme zu bewerten.

3. Der Wähler stimmt nun für eine Partei. Sein Wahlfaktor wird als einmalige Punktzahl der entsprechenden Gruppierung zugerechnet.

Begründung: Die leichtesten Fragen sollten sich mit einigen aktuellen und wichtigen Begebenheiten des politischen Alltags befassen, z.B. könnte nach den aktuellen Ministern des Äußeren, des Inneren und der Finanzen gefragt werden – wer hier nicht einen Punkt erhält, dessen Stimme wird dann zwangsläufig nicht gewertet werden können. Warum sollte sie das auch. Anderseits – wer eine besondere Faktenkenntnis nachweisen kann, wird durch eine hohe Punktezahl belohnt und erfährt die verdiente höhere Wertung seiner Stimme.

4. Die Zahl der Sitze wird nach dem prozentualen Anteil der abgegebenen Punkte
bestimmt.

Begründung: Es ändert sich im Grunde nichts an der Errechnung der Sitze, lediglich wird durch die höhere Punktezahl, eine Vergrößerung der Summe zu erwarten sein (ganz klar ist das nicht, wird es doch viele Personen geben, die nicht mal mehr – wie bisher - den Faktor 1 erreichen), also folgerichtig als NULL gewertet werden müssen.

Wie sehen also, wie sehr das vorgestellte System eine faire Bewertung der Stimmen erbringen wird, eine Bewertung, die in jedem Fall das böse, unahnsehnlich und ärgerliche Spiel der Gleichmacherei beendet. Die politischen Ungebildeten wird es von der Wahl abhalten, ebenso die Manipulateure – die Qualität der Politik wird steigen, da es von nun an wieder um Inhalte, Fakten und eine logische Beweisführung der Aussagen gehen wird. Der Vorschlag führt demnach zu einer Erhöhung des Niveaus und bewirkte einen extremen Schub in der Qualität der politischen Auseinandersetzung.

Tanja Krienen - http://www.campodecriptana.de/campoforum/showthread.php?threadid=785

Ein deutscher Jäger
24.10.2004, 13:05
Aber sonst ist alles gesund, ja?!!

HeilsbringeR
24.10.2004, 13:09
Mal angenommen 60% aller Wähler wären nicht im Stande die Kriterien zu erfüllen. Dann würde das Volk von einer Minderheit regiert und das Prinzip der Demokratie adabsurdum geführt. Jede Wahl wäre eine art "Klassenarbeit" für die Nation. Und damit würde das unmenschliche Bewertungssystem der Schulzeit weitergeführt. Allein deswegen würde die Wahlbeteiligung drastisch sinken. Am Ende gibt es vielleicht eine Wahlbeteiligung von 30% und davon werden 20% der Stimmen höher gewertet. Das würde bedeuten das, dass Volk von einer Regierung regiert wird die von nur 20%-30% des Volkes gewählt wurde. Die anderen 70% würden sich zurücklehnen, in dem Wissen das ihre Stimme sowieso nichts wert ist. Wir wären wieder da wo wir vor 100 Jahren schon waren, bei der "Adelsherrschaft".

Schrapsel
24.10.2004, 23:31
Einen Test, der über den Wert der Stimme entscheidet, lehne ich grundsätzlich ab. Über einen Test mit dem man das Wahlrecht überhaupt erst erhalten kann, habe ich desöfteren nachgedacht. Auch das geht meiner Meinung nach nicht. Viele würden den Test nicht bestehen und die Wahlbeteiligung würde weiter sinken. Man müsste in Folge dessen eine Wahlpflicht einführen, die einen zwingt, den Test zu bestehen. Und das geht in dieser Kombination einfach zu weit.

Vielleicht bräuchten wir uns aber über "Wahltests" keine Gedanken machen, wenn sich die Menschen einfach mehr für Politik interessieren würden. Einfach gesagt, doch leider ist es viel schwieriger. Warum nur ist das Interesse nicht vorhanden? Ich erinnere mich da an eine Diskussion aus meinem ehemaligen Politikkurs: Politik ist langweilig und trocken, deshalb unattraktiv für junge Leute.

Das ist die eine Sache, ich füge aber noch etwas hinzu: wenn man sich mit Politik beschäftigt muß man u.U. sein Gehirn aktivieren, was vielen (auch älteren Menschen) ohnehin schwerfällt. Also, Hirn bleibt aus, Fernseher wird eingeschaltet, denn der berieselt einen, so daß man sich nur noch zurücklehnen muß. Und was läuft so schönes im Fernsehen? Nun, da läuft morgens das Frühstücksfernsehen, etwas später "talk, talk, talk", Big Brother und Kämpf um deine Frau. Wer den Morgen überstanden hat, der freut sich am Mittag auf Oliver Geissen und Vera, sowie die Abschlußklasse 2005, "Freunde - Das Leben geht weiter" und diverse Gerichtssendungen. Der Spaß endet hier natürlich nicht. Es folgen taff, Exclusiv, taff, blitz und taff und Explosiv, dann Kämpf um deine Frau, und habe ich taff schon genannt? Diese "Star- und Boulevardmagazine" oder wie sie sich nennen zählen allesamt zum untersten Bodensatz des Journalismus. Aber das kommt eben an. Leichte und bedeutungslose TV-Kost. Ich werde das jetzt nicht weiter fortführen. Da lobe ich mir doch die öffentlich-rechtlichen Sender. Aber die sind ja bekanntlich "out" und nicht "hip", wie "Top of the pops" auf RTL. Man sollte wirklich über eine Qualitätsquote nachdenken auch, wenn darunter die Zuschauerzahlen leiden. Wenn es für jeden verbindlich ist, ist ja keiner mehr im Nachteil. ;)

Ich will dem Fernsehen aber nicht die alleinige Schuld zusprechen. In der Schule z.B. wird nur politisches Basiswissen vermittelt, was zudem aber kaum einen Schüler interessiert: "naja, dann wähle ich Politik halt ab." Meiner Meinung nach müsste der Politikuntericht für jeden Schüler zum Pflichtfach werden. Vielleicht packt den ein oder anderen später ja doch noch das Interesse, zumindest aber wird ihm politisches Wissen beigebracht.

Dann gibt es natürlich noch die Menschen, die sich dank Bild-Zeitung und Videotext ein politisches Halbwissen angelesen haben und nun meinen, sie wüssten über alles bescheid. Liebe (nur-) Bild-Leser da draußen, im Spiegel kann man nicht nur sich selber betrachten. Keiner kann mir erzählen, dass er sich für Politik interessiert, im gleichen Zuge aber nur Bild liest und oben genannte Sendungen regelmäßig guckt. Selbst die Tagesschau reicht da nicht aus, denn sie stellt nur einen vernünftigen Anfang dar.

Wo liegt jetzt aber genau der Grund für das politische Desinteresse und die damit verbundene Unwissenheit? - Ich sage es liegt in der Spaßgesellschaft. Jeder kocht sein eigenes Süppchen und tut das, was ihm gefällt. Und verabschiedet die Regierung unpopuläre aber nötige Gesetze, dann wird eben mit idiotischen Parolen demonstriert. Man weiß ja dank einer gewissen Tageszeitung aus dem Hause Springer bestens bescheid. Politik kann so einfach sein.

HeilsbringeR
24.10.2004, 23:51
Sehe ich genauso.
Tatsache ist doch das Menschen wollen das der Staat das Denken für sie übernimmt. Im Grunde haben die Menschen nichts gegen eine Diktatur solange ein gewisser Lebensstandart aufrechterhalten wird und natürlich die Illusion sie würden in einer Demokratie leben. Wenn allerdings dieser Lebensstandart in Gefahr ist gehen sie auf die Strasse. Immer nach dem Motto: sparen? natürlich, aber bitte nicht bei mir.
Ausserdem fällt ihnen seit 50 Jahren nichts besseres ein als abwechselnd SPD und CDU zu wählen. Und da wundert sich noch jemand das sich nichts ändert.
Bei vielen beruht das Desinteresse auch auf der Erkentnis, dass sie sowieso nichts ändern können. Womit sie auch vollkommen recht haben.
Das dieser Staat sich als Demokratie bezeichnet ist einfach nur lächerlich.

Manfred_g
25.10.2004, 02:01
Das dieser Staat sich als Demokratie bezeichnet ist einfach nur lächerlich.

Naja, sonst glaubts ja bald gar keiner mehr :))

Siran
25.10.2004, 10:10
Naja, ich weiß nicht, aber warum sollte sich eigentlich gerade für Politik jeder interessieren? Bei jedem sonstigen Thema gibt es Leute, die einfach keinen Bock darauf haben und die Leute dazu zwingen, dass sie sich informieren, kann man auch nicht.
Ganz abgesehen davon, dass Politik ja auch kein einfaches Thema ist. Wenn man sich da rein vertieft, stößt man ja auf ein ganzes Netzwerk an miteinander verwobenen Gesichtspunkten und Gründe. Gerade für jemand, den das Thema nicht so arg interessiert, kaum zu durchblicken und dadurch extra uninteressant.

Schrapsel
25.10.2004, 13:17
Die Menschen sollten sich mehr dafür interessieren, weil Politik nunmal jeden betrifft. Keiner kann sagen: Politik? Das passiert mir schon nicht.
Ich habe mich auch gegen Wahltests und Wahlzwang ausgesprochen, weil ich der Meinung bin, daß man niemanden dazu zwingen kann. Vielmehr kritisiere ich die Gesellschaft allgemein, die kaum noch zum nachdenken animiert wird. Das Fernsehen, zumindest die Privatsender, die mehrheitlich vor allem von den jüngeren Menschen geschaut werden, bieten nur noch Trivial-TV an.

Sigi
25.10.2004, 14:36
Tanja: Nur weil das Volk die wählt die du nicht magst heißt das nicht, dass das Volk dümmer ist als du. Es heißt ganz einfach, dass deine Gedanken sich nicht mit der Realität decken, wie sie von der Mehrheit empfunden wird.

Achja. Ich finde, man sollte jeden aufhängen, der das Volk entmachten will und bei denen angefangen, die es momentan entmachtet halten.