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Vollständige Version anzeigen : EU und die Türkei - arte-Themenabend am 7.12.2004



sunbeam
08.12.2004, 10:53
Hallo

Wer gestern den arte-Themenabend verfolgt hat, konnte wieder mal sehen dass es sich um immer wieder die gleichen Argumente für den Beitritt und gegen den Beitritt dreht. Ich setze mal Euer Wissen hierüber voraus und beschränke mich mit dem meines Erachtens wichtigsten Argument für die Aufnahme der Türkei!

Um im Kampf um die Vorherrschaft der Weltmächte eine bedeutende Rolle zu spielen, sind wir Europäer auf eine Mitgliedschaft der Türkei angewiesen! Knapp 70 Mio. Türken mit einer starken Armee und einem großen Markt würde die Einwohnerzahl der EU (nach Beitritt einiger Balkanländer) auf fast 600 Mio. Menschen anwachsen lassen!

Der Einfluß der Türkei, ihr Sendungsbewußtsein tief ins kaukasische Becken und in den Nahen Osten hinein hätte für die EU den Vorteil, dort aktiv und mit mehr Sympathien als z.B. die USA und/oder China oder Russland in Verhandlungen zu kommen!

Nichts desto Trotz sehe ich auch eine gewisse Chance, dass wenn sich die Lebensverhältnisse der Türkei merklich den Standards in Europa annähern, dass sich die Anreiner-Staaten im Nahen Osten "anstecken" lassen, den Wert der Demokratie und der einhergehenden wirtschaftlichen Prosperität erkennen und somit ein Weg für Frieden und Wohlstand in dieser Region zumindest eine reelle Chance hat!


Dies nun zu dem einzigen Argument, warum ich für den Beitritt wäre!

Da sich aus meiner Sicht jedoch nicht kalkulierende Innereuropäische Konflikte anbahnen mit dem Beitritt, der andersartigkeit der Kultur, der aggressiven Religion und dem nationalistischen Gebahren Ankaras, bin ich gegen den Beitritt!
Auch wenn Europa dann keine "Weltmacht" würde, aber das wollen wir sowieso nicht! Sind wir doch mal ehrlich, Europa könnte nie in militärischen und außenpolitischen Angelegenheit mit einer Stimme sprechen!

mettwurst
08.12.2004, 11:05
Servus sunbeam!

Mensch Oida, manchmal bist du gar nicht so verkehrt, Zitat: "Nichts desto Trotz sehe ich auch eine gewisse Chance, dass wenn sich die Lebensverhältnisse der Türkei merklich den Standards in Europa annähern, dass sich die Anreiner-Staaten im Nahen Osten "anstecken" lassen, den Wert der Demokratie und der einhergehenden wirtschaftlichen Prosperität erkennen und somit ein Weg für Frieden und Wohlstand in dieser Region zumindest eine reelle Chance hat!" Genau darum geht es nämlich. Das könnte übrigens glatt von mir stammen.

Weiter so!

Mettwurst

sunbeam
08.12.2004, 11:09
Servus sunbeam!

"Nichts desto Trotz sehe ich auch eine gewisse Chance, dass wenn sich die Lebensverhältnisse der Türkei merklich den Standards in Europa annähern, dass sich die Anreiner-Staaten im Nahen Osten "anstecken" lassen, den Wert der Demokratie und der einhergehenden wirtschaftlichen Prosperität erkennen und somit ein Weg für Frieden und Wohlstand in dieser Region zumindest eine reelle Chance hat!" Genau darum geht es nämlich. Das könnte übrigens glatt von mir stammen.

Weiter so!

Mettwurst

Morgen Mette

Das es darum geht ist mir klar, jedoch sollten nicht außschließlich mögliche Chancen eine Rolle spielen, die für einen Beitritt sprechen, sondern die Risiken und die unabsehbaren Folgen für Europa sollten ebenso einfließen!

Mette, ich denke die Türkei wird EU-Mitglied, daran lässt sich nichts mehr ändern. Man hat der Türkei fast 50 Jahre lang Hoffnungen gemacht und sie im kalten krieg durch dieses Versprechen bei der Stange gehalten, nun kassiert die Türkei den Preis für unsere Notlügen!

Siran
08.12.2004, 11:11
Und was ist, wenn die Ansteckung anders herum verläuft?

Klar wäre es toll, wenn im Nahen Osten mal sowas wie Frieden einkehren würde, aber die Türkei ist für die meisten Staaten da kein Vorbild, da diese den säkularisierten Staat ablehnen. Mit einem EU-Beitritt der Türkei würde die EU dann direkte Grenzen teilen mit so netten Ländern wie Irak, Syrien und Iran.

Wie Sunbeam schon angedeutet hat, bringt uns eine derartige Bevölkerungsmenge außerdem wenig, wenn wir uns auf keine einheitliche Politik mehr einigen können...

mettwurst
08.12.2004, 11:31
Hallo Siran,

na und, früher [als der Eiserne Vorhang noch stand und alles besser war] hatte die EU auch mal eine Aussengrenze mit der stalinistischen SVR Albanien [der Stalinismus wurde 1991 beendet] oder mit der wenig sympathischen DDR [am 02.10.1990 eingeschläfert]. Heute hat die EU eine Aussengrenze mit Russland [ist auch nicht so das Musterländle der Demokratie] und mit der letzten Diktatur Europas, nämlich Belorussland.

Seit Entstehung der EU kann man folgenden Trend beobachten, angrenzende Staaten, die einst Diktaturen waren [z.B. auch Griechenland, Spanien und Portugal und nicht nur ehem. COMECON-Staaten], fanden Aufnahme in der EU, was zur Stablilisierung der demokratischen Verhältnisse dort beitrug. Damit einher ging eine deutliche Verbesserung der Lebensverhältnisse breiter Schichten der Bevölkerung. Keiner dieser Staaten wurde je rückfällig. Die EU breitet sich aus, während die autoriätren Systeme vor ihren Toren sich auf dem Rückzug befinden.

Wenn die EU erst einmal an Syrien, den Iran etc. grenzt, können die Mullahs in Teheran und die Baathisten in Damaskus früher oder später die Koffer packen, denn der Virus von Freiheit, Demokratie und Wohlstand ist stärker als jener des mittelalterlichen religiösen Fundamentalismus, weil letzterer ausser Mangel, Terror und Unfreiheit nichts zu bieten hat.

Mit freiheitlich-demokratischen Grüssen

Mettwurst

Siran
08.12.2004, 11:38
Ich fürchte, ich bin da bei weitem nicht so zuversichtlich wie du es bist. Wenn der Fundamentalismus den Leuten nichts zu bieten hat, warum springen dann im Irak die Leute nicht freudig auf den Zug nach Westen auf und unterstützen alle die Demokratieentwicklung?

Es ist möglich, dass das passiert, was du sagst, es ist aber auch möglich, dass sich nichts tut oder sich die Lage noch verschlechtert. Eine Aufnahme aufgrund einer vermuteten Entwicklung der Nachbarländer halte ich für unüberlegt.

sunbeam
08.12.2004, 12:04
Die EU wird sich mit den Türken überladen! Es wäre fatal wenn die Türkei Europa beitritt! Genauso fatal wie z.B. Ukraine oder andere große Länder! Nach der nächsten Erweiterung sollte für die kommenden 50 Jahre Schluß sein, um dem ganzen eine gewisse Zeit zu geben um sich auf ein gemeinsames Verständnis in Sachen Wirtschafts-, innen-,außen- und Sicherheitspolitik zu verständigen!

moxx
14.12.2004, 12:47
ja es wäre wunderschön, wenn sich die länder im nahen osten anstecken lassen, nur ist das wirklich zu erwarten.

eine etwas mikroskopischere betrachtung:
haben sich die türkischen einwanderer von der deutschen mentalität anstecken lassen??? zu großen teilen nicht.
und dies obwohl sie mitten in der eu leben und nicht an einer außengrenze. nun ist die türkei schon lange ein staat der sich am westen zu orientieren sucht, wie aber ist es mit syrien, irak iran???
da ist wohl eher das gegenteil der fall, wieso und aus welchem grund sollten sie sich anstecken lassen?

aus dieser überlegung heraus bin ich der überzeugung, dass sie es nicht tun werden, damit ist das einzige (!!!) argument für den beitritt der türkei für mich hinfällig. ich bin gegen die entscheidung, die türkei in die eu aufzunehmen, bzw. für eine volksabstimmung in der ganzen europäischen union.
meine stimme wird für...na ratet mal...gezählt werden :D