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Vollständige Version anzeigen : Was sind die wichtigsten Formen politischen Handelns?



Beverly
12.12.2004, 23:04
Was Politik ist, darüber gibt es schon viele Definitionen. Für Max Weber hatte Politik mit der Ausübung von Herrschaft zu tun, bei Carl Schmitt "Der Begriff des Politischen" war Politik die Bestimmung von Freund und Feind.
Doch in einer Zeit, wo viele sich berfuhen fühlen, in die Politik einzugreifen und auch an sich wenig politische und ideologierte Menschen gezwungen werden, politisch zu handeln, um nicht zum Spielball der von anderen gemachten Politik zu werden, ist es notwendig über die wichtigsten und aussichtsreichsten Formen von Politik scharf nachzudenken.

Beverly
12.12.2004, 23:19
Für mich sind Öffentlichkeitsarbeit, eine Massenbewegung aufbauen und Selbstorganisation am wichtigsten.
Wie wenig Parteiarbeit, Wahlerfolg und Teilnahme an Regierungen allein bewirken, haben die Grünen auf drastische Art und Weise gezeigt. Hätten sie nach 1980 beschlossen, die Hälfte ihrer finanziellen und damals nicht unbeträchtlichen Zeit ihrer Aktivisten in gesellschaftliche Selbstorganisation (nach "grünen" Ideen arbeitende Kooperativen, Genossenschaften, Wohlfahrtseinrichtungen) zu stecken anstatt alles nur noch auf Wahlen und Parlamente zu konzentrieren, hätten sie mehr für ihre Ziele erreicht.

Man braucht Öffentlichkeitsarbeit um auf seine Ideen aufmerksam zu machen, eine Massenbewegung, weil man im stillen Kämmerlein allein nicht weiterkommt und selbst als "Einzelkämpfer" das Gefühl braucht, Teil einer großen Bewegung zu sein und respektiert bzw. von den Fieslingen wenigstens gefürchtet zu werden. Gesellschaftliche Selbstorganisation bedeutet, dass die Anhänger einer politischen Bewegung nicht bis auf einen St. Nimmerleinstag mit der Verwirklichung ihrer Ideen warten müssen, sondern sie für sich schon jetzt umsetzen können. Zudem ist ein hier erfolgreiches Projekt eine bessere "Referenz" als noch so viel bedrucktes Papier.

mentecaptus
13.12.2004, 00:10
Weder noch: eine Mischung aus 2, 4 und 5.
Mitglied einer Partei oder politischen Gruppierung zu werden, um an deren Meinungsbildung mitzuwirken
Kommunalpolitik wird auch "Selbstverwaltung" genannt - und genau hierum geht es: die Kontrolle der Verwaltung durch Bürger, die dies auf Zeit machen. Mit dem Berufspolitikertum hat dies nichts zu tun und es wird auch nicht entlohnt
in einer Partei kann man (auf kommunaler Ebene) mehr bewegen, weil man dort einen Verstärker für seine Positionen findet; als einsamer Rufer in der Wüste erreicht man nichts
"Partei ist organiserte Meinung". (Benjamin Disraeli)

Justin Time
13.12.2004, 00:22
Hast Du nicht den Punkt: Die alltaegliche Praxis vergessen?

. ;)

Beverly
13.12.2004, 09:02
Hast Du nicht den Punkt: Die alltaegliche Praxis vergessen?

. ;)die kann man im persönlichem Umfeld und in Selbstorganisation leben

Beverly
13.12.2004, 09:16
Kommunalpolitik wird auch "Selbstverwaltung" genannt - und genau hierum geht es: die Kontrolle der Verwaltung durch Bürger, die dies auf Zeit machen. Mit dem Berufspolitikertum hat dies nichts zu tun und es wird auch nicht entlohnt

Dazu müsste die kommunale Ebene aber völlig neu aufgebaut werden. Derzeit sind bei Kommunalwahlen die Wahlbeteiligungen am niedrigsten und in den Parlamenten tummeln sich Leute, die geraden von den Menschen, die über ihr kommunales Umfeld Bescheid wissen, am schonungslosesten als Gschaftlhuber gebrandmarkt werden.


in einer Partei kann man (auf kommunaler Ebene) mehr bewegen, weil man dort einen Verstärker für seine Positionen findet; als einsamer Rufer in der Wüste erreicht man nichts
"Partei ist organiserte Meinung". (Benjamin Disraeli)
"Parteien sind organisierte Unvernunft". (Beverly Schnett)

Die in Parteien ablaufenden Mechanismen scheinen den politischen Opportunismus in all seinen Spielarten geradzu zu fördern. Zynischer Putschismus, wenn das System schwach ist, oder arschkriecherische Anpassung, wenn das System stark ist - beides selbstverständlich nicht durch wirklich bessere Konzepte getrübt. Populismus und Schaumschlägerei an den Rändern, gnadenlose Anpassung in der Mitte und ein Lebensweg der so oder so in Korruption und Selbstbereicherung der Funktionärskaste enden wird - egal ob sie das System übernimmt oder sich von ihm kaufen lässt.

Baath-Partei, FLN, KPdSU, SPD, NPD, Grüne, PDS, CSU, Demokraten, Republikaner ... auf die eine oder andere Art sind alle Parteien vorm Arsch, die einen mehr, die anderen weniger. Wer aus ehrlicher Überzeugung seine Hoffnunbgen auf eine Partei setzt, landet meistens auf dem Friedhof, im Knast oder im Abseits. Das gute am Mehrparteien-System ist nicht, dass es mehrere Parteien gibt, sondern dass die sich gegenseitig in Schach halten und eine Partei nicht extrem mächtig werden kann. Das sollte uns aber nicht daran hindern, nach anderen und besseren Formen "organisierter Meinung" und Interessen zu suchen.

Leyla
13.12.2004, 09:57
Baath-Partei, FLN, KPdSU, SPD, NPD, Grüne, PDS, CSU, Demokraten, Republikaner ... auf die eine oder andere Art sind alle Parteien vorm Arsch, die einen mehr, die anderen weniger. Wer aus ehrlicher Überzeugung seine Hoffnunbgen auf eine Partei setzt, landet meistens auf dem Friedhof, im Knast oder im Abseits.
Da bin ich aber beruhigt, dass Du meine Partei nicht genannt hast. Obwohl ich da wahrscheinlich bessere Chancen auf Knast habe als in der CSU. Kommunisten sind ja angeblich Tote auf Urlaub - aber da wir sowieso oft als arbeitsscheue Elemente gebrandmarkt werden, wundert es wahrscheinlich keinen, wenn wir mit allen Mitteln versuchen, unseren Urlaub in die Länge zu ziehen.

Beverly
13.12.2004, 11:06
Da bin ich aber beruhigt, dass Du meine Partei nicht genannt hast. Obwohl ich da wahrscheinlich bessere Chancen auf Knast habe als in der CSU. Kommunisten sind ja angeblich Tote auf Urlaub - aber da wir sowieso oft als arbeitsscheue Elemente gebrandmarkt werden, wundert es wahrscheinlich keinen, wenn wir mit allen Mitteln versuchen, unseren Urlaub in die Länge zu ziehen.

Aber glaubst du denn im Ernst, sozusagen nur mit der DKP als Vehikel über die traditionelle Partei-Schiene - Wahlerfolg, Abgeordnetenmandate, Regierunsbeteiligung - wirklich etwas verändern zu können 8o ?
Eine Partei wie die DKP ist allenfalls als Teil einer breiten, antikapitalistischen Bewegung nützlich, d. h. durch das Engagement, die notwendige Radikalität ihrer Mitglieder und ihre Ressourcen. Aber nicht durch ihr Dasein als Partei an sich.

Leyla
13.12.2004, 11:20
Eine Partei wie die DKP ist allenfalls als Teil einer breiten, antikapitalistischen Bewegung nützlich, d. h. durch das Engagement, die notwendige Radikalität ihrer Mitglieder und ihre Ressourcen. Aber nicht durch ihr Dasein als Partei an sich.
Exakt.

Mir kommt es darauf an, organisiert zu sein, weil ich realistisch bin und keine informellen Hirarchien mag. Das artet nämlich schnell in Chaos und Cliquenwirtschaft aus, weil offiziell niemand für irgendwas verantwortlich ist - und inoffiziell der, der die größte Klappe hat.
Was Wahlen angeht, habe ich keine Illusionen. Obwohl es ganz nett ist, ein paar versprengte Stadträte zu haben. Aber das sind ja ausnahmslos Leute, die in Bürgerinitiativen und sozialen Bewegungen arbeiten. Und ihre Wähler hätten sonst vielleicht nie Kommunisten gewählt.

hbss
13.12.2004, 14:04
spam

DichterDenker
13.12.2004, 15:04
Ich habe mich für den ersten und die letzten zwei Punkte entschieden.
Für den ersten, weil es m.E. die einzige Möglichkeit ist wirklich in das System einzugreifen (ja, um Volksnahe Politik zu machen muss man erst zur Elite gehören, sich vom Volk entfernen, so die Logik unseres Systems)
Eine Massenbewegung ist natürlich auch wichtig, um genug Rückhalt zu haben. Am wichtigsten ist aber die Selbstorganisation. Denn damit ändert man die Gesellschaft ... und die Politik passt sich der Gesellschaft an. Früjer oder später...

Beverly
13.12.2004, 16:41
Am wichtigsten ist aber die Selbstorganisation. Denn damit ändert man die Gesellschaft ... und die Politik passt sich der Gesellschaft an. Früjer oder später...

So sehe ich das auch. Selbstorganisation und eine Massenbewegung sind wohl unverzichtbare Voraussetzungen, um in der Elite etwas bewirken zu können. Ohne sie wird man korrumpiert oder rausgemobbt, wenn man den Aufstieg geschafft, Ämter und Mandate bekommen hat.

Kaiser
14.12.2004, 21:42
Ich persönlich finde 1,2 und 6 am wichtigsten.

Das werkeln im persönlichen Umfeld kann nur ein Auftakt bei einem ernsthaften politischen Handeln sein bzw. A und O für das Fußvolk und Karteileichen. Von Bürgerinitiativen und Gewerkschaften habe ich keine große Meinung. Deren Handeln und Ziele sind zu beschränkt und kurzfristig. Sie sind kaum mehr als die organisierte Versammlungen von Stimmvieh, das Parteien zu vereinahmen trachten. Öffentlichkeitsarbeit ist zwar wichtig, aber nur wenn einem entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen. Für kleine Organisationen ist die PR nur sehr limitiert.

Beverly
14.12.2004, 22:12
Ich persönlich finde 1,2 und 6 am wichtigsten.

Von bis jetzt 11 Teilnehmern an der Umfrage haben 8 für 6 - Massenbewegung - gestimmt. Der Aufbau und Erhalt einer Massenbewegung scheint also unerlässlich zu sein.


Das werkeln im persönlichen Umfeld ist nicht jedem gegeben, aber wer es kann, hat dafür Respekt verdient. Soziale Kompetenz und die Fähigkeit, so apathische Menschen wie die Deutschen im persönlichem Umgang zu etwas zu bewegen, kann nicht hoch genug geschätzt werden.


Von Bürgerinitiativen und Gewerkschaften habe ich keine große Meinung. Deren Handeln und Ziele sind zu beschränkt und kurzfristig. Sie sind kaum mehr als die organisierte Versammlungen von Stimmvieh, das Parteien zu vereinahmen trachten. Für viele Arbeiter und Angestellte entscheidet eine starke Gewerkschaft in ihrem Betrieb über Sein oder Nichtsein. Ob sich bei denen die Sozis auf der Suche nach Stimmviel allerdings noch überall blicken lassen können, weiß ich nicht :rolleyes:;)


Öffentlichkeitsarbeit ist zwar wichtig, aber nur wenn einem entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen. Für kleine Organisationen ist die PR nur sehr limitiert. Es geht immer irgendwie und sei es nur mit Flugblättern sowie dem Internet. Zudem ist permanente Öffentlichkeitsarbeit wichtig, um das Bewußtsein der Menschen zu beeinflussen.