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Vollständige Version anzeigen : Unternehmenssubventionen



Kalmit
20.03.2005, 18:11
Quelle: http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=672&sid=126


Porsche statt Schlafwagen – Die Subventionen für Unternehmer
Bericht: Mathias Werth

Sonia Mikich: "Willkommen, kritisch zur Sache! Es kann losgehen:

Der Kanzler schlug heute Vormittag im Bundestag eine Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen vor, von 25 auf 19 Prozent. Dies müsse aber aufkommensneutral durch den Abbau von Steuerschlupflöchern geschehen. Na gut, gucken wir mal hin.

Da gibt es wirklich die unglaublichsten staatlichen Hilfen - und viel abzuschaffen für die Umgestalter, die Reformer, die Modernisierer, wie Mathias Werth berichtet.
Wir kommen nicht im Schlafwagen an die Spitze, sagte Bundespräsident Köhler am Dienstag. Aber bislang ganz schön flott im Porsche, dem Lieblingsdienstwagen deutscher Unternehmer.
Wie denn, was, was soll das? Sehen Sie selbst."

Wer diesen Wagen fährt, saust der Konjunktur davon: Zehn Prozent mehr Absatz, sieben Prozent mehr Gewinn - Porsche, der Optimist unter den Autoherstellern. Das Unternehmen ist stolz auf die gute Bilanz und betont immer wieder: Porsche schaffe das alles ohne Subventionen. Aber das ist nicht mal die halbe Wahrheit, denn Porsche ist abhängig von einer so genannten indirekten Subvention, von der Steuergesetzgebung für privat genutzte Firmenautos. Das weiß Vorstandschef Wendelin Wiedeking nur zu gut. Die Dienstwagen-Besteuerung ist in Deutschland viel geringer als in vielen anderen Ländern.

Wie hier im Düsseldorfer Porsche-Zentrum kaufen deshalb hauptsächlich Geschäftsleute die edlen und teuren Sportwagen. Als Firmenauto kostet der Porsche 911 nach Abzug der Steuern hierzulande gerade mal eine Monatsrate von 400 Euro - dank der enormen Abschreibung. In anderen Ländern muss man für den gleichen Wagen mehr als das Doppelte ausgeben. Andere Autohersteller profitieren zwar ebenso davon, aber keiner so wie Porsche: 62 Prozent, also fast zwei Drittel aller neu zugelassenen Porsche in Deutschland, sind Firmenautos.

Lorenz Jarass ist Wirtschaftsprofessor und Mitglied in der Regierungs-Kommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung. Er hat sich mit den deutschen Subventionseigenarten wissenschaftlich beschäftigt.

Prof. Lorenz Jarass, Wirtschaftswissenschaftler: "Die ganzen Kosten werden steuerlich geltend gemacht und im Rahmen einer ganz bescheidenen Ein-Prozent-Besteuerung muss der Einzelne dann einen Teil der eingesparten Kosten wieder rückerstatten. Herr Wiedeking ist unseres Erachtens der am meisten subventionierte deutsche Automobilbauer, nämlich durch diese Dienstwagenbesteuerung."

Man kann auch sagen, der Arbeitnehmer zahlt mit seinen Steuern den Porsche seines Chefs. Nur ein Beispiel, wie Unternehmen in Deutschland mit kleinen und großen Geschenken ihre Steuerlast erleichtern. Manchmal zahlen Arbeitnehmer sogar dafür, wenn ihre eigenen Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden.

Unsinnige Subventionen - Beispiel 2: Über Jahre hat Siemens Arbeitsplätze in Deutschland gestrichen und ins Ausland verlagert. Siemens kann einen Großteil der Ausgaben dafür von der Steuer abziehen und lässt sich so - ganz legal - die Streichung von Arbeitsplätzen vom Steuerzahler mitfinanzieren.

Das Siemens-Werk in Kamp-Lintfort galt als mustergültig. Das Land unterstützte die Gründung mit mehreren Millionen. Das Geld der Steuerzahler nahm Siemens gern, beschloss dann aber, die Produktion nach Ungarn zu verlagern. In letzter Sekunde konnten die Beschäftigten das verhindern, mussten das aber mit weniger Urlaubs- und Weihnachtsgeld büßen.

Prof. Lorenz Jarass, Wirtschaftswissenschaftler: "Nehmen wir ein Beispiel: Siemens verlagert Arbeitsplätze in die Slowakei. Der Abbau, sagen wir von 1000 Arbeitsplätzen in Deutschland, verursacht Abfindungszahlungen, werden alle in Deutschland geltend gemacht. Das ganze Management ist beschäftigt, um die Arbeitsplätze in die Slowakei zu transferieren, werden auch in Deutschland geltend gemacht. Nehmen wir mal an, Siemens müsste 100 Millionen Euro investieren in die Slowakei und nimmt dafür einen Kredit auf. Bezahlt dafür 10 Millionen Euro Zinsen. Diese Zinsen können sie dauerhaft in Deutschland geltend machen, obwohl die gesamten Erträge, die sie in der Slowakei erwirtschaften, in Deutschland steuerfrei sind."

Kaum scheint das Werk in Kamp-Lintfort gerettet, ist im fernen Würzburg schon das nächste ins Visier genommen: Morgen früh will die Firma Siemens angeblich verkünden, die Produktion aus Würzburg zum Teil ins Ausland zu verlagern. Es geht um 1600 Stellen. Siemens kann für die Verlagerung der Arbeitsplätze in ein Billiglohnland mit etlichen Millionen deutscher Steuergelder rechnen.

Nur ein Beispiel von vielen, wie Arbeitnehmer ihren eigenen Stellenabbau über die Steuer mitbezahlen müssten.

Die Liste unsinniger Subventionen ist lang, und manchem scheint sie endlos.

Beispiel 3: Die Celanese AG aus Kronberg im Taunus. Vor einem Jahr wurde Celanese von einer amerikanischen Firma gekauft. Die steckte das Eigenkapital von Celanese ein und ersetzte den Betrag durch Kredite. Die Kreditzinsen lässt sich der neue Besitzer nun vom deutschen Steuerzahler subventionieren. Ein Interview mochte die Geschäftsführung nicht geben.

Prof. Lorenz Jarass, Wirtschaftswissenschaftler: "Es gibt ja das Dogma, wir brauchen internationales Finanzkapital. Das muss nach Deutschland kommen, dann werden hier Arbeitsplätze geschaffen. Das genaue Gegenteil ist wahr. Diese so genannten internationalen Spekulanten, die werden durch das deutsche Steuersystem angeregt, in großem Umfang profitable mittelständische Unternehmen in Deutschland aufzukaufen, das gesamte Eigenkapital herauszuziehen, das mit Fremdkapital zu ersetzen und dann werden, statt in Deutschland Gewinne, Schuldzinszahlungen ans Ausland ausgewiesen."

Ob indirekte Subventionen für Porsche, ...

... öffentlich bezahlter Arbeitsplatzexport bei Siemens ...
... oder die subventionierten Finanzjongleure von Celanese - die Abschaffung solcher Steuerschlupflöcher wollen die Unternehmen verhindern.
Prof. Lorenz Jarass, Wirtschaftswissenschaftler: "Der einzige, der in Deutschland noch nennenswert Steuern und Abgaben bezahlt, ist der deutsche Arbeitnehmer mit normalem Einkommen. Er bezahlt Sozialabgaben, er bezahlt Lohnsteuer und er bezahlt erheblich Verbrauchssteuern. Er subventioniert sozusagen den Export seines eigenen Arbeitsplatzes."

Doch darüber wurde beim Gipfeltreffen im Kanzleramt kaum geredet. Die meisten der vielen unsinnigen Subventionen werden wohl bleiben wie sie sind.

So - jetzt noch mein Kommentar, musste gestern schnell weg. Warum geht man hier nicht endlich mal mit Reformen ran? Habe ich es nicht schon öfters gesagt: Die großen Unternehmen haben gar kein Interesse an einer Lichtung des Steuerdschungels! Gerade auf Druck der großen Unternehmen wurden doch derart viele Sonderregelungen ins Steuerrecht aufgenommen - und keine Lobby will, dass gerade Ihre durchgesetzten Sonderregelungen gestrichen werden!

Und zur Subventionierung des eigenen Arbeitsplatzabbaus: Auch hier geht keine politische Partei darauf ein, obwohl es der Hohn für den arbeitenden Menschen schlechthin ist; es ist schlichtweg Wahnwitzig! Und interessant finde ich das Statement von Dr. Jarass, dass der deutsche Arbeitnehmer mit mittlerem Einkommen der einzige ist, der in diesem Land noch nennenswert Steuern zahlt! Warum besinnen wir gemeinsam alle nicht endlich mal auf unsere Macht - und legen das Land mal mit einem Generalstreik eine woche lang lahm? Mal sehen, ob dann Arbeitgeberverbände weiterhin Ihre Ausbeutungsmasche fahren können, wenn sie eine Woche lang kein Geld verdienen!

Und wir müssen uns von Wirtschaft und Politik weiter dazu drängen lassen, den Gürtel noch enger zu schnallen?! So lange an diesen Ecken in unserem Land nicht reformiert wird, kann mir keiner kommen und sagen, der Sozialstaat wäre nicht zu erhalten!!!

Kalmit
22.03.2005, 10:27
kein Kommentar?! :(

sunbeam
22.03.2005, 10:33
kein Kommentar?! :(

Ich habe den Beitrag letzte Woche bei Monitor gesehen und mich gefragt, was in diesem Land noch passieren muß damit man in Berlin endlich aufwacht! Diese Schieflage ist depremierend!

Black Hawk
22.03.2005, 10:36
GAnz schön heftig, das wir die ganze deutsche Wirtschaft durch unsere Steuern subventionieren! X( Man müsste damit aufhören, doch werden dann nicht die Unternehmen erst recht abwandern? ?(

sunbeam
22.03.2005, 10:38
GAnz schön heftig, das wir die ganze deutsche Wirtschaft durch unsere Steuern subventionieren! X( Man müsste damit aufhören, doch werden dann nicht die Unternehmen erst recht abwandern? ?(

Interessant, nicht wahr? Auf der einen Seite wird von der Politik alles erdenklich-mögliche getan um den Unternehmen mehr Freiheiten zu gewähren, auf der anderen Seite sparen die Unternehm noch mehr durch gezielte Standortschließung und Abwanderung ins Ausland!

Black Hawk
22.03.2005, 10:43
Interessant, nicht wahr? Auf der einen Seite wird von der Politik alles erdenklich-mögliche getan um den Unternehmen mehr Freiheiten zu gewähren, auf der anderen Seite sparen die Unternehm noch mehr durch gezielte Standortschließung und Abwanderung ins Ausland!

So hätte ich es mir nicht vorgestellt! Darum will auch kein Unternehmer, dass man diese Löcher schließt, eigentlich sind deise Leute auch "leichte" Vaterlandsverräter!

sunbeam
22.03.2005, 10:50
So hätte ich es mir nicht vorgestellt! Darum will auch kein Unternehmer, dass man diese Löcher schließt, eigentlich sind deise Leute auch "leichte" Vaterlandsverräter!

"Leicht" ist gut......ich denke früher hätte man diese Leute in den Kerker gesteckt oder gleich standrechtlich exekutiert!

Black Hawk
22.03.2005, 10:51
"Leicht" ist gut......ich denke früher hätte man diese Leute in den Kerker gesteckt oder gleich standrechtlich exekutiert!


Naja sie geben ja noch Arbeitsplätze, vor allem Porsche, aber auf der anderen Seite sind sie echte Verräter! X(

Kalmit
22.03.2005, 10:56
Porsche halte ich noch für eine recht arbeitnehmerfreundliche Firma, auch Herr Wiedeking gehört nicht zu den Schwarzmalern des Wirtschaftsstandortes Deutschland! Er kritisierte dies zuletzt sogar heftigst - dass Politik und Unternehmerkollegen in diesem Land nur noch alles schlechtreden. Und somit auch seine Erzeugnisse!

@Leutnant: Der Satz spricht bände: "sie geben ja noch Arbeitsplätze" - gerade weil alles zur Zeit auf das Ziel "Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" fixiert ist, ist die Politik der Wirtschaft momentan so unbeschränkt hörig! Die Wirtschaft sagt: Wir bieten ja die Arbeitsplätze an, also wird gemacht was wir wollen!

Black Hawk
22.03.2005, 11:02
Porsche halte ich noch für eine recht arbeitnehmerfreundliche Firma, auch Herr Wiedeking gehört nicht zu den Schwarzmalern des Wirtschaftsstandortes Deutschland! Er kritisierte dies zuletzt sogar heftigst - dass Politik und Unternehmerkollegen in diesem Land nur noch alles schlechtreden. Und somit auch seine Erzeugnisse!

@Leutnant: Der Satz spricht bände: "sie geben ja noch Arbeitsplätze" - gerade weil alles zur Zeit auf das Ziel "Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" fixiert ist, ist die Politik der Wirtschaft momentan so unbeschränkt hörig! Die Wirtschaft sagt: Wir bieten ja die Arbeitsplätze an, also wird gemacht was wir wollen!


Das meinte ich damit! Porsche ist noch eines der wenigen Unternehmen , dass nur in Deutschland produziert!

Da Argumentire ich ja wie ein Unternehmer! Aber so hat die Reierung die Unternehmer in eine nette Stellung gebrach!

Frey
24.03.2005, 14:14
[QUOTE]
Es profitiert ja nicht die ganze Wirtschaft von den Subventionen!
Der kleine Unternehmer mit seinen paar Angestellten hat - so glaube ich zumindest - nicht gerade die besten möglichkeiten (im Verhältnis zu den großen Konzernen) sich was von den Subventionen abzuzweigen!
Denn das würde eine eigene Steuer/Rechtsabteilung benötigen die der kleine Unternehmer bestimmt nicht bezahlen kann!
Aber mit den großen Konzernen habt Ihr auf jedenfall recht!!

Kalmit
24.03.2005, 14:27
@Frey: Hab ja auch nie was anderes behauptet, ich hab auch überhaupt nix gegen Unternehmertum, war selbst schon davor, mich selbstständig zu machen! ;) Die, die sich einen oder mehrere gute Steuerberater leisten können, nutzen das System gnadenlos aus - dafür wurde es ja auch von den eigenen Lobby's Stück für Stück geschaffen. Kleinere Unternehmer und Firmen haben dagegen kaum eine Chance, weil sie oftmals mehr Steuern abführen, als sie eigentlich müssten - wenn sie alle Schlupflöcher kennen würden! Das fängt im Grunde ja auch schon bei der Lohnsteuererklärung des normalen Arbeitnehmers an - viele erhalten weniger zurück, weil sie sich nicht genau auskennen. Da gehöre ich sicher auch mit dazu!

Deswegen wäre ich für eine Steuerreform; alle steuerlichen Sondersubventionen werden gestrichen - und die Großkonzerne somit real deutlich mehr belastet - und Personengesellschaften und kleine GmbH's dafür im gleichen Maße entlastet. Denn in den letzteren entstehen die meisten Arbeitsplätze! Aller Abwanderungsdrohungen des Großkapitals zum Trotz - die Großen können sich das gar nicht leisten: den größten Binnenmarkt Europas einfach so aufzugeben!

Frey
24.03.2005, 14:49
@Kalmit:Sorry war nicht direkt auf dich bezogen wollte ein Zitat machen hat nicht geklappt :(

Ich sehe das auch so Konzerne "mehr belasten" in dem man alle Subventionen streicht! Dann im Zuge dieser Reform kann man dann die Steuern für alle Unternehmen senken! Das wäre Gleichberechtigung für alle Unternehmer!
Nur wer kann und traut sich das durchzusetzen (mit dem Staatshaushalt)?!

Kalmit
24.03.2005, 19:08
Trauen wird sich von den aktuellen Parteien niemand, weil in allen Parteien Kritik an der Angebotsseite sich inzwischen zu einem regelrechten Dogma entwickelt hat. Wirtschaftsverbände oder Großkonzernen auch nur die leisteste Kritik zuzumuten, ihnen vielleicht sogar (Mit-)Schuld an der wirtschaftlichen Entwicklung zu geben - dann würden die ja Ihre Drohung wahrmachen und nach Polen auswandern... :rolleyes: Zudem werden die Politiker durch tief in der Wirtschaft verwurzelte "Nebentätigkeiten" ja auch gut auf Linie gebracht! Man braucht wie gesagt nur Christiansen anschauen und wie dort Politiker sich fast darum schlagen, wer dem dort sitzenden und jammernden Unternehmer tiefer in den ... kriechen darf!