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Vollständige Version anzeigen : Der Fall Metzler



Torkor
28.07.2003, 21:10
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,259011,00.html

Haltet Ihr das Urteil für angemessen, oder hätte man die Folter berücksichtigen müssen?
War es klug vom Angeklagten zu Beginn des Prozesses ein Geständnis abzulegen?
Wie wäre das Urteil ohne dieses ausgefallen (z.B. bez. Mordnachweis)?

O.v.Bismarck
28.07.2003, 21:13
Habe zwar nichts darüber gelesen, aber irgendwie habe noch was im Hinterkopf:

Hat er den Jungen auch noch vergewaltigt?! X(

O.v.B.

Torkor
28.07.2003, 21:16
Original von O.v.Bismarck
Habe zwar nichts darüber gelesen, aber irgendwie habe noch was im Hinterkopf:

Hat er den Jungen auch noch vergewaltigt?! X(

O.v.B.

Nein! Er hat ihn entführt und ermordet. Er wurde allerdings von Vizepräsidenten der Frankfurter Polizei mit Folter bedroht, so daß seine Geständnisse, welche er bis Prozeßbeginn abgelegt hatte, für ungültig erklärt wurden. Ferner wurde auch dadurch die Leiche des Jungen gefunden. Die Frage ist nun, hätte er geschwiegen, hätte man auch des Mordes überführen können?

O.v.Bismarck
28.07.2003, 21:17
Anscheinend nicht.

Dennoch: Wer sich an Kindern vergreift, muss die härteste Strafe erfahren. Ohne Bewährung! Er sollte auch viele Rechte als deutscher Staatsbürger verlieren.

O.v.B.

Siran
28.07.2003, 21:21
Original von Torkor
Haltet Ihr das Urteil für angemessen, oder hätte man die Folter berücksichtigen müssen?

Was soll die Folter mit dem angemessenen Urteil zu tun? Er hat den Jungen entführt und von Anfang an geplant, ihn umzubringen.
Wenn überhaupt sollte die Androhung von Folter getrennt untersucht werden, aber an der Schwere der Schuld ändert diese meines erachtens gar nicht.


War es klug vom Angeklagten zu Beginn des Prozesses ein Geständnis abzulegen?

Die Schuld des Angeklagten stand fest. Man hatte die Leiche gefunden. Mit einem Geständnis und gezeigter Reue konnte er auf ein milderes Urteil hoffen. Ein Leugnen hätte an dem endgültigem Urteil wenig geändert.


Wie wäre das Urteil ohne dieses ausgefallen (z.B. bez. Mordnachweis)?

Naja, wenn bekannt ist, dass er den Jungen entführt hat und man die Leiche des Jungen gefunden hat, bei der man feststellen kann, dass sie ermordert worden ist, da scheint mir der Mordnachweis nicht mehr wirklich schwierig zu sein.

Torkor
28.07.2003, 21:22
Original von O.v.Bismarck
Anscheinend nicht.

Ich denke auch, daß es aus seiner Sicht das Geständnis nicht besonders klug war. Er ist zudem noch Jurist.

Ich frage mich, ob dieses Urteil nicht auch ein Teillegetimierung der Praxis von Dascher (des besagten Beamten, welcher mit Folter gedroht hat) ist.

Falkenau
28.07.2003, 21:25
Warum regen sich eigentlich alle so sehr wegen der Folter auf? Auch Amnesty International hat sich mal wieder mit einem Verbrecher solidarsisiert und Krokodilstränen geweint, weil man doch den armen Kindermörder so unsanft anrühren wollte. :rolleyes:

Torkor
28.07.2003, 21:31
Original von Falkenau
Warum regen sich eigentlich alle so sehr wegen der Folter auf? Auch Amnesty International hat sich mal wieder mit einem Verbrecher solidarsisiert und Krokodilstränen geweint, weil man doch den armen Kindermörder so unsanft anrühren wollte. :rolleyes:

Das würdest Du spätestens dann verstehen, wenn Du ein Betroffener wärst. Und ob er ein Kindermörder war, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Möchtest Du, das Folter ein legales Instrument wird, mit dem die Polizei Informationen erlangt?

Siran
28.07.2003, 21:34
Original von Torkor
Das würdest Du spätestens dann verstehen, wenn Du ein Betroffener wärst. Und ob er ein Kindermörder war, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Möchtest Du, das Folter ein legales Instrument wird, mit dem die Polizei Informationen erlangt?

Ich möchte jetzt doch noch mal darauf hinweisen, dass die Folter nicht durchgeführt, sondern nur angedroht wurde.

Außerdem kann ich die Polizisten schon irgendwie verstehen.

Stellt euch vor, ihr seid verzweifelt auf der Suche nach einem entführten 11jährigen Kind, von dem ihr mal annehmt, dass es noch lebt. Der Entführer weigert sich allerdings den Aufenthaltsort zu nennen und ihr müsst damit rechnen, dass der Junge, falls man ihn nicht bald findet, verhungert, verdurstet oder sonst wie elendig verreckt. Was würdet ihr denn tun?

Banned
28.07.2003, 21:38
Die Strafe find ich in Ordnung!

Die Folter wurde ja nur angedroht, nicht durchgeführt. Aber hätte er nichts gesagt, als die Folter nur angedroht wurde, hätte er vielleicht auch nichts gesagt, wenn er gefoltert worden wäre.

Ich wüsste nicht, wie ich reagiert hätte, wenn die Folter durchgezogen worden wäre. Dann müsste man sich auch evtl. als "Nichtschuldiger" in Zukunft vor Folter fürchten.

Torkor
28.07.2003, 21:39
Original von Siran

Original von Torkor
Das würdest Du spätestens dann verstehen, wenn Du ein Betroffener wärst. Und ob er ein Kindermörder war, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Möchtest Du, das Folter ein legales Instrument wird, mit dem die Polizei Informationen erlangt?

Ich möchte jetzt doch noch mal darauf hinweisen, dass die Folter nicht durchgeführt, sondern nur angedroht wurde.
Nach dem UN-Folterverbot ist das das gleiche.


Außerdem kann ich die Polizisten schon irgendwie verstehen.

Stellt euch vor, ihr seid verzweifelt auf der Suche nach einem entführten 11jährigen Kind, von dem ihr mal annehmt, dass es noch lebt. Der Entführer weigert sich allerdings den Aufenthaltsort zu nennen und ihr müsst damit rechnen, dass der Junge, falls man ihn nicht bald findet, verhungert, verdurstet oder sonst wie elendig verreckt. Was würdet ihr denn tun?
Und wo ziehst Du die Grenze? Bei welchen Delikten würdest Du es erlauben? Welche Mittel würdest Du erlauben?

Siran
28.07.2003, 21:43
Original von Torkor
Nach dem UN-Folterverbot ist das das gleiche.

Mag schon sein, aber für mich ist es doch ein Unterschied, ob jemand irgendwas angedroht bekommt oder ob es tatsächlich durchgeführt wird, macht für mich schon einen Unterschied.


Und wo ziehst Du die Grenze? Bei welchen Delikten würdest Du es erlauben? Welche Mittel würdest Du erlauben?

Ich habe ja nicht behaupten, dass ich die Folter gut oder richtig finde. Ich sagte nur, dass ich die Polizisten und deren Hilflosigkeit gut verstehen kann.

Ganz ehrlich, was würdest du denn tuen in so einem Fall? Und wie würdest du damit umgehen, wenn du nichts getan hast und hinterher feststellst, dass man den Jungen noch hätte retten können?

Thomas I
28.07.2003, 22:02
Das Urteil ist berechtigt und angemessen - auch mit der Feststelllung der besonderen Schwere der Schuld.


Allerdings: Es ist sehr fraglich ob das Gericht klug beraten war die besondere Schwere der Schuld festzustellen - ein Gang des Verurteilten zum BVerfG hat man damit ja geradezu provoziert - und das wiederum könnte nicht nur das Ende für die 20 Jahre sein sondern sogar das Ende für 15 Jahre.


Denn wenn das BVerfG mit dem Vorliegen der Folterandrohung auf ein absolutes Verfahrenshindernis erkennen würde - und dafür spricht Einiges - dann wäre Gäfgen ein freier Mann...

Torkor
28.07.2003, 22:02
Original von Siran
Mag schon sein, aber für mich ist es doch ein Unterschied, ob jemand irgendwas angedroht bekommt oder ob es tatsächlich durchgeführt wird, macht für mich schon einen Unterschied.
Sicherlich ist da ein Unterschied. Nur das ganze hat schon seinen Sinn, man möchte halt vermeiden, daß sich die Staatsorgane (ob nun durch praktizierte Folter oder nur durch das Inumlaufbringen solcher Gerüchte) alleine mit der Drohung die Möglichkeit verschaffen, Informationen und Geständnisse zu verschaffen. Dann könnten wir nämlich bald den ganzen Rechtsstaat beerdigen.


Ich habe ja nicht behaupten, dass ich die Folter gut oder richtig finde. Ich sagte nur, dass ich die Polizisten und deren Hilflosigkeit gut verstehen kann.
Nachvollziehen kann ich das auch, nur nicht gutheißen.


Ganz ehrlich, was würdest du denn tuen in so einem Fall? Und wie würdest du damit umgehen, wenn du nichts getan hast und hinterher feststellst, dass man den Jungen noch hätte retten können?
Es mag hart klingen, aber für mich zählt das Folterverbot höher. Das eine ist ein Einzelfall, das andere könnte einer regelmäßigen Anwendung Vorschub leisten mit mehr als üblen Konsequenzen.

Außerdem bleibt immer noch das Problem der Abgrenzung.

Torkor
28.07.2003, 22:04
Original von Thomas I
Denn wenn das BVerfG mit dem Vorliegen der Folterandrohung auf ein absolutes Verfahrenshindernis erkennen würde - und dafür spricht Einiges - dann wäre Gäfgen ein freier Mann...
Könntest Du die verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte näher erläutern?

O.v.Bismarck
28.07.2003, 22:06
Original von Thomas I
Das Urteil ist berechtigt und angemessen - auch mit der Feststelllung der besonderen Schwere der Schuld.


Allerdings: Es ist sehr fraglich ob das Gericht klug beraten war die besondere Schwere der Schuld festzustellen - ein Gang des Verurteilten zum BVerfG hat man damit ja geradezu provoziert - und das wiederum könnte nicht nur das Ende für die 20 Jahre sein sondern sogar das Ende für 15 Jahre.


Denn wenn das BVerfG mit dem Vorliegen der Folterandrohung auf ein absolutes Verfahrenshindernis erkennen würde - und dafür spricht Einiges - dann wäre Gäfgen ein freier Mann...


Ah! Guten Abend Thomas I.! Schön, von dir zu hören. :):wink:

O.v.B.

Thomas I
28.07.2003, 22:22
Nun ja - ³ 136 II StPO sagt ganz klar das "Aussagen die unter Verletzung dieses Verbotes zustande gekommen sind" nicht verwertet werden dürfen auch dann wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

Nach der bisherigen h.M. kann ein solcher Fehler auch durch eine erneute Aussage nicht geheilt werden.

D.h. alle Informationen und in der erzwungenen Aussage genannten Fakten dürfen dann im Verfahren NICHT mehr verwendet werden.

Torkor
28.07.2003, 22:25
Original von Thomas I
Nun ja - ³ 136 II StPO sagt ganz klar das "Aussagen die unter Verletzung dieses Verbotes zustande gekommen sind" nicht verwertet werden dürfen auch dann wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

Nach der bisherigen h.M. kann ein solcher Fehler auch durch eine erneute Aussage nicht geheilt werden.

D.h. alle Informationen und in der erzwungenen Aussage genannten Fakten dürfen dann im Verfahren NICHT mehr verwendet werden.

Das wurden sie auch nicht! G. hat ja zu Beginn des Prozeß nach ausführlicher Belehrung durch den Richter (s. Link im Ausgangspost) ein weiteres Geständnis abgelegt.
Besonders klug war das aber wohl nicht.

Thomas I
28.07.2003, 22:28
Original von Torkor

Original von Thomas I
Nun ja - ³ 136 II StPO sagt ganz klar das "Aussagen die unter Verletzung dieses Verbotes zustande gekommen sind" nicht verwertet werden dürfen auch dann wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

Nach der bisherigen h.M. kann ein solcher Fehler auch durch eine erneute Aussage nicht geheilt werden.

D.h. alle Informationen und in der erzwungenen Aussage genannten Fakten dürfen dann im Verfahren NICHT mehr verwendet werden.

Das wurden sie auch nicht! G. hat ja zu Beginn des Prozeß nach ausführlicher Belehrung durch den Richter (s. Link im Ausgangspost) ein weiteres Geständnis abgelegt.
Besonders klug war das aber wohl nicht.

Wurden sie doch: Dinge die in einer erzwungenen Aussage vorkommen dürfen nach bisher h.M. auch dann nicht verwendet werden wenn der Beklagte danach in 1000 einwandfreien Geständnissen sie wiederholt.

Torkor
29.07.2003, 00:05
Original von Thomas I
Wurden sie doch: Dinge die in einer erzwungenen Aussage vorkommen dürfen nach bisher h.M. auch dann nicht verwendet werden wenn der Beklagte danach in 1000 einwandfreien Geständnissen sie wiederholt.
Interessant, dann frage ich mich allerdins, wieso das Geständnis bzw. auch das Maß des Bedauerns, welches in diesem zum Ausdruck kam (oder kommen sollte), so eine große Bedeutung im Prozeß hatte.
Interessant ist dann auch die Verurteilung wegen Mordes, denn dann kann man auch nicht die Leiche "verwenden".

kettnhnd
29.07.2003, 09:39
Original von Siran

Original von Torkor
Das würdest Du spätestens dann verstehen, wenn Du ein Betroffener wärst. Und ob er ein Kindermörder war, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Möchtest Du, das Folter ein legales Instrument wird, mit dem die Polizei Informationen erlangt?

Ich möchte jetzt doch noch mal darauf hinweisen, dass die Folter nicht durchgeführt, sondern nur angedroht wurde.

Außerdem kann ich die Polizisten schon irgendwie verstehen.

Stellt euch vor, ihr seid verzweifelt auf der Suche nach einem entführten 11jährigen Kind, von dem ihr mal annehmt, dass es noch lebt. Der Entführer weigert sich allerdings den Aufenthaltsort zu nennen und ihr müsst damit rechnen, dass der Junge, falls man ihn nicht bald findet, verhungert, verdurstet oder sonst wie elendig verreckt. Was würdet ihr denn tun?


in dieser lächerlichen republik wird man doch schon der folter bezichtigt, wenn man als polizist einen verdächtigen mit wattebäuschchen bewirft...
das wird dann noch von einem linken anwalt entsprechend ausgeschlachtet...ein linker spät-68er psychologe bescheinigt dem täter dann noch verminderte schuldfähigkeit...

...mit dem resultat, dass der schuldige dann nach kürzester zeit wieder auf freiem fuss ist und weiterhin sein unheil treiben kann.

aphaean
29.07.2003, 11:44
Die erste Frage, die sich mir stellt, ist die Androhung von Folter bereits als eine Art Folter zu betrachten? Folter geschieht nicht nur auf rein physischer Ebene, sondern hat auch eine starke psychologische Komponente.

Auch wenn wir diese Frage ignorieren... befindet sich die Polizei noch einmal in einer ähnlichen Situation, steht ihr die Möglichkeit des "Drohens" nicht mehr offen... sie ist jetzt unglaubwürdig. Hoffen wir einfach, daß sich durch diese Tatsache kein Wachtmeister genötigt fühlt die eiserne Jungfrau oder die Streckbank auszupacken. Denn damit würde a) das Schweigerecht des Angeklagten und b) die Beweispflicht des Klägers flöten gehen.

Bald heißt es nicht nur mehr "Big Brother is watching you" und "der gläserne Mensch" - sondern "Big Brother is breaking my Fingerknochen einzeln and slamming my head against the Wand bis I talk" und "der gebrochene Mensch".

kettnhnd
29.07.2003, 11:49
Original von aphaean
.... sondern "Big Brother is breaking my Fingerknochen einzeln and slamming my head against the Wand bis I talk"...

LOL


wäre ich der "big brother", hätt' ich kein problem damit. ;)

-

aphaean
29.07.2003, 11:57
Tja... dann fürchte dich vor unserem ganz grossen Bruder: den USA, die sich dem Ideal verschrieben haben Frieden, Gleichheit, Demokratie und Freiheit auf dieser Erde zu schaffen.... ;)

ciao
anna

kettnhnd
29.07.2003, 12:30
Original von aphaean
Tja... dann fürchte dich vor unserem ganz grossen Bruder: den USA, die sich dem Ideal verschrieben haben Frieden, Gleichheit, Demokratie und Freiheit auf dieser Erde zu schaffen.... ;)

ciao
anna

man kann die amis kritisieren wie man will ... (bieten einem ja genug möglichkeiten dazu ;) )

aber sie haben ein ausgesprochen pragmatisches "der zweck heiligt die mittel"-denken...
das sollte man sich durchaus in vielerlei hinsicht zum vorbild nehmen.

im gegensatz dazu mag ich die opportunen klugschwätzer ganz besonders, die amerika kritisieren, aber ohne mit der wimper zu zucken den "american-way-of-live" leben und gleich ins nächste mcdoof laufen ... ;)

aphaean
29.07.2003, 13:21
nicht "der zweck heiligt die mittel" - sondern: "wir verwenden jedes mittel um uns scheinheilig unseren zwecken zu nähern".... :D

adios amigos

anna

John Donne
17.08.2003, 02:39
Der Fall Metzler ist sehr schwierig.
In menschlicher, rechtsphilosophischer und juritischer Sicht.

Folter ist eine schlimme Sache. Ich persönlich - man mag mich mangelnden Demokratie- und Menschenrechtsverständnisses bezichtigen - bin nicht sonderlich dogmatisch veranlagt. Ich glaube also daran - und ich halte dies für Optimismus ! - daß Recht und Gerechtigkeit möglichst deckungsgleich sein sollten und daß dazu Konsequenz kein Wert an sich ist. Ich bin also der Ansicht, daß es verantwortungsvoller Richter bedarf und diese sich auch finden ließen, die nicht nur rechtsgemäß, sondern auch gerecht urteilten. (Daß mag nach Willkür klingen, aber Konsenquenz ist wie erwähnt m.E. kein Wert an sich; letztlich besteht das juristische Grundübel m.E. darin, daß Konsequenz in einem menschlichen Bereich - und Menschen sind widerspruchsvoll(!) - als Wert an sich postuliert wird.)

Um es vorwegzunehmen, ich halte das Urteil für angemessen. Unter anderem deshalb, weil es in der Aussage, die unter Folter bzw. Folterandrohung (rechtlich in der Tat dasselbe) n i c h t um eine Schuldeingenständnis, sondern um ein Verraten des Aufenhaltsortes der Geisel ging (Daß Jakob von Metzler zu diesem Zeitpunkt schon tot war, konnte niemand wissen).

Eine der Grundlügen - traurigerweise - ist, Artikel I,1 des GG: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" (jeder Urologe wird gern das Gegenteil bestätigen - "Die Würde des Menschen ist tastbar!"). Da es keine Drittbindung des GG gibt (d.h. das GG bindet lediglich die öffenlliche Hand (bis auf wenige Monopolausnahmen)) gibt, ist die Würde des Opfers - zumal bei entsprechender krimineller Energie - durchaus antastbar. (Erhellend für mich war u.a. eine Nachtschicht während meines Zivildienstes, in der in mich mit einer vergewaltigten Frau unterhielt, die gerade von der Gynäkologie nach der "Spurensicherung" nach Hause geschickt worden war, jedoch Angst hatte, dorthin zu gehen, da sie fürchtete, ihr Mann würde sich vielleicht wegen der Vergewaltigung vor ihr ekeln. Allein diese Frau nach Hause zu schicken anstatt der Obhut eine Psychologen anzuvertrauen, während der Täter - falls er überhaupt geschnappt wird - selbigen für ein Gutachten bezüglich Schuldunfähigkeit sicherlich auf Staatskosten wird in Anspruch nehmen dürfen - ist m.E. schweres Unrecht und eine ebenso schwere Folter wie die, die dem Angeklagten Gäfgen im Fall Metzler angedroht wurde.)

Leider war sein (d.h. das des Täters) Geständnis - bzw. die Wiederholung desselben vor Gericht - vermutlich eher dumm. Prozeßtechnisch gesehen. Menschlich ist Einsicht der erste Schritt zur Besserung.

Grüße
John

frederics
19.08.2003, 11:40
Hallo,

bin zwar recht spät hier im Thread dazugekommen aber ich möchte auch mal meine Meinung schreiben.

Ich denke das Urteil vom OLG Frankfurt hat nicht viel gebracht, der Rechtsanwalt von Metzler hat ja gedroht vor das Bundesverfassungsgericht zu gehen, das wird er auch machen (wenn er es nicht schon gemacht hat :?). Das wird wahrscheinlich seine drei Jahre dauern bis dort ein urteil gefallen WIRD, solange muss Metzler halt ins Gefängniss, das ist ja auch okay. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird (denke ich) dem Rechtsanwalt recht geben und das OLG Frankfurt muss ich damit nochmals beschäftigen.

Ich denke die "Folter" hätte man berücksichtigen MÜSSEN, aber dass das OLG Frankfurt so entschied war ja abzusehen (wenn man ein Familienmitglied einer bekannten Hessischen Familie umbringt).

So das war meine Meinung... bzw. das was ich denke.

Siran
19.08.2003, 12:06
@Frederics

Eigentlich denke ich das nicht. Natürlich sollte die Androhung der Folter in Bezug auf diesen Fall bei der Polizeidienststelle untersucht werden und überprüft werden, ob die Leute da zu bestrafen sind. An der Tat des Angeklagten selbst ändert diese Folterdrohung aber nichts. Denn hat er durch die Folter vielleicht die Tat weniger kaltblütig geplant? Hat er den Tod des Jungen dadurch nicht von vorne herein einkalkuliert? Nein, auch mit Folterandrohung, der Angeklagte hat seine Strafe voll und ganz verdient.

frederics
19.08.2003, 13:05
Original von Siran
@Frederics

Eigentlich denke ich das nicht. Natürlich sollte die Androhung der Folter in Bezug auf diesen Fall bei der Polizeidienststelle untersucht werden und überprüft werden, ob die Leute da zu bestrafen sind. An der Tat des Angeklagten selbst ändert diese Folterdrohung aber nichts. Denn hat er durch die Folter vielleicht die Tat weniger kaltblütig geplant? Hat er den Tod des Jungen dadurch nicht von vorne herein einkalkuliert? Nein, auch mit Folterandrohung, der Angeklagte hat seine Strafe voll und ganz verdient.
ja natürlich, du hast in eigentlichen allen Punkten recht. Die Schuld hat er trotzdem, aber laut gesetzt ist das eine falsche Tat gewesen von der Polizei in Frankfurt/Main. Und der Rechtsanwalt "nutzt" das natürlich gnadenlos aus.