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Eisbrecher
03.05.2005, 02:51
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Warum Konsum nicht reich machen kann

Im folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob Konsum eine Gesellschaft reicher machen kann. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir uns nicht gleich in medias res stürzen, sondern uns Schritt für Schritt dieser Fragestellung annähern. Hiezu werden wir zunächst den Produktionsprozeß in einer nicht-monetären, d.h. "Robinson Crusoe"-Ökonomie betrachten, im zweiten Schritt das Modell um Geld und damit um die Möglichkeit der Cashhaltung oder Geldhortung erweitern, um mit dem in den ersten beiden Schritten erarbeiteten theoretischen Werkzeugen die Keynesianische Stagnations- bzw. Underconsumption-Theorie zu analysieren.

Als ersten Schritt diskutieren wir im Folgenden das Phänomen der Zeitpräferenzrate. Anhand der Analyse des Verhaltens einer alleinlebenden Person, Robinson Crusoe, soll diese verdeutlicht werden. Robinson Crusoe konsumiert jeden Tag 20 Äpfel, für deren Produktion, d.h. Pflücken, er den gesamten Arbeitstag verwenden muß. Aufgrund seiner unendlich hohen Zeitpräferenzrate vermag er es nicht, Ersparnisse aufzubauen, d.h. er verspeist jeden Tag alle 20 Äpfel. Mit der Zeitpräferenzrate beschreiben wir das universelle Phänomen, daß Menschen den Konsum eines heutigen Gutes dem Konsum ein und desselben Gutes zu einem späteren Zeitpunkt vorziehen. Je höher die Zeitpräferenzrate, desto mehr Wert wird heutigem Konsum beigemessen. Anders formuliert, je höher die Zeitpräferenzrate, desto reichlicher muß die Kompensation für den Verzicht auf heutigen Konsum ausfallen. Neben der Extremvariante einer unendlichen hohen Zeitpräferenzrate, die den sofortigen Verzehr aller Güter impliziert, betrachten wir der Vollständigkeit halber auch das Extrem am anderen Ende des Spektrums. Eine Zeitpräferenzrate von 0 würde bedeuten, daß aller Konsum auf morgen aufgeschoben würde. Robinson Crusoe würde keinen einzigen Apfel zu sich nehmen. Allein aus biologischen Überlegungen kann dieser Fall auf der Erde niemals auftreten, weswegen das Phänomen der Zeitpräferenzrate universell gültig sein muß.

Es ist klar ersichtlich, daß Robinson Crusoe ohne Veränderung seines Konsumverhaltens seine materielle Position nicht verbessern kann, da er den gesamten Tag arbeiten muß, um den, seinen Konsumwünschen entsprechenden, Arbeitsaufwand unterbringen zu können. In dem Augenblick jedoch, in dem er sein Konsumniveau hinunterschraubt, also zu sparen beginnt, setzt der Aufbau eines Kapitalstocks ein. Nehmen wir an, daß RC anstatt 20 Äpfel nur mehr 19 verspeist und 1 aufbewahrt (wir nehmen der Einfachheit halber weiters an, daß die Äpfel nicht verderben). Eine derartige Veränderung des Konsumverhaltens spiegelt eine Veränderung der Zeitpräferenzrate wieder, denn heutiger Konsum wurde relativ zu morgigem unwichtiger.

Der Vorgang des Konsumverzichts von 1 Apfel wiederholt sich insgesamt 19 Mal. Am Ende dieses Zeitraums hat er eine Tagesration an Äpfeln aufgespart. Diese kann er am 20. Tag entweder verkonsumieren, d.h. Freizeit genießen, oder er investiert diesen Tag in die Erforschung alternativer Arbeitsmethoden. Wählt er den Konsum, so findet er sich am darauffolgenden Tag wieder in der oben beschriebenen Anfangssituation wieder; keine Ersparnisse und eine Produktivität von 20 Äpfel pro Tag. Nützt er den Tag aber in zweiterer Weise, so erlaubt ihm die Produktion des Kapitalgutes "Erntebehelf Stock" die Ausweitung seiner täglichen Produktion von 20 auf 30 Stück. An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen, daß Apfel (und Freizeit) und "Stock" zwei verschiedene Arten von Gütern sind. Ersterer dient der direkten Befriedigung eines Konsumbedürfnisses und wird daher Konsumgut oder Gut 1. Ordnung genannt, während zweiteres Gut nicht der direkten Befriedigung dient und daher Gut höherer Ordnung, im konkreten Fall 2. Ordnung, oder Kapitalgut genannt wird. Ersteres ist der Zweck/das Ziel des Produktionsprozeß, letzteres das Mittel zum Zweck.

Aus dieser Mittel-Zweck Relation kann klar abgeleitet werden, daß der Verzicht auf heutigen Konsum RC nicht schlechter gestellt hat. Die ursprüngliche Drosselung des Konsums von 20 auf 19 Äpfel hatte von Anfang an allein den Zweck die zukünftige Produktion auszuweiten (oder 1 Tag Freizeit zu genießen). Ansonsten hätte RC nie begonnen zu sparen. Wozu sollte er auch sonst die Mühe des Konsumverzichts auf sich nehmen? In unserem Beispiel führt der Verzicht auf 1 Apfel in der 1. Periode dazu, daß er in der 2. 10 Äpfel mehr genießen kann. Eine vergleichsweise höhere Zeitpräferenzrate würde bedeuten, daß RC eine Produktionsausweitung von mehr als 10 Äpfeln erwarten müßte, um auf den Konsum von 1 heutigen Apfel zu verzichten. Wäre seine Zeitpräferenzrate niedriger, dann hätte schon eine erwartete Steigerung von weniger als 10 Äpfeln gereicht.

Im nächsten Schritt werden wir die Analyse insofern erweitern, als daß wir den Effekt der Abnützung des Kapitalguts - Abschreibung - miteinbeziehen, nachdem wir die Situation ohne Abschreibung kurz abhandeln. In Abwesenheit von Abschreibung führt eine konstante Zeitpräferenzrate zu einer ständigen Ausweitung der Produktion und damit des Konsums. In den Zahlen unseres konkreten Beispiels weitet RC seinen Konsum auf 28,5 Äpfel/Tag aus und spart 1,5 Äpfel/Tag, was einer konstanten Sparquote von 5% entspricht. Nach 19 Tagen hat er wiederum genug angespart, um einen ganzen Tag in Forschung und Entwicklung zu investieren. Mittels seines neuen Kapitalguts "Leiter" und seines alten "Stockes" kann er die Produktion in der nächsten Periode weiter erhöhen, z.B. auf 38 Stück. Die wohlstandsmehrende Spirale setzt sich derart immer weiter fort. Als gewichtige Bremse in diesem Prozeß, die bisher ausgeblendet blieb, fungiert jedoch der allgegenwärtige Verschleiß der Kapitalgüter. Die Erweiterung unseres Modells um diesen Faktor wird dazu führen, daß, um das höhere Konsumniveau beibehalten zu können, die Beibehaltung der Sparquote unumgänglich wird.

Jedes Kapitalgut nutzt sich beim Gebrauch ab und verliert dadurch an Grenzproduktivität. In unserem Fall nehmen wir an, daß der "Stock" nach genau 19 Tagen vollkommen überholt werden muß, damit RC in der nächsten Periode von 19 Tagen weiterhin seine 30 Äpfel ernten kann. Führt er die nötigen Reparaturarbeiten nicht durch, dann kann er ab dem 20. Tag den "Stock" nicht mehr verwenden, was ihn wieder auf sein altes Niveau von 20 Äpfel/Tag zurückwirft. Verzichtet RC also nach Erstellung des "Stocks" auf das Sparen, weil er 30 Äpfel anstatt 28,5 konsumieren möchte, dann konsumiert er im wahrsten Sinne des Wortes seinen Kapitalstock. Wenn nun nach 19 Tagen der "Stock" nicht mehr einsatzfähig ist, fehlen RC die notwendigen Ersparnisse, um 1 Tag Arbeit in die Wiederherstellung des "Stocks" zu investieren.

Wie wirkt sich nun die die Erhöhung der Produktionsmenge auf die RCs Zeitpräferenzrate aus? Um diese Frage klären zu können, müssen wir in unserer Analyse zum Beginn der 2. Periode zurückkehren, also an den Tag, an dem RC zum ersten Mal 30 statt 20 Äpfel produzieren kann. Das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens lehrt uns, daß der zusätzliche Nutzen einer jeden Einheit desselben Gutes immer niedriger ist als der der vorletzten Einheit. Daraus folgt unmittelbar, daß die Zeitpräferenzrate aufgrund des gesunkenen Grenznutzens des heutigen Konsums sinkt und, da die Sparquote die Inverse der Zeitpräferenzrate ist, die Sparquote steigt. Auf unser Beispiel umgelegt führt die Ausweitung der Produktion auf 30 Äpfel dazu, daß RCs Sparquote auf 10% steigt. Er konsumiert 27 Äpfel und spart jeden Tag 3; trotz Erhöhung der Sparquote steigt der Konsum kräftig an. Die erhöhte Sparquote reduziert logischerweise die für den Aufbau einer Tagesration Äpfel notwendige Zeitspanne. Nach 9 Tagen (beim alten Konsumniveau von 19 Äpfeln nach etwas mehr als 2 Tagen) hat RC schon genug angespart, um einen Tag anderwärtig als mit Produktion zu verbringen. Diesen Tag kann er z.B. zur Hälfte nutzen, um den "Stock" auf Vordermann zu bringen und zur Hälfte, um ihn weiterzuentwickeln und damit die Produktion noch weiter auszuweiten. Erhöhter Wohlstand kann sich auch dadurch ausdrücken, daß sich das Innovationstempo bei gleichbleibendem Konsumniveau immer stärker beschleunigt.

Zusammenfassend läßt sich daher folgendes sagen: Erstens, der Sinn und Zweck heutigen Konsumverzichts, sprich Sparen, liegt einzig und allein in dem Verlangen, morgen mehr konsumieren zu können. Zweitens, im Gegensatz zu Konsumgütern, dienen Kapitalgüter nur als Mittel zum Zweck der Produktionserhöhung. Ersparnisse werden nicht nur zur Herstellung eines Kapitalgutes benötigt, sondern auch, um die durch die Abnützung verursachte gesunkene Grenzproduktivität des Kapitalsgutes auszugleichen. Daher führt drittens jedes Absinken der Sparquote kurzfristig zu einer Erhöhung, langfristig jedoch zu einer Reduktion des Konsums, da die Kapitalgüter verzehrt werden. Und viertens signalisiert steigender Konsum höheren Wohlstand, liegt diesem aber nicht ursächlich zugrunde.

Als nächsten Schritt führen wir Geld ein, womit wir den analytischen Rahmen der RC-Ökonomie verlassen und uns den realen Verhältnissen einer Marktwirtschaft weiter annähern. Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel zeichnet sich im Unterschied zu allen anderen Gütern dahingehend aus, daß es seinen Wert aus der Möglichkeit erhält, für alle anderen Güter eingetauscht werden zu können. Steigt die Kaufkraft jeder Einheit Geld, dann sinken alle Güterpreise und das Realeinkommen steigt. Im umgekehrten Fall, vulgo Inflation, sinkt die Kaufkraft jeder Einheit Geld und alle Güter werden - in Geldpreisen ausgedrückt - teurer.

In der Abwesenheit von Geld, kann RC sein Einkommen entweder konsumieren oder sparen, eine dritte Möglichkeit existiert nicht. Wie wir schon gesehen haben, bezeichnet der Ausdruck Zeitpräferenz das relative Verhältnis von Konsum und Sparen. Die Zeitpräferenzrate als "Preis" für den Konsumverzicht signalisiert - wie jeder andere Preis in einer Wirtschaft - den Unternehmern, wie knapp ein bestimmtes Gut relativ zu den Wünschen der Gesellschaft, in diesem Fall des Guts "Kapital", ist. Eine hohe gesellschaftliche Zeitpräferenzrate und damit ein hoher Zins impliziert eine umfassende Knappheit von Kapital und zwingt daher die Unternehmer das knappe Gut in genau diejenigen Produktionslinien zu investieren, die eine hohe Rendite versprechen. Diese kann nur dann realisiert werden, wenn in Zukunft die Konsumenten bereit sind für dieses Gut dementsprechend hohe Preise zu zahlen, weil sie dem Erwerb dieses Gutes einen sehr hohen Wert beimessen. Jede Investition, die am Konsumenten vorbei getätigt wird, vernichtet daher Kapital. Mutatis mutandis signalisiert eine niedrige Zeitpräferenzrate, daß den Individuen heutiger Konsum im Vergleich zu morgigem relativ unwichtig ist, wodurch wesentlich mehr Investitionen getätigt werden können. Zugleich heißt die Gesellschaft längere Produktionsprozesse willkommen. Die dadurch ermöglichte stärkere Arbeitsteilung erhöht die Produktivität und damit den Wohlstand noch zusätzlich. Im Gegensatz zu RC, muß jede Person in einer Geldwirtschaft noch eine dritte Entscheidung treffen, die von gänzlich anderer Natur ist: wie viel Geld gehalten werden soll. Diese Handlung wird häufig despektierlich als "Horten", neutraler als Geld-, Kassen- oder Cashhaltung bezeichnet.

Bevor auf die Auswirkungen des "Hortens" näher eingegangen wird, sei an dieser Stelle noch ein kurzer Exkurs zu der Frage erlaubt, warum Geld überhaupt existiert. Die Begründung ist in dem Umstand zu finden, daß Unsicherheit über zukünftige Ereignisse universell ist. Würde diese Unsicherheit wegfallen, d.h. jeder wüßte zu jedem Zeitpunkt ganz genau, wann er welche Quantität eines Produkts benötigt, dann müßte auch kein Geld gehalten werden. Das Phänomen des Zinses bzw. der Zeitpräferenz existiert in so einer Situation dennoch, wie das oben angeführte Beispiel (RC) ausführt. Daher ist Zins kein monetäres, sondern ein reales Phänomen und damit davon unabhängig, ob eine Wirtschaftsordnung kapitalistisch ist oder nicht.

Das folgende numerische Beispiel wird zeigen, daß die durch die subjektive Einschätzung der Markteilnehmer begründete Veränderung der Geldmenge weder negative Auswirkungen auf die Kapitalausstattung einer Volkswirtschaft hat, noch die Realeinkommen nach unten drückt. In einer freien Marktwirtschaft ist jeder Geldstock für eine Volkswirtschaft optimal. Das liegt daran, daß eine Verdopplung der Geldmenge das allgemeine Preisniveau verdoppelt, bzw. die Kaufkraft einer Geldeinheit halbiert. Dieses hypothetische Beispiel gleicht Friedmanns Helikopter und gilt nur bei diskreter Anwendung. Ähnlich argumentiert David Hume, der in seinem Beispiel "über Nacht" die Geldmenge verdoppeln ließ. Bei stetigem Verlauf, und das ist der der Realität entsprechende Prozeß, führt die Veränderung der zirkulierenden Geldmenge zu einer Veränderung der relativen Einkommen. Daher ist Geld, wie Mises zeigte, immer nicht-neutral. (Ein qualitativer Unterschied besteht jedoch zwischen einer marktwirtschaftlichen Veränderung der zirkulierenden Geldmenge, die die subjektiven Präferenzen aller Marktteilnehmer widerspiegelt und der Manipulation der Geldmenge durch die Zentralbank und/oder das fractional-reserve banking. Dieser Aspekt wird jedoch hier nicht näher behandelt.) Als Umkehrschluß folgt logisch, daß eine Halbierung der Geldmenge den Wohlstand nicht halbiert. Für den Wohlstand einer Gesellschaft ist allein die produzierte Gütermenge entscheidend, die, wie wir schon erörtert haben, von der Sparneigung einer Gesellschaft abhängt und nicht von der Anzahl der Nullen auf den Geldscheinen.

Ein Beispiel soll diesen Sachverhalt näher erläutern. Nehmen wir an, in einer Gesellschaft wird folgendes Verhalten beobachtet.

Y (Einkommen)= 100 Goldstücke
C (Konsum) = 80 GS
S (Sparen) = 20 GS (=Investition)

→ C/S=4; S/Y (Sparquote)=20%

Jetzt werden 20 von diesen 100 GS gehortet, d.h. weder ausgegeben, noch direkt investiert, sondern einfach als Geld gehalten. Daraus folgt, daß die zirkulierende Geldmenge auf 80 GS sinkt. Da aber die zur Verfügung stehende Gütermenge nicht sinkt, sinken nur die Preise eben dieser, oder in anderen Worten, die Kaufkraft jeder noch in Zirkulation befindlichen Geldeinheit (Purchasing Power of Money, PPM) steigt. Dies gilt für alle Preise in einer Volkswirtschaft, damit auch für die Löhne, und das volkswirtschaftliche Realeinkommen bleibt gleich. Nominell ist es natürlich um 20% gesunken, aber das hat keine Auswirkungen auf den Wohlstand. Auch wird das Verhältnis Konsum/Sparen durch eine Veränderung der Geldmenge nicht notwendigerweise berührt, da dieser Quotient allein von der Zeitpräferenz abhängt:

Da

Y = 80 (nominell, real bleibt es bei 100)
C = 64 (= real 80)
S = 16 (= real 20),

bleibt das Verhältnis C/S und S/Y konstant, weswegen es zu keiner "Deflationsspirale" kommt. Die Kapitalstruktur der Wirtschaft und damit die Produktionskapazitäten können ohne Probleme aufrechterhalten werden. Sollte das gehortete Geld nicht zu gleichen Teilen von C und S "abgezogen" werden, dann ändert dies die Zeitpräferenz der Person (bzw. Gesellschaft). Wird das ehemals gehortete Geld ohne Veränderung der Zeitpräferenzrate wieder dem Geldkreislauf zugeführt, dann führt dies nur zu einem Anstieg der Preise, d.h. zu einer Reduktion der Kaufkraft des Geldes.

Der Geldhorter wird daher zu Unrecht als Verursacher einer Wachstumsschwäche angesehen, ganz im Gegenteil, denn die von ihm verursachte Reduktion der umlaufenden Geldmenge erhöht die Kaufkraft all derjenigen, die nicht horten wollen. Daher ist es für alle anderen Marktteilnehmer vollkommen irrelevant, warum eine Person hortet. Wie jedes andere auf menschlichen Präferenzen beruhende Phänomen, verbleibt auch die Liquiditätspräferenz niemals konstant. Dennoch kann die Ursache für Veränderungen eindeutig benannt werden: Steigende Unsicherheit erhöht die Geldhaltung, während nachlassende Unsicherheit die Geldhaltung sinken läßt. Im Extremfall gänzlich abwesender Unsicherheit, ein Zustand, der wie schon oben erwähnt niemals auftreten kann, würde Geld vollkommen verschwinden. (Daher kommt Geld in neo-klassischen Gleichgewichtsmodellen nicht vor, was deren Irrelevanz für die Analyse menschlicher Handlungen aufs Neue bestätigt!)

Im Gegensatz zum Sparer, der - wie der Horter - von der, durch die Ausweitung der Produktion ständig steigenden Kaufkraft des Geldes profitiert, lukriert der Horter nur diese Kaufkraftprämie, während jeder Sparer noch zusätzlich den in der Zeitpräferenz begründeten Zinssatz erhält. Da der Zinssatz immer positiv sein muß, verzichtet der Horter mit seiner Entscheidung auf zusätzliches Einkommen. Natürlich darf nicht verschwiegen werden, daß der Sparer auch das zusätzliche Risiko eines partiellen oder totalen Verlustes seiner Ersparnisse trägt, für das er auch kompensiert werden muß. Dies gilt um so mehr in einem rein marktwirtschaftlichen Bankensystem, in dem Fractional-Reserve Banking verboten wäre, da es ein betrügerisches Pyramidenspiel ist. Sparen, d.h. das Anvertrauen von nicht-konsumierten und nicht-investiertem Geld an eine Bank, wäre daher investieren, denn der Sparer wird als direkter oder indirekter Teilhaber am Gewinn bzw. Verlust mitbeteiligt. Geldhortung wäre hingegen die risikolose und daher mit keinen monetären Erträgen verbundene Aufbewahrung von Ersparnissen. Dies unterscheidet sich fundamental von unserem heutigen Bankensystem, wo die ständige Ausweitung der Geldmenge immer einen nominell positiven Zinssatz garantiert.

Die Veränderung der zirkulierenden Geldmenge als Resultat der sich ständig verändernden subjektiven Einschätzung der Menschen ist ein ganz normaler Bestandteil ökonomischen Handelns. Daher geht das Argument in die Leere, wonach diese Unsicherheit Unternehmer in ihrer Tätigkeit negativ beeinflußt, denn es ist gerade die Aufgabe des Unternehmers die zukünftigen Präferenzen zu antizipieren und die Produktionsstrukturen darauf anzupassen. Unternehmer, die ein Absinken der zirkulierenden Geldmenge richtigerweise vorhersehen, was z B. zu einer Erhöhung der realen Schulden führt, werden diese Antizipation dementsprechend in die Ausgestaltung des Kreditvertrages mit einfließen lassen.

Die bisherigen Ausführungen haben uns die theoretischen Werkzeuge geliefert, die für die Widerlegung der Keynesianischen "Underconsumption-Theorie" unumgänglich sind. Keynes und seine Anhänger starten ihre Kritik an der Marktwirtschaft mit der Behauptung, wonach Arbeitslosigkeit selbst unter Vollauslastung der Wirtschaft auftreten kann, d.h. daß es "unfreiwillige" Arbeitslosigkeit gibt und zwar dann, wenn die Gesamtnachfrage zu gering ist. Die mangelnde Beschäftigung führe zu einem Preisverfall der Güter, da die ungenügende Nachfrage nicht ausreicht, die Gütermärkte zu räumen. Unweigerlich würden mehr Menschen arbeitslos, die die Nachfrage noch weiter nach unten drücken. Dieser Prozeß führe daher unabwendbar in eine Abwärtsspirale, die in Massenarbeitslosigkeit und Armut endet. Als Ursache für eine Wirtschaftskrise wird daher der mangelnde Konsum benannt, woher der Name "Underconsumption-Theorie" rührt. Um den Kapitalismus vor sich selbst zu retten, müsse laut Keynes der Staat nolens volens intervenieren. Denn allein dieser könne durch Ausweitung der Massenkaufkraft, z.B. mittels staatlicher Investitionsprogramme, die system-immanente Nachfrageschwäche des Kapitalismus überwinden. Im Extremfall könne das Wirtschaftswachstum auch durch das nur offensichtlich unsinnige Graben und sofortige Zuschütten von Löchern angekurbelt werden, so der für viele wichtigste Ökonom des 20. Jahrhunderts.

Die Keynessche Theorie strotzt vor so vielen Fehlern, daß eine ausführliche Diskussion an dieser Stelle nicht möglich ist. Daher werden wir uns auf die wichtigsten Aspekte beschränken. Zunächst ist Arbeitslosigkeit in einer freien Marktwirtschaft einfach nicht denkbar, sondern, wie so häufig, das Ergebnis staatlicher Interventionen. Wie in jedem anderen Gütermarkt auch, so signalisiert das Überangebot des Faktors "Arbeit", auch Arbeitslosigkeit genannt, eine Fixierung des Preises für den Faktor "Arbeit", sprich Lohn, über dem Marktpreis. Eine derartige strukturelle Verwerfung kann niemals am freien Markt auftreten, da der Nicht-Verkauf eines Produktes zu einem bestimmten Preis den Unternehmer dazu zwingt, den Preis solange zu senken, bis diese verkauft werden können. Erleidet er mit diesem Verhalten einen Verlust, so wird er dazu gedrängt, daß Kapital anderweitig einzusetzen und zwar derart, daß es wieder im Einklang mit den Präferenzen der Konsumenten steht. Jedoch würde niemals eine Person auf die Idee kommen, den Preis eines Gutes zu erhöhen, um damit die Absatzmenge zu erhöhen. Genau dies schlägt jedoch Keynes im Bereich der Löhne vor. Aus unerklärlichen Gründen soll das ökonomische Gesetz, wonach sinkende Preise zu einer Erhöhung der Nachfrage führen, für den Faktor "Arbeit" nicht gelten. Daher führen Lohnerhöhungen bzw. die Verhinderung der Anpassung der Lohnhöhe nach unten notwendigerweise zu einer höheren Arbeitslosigkeit und zu einer Verstetigung der Wirtschaftskrise.

Am freien Markt gibt es hingegen nur "freiwillige" Arbeitslosigkeit, d.h. die betreffende Person ist zur herrschenden Lohnhöhe nicht gewillt, die angebotene Arbeit zu akzeptieren, weil das höhere monetäre Einkommen den Disnutzen der Arbeit und den Entgang des Konsumgutes Freizeit nicht kompensieren kann. Diese Form der "Arbeitslosigkeit" nennt Mises "katallaktische Arbeitslosigkeit". Diese unterscheidet sich deutlich von der durch Preisfixierung verursachten "institutionellen" Arbeitslosigkeit, die auch Keynes beschreibt. In diesem Fall möchte die Person arbeiten, darf aber aufgrund gesetzlicher Bestimmungen selbst zu einem freiwillig akzeptierten Lohn unterhalb des Kollektivvertrages nicht in ein Arbeitsverhältnis eintreten bzw. führt die Preisfixierung oberhalb des Marktpreises dazu, daß ein institutionelles Überschußangebot des Faktors "Arbeit" besteht.

Hand in Hand mit Keynes Kritik geht sehr häufig die Vermengung von zwei gänzlich verschiedenen ökonomischen Problemstellungen. Arbeitslosigkeit resultiert aus der gesetzlich verhinderten Räumung des Arbeitsmarktes, während die Höhe des Reallohnes von der Höhe des Kapitalstocks abhängt. Ein allgemein sinkendes Lohnniveau bzw. eine steigende Arbeitslosigkeit trotz nicht steigender Reallöhne signalisiert daher ein Absinken des Kapitalstocks.

Zweitens tappt Keynes mit der Befürwortung staatlicher Investitionsprogramme in die "Broken Window Fallacy." Er beschreibt nur diejenigen Effekte, die gesehen werden (staatliche Investitionen) und weckt damit den Eindruck, daß der Staat quasi aus dem Nichts mehr Güter produzieren kann, was jedoch, wie oben ausführlich dargestellt, nur durch eine Reduktion der Zeitpräferenzrate zu erreichen ist. Die unrealisierten Ereignisse, d.h. den Umstand, daß die durch staatliche Investitionen verursachten Steuererhöhungen das verfügbare Einkommen jedes Konsumenten reduzieren und damit die Nachfrage nach vielen Gütern, bzw. daß der Crowding-Out Effekt private Investitionen reduziert, werden hingegen mit keinem Wort erwähnt. Da aber jedes Goldstück nur einmal ausgeben werden kann, führen staatliche Investitionsprogramme im besten Fall "nur" zu einer nicht auf den subjektiven Präferenzen der Konsumenten beruhenden Umverteilung, die einige begünstigt (Bauindustrie, Bildungssektor, Beamte, Politiker) und den großen Rest der Bevölkerung schlechter stellt. Im Normalfall müssen staatliche Investitionen jedoch als Konsum klassifiziert werden, da nur die Nachfrage durch die Konsumenten eine Investition zu einer Investition macht, während staatliche "Investitionen" in ihrem eigenen Selbstverständnis nicht den Wünschen der Konsumenten entspricht. Daher sind staatliche Investitionsprogramme, sei es der Bau einer Eisenbahn oder Straße oder das von Keynes vorgeschlagene Aufgraben und Zuschütten von Gräben, keine Investitionen im eigentlichen Sinne, sondern wohlstandsreduzierender Konsum. (Man fragt sich auch, warum den Arbeitern nicht direkt das Geld überwiesen wird, ohne daß sie diese sinnlose Tätigkeit durchführen müssen.) Die theoretische Effektivität staatlicher Investitionen wird im demokratischen Kontext auch dadurch unterminiert, daß die Investitionsentscheidung unausweichlich von polittaktischen Überlegungen beeinflußt wird. (Deswegen war Keynes gegenüber dem national-sozialistischen "Betriebsführersystem" wohlwollend eingestellt.)

Häufig wird zur Wirtschaftsankurbelung die Stärkung der Massenkaufkraft mittels Umverteilung von reich zu arm gefordert, da korrekterweise argumentiert wird, das ärmere Menschen einen größeren Teil ihres Einkommens konsumieren. Diese Politik kann jedoch niemals ihr selbst gestecktes Ziel, d.h. steigende Realeinkommen gerade auch für die Armen, erreichen. Denn wie bereits erwähnt, steigt mit steigenden Einkommen die Sparquote, weswegen die zur Wirtschaftsankurbelung vorgeschlagene Umverteilung die gesamtwirtschaftliche Sparquote reduziert. In diesem Fall verlangsamt die Umverteilung den Kapitalbildungsprozeß, weswegen die Realeinkommen zu jedem zukünftigen Zeitpunkt niedriger sind als sie ohne Intervention gewesen wären. Für den Fall, daß die Umverteilung den bereits vorhandenen Kapitalstock konsumiert, haben sich die Armen in eine künstliche Armutsfalle manövriert, die durch die ständig sinkenden Reallöhne immer breitere Schichten umfaßt. Die in Krisenzeiten allzu häufig geforderte Ausweitung staatlicher Unterstützungsprogramme beschleunigt daher den Verzehr des Kapitalstocks noch zusätzlich und garantiert ergo dessen den rasanten Verfall des Wohlstandes.

Wie man es dreht und wendet, die vorherrschende Meinung, wonach der Staat die Wirtschaft ankurbeln müsse, am besten indem die Kaufkraft des "kleinen Manns" gestärkt wird und indem der Staat sich immer weiter verschuldet, gefährdet aus politisch opportunem Kurzfristdenken den Wohlstand aller. Insbesondere sind aber genau diejenigen am stärksten betroffen, die aus unterschiedlichen Gründen relativ wenig Wohlstand aufbauen konnten, denn diese werden selbst durch kleine Verschlechterungen besonders stark getroffen. gh

sv00010
09.05.2005, 10:48
Der Text ist zu lang. Dass man die Wirtschaft mit mehr Kosum ankurbeln kann, könnte
vielleicht bei kleinen Märkten einen kurzen pyschologischen Effekt erzeugen, aber in der heutigen globalen Wirtschaft, funktioniert es nicht mehr.

StH
15.05.2005, 13:07
Der Text ist zu lang. Dass man die Wirtschaft mit mehr Kosum ankurbeln kann, könnte
vielleicht bei kleinen Märkten einen kurzen pyschologischen Effekt erzeugen, aber in der heutigen globalen Wirtschaft, funktioniert es nicht mehr.

Doch in der Tat liegt der miserable Zustand der Binnenkonjunktur an den "Angstsparern", die von Politikern bei Sabine Christiansen gerne beschimpft werden. Warum wohl ist Karstadt vor die Wand gefahren, steht Opel vor der Pleite, die Telekommunikationsabteilung von Siemens ist in einem ähnlichen Zustand, weil nichts mehr verkauft wird. Kaufe ich bei Karstadt mir ein neues Festnetztelefon für 80€ von Siemens oder spare ich das Geld und benutze das alte Gerät mit der Wählscheibe noch etwas länger? Fließt das Geld in die Wirtschaft oder liegt es auf irgendwelchen Sparbüchern rum?

Manfred_g
15.05.2005, 14:54
Doch in der Tat liegt der miserable Zustand der Binnenkonjunktur an den "Angstsparern", die von Politikern bei Sabine Christiansen gerne beschimpft werden. Warum wohl ist Karstadt vor die Wand gefahren, steht Opel vor der Pleite, die Telekommunikationsabteilung von Siemens ist in einem ähnlichen Zustand, weil nichts mehr verkauft wird. Kaufe ich bei Karstadt mir ein neues Festnetztelefon für 80€ von Siemens oder spare ich das Geld und benutze das alte Gerät mit der Wählscheibe noch etwas länger? Fließt das Geld in die Wirtschaft oder liegt es auf irgendwelchen Sparbüchern rum?

Nein, das ist nicht die Ursache. Das ist nur eine Folge.
Otto-Normalverbraucher versucht nur (was mehr oder weniger legitim ist, weil das alle versuchen) den schwarzen Peter weiterzuschieben. D.h. die gegenwärtige Sparmentalität
mag objektiv faslch sein, aber Wirtschaft wird enorm von subjektiven Eindrücken, also auch von der Psychologie des Einzelnen mitbestimmt. Genaugenommen ist das sogar eines der grundlegenden Prinzipien der Marktwirtschaft.

StH
15.05.2005, 15:28
@ Manfred

Die Angstsparer sind in der Tat nicht vom Himmel gefallen, sondern daß die Menschen ihr Geld lieber sparen, als daß sie es ausgeben, hat Gründe. Den Menschen wird erzählt, daß sie für Arbeitslosigkeit selbst vorsorgen müssen, ebenso für ihre Altersversorgung, denn die staatliche Rente wird nur noch eine Minimalversorgung sicherstellen, wenn man den Kindern ein besseres Leben ermöglichen möchte, ohne daß sie mit einem riesigen Schuldenberg ins Berufsleben starten müssen, dann muß man demnächst in vielen Bundesländern Studiengebühren bezahlen uvm., d.h., daß die neoliberale Politik selbst die Ursache für das Angstsparen vieler Menschen ist.

Kalmit
17.05.2005, 09:11
Dass viele Menschen überhaupt kein Geld mehr zum Konsumieren haben nimmt manfred_g ja auch nicht wahr. Mag sein, dass die Sparquote der Deutschen insgesamt hoch ist. Jedoch muss man sich dann auch gleichzeitig die Verteilung des Reichtums ansehen! Ab einem gewissen monatlichen Einkommen kann gar nicht mehr alles in den Konsum fließen, weil man sprichwörtlich nicht mehr weiß, wohin mit dem Geld (es kommt also auf die hohe Kante, fließt in hochspekulative Geldanlagen - mit der Gefahr, ohne Konsum und Nachfrage am Markt geschaffen zu haben - einfach auf dem Kapitalmarkt "vernichtet" zu werden, siehe New Economy) - im Gegensatz zu niedrigen Einkommen, die fast alles auf den Kopf hauen MÜSSEN, wo das Geld meist nicht zum Monatsende reicht!

StH
17.05.2005, 11:35
@ Kalmit

Genau das ist es. Und wenn Familien, die nur ein geringes Einkommen haben, zum Amt gehen und versuchen, irgendwo durch Mietbeihilfe etc. 100€ mehr im Monat zu haben, dann hat der Bundeskanzler an den Stammtischen Zustimmung, wenn er über "Mitnahmementalität" polemisiert, wir erleben ja auch hier im Forum, daß ein ganz widerlicher und stupider Haß auf Arbeitslose vorherrscht, doch daß diese 100€ direkt in die Wirtschaft fließen würden, daß Hartz 4 ein riesiger volkswirtschaftlicher Schaden ist, das wird alles übersehen.