Referendum über EU-Verfassung
Eine Volksabstimmung über den Verfassungsentwurf ist faktisch gesehen nichts als Volksveräpplung, wenn es dabei um demokratische Legitimation gehen soll.
Das einzig Positive an einer solchen wäre die tatsächliche öffentliche Auseinandersetzung mit der EU und ihrer Bedeutung sowie ihren Zielen zum Zwecke der Information und eines angemessenen EU-Bewusstseins. Die Unmut über die EU in der Bevölkerung resultiert größtenteils aus Unwissen und Vergessen ihrer historischen Bedeutung. Die mangelnde Transparenz und übergroße Bürokratie sind sicherlich Kritikpunkte, doch gerade die Verfassung wäre ein Schritt hin zur Besserung. Wird dagegen gestimmt, so gilt die Stimme jedoch nicht der Verfassung, sondern der EU an sich, womit sich die Logik des Referendums im Nichts verliert.
Stattdessen stehen wir bei einer Nein-Entscheidung vor einem erweiterten EU-Giganten mit 25 Mitgliedstaaten und 450 Mio Einwohnern, dem noch nicht einmal die allernötigste Portion Reform gewährt worden ist.
Daher würde ich sagen:
Entweder kein Referendum mit dem Eingeständnis, dass das Referendum nicht der Legitimation dient
oder ein Referendum, aber über die Entscheidung:
ja, ich will in der EU mit dieser Verfassung leben
oder
nein, ich will nicht in der EU leben.
Denn dann werden sich die guten Leuts einmal Gedanken machen müssen, was das eigentlich für sie bedeuten würde!
Interessanter Aufsatz ...
... des Stefan Ulrich, aus dem ich nur mal drei Gedanken herausgreifen möchte:
Zitat:
Die Geschichte hat den Eliten Recht gegeben. Die Europäische Union wurde zu dem Lösungsmodell für einen historisch zerkriegten Kontinent und zum Vorbild für andere Weltregionen.
Die „Geschichte“ ist noch nicht – eigentlich nie - zuende! Und in der Geschichte waren es zumeist die „Eliten“, die irrten – und Kriege inszenierten - die Völker wurden nicht gefragt!
Zitat:
Jetzt rächt sich, dass Europa ohne das Volk gebaut wurde. Das Gebilde wirkt überladen und fragil zugleich.
Ob eine EU-Verfassung diese Überladenheit minimiert, die Zerbrechlichkeit verringert, wage ich zu bezweifeln. Das Grundproblem bliebe: Dieses Europa wurde ohne die Völker gebaut und wird ohne die Völker „betrieben“ und wird sich zur Despotie wandeln müssen – gegen die Völker, die sich in längst vergangen geglaubte Zeiten des Feudalismus zurückversetzt wiederfinden werden.
Zitat:
Da könnte es wie eine kluge Eingebung wirken, den demokratischen Makel der EU per Verfassungsreferendum auszumerzen.
Falsch!
Es war eine „kluge Eingebung“ – andere nennen ’s vielleicht Taschenspielertrick – der EU den Makel nicht ausreichend begründeter demokratischer Legitimation nehmen zu wollen.
Die etablierte Politik wird sich später auf diese Verfassung berufen und so tun, als sei sie Produkt auf demokratischem Wege getroffener Entscheidungen der Völker.
Denn: Wenn schon hier die Nichtteilhabe der Völker am Entstehungs- und Entwicklungsprozess der EU beklagt wird, wird auch der ‚Erlass einer Verfassung’, mehr als ein ‚Erlass’ ist das nämlich nicht, was da auf den EU-Bürger wartet, die weitgehend fehlende demokratische Legitimität der EU-Organe wohl nicht heilen können.
Was ja auch erkennbar nicht im Mittelpunkt des Interesses der EU-Fürsten steht; wenn 's anders wäre, müßte man ja nur dem EU-Parlament die Macht lassen, die ihm - unter wirklich demokratischen Bedingungen - eigentlich zukäme.
Gruß!
Enzo