AW: Schöne deutsche Gedichte
O könnt ich mich niederlegen
Weit in den tiefsten Wald
Zu Häupten den guten Degen,
Der noch von den Vätern alt,
Und dürft von allem nichts spüren
In dieser dummen Zeit,
Was sie da unten hantieren,
Von Gott verlassen, zerstreut;
Von fürstlichen Taten und Werken,
Von alter Ehre und Pracht,
Und was die Seele mag stärken,
Verträumend die lange Nacht!
Denn eine Zeit wird kommen,
Da macht der Herr ein End,
Da wird den Falschen genommen
Ihr unechtes Regiment.
Denn wie die Erze vom Hammer,
So wird das lockre Geschlecht
Gehaun sein von Not und Jammer
Zu festem Eisen recht.
Da wird Aurora tagen
Hoch über den Wald hinauf,
Da gibt's was zu singen und schlagen,
Da wacht, ihr Getreuen, auf.
Joseph von Eichendorff
AW: Schöne deutsche Gedichte
Von meiner Lieblingsdichterin Emerenz Meier (1874 bis 1928):
Stoßseufzer
Hätte Goethe Suppen schmalzen,
Klöße salzen,
Schiller Pfannen waschen müssen,
Heine nähn, was er verrissen,
Stuben scheuern, Wanzen morden,
Ach die Herren,
Alle wären
Keine großen Dichter worden.
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Die gereifte Eva
Im weiten Gebiet der Liebe
Blüht auch ein Wunderbaum,
Darunter die Eva träumet
Den wonnigsten Lebenstraum.
Dem Gatten, den Kindern ferne,
Nicht jung, doch schöner denn je,
Hat sie einen Knaben gerne,
Entsandt ihr aus Himmelshöh'.
Die köstlichste Unschuldsblüte,
Das süßeste Maienlicht, -
Sie beuget sich zu ihm nieder
Und zieht ihn ans Herz und spricht:
»Was war mir die erste Liebe!
Was war mir der reife Mann!
Was sind mir tausend Männer,
Mit Tigerfellen umtan! -
Dich liebe ich, holde Knospe,
So zitternd und so zart,
Für dich sterb' ich tausend Tode,
Du bist mir die rechte Art.«
Und Eva selig vergessend
Den ersten Sündenfall,
Sie sündigt nach Gottes Ratschluß
Zum zweiten- und schönstenmal.
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Weh über die Führer der Nationen
Weh über die Führer der Nationen,
Die Henker im Frack, die Mörder auf Thronen!
Sie machen Geschichte, sie spinnen Netze,
Mit Hilfe der Presse, der feilen Metze.
Wenn faul Republiken und Monarchien,
Nach Freiheit und Aufklärung wird geschrien,
Dann heißt einen schneidigen Krieg erzeugen,
Der Revolution noch schnell vorzubeugen.
Dann treiben die Hirten die Herden zur Weide,
Zum Kampffeld hinaus, rum tollt euch im Streite!
Kühlt euer Mütchen, ein Volk am andern,
Uns aber laßt den Herrenpfad wandern!
Das tötet und würgt uns und wird getötet,
Die ganze Welt ist von Blut schon gerötet,
Sie kämpfen verzweifelt, Mann gegen Mann,
Hat keiner was dem andern getan.
Was hat euch, ihr Völker, mit Blindheit geschlagen,
Wann wird es in euren Gehirnen tagen,
Wann dringt in eure Seelen das Licht
Der echten Freiheit, die liebt, nicht ficht?
AW: Schöne deutsche Gedichte
Mondnacht
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
(von Joseph von Eichendorff, einer von wenigen Dichtern, deren unausgereiftes Jugendwerk ich gleichsam schätze )
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(Karl) Theodor Körner
Am Morgen des Gefechts bei Dannenberg.(12. Mai 1813)
Ahnungsgrauend, todesmutig
bricht der große Morgen an
und die Sonne, kalt und blutig
leuchtet unsrer blutgen Bahn
In der nächsten Stunden Schoße
liegt das Schicksal einer Welt
und es zittern schon die Lose
und der ehrne Würfel fällt
Brüder, euch mahne die dämmernde Stunde
mahne euch ernst zu dem heiligsten Bunde
treu so zum Tod, wie zum Leben gesellt
Hinter uns, im Graun der Nächte
liegt die Schande, liegt die Schmach
liegt der Frevel fremder Knechte
der die deutsche Eiche brach
Unsre Sprache ward geschändet
unsre Tempel stürzten ein
unsre Ehre ist verpfändet
deutsche Brüder, löst sie ein
Brüder, die Rache flammt. Reicht euch die Hände
daß sich der Fluch der Himmlischen wende
Löst das verlorne Palladium ein
Vor uns liegt ein glücklich Hoffen
liegt der Zukunft goldne Zeit
steht ein ganzer Himmel offen
blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder
Frauenhuld und Liebesglück
alles Große kommt uns wieder
alles Schöne kehrt zurück
Aber noch gilt es ein gräßliches Wagen
Leben und Blut in die Schanze zu schlagen
nur in dem Opfertod reift uns das Glück
Nun, mit Gott, wir wollen wagen
fest vereint dem Schicksal stehn
unser Herz zum Altar tragen
und dem Tod entgegen gehn.
Vaterland, dir wolln wir sterben
wie dein großes Wort gebeut
Unsre Lieben mögen´s erben
was wir mit dem Blut befreit
Wachse, du Freiheit der deutschen Eichen
wachse empor über unsere Leichen!
Vaterland, höre den heiligen Eid
Und nun wendet eure Blicke
noch einmal der Liebe nach
scheidet von dem Bütenglücke
das der giftge Süden brach
Wird euch auch das Auge trüber
keine Träne bringt euch Spott
werft den letzten Kuß hinüber
dann befehlt sie eurem Gott
Alle die Lippen, die für uns beten
alle die Herzen, die wir zertreten
tröste und schütze sie, ewiger Gott
Und nun frisch zur Schlacht gewendet
Aug und Herz zum Licht hinauf
Alles Irdsche ist vollendet
und das Himmlische geht auf
Faßt euch an, ihr deutschen Brüder
jeder Nerve sei ein Held
Treue Herzen sehn sich wieder
Lebewohl für diese Welt
Hört ihr´s, schon jauchzt es uns donnernd entgegen
Brüder, hinein in den blitzenden Regen
Wiedersehn in der besseren Welt
https://www.volksliederarchiv.de/ahnungsgrauend-bundeslied-vor-der-schlacht/
AW: Schöne deutsche Gedichte
Auf dem Morgengange
Laß uns verweilen, du Liebste mein,
schau in den tiefen Wald hinein !
spärlich nur durch die Tannen dicht
Irrt hernieder das Sonnenlicht;
Nur einen kleinen stillen Raum
Hüllt es in einen goldnen Traum.
Vier der Stämme ragen empor,
die sich allein das Licht erkor;
Aber sie flimmern in hellem Glast
Wie ein lichter Zauberpalast.
Durch die Kronen huscht mit Geflimmer
Flink und Behende der Morgenschimmer
Fliegt und zittert hinauf, hinab,
bis er alles mit Gold umgab.
Zwischen den Stämmen in der Schwebe
Hängt der Spinne silbern Gewebe;
Käfer im Goldrock, flink und munter,
Hasten die Stämme hinauf, hinunter,
Und ihr Schwirren und Summen leis
Einziger Laut im weiten Kreis ! -
Also fiel auch in unsere Brust
Golden das Licht der Liebeslust,
Und inmitten der düstern Welt,
Die uns mit Sturm und Frost umstellt,
fanden wir strahlende Einsamkeit,
Frieden und tiefe Seligkeit.
Eine stille Sommerpracht,
uns im Herzen die Liebe lacht.
Sonne trank nun allen Schmerz.
Ahnend zittern durch unser Herz,
Wie das Licht um die hohen Bäume,
Einsame Wünsche, schweigende Träume! -
Otto Ernst ( 1862 - 1926 )
AW: Schöne deutsche Gedichte
Hier ein Gedicht von meinem Lieblingsanarchisten Erich Mühsam
Der Revoluzzer
War einmal ein Revoluzzer,
Im Zivilstand Lampenputzer;
Ging im Revoluzzerschritt
Mit den Revoluzzern mit
Und er schrie: „Ich revolüzze!“
Und die Revoluzzermütze
Schob er auf das linke Ohr,
Kam sich höchst gefährlich vor
Doch die Revoluzzer schritten
Mitten in der Straßen Mitten,
Wo er sonsten unverdrutzt
Alle Gaslaternen putzt
Sie vom Boden zu entfernen,
rupfte man die Gaslaternen
Aus dem Straßenpflaster aus,
Zwecks des Barrikadenbaus
Aber unser Revoluzzer
Schrie: „Ich bin der Lampenputzer
Dieses guten Leuchtelichts.
Bitte, bitte, tut ihm nichts!
Wenn wir ihn’ das Licht ausdrehen,
Kann kein Bürger nichts mehr sehen,
Laßt die Lampen stehn, ich bitt!
Denn sonst spiel’ ich nicht mehr mit!“
Doch die Revoluzzer lachten,
Und die Gaslaternen krachten,
Und der Lampenputzer schlich
Fort und weinte bitterlich
Dann ist er zuhaus geblieben
Und hat dort ein Buch geschrieben:
Nämlich, wie man revoluzzt
Und dabei doch Lampen putzt
Der Revoluzzer ist ein politisches Chanson von Erich Mühsam aus dem Jahr 1907. Mühsam weist mit seinen Chansons auf Vorgänge seiner Zeit hin. Der Untertitel „Der deutschen Sozialdemokratie gewidmet“ zeigt seine Kritik an der damaligen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. (wiki)
:D
AW: Schöne deutsche Gedichte
Der Mensch
Empfangen und genähret
Vom Weibe wunderbar
Kömmt er und sieht und höret
Und nimmt des Trugs nicht wahr,
Gelüstet und begehret
Und bringt sein Tränlein dar,
Verachtet und verehret,
Hat Freude und Gefahr,
Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret,
Hält nichts und alles wahr,
Erbauet und zerstöret
Und quält sich immerdar,
Schläft, wachet, wächst und zehret
Trägt braun und graues Haar.
Und alles dieses währet,
Wenn's hoch kommt, achtzig Jahr.
Denn legt er sich zu seinen Vätern nieder,
Und er kömmt nimmer wieder.
Matthias Claudius
AW: Schöne deutsche Gedichte
Nicht alle Frauen sind Engel
(Haben Männer doch auch ihre Mängel!);
Und solche Frauen durch Vernunft zu zwingen
Wird nicht dem Weisesten gelingen:
Sie lassen lieber schmeichelnd sich betören,
Als auf die Stimme der Vernunft zu hören.
Friedrich Martin von Bodenstedt
:D
AW: Schöne deutsche Gedichte
Und der Haifisch, der hat Zähne
und die trägt er im Gesicht
und Macheath, der hat ein Messer
doch das Messer sieht man nicht.
Ach, es sind des Haifischs Flossen
rot, wenn dieser Blut vergießt.
Mackie Messer trägt 'nen Handschuh
drauf man keine Untat liest.
An 'nem schönen blauen Sonntag
liegt ein toter Mann am Strand
und ein Mensch geht um die Ecke
den man Mackie Messer nennt.
Und Schmul Meier bleibt verschwunden
und so mancher reiche Mann
und sein Geld hat Mackie Messer
dem man nichts beweisen kann.
Jenny Towler ward gefunden
mit 'nem Messer in der Brust
und am Kai geht Mackie Messer
der von allem nichts gewußt.
Und das große Feuer in Soho
sieben Kinder und ein Greis -
in der Menge Mackie Messer, den
man nicht fragt und der nichts weiß.
Und die minderjährige Witwe
deren Namen jeder weiß
wachte auf und war geschändet -
Mackie, welches war dein Preis?
Wachte auf und war geschändet -
Mackie, welches war dein Preis?
BB
AW: Schöne deutsche Gedichte
Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
er trifft des Türken Pferd so gut,
er haut ihm ab mit einem Streich
die beiden Vorderfüß' zugleich.
Als er das Tier zu Fall gebracht,
da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
er schwingt es auf des Reiters Kopf,
haut durch bis auf den Sattelknopf,
haut auch den Sattel noch zu Stücken
und tief noch in des Pferdes Rücken;
zur Rechten sieht man wie zur Linken,
einen halben Türken heruntersinken.