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In den letzten 10 bis 15 Jahren hat der Anteil der Muslime in Deutschland, die ein Eigenheim besitzen, deutlich zugenommen. Viele haben sich ein Haus gekauft, andere sich ein neues Haus gebaut. Die Wohneigentumsquote der Muslime in Deutschland stieg zwischen 1980 und 2000 von unter zwei auf rund acht Prozent. Während die muslimischen Arbeitsmigranten früher ein oder mehrere Häuser in ihren Heimatregionen bauten und/oder Wohnungen in Städten der Herkunftsländer kauften, wird erspartes Geld heute zunehmend auch in Deutschland für Wohneigentum investiert.
Eine Frage, die viele bewusste Muslime bei Plänen, Wohneigentum zu bauen oder zu erwerben, beschäftigt, ist die Frage der Finanzierung, die angesichts des Zinsverbots im Islam prekär ist, da hierzulande zinsfreie Kredite im Prinzip nicht erhältlich sind. Das in Dublin ansässige Gelehrtengremium „European Council for Fatwa and Research“ unter Federführung des nicht unumstrittenen Gelehrten Al-Qaradawi hat vor einigen Jahren zu dieser Frage eine Fatwa, ein Rechtsgutachten, veröffentlicht. Darin wird die Position vertreten, dass die Bildung von Wohneigentum für Muslime eine Notwendigkeit (Darura) darstelle und aufgrund dieser es ausnahmsweise auch zulässig sei, zu diesem Zwecke verzinste Kredite aufzunehmen, sofern keine andere Möglichkeit der Finanzierung besteht. Zu dieser Rechtsmeinung gab es viel Kritik und „Gegenfatwas“ von anderen namhaften Gelehrten wie Taqi Usmani, die sich vor allem darauf beziehen, ob die postulierte Notwendigkeit denn tatsächlich gegeben sei, wie der Experte für islamisches Recht Abdurrahman Reidegeld berichtet. Zudem, so Kritiker, sei die Fatwa des Council wohl eher auf die Situation in Großbritannien bezogen gewesen, mit seiner – ganz anders als in Deutschland – sehr hohen Eigentumsquote. Mittlerweile sei die Fatwa aber auch für Großbritannien überholt, da dort inzwischen durch Gesetzesänderungen dem islamischen Recht eher entsprechende Finanzierungsmodelle ermöglicht wurden, auf die man ausweichen kann, erklärt Michael Saleh Gassner, Experte für islamisches Finanzwesen.
Laut Gassner gibt es derzeit in Deutschland keine islamisch korrekten Finanzierungsmodelle für den Hausbau oder -erwerb. Die in Großbritannien mittlerweile möglichen Modelle basieren auf dem vorhergehenden Erwerb der Immobile durch die Finanzinstitution, was in Deutschland durch die dann anfallende doppelte Grunderwerbssteuer erschwert wird. Gassner nennt hier drei Modelle.