AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
Klopperhorst
„Was ist Liebe? Was ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?“ - so fragt der letzte Mensch und blinzelt.
Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am längsten.
„Wir haben das Glück erfunden“ - sagen die letzten Menschen und blinzeln.
(Zarathustra)
Sind wir auf dem Weg zu dieser Zeit, die uns Nietzsche offenbarte, die Zeit, in der alles geregelt ist, in der es allen gut geht, in der wir unsere Gefühle und unsere Bedürfnisse allumfassend befriedigen können?
-----
Nietzsche offenbarte uns nicht diese Zeit, er warnte vor dem Kleingeist und der Biederkeit des letzten Menschen. Wenn du weiterliest, wirst du feststellen, dass er den Übermenschen, eine heroische Gestalt des Haderns, Selbstüberwindens und Schaffens propagierfte und nicht die Bequemlichkeit.
In vielerlei Hinsicht nahm er unsere jetzigen postmodernen Zeiten und unsere Wohlstandsgesellschaft wirklich vorweg, aber er hieß sie nicht gut.
Teilweise ist es aber sicher eingetroffen.
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
EinDachs
Nietzsche offenbarte uns nicht diese Zeit, er warnte vor dem Kleingeist und der Biederkeit des letzten Menschen. Wenn du weiterliest, wirst du feststellen, dass er den Übermenschen, eine heroische Gestalt des Haderns, Selbstüberwindens und Schaffens propagierfte und nicht die Bequemlichkeit.
Die Bequemlichkeit hat als Dauerzustand, gar höchster oder einziger erstrebenswerter Zustand weder viel Glück noch selbst mit "Utopia" viel zu tun.
Ausgerechnet in den von mir am meisten geschätzten Utopien der Science Fiction machen es sich die Protagonisten für meinen Geschmack sogar eher zu wenig als zu viel bequem. "Perry Rhodan" treibt sich gerade in Andromeda herum und unter seiner Führung hat die Menschheit bei aller fantastischen Technik und materiellen Komfort einen Weg gewählt, durch den bösartige Außerirdischen im 25. Jahrhundert ein Drittel der Erdbevölkerung umbringen und die Menschheit als Ganzes an den Rand des Untergangs bringen. Die "Kultur" bei Iain Banks liest sich mit 300 Jahren Lebenserwartung und Geschlecht nach Wahl ganz wie eine Utopie :) - aber frage mal einen der wenigen überlebenden Idiraner danach (die Wandler sind leider ausgestorben) :rolleyes: Bei der Welt des "Mittags" der Brüder Strugatzki geht es nicht gar so bombastisch zu, aber auch hier scheinen die Menschen den Bewohnern anderer Planeten auch deshalb zu ihrem Glück verhelfen zu wollen, weil Utopie ohne Herausforderung und Tragödie keine ist. Utopia scheint nur mit kleinen Fehlern als solches zu funktionieren.
Zitat:
Zitat von
EinDachs
In vielerlei Hinsicht nahm er unsere jetzigen postmodernen Zeiten und unsere Wohlstandsgesellschaft wirklich vorweg, aber er hieß sie nicht gut.
Teilweise ist es aber sicher eingetroffen.
Ich habe hier schon mehr als einmal geschrieben, dass für die Millionäre und Milliardäre dieser Welt und die Schichten direkt unter ihnen Utopie zu weiten Teilen schon Realität geworden ist. Noch keine 300 Jahre Lebenserwartung, aber zwischen 70 und 120 scheint einiges drin zu sein. Mit Glück und Genen sieht man dann mit 50-60 so aus wie früher die Menschen mit 35. Zwar keine Raumflüge, aber man kann überall hinjetten und sich die Sonne aus dem Allerwertesten scheinen lassen. Es dürften so einige hundert Millionen sein, für die es zumindest eine Realutopie gibt. Deren Fehler für sie sogar verhindern, dass ihr Wohlleben zu so einem perversen Horror wird, wie er am drastischsten in "Wing 4" von Williamson geschildert wurde.
Aber Nietzsche hatte allen Grund, das nicht gut zu heißen (sofern deine Interpretation korrekt ist, ich hab ihn nicht gelesen). Denn so gut wie alle Nutznießer dieser Utopie drücken sich vor wirklichen seinsmäßigen Herausforderungen. Ein rotes Armenhaus, wo die Menschen eigentlich Dringenderes zu tun gehabt hätten, brachte vor 51 Jahren den ersten Menschen ins All. Unsere weltweit 10 Millionen Millionäre und 1100 Milliardäre hätten locker die Ressourcen für ein privates Gegenstück zur ISS (schon als Zufluckt, sollte sie der Mob hier unten mal hängen wollen :) ) Was geben die für Raumfahrt aus? Eine Handvoll Touristen, die zur ISS fliegen, der Orbithopser von SpaceShipOne. Wohlgemerkt, ohne ihre zusammengerafften Milliarden für Bedürftige einzusetzen!
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Die Stadt Naumburg bekommt übrigens ein Friedrich Nietzsche-Dokumentationszentrum. Dieses soll Ende 2010 feierlich eingeweiht werden und Raum für Vorträge, Lesungen und Tagungen bieten. Das Zentrum wird neben dem Wohnhaus der Familie errichtet, welches bereits jetzt Museum ist, aber inzwischen den Anforderungen nicht mehr gerecht werden kann.
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/5857721.html
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
Klopperhorst
„Was ist Liebe? Was ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?“ - so fragt der letzte Mensch und blinzelt.
Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am längsten.
„Wir haben das Glück erfunden“ - sagen die letzten Menschen und blinzeln.
(Zarathustra)
Sind wir auf dem Weg zu dieser Zeit, die uns Nietzsche offenbarte, die Zeit, in der alles geregelt ist, in der es allen gut geht, in der wir unsere Gefühle und unsere Bedürfnisse allumfassend befriedigen können?
-----
"Also sprach Zarathustra" ist ein Gleichnis, das du in dem Kontext der Religions- ,Philosophie- und Kulturkritik Nietzsches sehen solltest.
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
Krabat
Nietzsche hat uns das Paradies auf Erden "offenbart"? Dann war er ein sehr schlechter Prophet.
Das waren eher dystopische Vorhersagen. Das Paradies auf Erden wollte Marx. Nietzsche sah nur, dass es die Menschen wollen, und sprach es aus, ohne Wertung.
Und weil er eine wertungsfreie Schicksalsliebe proklamierte, und unser Schicksal in der Existenz dieses "letzten Menschen" sah, machte er auch keine Anstalten, das mithilfe irgendwelcher Beschwörungsrufe ändern zu wollen.
Das ist der Fehler, den die meisten Religiösen in der Nietzsche-Perzeption machen: Sie lesen "Gott ist tot" und denken, Nietzsche hätte das als eine Art Programm den Leuten zugerufen. Dabei hat er lediglich die Leute beobachtet und gesehen, dass Gott und alles was normativ damit einhergeht, an Einfluss verliert. Kann man das bestreiten? Wen könntest Du heute mit Bezug auf Gott noch auf die Barrikaden bringen? Du müsstest schon sagen "Brad Pitt lo vult!" oder "in Bushidos Namen!"
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
Klopperhorst
„Was ist Liebe? Was ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?“ - so fragt der letzte Mensch und blinzelt.
Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am längsten.
„Wir haben das Glück erfunden“ - sagen die letzten Menschen und blinzeln.
(Zarathustra)
Sind wir auf dem Weg zu dieser Zeit, die uns Nietzsche offenbarte, die Zeit, in der alles geregelt ist, in der es allen gut geht, in der wir unsere Gefühle und unsere Bedürfnisse allumfassend befriedigen können?
-----
das "Goldene Zeitalter" wird in allen Kulturen vorhergesagt!
Nur eben nach dem großen Knall.....................
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
bernhard44
das "Goldene Zeitalter" wird in allen Kulturen vorhergesagt!
Nur eben nach dem großen Knall.....................
Den großen Knall haben sie ja in der EU schon, aber besser ist es nicht geworden, eher schlechter!
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
Klopperhorst
„Was ist Liebe? Was ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?“ - so fragt der letzte Mensch und blinzelt.
Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am längsten.
„Wir haben das Glück erfunden“ - sagen die letzten Menschen und blinzeln.
(Zarathustra)
Sind wir auf dem Weg zu dieser Zeit, die uns Nietzsche offenbarte, die Zeit, in der alles geregelt ist, in der es allen gut geht, in der wir unsere Gefühle und unsere Bedürfnisse allumfassend befriedigen können?
-----
Ich sehe Zarathustra eher als literarisches Gedankenspiel und nicht als Prophezeiung oder Glaubensbekenntnis.
Natürlich geht es den Menschen durch wissenschaftliche und technische Erkenntnis besser. Aber einen letzen Menschen wird es nicht geben.
Immerhin hat es Nietzsche geschafft, den alten Zarathustra wieder zu beleben und ins abendländische Bewusstsein zu bringen. Den Gott der Juden und Christen hat er zurecht kritisiert. Aber er hat es nicht geschafft diesen Gott zu töten.
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
SteveFrontera
Ich sehe Zarathustra eher als literarisches Gedankenspiel und nicht als Prophezeiung oder Glaubensbekenntnis.
Natürlich geht es den Menschen durch wissenschaftliche und technische Erkenntnis besser. Aber einen letzen Menschen wird es nicht geben.
....
Der letzte Mensch wurde von Nietzsche ja auch verachtet, weil er keine Emotionen mehr in sich trägt, denn er hat ja das Glück erfunden.
Er erinnert mich eher an Menschen, die zufrieden mit ihrem Dasein sind und es keinesfalls mehr verändern möchten, noch hinterfragen zu versuchen.
-----
AW: Denn ich lehre euch den Übermenschen ...
Zitat:
Zitat von
Krabat
Nietzsche hat uns das Paradies auf Erden "offenbart"? Dann war er ein sehr schlechter Prophet.
Zitat:
Zitat von
Krabat
Das ist nicht das Paradies, sondern die Hölle.
Das hat er nicht.
Nietzsche hat das "Paradies" des letzten Menschen gehasst, weil der sein Glück in kleinlicher Trieberfüllung und häuslicher Behaglichkeit sucht.
Die sind ihm keine Brücke zum Übermenschen.