AW: Schöne deutsche Gedichte
Lied der Freiheit
Es lebe, was auf Erden
nach Freiheit strebt und wirbt
von Freiheit singt und saget,
für Freiheit lebt und stirbt
Die Welt mit ihren Freuden
ist ohne Freiheit nichts
die Freiheit ist die Quelle
der Tugend und des Lichts
Es kann was lebt und webet
in Freiheit nur gedeihn
das Ebenbild des Schöpfers
kann nur der Freie sein
Frei will ich sein und singen
so wie der Vogel lebt
der auf Palast und Kerker
sein Frühlingslied erhebt
Die Freiheit ist mein Leben
und bleibt es immerfort
mein Sehnen, mein Gedanke,,
mein Traum, mein Lied und Wort
Es lebe was auf Erden
nach Freiheit strebt und wirbt
von Freiheit singt und saget
für Freiheit lebt und stirbt
Fluch sing ich allen Zwingherrn,
Fluch aller Dienstbarkeit
Die Freiheit ist mein Leben
und bleibt es allezeit.
Hoffmann von Fallersleben ( 1798 - 1874 )
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O laß sie blühn, die sanften Tage
O laß sie blühn, die sanften Tage -
So mild erhellt, so morgenschön!
Wie einer Jugend ew´ge Sage,
Wie einer Glücke leis Getön.
O laß sie rein, die klare Quelle -
An diesem Frieden rühre nicht!
Mir ist so wohl in milder Helle,
Die aus dem Aug der Liebe spricht.
O laß sie blühn die sanften Tage -
und rüttle nicht an altem Leid!
Versunken liegst im Sarkophage,
den wir begruben seine Zeit.
Und nun ? o lehr´dein Herz verstehen
Der sel´gen Stunden Wonneschaum
Es trägt der Mensch so kurz zu Legen
des Erdendaseins Blütentraum.
O laß sie blühn die sanften Tage!
Es kommt der Sturm, eh´du´s gedacht;
Es kommt die Not, des Lebens Plage,
Und das Verhängnis über Nacht;
Drum laß si blühn ! genießen lerne
Das stille Glück, das dich umgibt.
Wie bald verschwimmt´s in ew´ge Ferne,
Sein Segen bleibt - wenn du´s geliebt.
Hugo Oelbermann ( 1832 - 1888 )
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Wenn ich einmal frei sein werde
Wenn ich einmal frei sein werde
frage ich mich, wie wird das sein ?
Ich grab tief in Deine Erde,
mein Heimatland, die Hände ein.
Ich geh einsam durch die Straßen,
ganz still als wie im Traum;
ich kann die Freiheit nicht erfassen,
mein Kopf lehnt still an einem Baum.
Und wenn mich jemand fragen sollte,
wo ich solang gewesen bin -
so werde ich verhalten sagen:
"Ich war in Gottes Mühlen drin."
Ich sah die Müller Spuren malen
den Menschen tief in´s Angesicht
und mußte mit dem Herzblut zahlen,
wie sonst in meinem Leben nicht.
Wenn ich einmal frei sein werde,
frag ich mich, was mir noch blieb?
Dich, meine deutsche Heimaterde,
Dich habe ich von Herzen lieb!
Heinrich George ( 1893 -1946 )
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Heerbannlied
Ernst ist mein Sinn und schlicht und recht,
Mein Bart ist gleich dem Flachse.
In Dün' und Wald blüht mein Geschlecht,
Daß übers Meer es wachse –
Ich bin der Sachse.
Mein Bart ist rot, der Berg mein Schloß,
Mir blüht des Liedes Gabe;
Die Sturmfahn' schwing' ich; Schwert und Roß
Sie gehn mit mir zu Grabe –
Ich bin der Schwabe.
Mein Mark ist stark, ist Löwenmark,
Kein andrer Stamm ist freier;
Kommt her! Kein Teufel ist so stark,
Und schlägt ein Herz getreuer? –
Ich bin der Bayer.
Ein blanker Stahl ist meine Brust,
Doch fröhlich mein Gedanke;
Am Reigen hab' ich meine Lust
Und einem firnen Tranke –
Ich bin der Franke.
Nach Süd, Ost, West, Nord stehn wir Vier
Zum Schutz der deutschen Eiche,
Und rauscht Sankt Michaels Panier,
Sind unsre Schwerterstreiche
Ein Hort dem Reiche.
Die Feinde schicken wir nach Haus,
Bedeckt mit Blut und Schrammen,
Und kommt die Hölle selbst zum Strauß,
Wir lachen ihrer Flammen
Und stehn zusammen.
(Hermann von Lingg, 1820 - 1905)
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Königsberger Klopse- ach Gedichte.
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Des Sängers Fluch
Es stand in alten Zeiten ein Schloß so hoch und hehr,
Weit glänzt´es über die Lande bis an das blaue Meer,
Und rings von duft´gen Gärten ein blütenreicher Kranz,
D´rin sprangen frische Brunnen in Regenbogenglanz.
Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich.
Er saß auf seinem Throne so finster und so bleich;
Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut,
Und was er spricht, ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut.
Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar:
Der ein´in goldnen Locken, der andre grau von Haar;
Der Alte mit der Harfe, der saß auf schmuckem Roß,
Es schritt ihm frisch zur Seite der blühende Genoß.
Der Alte sprach zum Jungen: " Nun sei bereit, mein Sohn!
Denk´unsrer tiefsten Lieder, stimm´an den vollsten Ton,
Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz;
Es gilt uns heut´zu rühren des Königs steinern Herz."
Schon stehen die beiden Sänger im hohen Säulensaal,
Und auf dem Throne sitzen der König und sein Gemahl;
Der König furchtbar prächtig, wie blut´ger Nordlichtschein,
Die Königin süß und milde, als blickte Vollmond drein.
Da schlug der Greis die Seiten, er schlug sie wundervoll,
Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll.
Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor,
Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor.
Sie singen von Lenz und Liebe, von sel´ger goldner Zeit,
Von Freiheit, Männerwürde, von Treu´und Heiligkeit;
Sie singen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt,
Sie singen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt.
Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott,
Des Königs trotz´ge Krieger, sie beugen sich vor Gott,
Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust,
Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust.
"Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?"
Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib.
Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,
Draus, statt der goldnen Lieder , ein Blutstrahl hoch aufspringt.
Und wie von Sturm zerstoben ist all´der Hörer Schwarm;
Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm,
Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Roß,
Er bind´t ihn aufrecht feste, verlässt mit ihm das Schloß.
Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis,
Da faßt er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis,
An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt,
Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt:
"Weh´euch ihr stolzen Hallen! Nie töne süßer Klang
Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang,
Nein, Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,
Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!
"Weh´euch ihr duft´gen Gärten im holden Maienlicht!
Euch zeig ich dieses Toten entstelltes Angesicht,
Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell verseicht,
Daß ihr in künft´gen Tagen versteint, verödet liegt.
"Weh´dir verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums!
Umsonst sei all´dein Ringen nach Kränzen blut´gen Ruhms;
Dein Name sei vergessen, in ew´ge Nacht getaucht,
Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!"
Der Alte hat´s gerufen, der Himmel hat´s gehört;
Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört,
Noch eine hohe Säule zeugt von verschwind´ner Pracht,
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.
Und rings, statt ruft´ger Gärten, ein ödes Heideland:
Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand;
Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch:
Versunken und vergessen! - das ist des Sängers Fluch.
Ludwig Uhland ( 1787 - 1862 )
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Dû bist mîn, ich bin dîn.
des solt dû gewis sîn.
dû bist beslozzen
in mînem herzen,
verlorn ist das sluzzelîn:
dû muost ouch immêr darinne sîn.
(unbekannt, Ende 12. Jh.)
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Zu Deutschland kann ich sagen:
- KEIN SCHÖNER LAND IN DIESER ZEIT .......
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Pidder Lüng (Detlev von Liliencron)
„Frii es de Feskfang,
Frii es de Jaght,
Frii es de Strönthgang,
Frii es de Naght,
Frii es de See, de wilde See
En de Hörnemmer Rhee.“
Der Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch,
Schlägt mit der Faust auf den Eichentisch:
Heut fahr ich selbst hinüber nach Sylt,
Und hol mir mit eigner Hand Zins und Gült.
Und kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen,
Sollen sie Nasen und Ohren lassen,
Und ich höhn ihrem Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Im Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt,
Stützt sich finster auf sein langes Schwert.
Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit,
Steht Jürgen, der Priester, beflissen, bereit.
Er reibt sich die Hände, er bückt den Nacken.
Der Obrigkeit helf ich, die Frevler packen,
In den Pfuhl das Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Gen Hörnum hat die Prunkbarke den Schnabel gewetzt,
Ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt.
Und es knirschen die Kiele auf den Sand,
Und der Ritter, der Priester springen ans Land,
Und waffenrasselnd hinter den beiden.
Entreißen die Söldner die Klingen den Scheiden.
Nun gilt es, Friesen:
Lewwer duad üs Slaav!
Die Knechte umzingeln das erste Haus,
Pidder Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus.
Der Ritter, der Priester treten allein
Über die ärmliche Schwelle hinein.
Des langen Peters starkzählige Sippe
Sitzt grad an der kargen Mittagskrippe.
Jetzt zeige dich, Pidder:
Lewwer duad üs Slaav!
Der Ritter verneigt sich mit hämischem Hohn,
Der Priester will anheben seinen Sermon.
Der Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
Und verbeugt sich noch einmal: Ihr erlaubt,
Daß wir euch stören bei euerm Essen,
Bringt hurtig den Zehnten, den ihr vergessen,
Und euer Spruch ist ein Dreck:
Lewwer duad üs Slaav.
Da reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
Henning Pogwisch, halt deine Reden im Zaum.
Wir waren der Steuern von jeher frei,
Und ob du sie wünschst, ist uns einerlei.
Zieh ab mit deinen Hungergesellen,
Hörst du meine Hunde bellen?
Und das Wort bleibt stehn:
Lewwer duad üs Slaav!
Bettelpack, fährt ihn der Amtmann an,
Und die Stirnader schwillt dem geschienten Mann:
Du frißt deinen Grünkohl nicht eher auf,
Als bis dein Geld hier liegt zu Hauf.
Der Priester zischelt von Trotzkopf und Bücken,
Und verkriegt sich hinter des Eisernen Rücken.
O Wort, geh nicht unter:
Lewwer duad üs Slaav!
Pidder Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an,
Immer heftiger in Wut gerät der Tyrann,
Und er speit in den dampfenden Kohl hinein:
Nun geh an deinen Trog, du Schwein.
Und er will, um die peinliche Stunde zu enden,
Zu seinen Leuten nach draußen sich wenden.
Dumpf dröhnts von drinnen:
Lewwer duad üs Slaav!
Einen einzigen Sprung hat Pidder gethan,
Er schleppt an den Napf den Amtmann heran,
Und taucht ihm den Kopf ein, und läßt ihn nicht frei,
Bis der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei,
Die Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern,
Brüllt er, die Thüren und Wände zittern,
Das stolzeste Wort:
Lewwer duad üs Slaav!
Der Priester liegt ohnmächtig ihm am Fuß,
Die Häscher stürmen mit höllischem Gruß,
Durchbohren den Fischer und zerren ihn fort,
In den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord.
Pidder Lüng doch, ehe sie ganz ihn verderben,
Ruft noch einmal im Leben, im Sterben
Sein Herrenwort:
Lewwer duad üs Slaav !