Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Wie alle geschichtlich interessierten Menschen wissen, gab es vor
dem ersten Weltkrieg eine Einkreisungspolitik der Entente gegenüber
dem deutschen Kaiserreich, welches dieses in die politische Isolation
führte. Wie wurde das im deutschen Kaiserreich und vor allem in
seiner Führung wahr genommen ? Konnte man nicht an den Frieden
appellieren anstatt auf Krieg zu setzen um diese Einkreisung zu beenden ?
Bin gespannt auf eure Antworten.
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Die Fuehrung bestand aus einer Einzelperson, dem Kaiser oder Koenig,
mit beratendem Parlament.
Jede Person hat ihre Lieblingsfarben, ihr Leibgericht und ihre
durch Praegung und Innere Einstellung angenommene und
angeborene Sicht auf Geschehnisse.
Meines Wissens nach gab es eine Loyalitaetserklaerung gegenueber Oesterreich-Ungarn,
die dann auch als "Ehrenmann" vollumfaenglich eingeloest wurde, welche
den 1. Weltkrieg ausgeloest hatte.
Was ich persoenlich noch nicht verstehen kann, ist, dass Deutschland in den Grenzen von 1914
im Jahre 1914 von Lebensmittelimporten abhaengig gewesen sein soll :
Zitat:
Nach Kriegsausbruch nutzte das British Empire seine einzigartige Seemacht für eine Blockade der Mittelmächte.
Diese Blockade (das Deutsche Kaiserreich importierte damals Weizen und andere Lebensmittel in großem Umfang)
führte alsbald zu Nahrungsmittelknappheit und 1917–1918 zu Hunger bei vielen Soldaten und Zivilisten (siehe Steckrübenwinter).
Viele Kühe wurden geschlachtet; die Milchversorgung Wiens und anderer großer Städte brach zusammen.
Wikipedia 'Milchproduktion' -> https://de.wikipedia.org/wiki/Milchproduktion
Wer unter solchen Grundvorraussetzungen der immensen Abhaengigkeit von Importen
an Grundnahrungs-Rohstoffen einen Krieg meint fuehren zu muessen,
handelt meiner Ansicht nach Grob Fahrlaessig,
insbesondere, da die "Eliten" zu damaligen Zeiten etwas zu verlieren hatten.
Dass der kleine Tageloehner nichts zu verlieren hat, und darum die Erfolgsaussichten
seiner Taten nicht bedenken meint zu muessen, ist noch nachvollziehbar;
aber die Eliten haetten anders handeln muessen.
Hier kommt wahrscheinlich das Beamtenstatut der Staatsbeschaeftigten noch hinzu,
das es denen "aufzwingt" einer Person loyal zu sein, und nicht einer Sache.
Dann ist das Thema "Italien" noch zu bedenken,
wo ich nun diese mir neuen Behauptungen aufgefunden habe :
Zitat:
Im Jahr 1914, zu Beginn des Krieges, war Italien in ein Militärbündnis (dem 1882 abgeschlossenen "Dreibund")
mit Deutschland und Österreich eingebunden und man erwartete deshalb,
dass sich Italien dem Krieg auf der Seite dieser Bündnispartner (den "Mittelmächten") anschließen würde.
Aber die italienische Regierung zögerte und
formal gesehen war Italien auch nicht gezwungen einzugreifen:
der Vertrag sah vor, dass Italien Österreich militärisch zu Hilfe kommen sollte, wenn dieses von außen angegriffen würde.
Aber das war 1914 nicht der Fall, es war Österreich gewesen, das Serbien angegriffen hatte.
Außerdem war Italien militärisch absolut unvorbereitet und die öffentliche Meinung Italiens war,
im Gegensatz zu der der anderen kriegführenden Staaten, nicht sehr kriegsbegeistert.
Der eigentliche Grund für die abwartende Haltung Italiens war jedoch ein anderer:
Italien erwartete sich von einer Kriegsteilnahme eine angemessene Belohnung.
Nach einem siegreichen Ende des Krieges wollte Italien konkrete Gebietserweiterungen zugesprochen bekommen:
das Trentino im Norden und die Stadt Triest im Nordosten;
beide Regionen waren damals noch ein Teil des Habsburgerreichs.
In Triest gab es eine italienische Bevölkerungsmehrheit und eine schon seit Jahren sehr aktive und starke Bewegung pro-Italien,
im Trentino dagegen war die große Mehrheit der Bevölkerung gegen einen Anschluss an Italien, obwohl auch hier viele Italiener lebten.
Beide Regionen wurden jedenfalls von den italienischen Nationalisten als noch "unerlöste" Teile des italienischen Einigungsprozesses betrachtet
und als Kriegsbeute reklamiert.
Österreich weigerte sich allerdings, diese Bedingung zu akzeptieren und so trat ein Teil der italienischen Regierung
in Geheimverhandlungen mit England und Frankreich (der "Entente"),
um vielleicht an deren Seite zu den erhofften Gebietserweiterungen zu kommen.
In der Zeit von 1914 bis 1915 wurde die Propaganda der "Interventisten", die auf einen Kriegseintritt auf Seiten der Entente drängten,
immer stärker und aggressiver.
Besonders hervor taten sich dabei der Dichter (und Österreich-Hasser) Gabriele D'Annunzio und der damals noch junge Benito Mussolini,
der gerade in jenem Jahr vom internationalistisch gesinnten Sozialisten zum fanatisch-nationalistischen Faschisten mutierte.
Die Mächte der Entente waren natürlich den territorialen Expansionswünschen Italiens von Anfang an weitaus aufgeschlossener als Österreich
und so trat Italien am 23. Mai 1915 an ihrer Seite in den Krieg ein.
http://www.reise-nach-italien.de/ita...weltkrieg.html
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Zitat:
Zitat von
Sjard
Wie alle geschichtlich interessierten Menschen wissen, gab es vor
dem ersten Weltkrieg eine Einkreisungspolitik der Entente gegenüber
dem deutschen Kaiserreich, welches dieses in die politische Isolation
führte. Wie wurde das im deutschen Kaiserreich und vor allem in
seiner Führung wahr genommen ? Konnte man nicht an den Frieden
appellieren anstatt auf Krieg zu setzen um diese Einkreisung zu beenden ?
Bin gespannt auf eure Antworten.
Bismarck hat das Unvermögen seiner Nachfolger ja bis zum Tode angeprangert und prophezeit, dass diese Unfähigkeit 20 Jahre nach seinem Versterben dem DR das Leben kosten könnte/wird. Ihm wäre das jedenfalls höchstwahrscheinlich nicht passiert.
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Zitat:
Zitat von
Wolfger von Leginfeld
Bismarck hat das Unvermögen seiner Nachfolger ja bis zum Tode angeprangert und prophezeit, dass diese Unfähigkeit 20 Jahre nach seinem Versterben dem DR das Leben kosten könnte/wird. Ihm wäre das jedenfalls höchstwahrscheinlich nicht passiert.
Man kann davon ausgehen das Bismarcks Nachfolger von einer internationalen Elite gekauft waren und die Isolation des deutschen Reichs
als Vorstufe für einen Krieg durchsetzten. Vor längerem habe ich mal gelesen das Reichskanzler von Bethmann-Hollweg in der Julikrise
1914 die Weichen auf Krieg stellte. Das hätte er aber genauso gut lassen können.
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Zitat:
Zitat von
Sjard
Man kann davon ausgehen das Bismarcks Nachfolger von einer internationalen Elite gekauft waren und die Isolation des deutschen Reichs
als Vorstufe für einen Krieg durchsetzten. Vor längerem habe ich mal gelesen das Reichskanzler von Bethmann-Hollweg in der Julikrise
1914 die Weichen auf Krieg stellte. Das hätte er aber genauso gut lassen können.
Liest man sich die alten Berichte durch, kann man zur Einsicht kommen, dass selbst im Deutschen Volk Bismarcks echte Friedenspolitik des saturierten Staates mitten in Europa nicht mehr populär war (zumal die Wirtschaft erst nach ihm richtig ansprang). Populäre Gedichteschreiber z.b spöttelten über den Bismarckkurs, während der jugendliche Kaiser in seinem (verbalen) Drang bestärkt wurde.
Während der große alte Meister eben die Zauberformel kannte, spielten all die anderen Nachfolger oft ein fatales Spiel ohne große Weitsicht und Durchblick. Als nettes Beispiel sei gesagt, dass er bis zu seinem Tod eben fix mit England ins Geschäft kommen wollte. Oder dass er Österreich-Ungarn immer wieder hinter die Ohren schrieb, das der Zwei und Dreibundvertrag eben kein offensives Vorgehen am Balkan erlaube. Auch die faktische Kündigung des Rücksicherungsvertrages mit Russland kritisierte er unaufhörlich (auch wenn dieser auf problematischen Beinen stand).
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Zitat:
Zitat von
Wolfger von Leginfeld
Liest man sich die alten Berichte durch, kann man zur Einsicht kommen, dass selbst im Deutschen Volk Bismarcks echte Friedenspolitik des saturierten Staates mitten in Europa nicht mehr populär war (zumal die Wirtschaft erst nach ihm richtig ansprang). Populäre Gedichteschreiber z.b spöttelten über den Bismarckkurs, während der jugendliche Kaiser in seinem (verbalen) Drang bestärkt wurde.
Während der große alte Meister eben die Zauberformel kannte, spielten all die anderen Nachfolger oft ein fatales Spiel ohne große Weitsicht und Durchblick. Als nettes Beispiel sei gesagt, dass er bis zu seinem Tod eben fix mit England ins Geschäft kommen wollte. Oder dass er Österreich-Ungarn immer wieder hinter die Ohren schrieb, das der Zwei und Dreibundvertrag eben kein offensives Vorgehen am Balkan erlaube. Auch die Kündigung des Rücksicherungsvertrages mit Russland kritisierte er unaufhörlich (auch wenn dieser auf problematischen Beinen stand).
Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber ich vermute, dass die deutsche Regierung nach der Gründung des DR andere Prioritäten gesetzt hat. Während Bismarck noch in einem Geflecht kleinerer deutscher Staaten und mit stark begrenzten Ressourcen, sowie existierender Risiken operierte, schien das DR viel fähiger zu sein. Grundsätzlich war es das auch, aber eben nicht grenzenlos.
Die neu erlangte Macht lies die deutsche Regierung unvorsichtig werden. Man bedenke da mal einfach, wie leicht Preußen von anderen europäischen Mächten hätte zerstört werden können, aber irgendwie hat es nicht nur überlebt, sondern sogar expandiert.
So etwas war nur mit gut überlegter Politik möglich. Etwas was nach Bismarck offensichtlich nicht mehr als notwendig angesehen wurde.
Dazu kommt noch, dass den Deutschen einige immense Erfolge gelungen sind, welche ihnen wohl den Verstand vernebelt hatten.
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Zitat:
Zitat von
Sjard
Man kann davon ausgehen das Bismarcks Nachfolger von einer internationalen Elite gekauft waren und die Isolation des deutschen Reichs
als Vorstufe für einen Krieg durchsetzten. Vor längerem habe ich mal gelesen das Reichskanzler von Bethmann-Hollweg in der Julikrise
1914 die Weichen auf Krieg stellte. Das hätte er aber genauso gut lassen können.
Zur Abwechslung sollte man mal die Fehler bei sich selbst suchen.
Deutsche sind nicht fehlerfrei. Deutsche Fehlschläge sind nicht ausschließlich das Produkt von irgendwelchen Dolchstößen.
Viel wichtiger wäre da ein altes Sprichwort: Hochmut kommt vor dem Fall.
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Zitat:
Zitat von
Sjard
Wie alle geschichtlich interessierten Menschen wissen, gab es vor
dem ersten Weltkrieg eine Einkreisungspolitik der Entente gegenüber
dem deutschen Kaiserreich, welches dieses in die politische Isolation
führte. ...
Ich halte das für eine Mär der Universitätshistoriker ! Kaiser Wilhelm II. war Cousin von König George V. und von Zar Nikolaus II. ! Die haben sich bei jedem Familientreffen gesehen und sich mit "Georgie", "Nicky" und "Willy" angesprochen. Ich bezweifle, daß es eine Einkreisungspolitik gab, um Deutschland zu schwächen. Hätte 1871 Henri d'Artois nicht auf seine schwachsinnige Flagge bestanden, wäre er Frankreichs König geworden und die Verbindung zu Deutschland und Österreich wäre nochmal deutlich verstärkt worden. Ich glaube nicht, daß es dann zu den späteren Kriegen gekommen wäre.
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Zitat:
Zitat von
Towarish
Zur Abwechslung sollte man mal die Fehler bei sich selbst suchen.
Deutsche sind nicht fehlerfrei. Deutsche Fehlschläge sind nicht ausschließlich das Produkt von irgendwelchen Dolchstößen.
Viel wichtiger wäre da ein altes Sprichwort: Hochmut kommt vor dem Fall.
:gp: rieeeeschtieeeesch, Bismarck hätte nie des DR schaffen dürfen, dass dann England so gefährlich geworden ist und sein Imperium in Frage stellen wollte und das auch noch friedlich mit Handel und Wandel. Wie konnten unsere Vorfahren auch so plöd sein :hd: So ist es kein Wunder, dass der sich bedroht fühlende Engländer diesen Konkurrenten vernichten musste, so wie er es mit Handelsrivalen schon immer gemacht hatte.
John Maynard Keynes schreibt in seinem Buch: The Economic Consequences of Peace: Die Machtpolitik ist unvermeidlich und es gibt nicht viel Neues zu lernen über diesen Krieg oder den Zweck, warum er geführt wurde. England hat, wie in den vorhergehenden Jahrhunderten, einen Handelsrivalen vernichtet.
Ganz hat das ja nicht geklappt, deshalb musste noch WKII her, hat auch nicht geklappt, jetzt kommt der Hooten Plan zur Umsetzung und der wird wohl wirklich klappen
Bei John F.C Fuller werden die Ursachen von WKI klar genannt, dort steht auch der berühmte Balfour - Henry White Dialog von 1911
ab Seite 386
https://www.amazon.de/Die-Entscheidu...estlichen+Welt
AW: Lies die Einkreisungspolitik der Entente kein Raum für Frieden ?
Wenn alle 1914 dachten , Weihnachten ist der Krieg beendet, dann machte man sich keine Gedanken um den Krieg zu verhindern, das Weihnachten wieder Frieden ist war keine Zweck Propaganda das glaubten alle wirklich vom Schuhputzer bis zum Monarchen oder Präsidenten.