Das
Great Game drehte sich um die Vorherrschaft in
Zentralasien. Die Russen versuchten, über
Turkestan zum Indischen Ozean vorzustoßen, um einen eisfreien Hafen bauen zu können. Dies war seit
Peter I. ein vorrangiges Ziel der russischen
Außenpolitik. Schon 1807 hatten britische Agenten berichtet,
Napoleon und Zar
Alexander I. hätten sich verabredet, gemeinsam
Indien anzugreifen und dem
British Empire den Subkontinent zu entreißen. Dieser Plan wurde zwar nie umgesetzt, die Briten unternahmen in der Folgezeit jedoch alles, um die Expansion des
Zarenreichs in diesem Raum zu verhindern.
1837 war der russische Offizier Witkewitsch auf dem Weg zum
afghanischen Herrscher
Dost Mohammed. Sein Unternehmen war Teil der 1835 begonnenen Annäherung Afghanistans an Russland. In
Kabul traf er auf den britischen Offizier und Vertrauten Dost Mohammeds,
Alexander Burnes. Dieser war im Auftrag der britischen Regierung in Kabul, um einen Vertrag auszuhandeln. Kernproblem dieser Verhandlungen war der Status von
Peschawar. Der britische
Generalgouverneur von
Kalkutta,
Baron Auckland, forderte Dost Mohammed auf, seine Ansprüche auf Peshawar sowie seine Annäherung an Russland aufzugeben. Da diese Forderungen als unannehmbar galten, wurde Burnes aus Kabul ausgewiesen. Gleichzeitig hatte der russische Botschafter Graf Simonitsch das Kommando über die persische Armee übernommen. Daraufhin landeten britische Truppen am
Persischen Golf. Dies hatte zur Folge, dass sich die persischen Truppen zurückzogen und sowohl Simonitsch, als auch Witkewitsch nach Russland zurückbeordert wurden. Schließlich kam es aus dieser Situation zum
Ersten Anglo-Afghanischen Krieg.
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Michail Grigorjewitsch Tschernjajew
General
Tschernjajew eroberte 1864/65
Taschkent und forcierte damit unter Zar
Alexander II. die Ausdehnung Russlands in den transkaspischen Raum und nach Zentralasien. Das spätere
Kasachstan war bereits ab der Mitte des 18. Jahrhunderts sukzessive dem russischen Zarenreich eingegliedert worden. Es kam in der Folge dort zur Bildung der drei kasak-kirgisischen Horden. Im 19. Jahrhundert kam es vermehrt zu kasachischem Widerstand gegen die russische Herrschaft: Auf dem Gebiet des einstigen
Kasachen-Khanates wurde nun die
Bökey-Horde begründet, die das Khanat restaurieren wollte. Doch wurde das nachmalige Kasachstan durch General
Konstantin Petrowitsch von Kaufmann (1818–1882) unterworfen und in der Folge dem
Generalgouvernement Turkestan unterstellt, in dem die gesamten russischen Erwerbungen in Zentralasien zusammengefasst wurden. An dessen Spitze stand Kaufmann. Unter ihm wurde vorübergehend auch das Kuldschagebiet (heute
Gulja oder Yining, Teil des Uigurischen Autonomen Gebiets
Xinjiang) eingenommen, welches jedoch 1881 an China zurückgegeben werden musste.
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Turkestan um 1900
Danach fielen in rascher Folge auch
Chudschand,
Jizzax und
Samarkand (bedeutende Knotenpunkte der
Seidenstraße) in russische Hand. 1881–85 wurde das transkaspische Gebiet im Zug eines Feldzugs
annektiert, den die Generäle
Michail Nikolajewitsch Annenkow und
Michail Dmitrijewitsch Skobelew leiteten; unter anderem
Aschgabat und
Merw (beide im heutigen Turkmenistan; vgl.
Vertrag von Achal zwischen dem Russischen Reich und
Persien) kamen unter russische Kontrolle.
Die russische Expansion südwärts kam 1887 zum Stillstand, als mit dem Kontrahenten Großbritannien die afghanische Nordgrenze festgelegt wurde, die gleichzeitig als Demarkationslinie der Interessen- und Einflusssphären festgeschrieben worden war. Afghanistan wurde so zum
Pufferstaat zwischen den beiden imperialen Mächten, was 1907 im
Vertrag von Sankt Petersburg bekräftigt wurde. Das
Emirat Buchara sowie das
Khanat Chiwa blieben formell unabhängig, waren jedoch im Wesentlichen
Protektorate entlang der Kette von
Fürstenstaaten im Norden
Britisch-Indiens (Chiwa ab 1873).
Ab den 1870er- und 1880er-Jahren spielte Turkestan auch durch den
Baumwollanbau eine relativ bedeutende ökonomische Rolle im Russischen Reich; durch die Folgen des
Amerikanischen Bürgerkriegs waren die Weltmarktpreise für den
Rohstoff erheblich gestiegen. Die
transkaspische Eisenbahn von Krasnowodsk (heute
Türkmenbasy) über Samarkand nach Taschkent sowie die
Trans-Aral-Eisenbahn von
Orenburg nach Taschkent wurden gebaut. Die
Turkestan-Sibirische Eisenbahn (Turksib) war bei Ausbruch des
Ersten Weltkriegs noch in Planung und wurde erst zwischen 1927 und 1931 fertiggestellt.
Vor dem
Ersten Weltkrieg dominierten andere Prioritäten die Außenpolitik der Kontrahenten: Durch den Beitritt Russlands zur
Entente cordiale 1907 wurde diese zur
Triple Entente erweitert, die vornehmlich gegen die weltpolitischen Ambitionen des
Deutschen Kaiserreichs gerichtet war (siehe dazu
Bagdadbahn). Deutsche Militärs und Politiker planten im Ersten Weltkrieg, Truppen nach Zentralasien zu schicken.
[5] Zudem war
Japan zu einem neuen Gegner Russlands auf dem asiatischen Kontinent bzw. in Fernost avanciert (vgl.
Russisch-Japanischer Krieg).
Die letzte koloniale Erwerbung des Russischen Kaiserreichs war
Tuwa, das 1911 von russischen Truppen besetzt wurde und formal als Protektorat galt, bis es am 17. April 1914 offiziell in das Russische Reich eingegliedert worden ist.
In den 1920er und 1930er Jahren verlagerte sich das Great Game nach
Turkestan und
Afghanistan sowie auf politische Konflikte und Reibereien in der
Türkei,
Persien und
Britisch-Indien.