Libyen-Krieg: "Westerwelle feuern"
Der Philosoph Bernard-Henri Lévy über Bomben gegen Gadhafi und den deutschen "Populärpazifismus".
Von Gero von Randow
31. März 2011 DIE ZEIT Nr. 14/2011 248 Kommentare
DIE ZEIT : Herr Lévy, mit seiner Intervention ist der Westen nun mitverantwortlich für das Geschehen in Libyen. Wenn es nach dem Sturz Gadhafis zu Racheakten kommen sollte, was dann?
Bernard-Henri Lévy : Versuchen, sie zu verhindern, natürlich. Auch da hätten wir eine "Schutzverantwortung". Aber ich sehe zurzeit nicht, dass es in großem Stil dazu kommt. Natürlich kann ich mich täuschen. Aber ich habe diese jungen Kämpfer gesehen, ihre Kommandeure, ihre politischen Führer. Ich halte sie grundsätzlich für gute Leute. Und sie wissen, dass die Welt auf sie blickt. Sollte es dennoch zu einer Welle von Repressalien kommen, so dürften politische Initiativen ausreichen – und gewiss keine größeren militärischen Aufgebote nötig sein. ….
ZEIT : Ihre Kritik gilt auch den Deutschen?
Lévy : Der Populärpazifismus des Herrn Westerwelle hat dazu geführt, dass die Koalition wertvolle Zeit verlor. Seit Jahrzehnten hat es keine dermaßen tiefe Uneinigkeit zwischen Deutschland und Frankreich mehr gegeben.
ZEIT : Wie erklären Sie die deutsche Position?
Lévy : Erstens durch bösen Zufall.
Den unglücklichen Umstand, dass ein mittelmäßiger, inkompetenter, vielleicht sogar ahnungsloser Minister Regie führt, der, wie damals Haider oder heute Berlusconi, dem Weltdesaster nicht gewachsen ist, das Gadhafi heißt. Sodann durch die Tatsache, dass ein Mann wie zu Guttenberg, der – wer weiß? – die Dinge vielleicht ins Lot gebracht hätte, unmittelbar vor der Krise gezwungen war, zu gehen. Und schließlich durch die kurzsichtige Wahltaktik einer Frau Merkel.
ZEIT : Wie könnte Deutschland den Schaden begrenzen?
Lévy : Kurzfristig: Westerwelle feuern. Mittelfristig: Zusammen mit Frankreich die Scherben aufsammeln . ……
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