AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Zitat:
Zitat von
Beverly
Naja, so gesehen endet der Protestantismus mit einem Winseln, seine intoleranten Konkurrenten (Katholizismus, Islam ...) werden mit einem Knall enden. Der Protestantismus löst sich von innen nach außen auf, wobei die Fassade als erstes brüchig wird. Bei den Konkurrenten wird die dogmatische Fassade bis zuletzt bestehen bleiben, um dann in sich zusammenzufallen, weil dahinter nichts mehr ist.
Die Frage ist eben, wer die entstehenden Lücken füllt, welche jeweils repressive Macht im Aufwind ist, um in den Leerraum vorzustoßen. Der Islam expandiert in unseren Landen ja in aller Regel nicht missionarisch, sondern populationsreproduktiv.
Insofern mag wieder eine politische Religion entstehen.
Verfällt der alte Glaube, dann bauen die Menschen sich einen. Der mit dem Drang des Neuen auftritt, das sich erst noch behaupten muss. Entsprechend geht man dann vor.
Was so viele Leute sich hier oberflächlich begreifbarerweise wünschen, ist ein Mythos von religiöser Bindekraft, der gleichzeitig den Bestand einer liberaldemokratisch-toleranten Gesellschaft garantiert.
Das aber ist ein Widerspruch in sich.
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Man muss kein Kommunist sein, um Karl Marx Recht zu geben:
"Religion ist Opium fürs Volk!"
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Zitat:
Zitat von
Beverly
Damit hast du den Punkt angesprochen, weshalb ich für 4 - weiß nicht - gestimmt habe.
Ein für alle verbindlicher Mythos wird dadurch repressiv, dass er Andersdenken marginalisiert, gar verfolgt.
Aber der totale Verzicht auf einen modernen, zeitgemäßen Mythos kann ebenso repressiv werden, weil er
1. qua "verbindlicher Unverbindlichkeit" die Menschen in totale Orientierungslosigkeit zwingt
2. ein Vakuum schafft, in das von Scientology bis zum christlichen und islamischen Fundamentalismus repressive Mythologien drängen
Das ist ohne Zweifel richtig.
"Wenn Menschen aufhören, an Gott zu glauben, dann glauben sie nicht an nichts, sondern an alles Mögliche. Das ist die Chance der Propheten – und sie kommen in Scharen", schrieb C.K. Chesterton.
Wir haben hier ein Dilemma, aus dem man nicht herauskommen wird, niemals.
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
@ Dragon1974
Marx nannte die Religion mW: Das Opium des Volkes.
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Zitat:
Zitat von
Beverly
Hier möchte ich eure Meinung zu einigen Fragen wissen, die mir ab und zu auf den Nägeln brennen und gerade mal wieder. Es geht um "Religion" im allerweitesten Sinne, also sowohl geoffenbarte als auch philosophische und egal ob sie von Göttern, Propheten oder Philosophen in die Welt gesetzt wurde.
Da sind folgende Antworten möglich:
1. Konservativ: mit den bestehnden Religionen kommen wir im Großen und Ganzen klar. Der Katholik mag da den Buddhisten vielleicht nicht so mögen, aber Katholizismus und Buddhismus haben hinsichtlich geistiger und vor allem institutioneller Strukturen doch viel Gemeinsam. Z. B. Klöster ;)
2. Aufklärung: Religion ist Unfug und sie soll ins Private verbannt werden, im Allgemeinen und Öffentlichen hat sie nicht mehr Platz als x-beliebige andere Vereine auch. So wurde es in der Sowjetunion gemacht - aber trat da nicht die KP als Sinnstifter an die Stelle der Kirche?
3. Aufklärung v. 2: Religion war der Mythos vormoderner Epchen, der in der Moderne von zeitgemäßen Mythen abgelöst werden muss. Man verachtet als Aufklärer die Religionen nicht per se, sieht vielmehr Parallelen zwischen ihrem vormodernen Mythen und den Mythen der Moderne, an denen man selbst bastelt.
Da stellt sich nun die Frage, wie es mit der Menschheit weiter gehen soll:
- mit den alten Religionen
- mit einer modernen Mythologie
- ganz ohne Religion und Mythos
Der Mensch hat vor 50.00 Jahren schon Fragen , rund um das Leben , die Herkunft solche Dinge , beantworten zu versucht . Heute machen wir es mit der Wissenschaft . Ob diese jedoch immer stimmt , ist fraglich .
Daher verstehe ich deine Frage irgendwie nicht ? Wie soll es schon weiter gehen ? Religionen sterben nie . Allerdings sollte der Mensch bereit sein zu erkennen , dass man sich wegen verschiedenen Ansichten nicht wegbomben muss .
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Zitat:
Zitat von
-jmw-
Marx nannte die Religion mW: Das Opium des Volkes.
Stimmt. Die falsche Zitation ärgert mich auch immer, weil die Bedeutung im eigentlichen Wortklang eine andere Bedeutung gewinnt:
Zitat:
Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen, das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.
Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks: Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Zitat:
Zitat von
Sauerländer
Die Frage ist eben, wer die entstehenden Lücken füllt, welche jeweils repressive Macht im Aufwind ist, um in den Leerraum vorzustoßen. Der Islam expandiert in unseren Landen ja in aller Regel nicht missionarisch, sondern populationsreproduktiv.
Insofern mag wieder eine politische Religion entstehen.
Verfällt der alte Glaube, dann bauen die Menschen sich einen. Der mit dem Drang des Neuen auftritt, das sich erst noch behaupten muss. Entsprechend geht man dann vor.
Was so viele Leute sich hier oberflächlich begreifbarerweise wünschen, ist ein Mythos von religiöser Bindekraft, der gleichzeitig den Bestand einer liberaldemokratisch-toleranten Gesellschaft garantiert.
Das aber ist ein Widerspruch in sich.
Die Wissenschaft hat die Religion ja bereits als Deutungsinstanz der materiellen Welt weitgehend entthrohnt, mögen auch die Kreationisten noch so hartnäckige Rückzugsgefechte führen.
Die Wissenschaft und darunter vor allem das Evolutionsparadigma wird weiter vordringen agesichts der Fortschritte in der Hirnforschung und Genetik, um die beiden "heißesten" Felder zu benennen. Dies ist allerdings ein langsamer Prozess, da sich Genom und Gehirn als ungeheuer komplexe Systeme erweisen.
Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind allerdings nicht geeignet, um einen neuen "Mythos für die Masse" zu kreieren, eher eine elitäre Herrschafts-"religion" für eine Führungsschicht, die sich dann auch genetische Optimierung oder nanotechnisches "brain-boosting" leisten kann. Für den großen Rest der Weltbevölkerung wird es wohl bei den alten Religionen bleiben.
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Zitat:
Zitat von
Nordic Wolf
Der Mensch hat vor 50.00 Jahren schon Fragen , rund um das Leben , die Herkunft solche Dinge , beantworten zu versucht . Heute machen wir es mit der Wissenschaft . Ob diese jedoch immer stimmt , ist fraglich .
Daher verstehe ich deine Frage irgendwie nicht ? Wie soll es schon weiter gehen ? Religionen sterben nie . Allerdings sollte der Mensch bereit sein zu erkennen , dass man sich wegen verschiedenen Ansichten nicht wegbomben muss .
Doch: Meines Wissens werden Zeus, Marduk und Osiris nicht mehr verehrt.
Für die heute existierenden Religionen ist das allerdings schwer vorstellbar.
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Der neue Mythos wird kommen, so wie der Alte einst kam.
----
AW: "Moderne und Mythos" - Brauchen wir eine neue "Religion" und Weltanschauung?
Grosses Potential dürften die Raelianer haben: Die sind friedlich, liberal, hedonistisch, sexuell völlig freizügig, setzen auf die Wissenschaft und streben das Klonen von Menschen an - erst Kinder, dann Erwachsene, dann der "Upload" des eigenen Bewußtseines, der Erinnerungen und Co. aus dem alten, absterenden Körper in einen neuen, jungen, schönen und gesunden.
Sehr vielversprechend.