Arbeit am Nuklearprogramm
Zu Beginn des
Zweiten Weltkriegs wurden er und andere Physiker (zum Beispiel
Otto Hahn und
Carl Friedrich von Weizsäcker) in das Heereswaffenamt berufen. Ihre Aufgabe im Rahmen des
Uranprojektes sollte sein, Einsatzmöglichkeiten der
Kernspaltung zu finden. Heisenberg stieß zwar erst relativ spät zu dem Projekt, arbeitete jedoch intensiv daran und übernahm bald eine führende Rolle. Er und seine Kollegen kamen schon früh zu dem Schluss, dass die aufwändige Anreicherung des Spaltstoffes Uran 235 mit den allgemein zur Verfügung stehenden Ressourcen während der voraussichtlichen Restdauer des Krieges nicht zu machen war, und informierten dahingehend am 4. Juni 1942
Albert Speer. Allerdings verschwiegen sie (oder sprachen davon nur in Andeutungen) die Möglichkeit, eine
Plutoniumbombe zu bauen, bei der die Trennung viel einfacher chemisch ablaufen konnte und für die nur ein Natururan-Reaktor mit Schwerwasser als Moderator erforderlich war (ähnlich wie zum Beispiel der heutige kanadische
Candu-Reaktortyp, mit dessen Hilfe Indien in den Besitz von
Kernwaffen kam). Auf die entscheidende Frage Speers, wie lange sie für eine Bombe bräuchten, gab er drei bis fünf Jahre an – womit das Projekt seine Priorität verlor.
Im weiteren Verlauf arbeiteten die deutschen Kernphysiker nur noch an einem Schwerwasserreaktor, der am Ende des Krieges ins schwäbische
Haigerloch ausgelagert wurde. In den Experimenten der letzten Kriegstage, drei Jahre nach der erfolgreichen Inbetriebnahme eines
Graphit-moderierten Reaktors durch
Enrico Fermi in Chicago, gelang es beinahe, den
Forschungsreaktor Haigerloch kritisch werden zu lassen.
Das Gespräch mit Bohr in Kopenhagen
Auf dem Höhepunkt der militärischen Erfolge des nationalsozialistischen Deutschlands reiste Heisenberg mit
Carl Friedrich von Weizsäcker im Jahre 1941 nach
Kopenhagen, um mit seinem väterlichen Freund
Niels Bohr über die Implikationen einer deutschen Atombombe zu sprechen. Außerdem wollte er, laut seinen späteren Aussagen, den Physikern in Amerika so die Botschaft zukommen lassen, dass die deutschen Physiker die Arbeit an der Bombe zurückgestellt hätten. Bohr, dessen Mutter jüdischer Herkunft war und der im dänischen Widerstand gegen die Deutschen aktiv war, reagierte jedoch schockiert. Er verstand die Äußerungen Heisenbergs so, dass Deutschland tatsächlich ernsthaft an einer Atombombe forschte und verweigerte sich weiteren Gesprächen. Kurz darauf floh er über Schweden in die USA, wo er den
Los Alamos-Physikern – so erinnert sich
Hans Bethe– das Gespräch mit der Skizze einer Bombe, die in Wirklichkeit ein Reaktor war, rekonstruierte. Im Nachhinein deutete Heisenberg sein eigenes Vorgehen als naiv und die Schlussfolgerungen Bohrs als auf einem Missverständnis beruhend. Nach dem Krieg äußerten besonders die Mitglieder der amerikanischen
Alsos-Mission (ihr Mitglied
Samuel Abraham Goudsmit schrieb darüber ein gleichnamiges Buch), die die nukleare „Hinterlassenschaft“ der deutschen Physiker einsammelten, den Verdacht, dass Heisenberg die Physik der Kernreaktoren/Atombomben wohl nicht gemeistert habe. Daraufhin wehrte sich Heisenberg, indem er moralische Gründe für das
Herunterfahren des deutschen Atombomben-Programms in den Vordergrund stellte.