Die Vorstellungen verändern sich
Ma Xiaojuan, Mitarbeiterin von Xincheng Life Insurance Company, ist für den Verkauf von Versicherungspolicen zuständig. Ihre 5-jährige Berufserfahrung zeigt ihr, dass es besonders schwer ist, jungen Menschen eine Rentenversicherungspolice zu verkaufen.
„In den vergangenen fünf Jahren habe ich meinen Bekannten mehrmals erklärt, dass sie einen Plan für ihre Altersversorgung so früh wie möglich ausarbeiten sollen. Leider verstehen mich nur wenige von ihnen. Viele sind der Ansicht, dass ich es wegen meiner Arbeit mache. Und diejenigen, die in den Staatsorganen arbeiten, vertreten die Ansicht, dass sie von ihrer Rente gut leben können. Es sei demnach unnötig, eine private Zusatzversorgung für sich selbst zu besorgen. In der Tat kann man mit der staatlich garantierten Rente nur den notwendigen Lebensunterhalt absichern“, erklärt Frau Ma Xiaojuan.
Zhang Xiaotian, ein Bekannter von Mao Xiaojuan, ist einer von den wenigen, die dem Rat von Frau Ma folgten und eine private Zusatzversorgungspolice für sich selbst kaufte. „Nachdem ich meinen Lohnzettel angeschaut habe, weiß ich endlich, dass ich monatlich 300 Yuan für Rentenleistung gezahlt habe. Hinzu kommen noch die Beiträge, die von der Unternehmensseite geleistet werden, so dass ich monatlich 1000 Yuan erhalte, nachdem ich in den Ruhestand getreten bin. Mal abgesehen von Preiserhöhungen kann ich mit diesem Geld sehr schlecht leben.“ Nach der gründlichen Überlegung kaufte er Rentenversicherungspolicen. Zwar muss er jedes Jahr einige Tausende Yuan einzahlen, aber er fühlt sich dadurch um einige Sorgen leichter.
Im April 2007 legte die AXA Group in Frankreich, der weltweit größte Versicherungskonzern, einen Bericht in Bezug auf die Lebensverhältnisse der Rentner in der ganzen Welt vor. Das Ergebnis zeigt, dass die chinesischen Beschäftigten im Durchschnitt monatlich 625 Yuan für Rentenbeiträge bezahlt haben. Im Vergleich zu den Rentenbezügen der jetzigen Rentner (die betragen im Durchschnitt 966 Yuan pro Monat) sind dies ungefähr 60%.
„Aber im Vergleich zu den älteren Generationen wird der Ruhestand der jetzigen Beschäftigten nicht mehr total von der Rentenversicherung abhängig sein, weil sie damit begonnen haben, die Rentenleistungen auch durch privates Sparen, Investitionen in Wertpapiere, Aktienfonds und Immobilien abzusichern.“
Ein riesiger Markt
Standard Chartered Bank hat mehr als 1700 Menschen, die über 24 Jahre alt sind und deren Jahreseinkommen zwischen 60 000 und 500 000 Yuan beträgt, befragt. Das Ergebnis zeigt, dass sich nur 28,08% der Befragten über die Rentenversicherung durch privates Sparen informieren. Daraus kann man schlussfolgern, dass der chinesische Markt für die private Altersversorgung über ein großes Entwicklungspotential verfügt.
Laut dem Bericht von Standard Chartered Bank gab es Ende 2006 in China nur 31 Angebote in Bezug auf die Rentenversicherung, die von den Versicherungsagenturen entwickelt wurden. Zwar erreicht die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Geschäfte in diesem Bereich 27%, jedoch betrugen die Einnahmen durch die geleisteten Versicherungsbeiträge im Jahr 2006 nur 77,8 Milliarden Yuan.
Im Juli 2007 wurde die Zweigstelle der Chinesischen Altersversicherungsgesellschaft Ping’an in Beijing ins Leben gerufen. Sie ist die erste Gesellschaft in Beijing, die speziell für die Altersvorsorge zuständig ist. Bis jetzt hat Ping’an schon 35 Zweigstellen im ganzen Land gegründet.
Als eine große Versicherungsagentur legt Ping’an großen Wert auf Rentenversicherungen. Der Grund liegt zweifelsohne in den großen Geschäftsmöglichkeiten. Vor allem erregt die Betriebsrente ihre Aufmerksamkeit.
Die im Ausland sehr populäre Betriebsrente wurde erst vor kurzem in China eingeführt.
Die Staatsregierung gewährt den Unternehmen einen angemessenen Anreiz, die Betriebsrente als einen wichtigen Zusatz zur Rentenversicherung aufzubauen. Bis 2006 erreichten die geleisteten Beiträge der Betriebsrente 90 Milliarden Yuan. Allein im Jahr 2006 waren 6,55 Millionen Menschen in der Betriebsrente erfasst und die geleisteten Beträge betrugen 9,1 Milliarden Yuan.
„Zur Zeit untersuchen viele bekannte Gelehrte und Beratungsinstitutionen den Markt für die chinesische Betriebsrente. Nach ihrer Einschätzung werden die geleisteten Beiträge in die Betriebsrente im Jahr 2010 bei 1,8 Billionen und im Jahr 2030 bei 3 Billionen Yuan liegen“,
erklärt Zhao Weixing, Generalmanager der Altersversicherungsgesellschaft Ping’an.
Der große Markt der chinesischen Betriebsrente hat auch die Aufmerksamkeit der ausländischen Versicherungsagenturen auf sich gelenkt. Einige internationale Versicherungskonzerne wie AEGON aus Holland, Manulife aus Kanada und die Allianz AG aus Deutschland wollen durch Kapitalbeteiligung an chinesischen Unternehmen in den chinesischen Betriebsrentenmarkt einsteigen.
Überdies ist der chinesische Markt für Altersversorgung sehr attraktiv für ausländische Investoren. Im Juni 2006 wurde mit dem Bau eines deutschen Altersheims namens Augustinum in Shanghai begonnen. Laut Plan soll es im Jahr 2010 in Betrieb genommen werden. 940 Millionen Yuan werden in dieses Projekt investiert. Zur gleichen Zeit kamen auch einige deutsche und japanische Investoren in die Stadt Qingdao, die im Küstengebiet im Osten Chinas liegt, um mit der chinesischen Seite über die Gründung eines Altersheims zu sprechen.
Nach einer Untersuchung des Allchinesischen Arbeitskomitees für Senioren wollen zwar nur 5% der Senioren im Altersheim leben, jedoch wird man 7 Millionen Betten anbieten müssen, um den vorhandenen Bedarf zu decken. Leider stehen zur Zeit nur knapp 2 Millionen Betten in Altersheimen zur Verfügung.
„Vorher haben wir uns nie vorstellen können, dass die chinesische Altersversicherung, die sich stets in einer schwierigen Lage befand, Geschäftsmöglichkeiten für ausländische Investoren bietet“,
sagt Li Xuehua, Leiterin des Arbeitsbüros für Senioren der Stadt Qingdao, die bereits viele ausländische Sondierungsteams empfangen hat.
Kurzinfo: das Rentensystem in China
Das derzeitige Rentensystem Chinas besteht aus
drei Säulen: einer Grundsicherung, einer betrieblichen und einer freiwilligen privaten Zusatzversorgung. Die Grundsicherung, auch staatliche Grundsicherung genannt, ist nach den einheitlichen Bestimmungen der Staatsregierung verpflichtend.
Der Arbeitgeber zahlt seinen von der Regierung festgesetzten Beitrag auf ein Sozialkonto (20% der Lohnsumme der im Betrieb Angestellten), und der Arbeitnehmer zahlt 8% seines Monatsgehalts auf sein individuelles Konto.
Nach 15 Jahren der Teilnahme an der Rentenversicherung kann der Beschäftigte eine monatliche Rente bekommen, wenn er in den Ruhestand tritt. Zur Zeit ist die Grundsicherung die wichtigste Säule bei der Altersversorgung der urbanen Beschäftigten.
Für die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung, bietet der Staat finanzielle Anreize. Nur auf der Grundlage, dass der Arbeitgeber gesetzesgemäß an der ersten Säule der Altersversorgung teilgenommen und die Beiträge hierfür geleistet hat, darf er eine freiwillige betriebliche Altervorsorge etablieren. Bis heute haben nur wenige chinesische Unternehmen ein System der betrieblichen Altersvorsorge für ihre Beschäftigten aufgebaut.
Es gibt jedoch immer mehr Unternehmen, die diese Form der Altersversorgung einführen wollen. Nach einer Schätzung der Weltbank werden die für die Betriebsrente geleisteten Beiträge in China im Jahr 2010 eine Billion Yuan erreichen.
Und die Beiträge, die als freiwillige private Zusatzversorgung vom Arbeitnehmer geleistet werden, gehen auf ein Individualkonto, welches von einer lokalen Versicherungsinstitution bei den entsprechenden Banken eingerichtet wird. Der Zinssatz wird gleich hoch oder höher liegen als der sonst übliche von Bankeinlagen für die städtische und ländliche Bevölkerung. Dadurch können die Beschäftigten angespornt werden, an der Altersversorgung durch privates Sparen teilzunehmen.
Weil die Grundsicherung nur den grundlegenden Lebensunterhalt garantiert, spielt private Vorsorge bei der Altersversorgung eine sehr wichtige Rolle. Bis Ende 2006 betrug die gesamte Summe der Bankeinlagen der chinesischen Bevölkerung 1,642 Billionen Yuan und die Zahl der individuellen Sparkontos erreichte 300 Millionen.
http://www.chinatoday.com.cn/ctgerma...tent_87999.htm