Zitat:
DR. LATERNSER: Die Widerlegung der Anklage bezüglich des Kommissarbefehls ergänze ich durch weitere eidesstattliche Erklärungen. Ich habe dazu insgesamt 82 der Kommission überreicht, die die Nummern 301 bis 376 tragen.
Ich würde an sich sehr gerne etwas ausführlicher auf diesen Punkt eingehen. Ich möchte es aber in Anbetracht der Eiligkeit unterlassen und nur auf besondere Punkte hinweisen, auf die ich jedoch unbedingt hinweisen muß.
Die Aussage des Generals Warlimont im Affidavit Nummer 301a zeigt den Widerstand gegen den Befehl schon bei seiner Entstehung im OKW und OKH und die vergeblichen Versuche, ihn überhaupt zu verhindern. Der Chef des Generalstabs des Heeres, Generaloberst Zeitzler, hat sofort bei Hitler gegen diesen Befehl Stellung genommen, und seinen energischen Gegenvorstellungen [431] ist es zu verdanken, daß die Aufhebung des Befehls erreicht wurde. Das ergibt sich aus der Urkunde 302b. Ich bitte, aus dieser wichtigen Urkunde einen Absatz zitieren zu dürfen; es ist 301b.
VORSITZENDER: Ich dachte 302b. Welches ist die richtige Nummer?
DR. LATERNSER: Ja, ich glaube, hier ist ein Irrtum eingetreten. In der Liste, die Herrn Präsidenten vorliegt, hat dieses Dokument die Nummer 301b.
VORSITZENDER: Ich verstehe.
DR. LATERNSER: Ich zitiere:
»Nach meinem Dienstantritt als Chef des Generalstabs des Heeres bin ich in einem Gespräch unter vier Augen mit Adolf Hitler auf diesen Befehl sehr ernst und deutlich, und ihn ausführlich von allen Seiten beleuchtend, zu sprechen gekommen. Adolf Hitler war damals, wie ich mich entsinne, sehr beeindruckt davon. Das fiel mir auf, weil er ja sonst seine einmal festgelegte Ansicht in solchen Fragen nie änderte, und einem, wenn man solche Fragen anrührte, sofort das Wort abschnitt. Deshalb bin ich mehrmals darauf zurückgekommen und glaube, eine Änderung seiner Einstellung erreicht zu haben.«
Auf die übrigen eidesstattlichen Erklärungen verweise ich.
Ich möchte insbesondere hinweisen auf das Affidavit 315. Aus diesem ergibt sich nämlich, daß Generaloberst Höppner der Oberbefehlshaber der Panzergruppe 4, in derselben Weise gehandelt hat wie auch die anderen Oberbefehlshaber, also den Befehl nicht durchführte.
Ich beziehe mich dann auf die eidesstattlichen Erklärungen 324 a, b und c. Mit diesen Urkunden widerlege ich die Russische Anklage auf Seite 1 des Dokuments, USSR-62. Der General der Panzertruppe Nehring bestätigt ausdrücklich in dieser eidesstattlichen Erklärung, daß der Befehl in seinem Bereich nicht durchgeführt worden ist. Diese Aussage wird bestätigt durch Affidavit 336.
VORSITZENDER: Fahren Sie fort, Dr. Laternser.
DR. LATERNSER: Die Aussage des Generalmajors Pape, und zwar in Affidavit Nummer 333, widerlegt auch für den Bereich dieser Division, und zwar derselben Division, die damals von dem späteren Feldmarschall Model geführt worden ist, die Russische Anklage gemäß USSR-62, die eine Aussage des Soldaten Trest zugrunde legt. In dieser Division ist zur Zeit, als Feldmarschall Model, natürlich in einem niedrigeren Dienstgrad, diese Division führte, der Befehl niemals durchgeführt worden.
Die Aussage des Admirals Schmundt in Affidavit 349 zeigt, daß der Befehl auch in der Marine, für die er ja an sich nur untergeordnete Bedeutung hatte, auf Ablehnung stieß.
[432] Daß auch bei den verbündeten Truppen keine völkerrechtswidrige Behandlung der russischen Kommissare stattfand, bezeugt die Aussage des Oberstleutnants Fellmer – Affidavit 376 – hinsichtlich der 13. rumänischen Division und für den Bereich des italienischen Expeditionskorps; er hatte den Befehl nicht zur Weitergabe erhalten und auch nicht weitergegeben.
Ich bitte das Gericht, die Zusammenfassung, die in der Liste über die eidesstattlichen Erklärungen zum Kommissarbefehl enthalten ist, besonders eingehend studieren zu wollen, weil sich aus der Summe ergibt, daß der Befehl nicht durchgeführt worden ist. Ich wäre sicher in der Lage gewesen, noch weitere Beweise zu diesem Punkt vorzubringen, wenn mir noch weitere Zeit zur Verfügung gestanden haben würde.
VORSITZENDER: Sie haben schon auf 75 Affidavits Bezug genommen, ich denke, das genügt. Ich sage, Sie haben sich schon auf 75 Affidavits bezogen.
DR. LATERNSER: Zum Bandenkampf: Die Anklage behauptet, daß dieser Kampf, insbesondere im Osten, völkerrechtswidrig geführt worden sei. Zum Beweis für diese Behauptungen hat die Anklage sich bezogen auf das Affidavit Nummer 15 des Generals Röttiger, US-559, auf das Affidavit Nummer 20 des Generals Heusinger, US-564, auf das Affidavit Nummer 17, US-562, und auf die Aussagen des Zeugen von dem Bach-Zelewski.
Ich habe vor der Kommission die Zeugen Röttiger und Heusinger ins Kreuzverhör genommen und bitte das Gericht, von diesen Protokollen Kenntnis zu nehmen. General Röttiger hatte mit seinem Affidavit Nummer 15, US-559, eine ungewöhnlich schwere Belastung hervorgerufen.
Ich bitte das Gericht, einige Stellen über die Vernehmung vor der Kommission zu diesem Punkte verlesen zu dürfen.
General Röttiger hatte nämlich behauptet, daß Befehle des OKH vorgelegen hätten, mit schärfsten Mitteln durchzugreifen, ferner, daß die Zahl der Gefangenen des Feindes...
VORSITZENDER: Dr. Laternser! Wir müssen nicht diese Einzelheiten in Betracht ziehen, sondern den verbrecherischen Charakter der angeklagten Organisation: Erstens, ob sie eine Organisation im Sinne des Statuts ist, und zweitens, ob sie verbrecherisch ist.
Hier wollen Sie unsere Aufmerksamkeit auf Einzelheiten des Bandenkampfes in Ihrem Kreuzverhör eines Zeugen vor der Kommission lenken. Wie ich Ihnen dargelegt habe, haben wir fast 3000 eidesstattliche Versicherungen in Ihrem Fall in Betracht zu ziehen. Wenn Sie uns nur die Nummern der Affidavits geben wollten, die, wie Sie sagen, auf gewisse Angelegenheiten Bezug nehmen, dann [433] werden wir wissen, was sich auf diese Angelegenheiten bezieht und werden es in Betracht ziehen können.
DR. LATERNSER: Diese Einzelheiten hat aber die Anklage vorgetragen, sie sind besonders belastender Natur, und ich will deren Gegenteil beweisen...
VORSITZENDER: Ja, sie hat das getan, und wir haben den entsprechenden Hinweis. Sie sind in den Affidavits US-559 bis 564 vorgelegt worden, und ich weiß auch genau, daß Sie den Zeugen ins Kreuzverhör genommen haben. Ich will aber jetzt wissen, auf welche eidesstattliche Versicherungen als Antwort auf die Ausführungen der Anklagebehörde bezüglich des Partisanenkampfes Sie unsere Aufmerksamkeit lenken wollen.
DR. LATERNSER: Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichts auf das Kommissionsprotokoll. Ergebnis des Kreuzverhörs ist, daß das von der Anklage vorgelegte Affidavit des Generals Röttiger nicht mehr besteht. Zum Gegenbeweis beziehe ich mich auf die Affidavits 901 bis 1043 und, was die Niederschlagung des Warschauer Aufstandes anlangt, auf die Affidavits 1501 bis 1507. Im einzelnen dazu:
Die Erklärungen 901 bis 905 enthalten allgemeine Abhandlungen über den Bandenkrieg und seine Bekämpfung auf allen Kriegsschauplätzen. Besonders beachtenswert ist das Affidavit 903 des Feldmarschalls von Weichs. Die Affidavits 906 bis 931 geben Beispiele von der Kampfesweise der Banden, während in den Erklärungen 906 bis 920 besonders grausame Handlungen der Banden beschrieben sind.
Die Affidavits 921 bis 924 beweisen das völkerrechtswidrige Auftreten der Banditen, was Kleidung, Waffen und Einzelheiten anlangt.
Durch die Affidavits Nummer 925 bis 931 wird das Ausmaß der Sabotageakte an Eisenbahnen beschrieben. Daß deutscherseits dennoch nach den Regeln des Völkerrechts gekämpft worden ist, beweisen die Affidavits Nummer 932 bis 970. Aus ihnen ergibt sich, daß die Bandenangehörigen wie Kriegsgefangene behandelt worden sind.
Aus den eidesstattlichen Erklärungen 972 bis 1032 ergibt sich, daß von Befehlen oder Absichten der Obersten Führung, die Bandenbekämpfung zum Zwecke der Ausrottung von Juden oder Slawen zu führen, im Bereiche der Front keine Rede gewesen ist.
Die Affidavits 1033 bis 1040 und 1050 befassen sich mit dem Vorwurf gegen den Oberbefehlshaber der 18. Armee, daß er am 30. Oktober 1942 befohlen habe, alle Bandenangehörigen ohne Unterschied zu erschießen. Hierzu verweise ich auf die eidesstattliche Erklärung des Generaloberst Lindemann selbst, das war nämlich [434] der Oberbefehlshaber der 18. Armee, aus der sich ergibt, daß ein derartiger Befehl niemals gegeben worden ist. Er bezeichnet die Eintragung im Kriegstagebuch des Wehrmachtführungsstabes, 1786-PS, als unrichtig. Dieses Affidavit liegt in Übersetzung vor.
Die eidesstattliche Erklärung Nummer 1041 des Generals von Mellenthin ist eine Schilderung über ein großes Bandenunternehmen. Trotz eines Antrages der Heeresgruppe Nord beim Oberkommando des Heeres, die Durchführung dem Heer zu übertragen, ist dieses Unternehmen unter der Leitung Himmlers durch General der Polizei von dem Bach-Zelewski durchgeführt worden. Dieses Affidavit dient als Gegenbeweis zur Aussage von dem Bach-Zelewski, in der er sich selbst nur als Meldesammelstelle bezeichnet hatte. Zum Gegenbeweis dafür, daß diese Behauptung des Zeugen von dem Bach-Zelewski unrichtig ist, verweise ich weiter auf die Aussage des Zeugen Heusinger vor der Kommission.