German Angst / Deutschland 2015
Original-Titel: German Angst
Filmstart in Deutschland: 07.05.2015
R: Jörg Buttgereit, Michal Kosakowski, Andreas Marschall
B: Jörg Buttgereit, Goran Mimica, Andreas Marschall
P: Michal Kosakowski
K: Sven Jakob-Engelmann
S: Michal Kosakowski, Andreas Marschall
Musik: Musica Pesante
V: Drop-Out Cinema
L: 112 Min
FSK: 18
D: Lola Gave, Axel Holst, Andreas Pape, Annika Strauss, Matthan Harris, Denis Lyons, Martina Schöne-Radunski, Daniel Faust, Milton Welsh, Kristina Kostiv, Désirée Giorgetti, Rüdiger Kuhlbrodt
GERMAN ANGST ist ein deutscher Independent
Mystery-Horror Episodenfilm, der mit drei urbanen Alptraum-Stories aus dem heutigen Berlin an die vergessene Horrortradition der 20er Jahre anknüpft. Die erste Episode von Jörg Buttgereit
FINAL GIRL erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, das alleine mit seinem Meerschweinchen in einer heruntergekommenen Berliner Mietwohnung lebt. Aber ist sie wirklich alleine? Im Schlafzimmer liegt ein Mann, gefesselt und geknebelt...
In der
Episode ALRAUNE von Andreas Marschall stößt ein junger Mann im Berliner Nachtleben auf einen geheimen Erotik-Club, der die ultimative sexuelle Grenzerfahrung verspricht: mit Hilfe einer Droge aus den Wurzeln der sagenumwobenen Alraune Pflanze. Aber die ekstatischen Erlebnisse haben grauenhafte Nebenwirkungen...
MAKE A WISH von Michal Kosakowski erzählt, wie Kasia und Jacek, ein taubstummes polnisches Pärchen, in die Hände einer sadistischen Hooligan Gang fällt. Die jungen Leute scheinen den Schlägern hilflos ausgeliefert. Aber Kasia hat ein Amulett, das im zweiten Weltkrieg schon den Lauf der Geschichte geändert und ihre Mutter gerettet hat. Plötzlich geschieht etwas Magisches, das die Situation überraschend auf den Kopf stellt.
Der Schrecken hinter der Tür
In dem kleinen Zimmer des etwa 14-jährigen
»Final Girl« scheint die Welt noch heil zu sein, vielleicht sogar zu heil. Eine Illusion, die eine andere, verdrängte Wirklichkeit erahnen lässt. Die Poster an den Wänden und das Meerschweinchengehege neben dem Bett , das T-Shirt mit den Pferdeköpfen und der rosafarbene Koffer, das alles wirkt eine Spur zu mädchenhaft und kindlich, als sei die Zeit irgendwann stehen geblieben und mit ihr auch die Entwicklung der namenlos bleibenden Teenagerin. Der Schrecken lauert eben nicht nur jenseits der Tür zu ihrem Zimmer. Er hat sich längst in ihrer Welt eingenistet. Und wie einen Virus tragen ihn die Bilder, diese teils wahrhaft extremen Nahaufnahmen von dem Mädchen und ihren Meerschweinchen, weiter. Zunächst ist es eher eine Ahnung, heraufbeschworen von der suggestiven Atmosphäre und dem Kontrast zwischen dem Bilderbuch-Kinderzimmer und dem Rest der Wohnung, die regelrecht in Dreck und Chaos zu versinken scheint. Aber natürlich bleibt es nicht nur bei Andeutungen.
Final Girl, Jörg Buttgereits Segment des Anthologiefilms German Angst, kippt bald in eine außergewöhnlich drastische Rachevision. Während Lola Gaves
Final Girl im Off-Kommentar darüber referiert, wie Meerschweinchen kastriert werden, statt et sie ihrem ans Bett gefesselten Vater einen Besuch ab, die Geflügelschere in der Hand. Aber selbst in den Momenten, in denen Blut spritzt und sprudelt, ist Buttgereits triumphale Rückkehr zum Film von tiefer Traurigkeit erfüllt. Die Drastik der Bilder ist ein Spiegel, in dem der nie endende Schmerz eines von ihrem Vater missbrauchten Mädchens aufscheint.
Jörg Buttgereit, Michal Kosakowski und Andreas Marschall spielen mit dem Titel "German Angst" auf die Blüte des deutschen Horrorfilms in den 20er und ganz frühen 30er Jahren an. Wie die Klassiker von Robert Wiene, Fritz Lang und Friedrich Wilhelm Murnau sprengen auch ihre kurzen Werke klassische Genre-Grenzen. Ähnlich radikal wie Buttgereit nähert sich auch Michal Kosakowski der deutschen Wirklichkeit. In
Make a Wish wird ein taubstummes Pärchen in einer verfallenen Fabrik von vier Neonazis bedrängt und misshandelt. Ein magisches Amulett, das Menschen die Körper tauschen lässt, scheint ihre letzte Rettung zu sein.
Am deutlichsten bekennt sich allerdings Andreas Marschall zu den weitgehend verschütteten deutschen Genre-Traditionen. Sein Segment
Alraune ist eine Hommage an den Schriftsteller Hanns Heinz Ewers und seinen gleichnamigen Roman. Es geht um eine Geheimgesellschaft, deren Mitglieder im Alraunen-Rausch die höchste sexuelle Erfüllung suchen. Wie schon in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ist Berlin auch in Marshalls filmischem Nachtmahr eine Metropole dunkler Begierden und zerstörerischer Exzesse. Expressionistische Visionen und drastischer Body-Horror vermischen sich zu einer Art Fiebertraum.
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