In den ersten zwei Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkriegs gab es keine offiziellen Kontakte zwischen der Bundesrepublik und Polen. 1972 nahmen Bonn und Warschau diplomatische Beziehungen auf; zu freundschaftlichen Beziehungen kam es jedoch erst, als die Bundesrepublik am 14.11.1990 die Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze anerkannte.(...)
Warschau reagierte erschrocken, als Helmut Kohls Zehnpunkteprogramm für die Wiedervereinigung Deutschlands keine Aussagen zur endgültigen Anerkennung der polnischen Westgrenze enthielt. Dazu der polnische Historiker Antoni Dudek:
"Diese Tatsache führte zu einer monatelangen Kampagne der Mazowiecki-Regierung. Warschau verlangte eine Garantieerklärung für die Grenze noch vor der Vereinigung Deutschlands; darüber hinaus wollte es zu den Arbeiten der internationalen Friedenskonferenz über Deutschland "Zwei plus vier" zugelassen werden."
Es dauerte ein ganzes Jahr, bis eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde. In Polen lebten alte Ängste vor dem deutschen Erbfeind wieder auf, Tadeusz Masowiecki erwog sogar, den Abzug der sowjetischen Truppen von der Lösung der "deutschen Frage" abhängig zu machen. Helmut Kohl hingegen reagierte verärgert und gekränkt. War es denn nicht sinnvoll, den Grenzvertrag erst mit einem wiedervereinigten Deutschland als neuem Souverän zu unterzeichnen? Zweifelte Warschau etwa an der Verlässlichkeit deutscher Politik? Kohl konterte, indem er im März 1990 eigene Vorbedingungen ins Spiel brachte.
"Bonn Kanzleramt: Für alle überraschend verknüpft Helmut Kohl eine Garantieerklärung für die Oder-Neiße-Grenze mit zwei Forderungen an den polnischen Nachbarn."
Kohl forderte erstens die Anerkennung der Rechte der deutschen Minderheit in Polen und zweitens den ausdrücklichen Verzicht Polens auf jede weitere Reparationsleistung Deutschlands für Kriegsschäden. Warschau lehnte beides umgehend ab, war aber schließlich doch zu einem Kompromiss zu bewegen.(...)
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