"Übergeordnete Notwendigkeit"
Der jordanische Terroristenführer Abu Musab al Sarkawi hat in einer im Internet veröffentlichten Rede den Tod unbeteiligter Menschen bei Anschlägen gegen die US-Streitmacht und ihre Helfer gerechtfertigt. In der Rede, die das Middle East Media Research Institute (Memri) am Donnerstag verbreitete, bezeichnet Sarkawi die Anschläge als einziges Mittel, um die "furchterregende Diskrepanz" zwischen der Truppen- und Waffenstärke der US-Armee und der des irakischen Widerstands zu überbrücken. Die Anschläge seien notwendig, um den Islam vor der Kontrolle durch die "Kreuzfahrer" zu retten. Daher seien unschuldige muslimische und nichtmuslimische Opfer zwar ein "schlimmes Übel". Dennoch seien sie "legitim".
Anschläge wichtiger als deren zufällige Opfer
"Zweifellos hat uns Gott befohlen, die Ungläubigen mit allen verfügbaren Mitteln zu bekämpfen und zu töten, selbst wenn es nicht nur die Ungläubigen trifft, gegen die wir Krieg führen, sondern auch Frauen, Kinder und solche Ungläubigen, deren absichtliche Tötung nicht erlaubt ist", heißt es in Sarkawis Rede. Selbst wenn es wahrscheinlich sei, dass sich an Anschlagsorten viele Unschuldige aufhielten, seien die Anschläge selbst wichtiger als die Opfer.
"Keine Unterscheidungen möglich"
Es sei angesichts amerikanischen Übermacht und ihrer Absicht, den wahren Islam zu unterdrücken, schlicht unmöglich, den "Heiligen Krieg" (Dschihad) anders als durch Bombenanschläge zu führen, argumentiert der Terrorist, der zahlreiche Anschläge organisiert und mehreren Geiseln eigenhändig die Kehle durchgeschnitten haben soll. Als rechtlichen Hintergrund bemüht er das Schariatsprinzip der "Dharura" - der übergeordneten Notwendigkeit.
Unter solchen Voraussetzungen sei es nicht möglich, Unterscheidungen zwischen verschiedenen Opfergruppen zu treffen.
"Größeres Übel vermeiden"
"Der Tod von Muslimen ist zweifellos ein großes Übel", schreibt Sarkawi. Um aber noch größeres Übel für die reine Lehre des Islam und den Fortgang des von Gott befohlenen Dschihad zu vermeiden, sei es erlaubt, dieses Übel ins Werk zu setzen. Sarkawi spricht dabei selbst von "Kollateralschäden".
Schiiten sind Speerspitze der Angriffe auf den Islam
Die Bitte um Verständnis gilt indes nur für Sunniten und für die auch nur dann, wenn sie nicht mit dem irakischen System zusammenarbeiten. Wie gewohnt schmäht Sarkawi die schiitische Bevölkerungsmehrheit im Irak auf das Übelste: Sie seien schon immer die Speerspitze aller "Angriffe auf den Islam" gewesen. Sie seien die "Brüder" der Kreuzfahrer. Gleiches gilt demnach für die Ulema - die islamischen Rechtsgelehrten - die sich auf die Seite des Staates stellten sowie für die Regierungsmitglieder selbst.