[Links nur für registrierte Nutzer]
Alfred Hackensberger 12.01.2011
Das vom Westen unterstützte autokratische Regime steht auf der Kippe
...
Am darauffolgenden Sonntag gab es 27 Tote und am Montag 12 Tote bei den Unruhen, wie Ahmed Najib Chebbi, der Führer der oppositionellen Demokratischen Progressiven Partei, erklärte.
"Die Polizei feuerte willkürlich auf die jugendlichen Demonstranten".
Totale Kontrolle
Tage zuvor waren kritische Journalisten, Blogger und ein Rapper, der einen Song mit dem Titel Herr Präsident, dein Volk stirbt ins Internet gestellt hatte, verhaftet worden. Ein harsches Vorgehen, das nicht überraschend ist. Unter Ben Ali, dem erst zweiten Präsidenten seit Tunesiens Unabhängigkeit 1956, ist das Land fest in der Hand des Geheimdienstes. Oppositionsparteien werden überwacht, Zeitungen zensiert und nach Gutdünken verboten. Der Zugang zum Internet ist limitiert . Soziale Netzwerke, wie Twitter wurden seit den Unruhen ganz abgeschaltet.
...
Die totale Kontrolle der Gesellschaft ermöglichte es Ben Ali, ein System der Korruption einzurichten, um sich und seine Familie zu bereichern. In den kürzlich von Wikileaks veröffentlichten Depeschen der US-Botschaft in Tunis heißt es: "Ob Geld, Dienstleistungen, Grundstücke, Häuser, die gesamte Familie Ben Alis bekommt was sie will." Sie sei der "Nexus" der tunesischen Korruption.
Tunesien wurde von der EU gefördert
Unhaltbare Zustände, die nicht nur der US-Botschaft in Tunis bekannt waren. Auch in Brüssel, bei der Europäischen Union (EU), dürfte man von Korruption, zudem von mangelnder Meinungsfreiheit und dem Geheimdienststaat gewusst haben. Trotzdem pumpte man zwischen 2007 und 2010 300 Millionen Euro an Finanzhilfe in das Land. 60 Prozent davon alleine in die Wirtschaftspolitik "für Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz mit der EU". Kein Wunder, 75 Prozent des Außenhandels Tunesiens geht in Länder der EU und 75 Prozent aller Importe des nordafrikanischen Landes kommen aus der EU.
Politischen Druck auf Präsident Ben Ali auf mehr Demokratisierung und für mehr Menschenrechte gab es aus Brüssel oder von den vorrangigen Handelspartnern Frankreich, Deutschland und Italien nicht. In einer EU-Parlamentssitzung vom 21. Januar 2010 bezeichnete die damalige EU-Kommissarin Neelie Kroes Tunesien noch als ein Land, "das bedeutende Fortschritte gemacht" habe. Vielleicht für ausländische Investoren, die die politische, wirtschaftliche und soziale Stabilität des Landes schätzen", wie es das Deutsche Auswärtige Amt resümiert.
...
Ben Ali setzt weiter auf Konfrontation und ließ den US-Botschafter zu einer Stellungnahme einberufen. Washington hatte das gewalttätige Vorgehen gegen die Demonstranten offiziell verurteilt.
...