Männlich, deutsch, zwangsverheiratet
17. März 2011
Die B.Z. erzählt die Geschichte von
Müslim B. (22), der zur Ehe mit seiner Cousine gezwungen wurde.
Müslim B. (22)
Der Anruf seiner Mutter dauerte nur ein paar Minuten, doch er erschüttert sein Leben bis heute. Kühl teilte sie ihm mit, dass sie ihn soeben mit seiner Cousine verlobt habe. „Ich war geschockt“, erinnert sich Müslim B. (22). Bis dahin hatte er ein normales, bürgerliches Leben in Steglitz gelebt. Nicht sehr religiös, mit vielen Freunden und Fußball. Doch Müslim fügte sich. Im Oktober 2007 wurde er in der Türkei zwangsverheiratet.
1988 kommt Müslim in Berlin zur Welt. Er hat
türkisch-kurdische Wurzeln, aber einen deutschen Pass. „Ich hatte immer eine gute Beziehung zu meiner Mutter und meinen drei Geschwistern.
Mein Vater hat unsere Familie verlassen, als ich fünf war.“ Seine Mutter erzieht ihn nicht besonders religiös, aber streng. Sie kontrolliert, mit wem er sich trifft. Aber dass sie seine Partnerin auswählen würde, darauf deutet nichts hin, sagt Müslim.
Er ahnt nicht, was sie plant, als sie 2005 in die Türkei reist. „Ihr Anruf hat mich fassungslos gemacht. Sie sagte, dass sie mich verlobt hat. Ich fühlte mich hintergangen“, sagt Müslim. Doch als er im Oktober 2007 für die Hochzeit in die Türkei reisen soll, wehrt er sich nicht. Zu groß ist der Druck auf den damals 18-Jährigen.
Er ist einer von geschätzt 200 bis 300 Menschen in Berlin, die jedes Jahr gegen ihren Willen verheiratet werden sollen.
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Seine Mutter verlangt trotzdem, dass er bei seiner türkischen Cousine bleibt. Sie droht ihm. „Ich würde Schande über die Familie bringen.“ Wieder fügt sich Müslim, schläft mit seiner Cousine in einem Bett in der Wohnung seiner Mutter. „Ich habe so weit wie möglich an der Bettkante gelegen. Ich habe einfach nichts für sie empfunden.“
Im August 2010 hält er es schließlich nicht mehr aus. Er flieht zu Bettina in die Wohnung, lässt fast alles, was er besitzt, bei der Mutter und der Frau, die er nicht liebt. Hauptsache weg, Hauptsache raus.