Man sehe sie doch nur ein Mal darauf an, diese Welt beständig bedürftiger Wesen, die bloß dadurch, daß sie einander auffressen, eine Zeitlang bestehn, ihr Daseyn unter Angst und Noth durchbringen und oft entsetzliche Quaalen erdulden, bis sie endlich dem Tode in die Arme stürzen: wer dies deutlich ins Auge faßt, ...wird gestehn müssen, daß einen Gott, der sich hätte beigehn lassen, sich in eine solche Welt zu verwandeln, doch wahrlich der Teufel geplagt haben müßte.
(Schopenhauer)
Damals war noch alles in Ordnung, in den glücklichen Kindertagen, als man hinausblickte in den blauen, weiten, uendlichen Himmel. Ich erinnere mich gerne an diese Zeit. Der Zauber der Unendlichkeit verriet meine Herkunft. Wenn auch unbewusst, so war ich von ihr ergriffen - hatten mich meine Eltern doch aus dem unendlichen Strom der Gewalten erschaffen, ja waren sie selbst Strom dieser Gewalten und des ewigen Willens zum Sein.
Warum musste ich da sein und diese Welt erblicken?
Je älter man wird, desto mehr stellt man sich diese Frage, denn man stellt fest, daß die Existenz ein Fehltritt ist, ein Leiden um seiner selbst Willen, ein Leiden aus Notwendigkeit, das mit der Zeugung begann. So schaffen wir uns Religionen, Mystiken und Philosophien, die uns das Leiden der Welt und die Resonanz unseres Daseins erklären und verständlicher machen sollen; aber sie reichen nicht hin, auch nur den Hauch einer Gewissheit zu besitzen. Tiefer Glaube kann das Leiden mindern, Ablenkung und egoistisches Streben selbst ein paar Jahre von ihm nehmen. Dann aber umso härter schlägt es zu und zeigt uns die Wahrheit dessen, was wir sind. Leidende, vergängliche Individuen, Erscheinungen auf der Bühne der Zeit. Ein paar Jahre noch pflegt man unsere Gräber, dann verblassen die ersten Erinnerungen in den Köpfen unserer Nachfahren, und, sofern wir keine Großen waren, bleibt nichts von uns.
So sehne ich mich schon jetzt nach dem alten Strom zurück, der alten Bewusstslosigkeit, dem schöpferischen Urzustand. Der Tag des natürlichen Todes gleicht somit der Rückkehr in die Heimat. Der Tod ist der Zustand, aus dem der Wille spricht, der sich nur in eigenem Leiden erkennen kann.
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